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Die falschen Freunde Israels

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2022 - Antisemitismusdebatte documenta
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2021 Nemi El-Hassan
2021 - Medien unterdrücken  pro-palästinensische Stimmen
2020 - Achille Mbembe - "Antisemitismusverdacht"
2019 Göttinger Friedenspreis
2017 Buchvorstellung - Melzer
2017 - Frankfurt - 50 Jahre israelische Besatzung
München - 2017 -  CDU - SPD Antrag gegen BDS
Augstein Jakob - 2012 + 2015
München - 2016 -  Melzer - Sommerfeld
Butler Judith bekommt den Adorno-Preis - 2012
Breaking the Silence - 2015 - Köln
Blumenthal + Sheen im Bundestag - 2014
Bremer Jörg - 2002 - Jörg Bremer - FAZ
Bremer Linke und Arn Strohmeyer - 2013
Büchel Christoph - 2005
CODEPINK 2016
Finkelstein in Berlin - 2010
Finkelstein - in Wien -  2009
Norman Finkelstein -  Wiener Universitat - 2009
2017 - Antisemitismuskeule in Frankfurt
Glanz Christoph
Grass Günter - 2012
Grosser Alfred + Stefan Kramer - 2010
Hochschule AWK – Hildesheim - 2016
Hecht-Galinski Evelyn - 2008
Honderich -  Redeverbot  Uni Münster - 2005
Kinderbilder aus Palästina
Jüdische Stimme - Kontokündigung 2016
Kölner Klagemauer 2010 - 2016
Kulturfestiva Ballhaus - Berlin - 2016
Landgraf Stefanie  - Johannes Gulde - 2013
Langer Felicia - Bonner UNI - 2007
Langer Felicia - 2007 - 2009
Leipziger Ringvorlesung - 2005
Leyendecker - Süddeutsche Zeitung - 2003
Professor Lahnstein - 2004
Melzer Abraham - 2006
Mendívil Eleonora Roldán- 2017
Möllemann Jürgen
Müller  Burkhard - 2006
Nakba-Ausstellung in Göttingen 2016
Nakba- Ausstellung  Bremen - 2015
Nakba-Ausstellung in Überlingen - 2013
Nakba Ausstellung - München - 2013
Nakba Ausstellung Köln - 2012
Nakba-Ausstellung Düsseldorf - 2011
Nakba Ausstellung Freiburg - 2010
Neudeck Rupert - 2006
Neudeck, Meyer, Melzer - 2006
Neudeck - Kurz - 2006
Palmer durchschaut Broder - 2009
"Palästina-Symposium" in Berlin - 2013
Paradise Now - 2005
Schiffer Sabine Dr. - Henryk M. Broder
Jagdopfer Salam Shalom - 2017
Strohmeyer Arn 2016 VH Ulm - Vortrag
Strohmeyer Arn - Bremer Weserterrassen - 2016
Schulprojekt - 2002
Stoodt Pfarrer  -  Frankfurt - 2004
Verleger Prof. Dr. Rolf- 2013
VH Ulm - Vortrag Arn Strohmeyer - 2016
VHS Veranstaltungsreihe Nahost Neuss - 2015
Waltz Viktoria Dr. - TU Dortmund - 2008
Watzal Ludwig - 2004 - 2012
Weber G. + Prof.  Stegemann - 2006
Erhard Arendt +  Honestly Concerned
2009 - Knobloch./.Arendt

 

 

Göttinger Friedenspreis 2019

Der Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ erhält den Göttinger Friedenspreis 2019.


 

 

Deutsches Theater Göttingen - Antisemitismus oder berechtigte Kritik an Israel? Wo verläuft die Grenze?

Als die Jury des Göttinger Friedenspreises im Frühjahr 2019 den Preis an die »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost« vergab, löste dies bundesweit heftige Reaktionen aus, weil die ausgezeichnete Organisation offen mit der Kampagne »Boykott, Divestment and Sanctions« (BDS) sympathisiert. Iris Hefets, Mitglied des Vorstands der »Jüdischen Stimme«, hatte sich offen hinter den »BDS-Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft« gestellt.

Die FDP in Göttingen, wie auch der Zentralrat der Juden in Deutschland haben die Stadt, die Universität und die Sparkasse aufgefordert, sich von der Verleihung des Preises zu distanzieren. Aufgrund dieser Intervention haben die Stadt Göttingen und die Georg-August-Universität Göttingen beschlossen, die Preisverleihung nicht in ihren Räumen stattfinden zu lassen. Sie fand dann in der Galerie Alte Feuerwache statt.

Zurück blieb der Eindruck, der durch die jüngsten Ereignisse in Halle verstärkt wurde, dass es dringenden Gesprächsbedarf darüber gibt, wo die Grenze zwischen Kritik an Israels Politik und Antisemitismus verläuft. Unserem Selbstverständnis folgend, dass das Deutsche Theater Göttingen ein Ort ist, an dem aktuelle gesellschaftliche Themen differenziert diskutiert und Haltungen nachvollziehbar erläutert werden können, laden wir zu einer Podiumsdiskussion zu dieser Frage ein.

Es diskutierten:

Iris Hefets, Mitglied des Vorstands »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost« und Psychoanalytikerin
Konstantin Kuhle, MdB (FDP)
Dr. Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main
Prof. Dr. Rita Süssmuth, Präsidentin des Deutschen Bundestages a.D.
Jürgen Trittin, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss
Moderation Dr. Daniel Alexander Schacht, Journalist    Quelle

 



 

Reaktionen:

 

Prof. em. Dr. Georg Meggle Jan 19, 2020 - z.Zt. Philosophy Department - American University in Cairo (AUC)
An Herrn Intendanten Erich Sidler - Deutsches Theater - Theaterplatz 11 - 37073 Göttingen

Sehr geehrter Herr Sidler, als Mitinitiator der an die deutsche Hochschulrektorenkonferenz (HRK) gerichteten Petition EINSPRUCH (s. unteren LINK) verfolge ich derzeit, wenngleich in Kairo, das intellektuelle Geschehen in Deutschland – speziell im Kontext Antisemitismus vs. Antizionismus vs. Israelkritik – sehr sorgfältig. Und freue mich zu hören, dass es in unserem Land immerhin noch Aufrechte gibt, die dem inzwischen ja fast schon offiziellen semantischen Mind-Hacking mit dem ihm eigenen starken anti-Differenzierungs-Druck standhalten und eine öffentliche Diskussion auch zum Thema Israel-Kritik nicht nur zulassen, sondern sogar den Mut haben, eine solche Diskussion erst zu ermöglichen. Dafür möchte ich Ihnen als jemand, der die auf solchen Mut folgenden Vorwürfe und Angriffe aus eigener Erfahrung recht gut kennt, schlicht und einfach „DANKE“ sagen.

Bisher hatte ich bei „Göttingen“ immer an die Göttinger Sieben der dortigen Universität gedacht. Mit deren Namen werde ich – und sicher auch viele anderen Mitmenschen, die auch heute noch auf die Freiheit des Wortes Wert legen – nunmehr in Dankbarkeit auch den Ihren verbinden. Dass für die durch Sie ermöglichte Veranstaltung weder städtische noch universitäre Räume zur Verfügung gestanden haben sollen, höre ich mit Entsetzen – und, was die Göttinger Universität angeht, auch voller Scham. Was für eine Schande für diese früher einmal so zurecht gerühmte Institution. Ob diese überhaupt merkt, wie sehr sie mit solchen Raum-Verboten ihrem eigenen Image als einem Ort „einer liberalen Öffentlichkeit in Deutschland“ widerspricht?

Sollten Sie Ihre Einleitungsrede auch schriftlich haben, würde ich mich sehr freuen, wenn Sie mir eine Kopie derselben zur Verfügung stellen könnten. Am besten als Anhang einer Mail an meine untere Uni-Heimat-Adresse. So könnten im Kontext unserer genannten Petition vielleicht auch einige meiner bislang mehrheitlich schweigenden Uni-Kollegen über den ansonsten derzeit anscheinend nicht sonderlich hoch angesetzten Stellenwert einer freien Meinungsäußerung für eine demokratisch Gesellschaft etwas Nachhilfe erfahren.
Voller Hochachtung grüßt Sie von den Ufern des Nils Ihr GM

https://www.openpetition.de/petition/online/einspruch-gegen-sprachregelungen-fuer-hochschulen

 



 

Von: Hartmut Niemann
Datum: 19. Januar 2020 um 12:37:50 MEZ
An: presse@dt-goettingen.de
Betreff: Veranstaltung im DT am 17.01. zum Thema Antisemitismus
 

Sehr geehrte Frau Mathes, sehr geehrter Herr Sidler,

anläßlich der genannten Veranstaltung, an der ich selbst teilnehmen durfte, möchte ich Ihnen von ganzem Herzen danken, hat sie doch, angesichts des überwältigenden Zuschauerzusspruchs gezeigt, wie groß das öffentliche Interesse an der Frage der Grenze zwischen der Kritik an Israel und dem Antisemitismus ist. Wenn auch die Diskussion teilweise an mangelnder Zuspitzung litt (Bundestagsentschließung zur BDS-Iniative bzw. Übernahme dieser Entschließung durch die HRK, Verweigerung von öffentlichen Räumen an Palästina-Solidaritätsinitiativen), stellt sie doch insgesamt einen großen Fortschritt dar. Als Göttinger macht es mich nicht wenig stolz, dass nach der Friedenspreisverleihung an die "Jüdische Stimme" vergangenes Jahr dies die bemerkenswerteste Manifestation zivilgesellschaftlichen Engagements in dieser Frage war. In anderen deutschen Städten bleibt Menschen und Vereinigungen, die öffentliche Debatte über Menschenrechte auch für Palästinenser*innen führen möchten und dafür Versammlungsorte suchen, oft nur der Weg zum Gericht. Hier einen Weg gewiesen zu haben, der eine Debatte nicht nur zuläßt sondern auch befördert, wird als Ihr bleibendes Verdienst gezählt werden. Umso überzeugender wurde das Unternehmen noch durch die anschließende Aufführung von "Vögel", die so den Bogen zum Thema des Abends schloß.
Ihnen persönlich, sehr geehrte Frau Mathes, sehr geehrter Herr Sidler, aber auch allen anderen Mitarbeiter*innen Ihres Hauses danke ich, nicht zuletzt für den Imbiß nach Diskussion mit der Möglichkeit der Vertiefung der asngesprochenen Themen und beglückwunsche Sie zum außerordentlichen Erfolg der Veranstaltung  herzlichst  Hartmut Niemann

 

 

 

 

 

BDS-Diskussion in Göttingen - „Angebracht und möglich“
18. 01 2020

Ist die BDS-Bewegung antisemitisch? Das Deutsche Theater in Göttingen hat versucht, von Politiker*in­nen und Zivilgesellschaft eine Antwort zu bekommen. Wo verläuft die Grenze zwischen Antisemitismus und berechtigter Kritik an der israelischen Regierungspolitik? Klar beantworten ließ sich die in den vergangenen Monaten hitzig debattierte Frage auch am Freitagabend in Göttingen nicht. Dennoch erreichte das Deutsche Theater mit seiner Podiumsdiskussion einen differenzierten Austausch über das kontroverse Thema. Vor voll besetzten Rängen diskutierten Iris Hefets, Vorstandsmitglied des Vereins „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“, und Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt, mit drei Bundespolitikern.

Die „Jüdische Stimme“ war im vergangenen Jahr mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnet worden. Doch der Zentralrat der Juden und andere kritisierten den Verein als antisemitisch, wegen seiner Nähe zur Kampagne „Boykott, Divestment, Sanctions“ (BDS). Diese will Israel wegen der Besetzung großer Teile Palästinas politisch, wirtschaftlich und kulturell isolieren. Die Stadt und die Universität Göttingen entzogen der „Jüdische Stimme“ die Unterstützung für die Verleihfeier, die Auszeichnung wurde stattdessen in einer privaten Galerie vergeben.
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Hefets bekräftigte am Freitag ihre scharfe Kritik an der Politik ihres Heimatlandes. Israel sei der „Besatzer“, unterdrücke die Palästinenser, „Israel ist Täter, ich schäme mich für Israel.“ Gleichzeitig behaupte die israelische Regierung, für alle Juden zu sprechen, Staat und viele Medien arbeiteten an einer „Identität von Israel und Judentum“. Dies sei der „Trick“, um Kritik an der Politik mit Antisemitismus gleichsetzen und   >>>

 

 

 

 

 

17. 3. 2019

Illiberale Zensur wird uns nicht besiegen - 15. März 2019 - Shir Hever - Die ewige Debatte über die Grenzen der Meinungs- und Redefreiheit hat sich mit dem Erstarken der populistischen, rechtsgerichteten politischen Gruppen verändert. Interessanterweise neigen rechte Populisten dazu, die Meinungs- und Redefreiheit für einen wesentlichen Bestandteil der liberalen Demokratie zu halten, und argumentieren deshalb mit brutaler Ehrlichkeit, dass sie glauben, es gebe „zu viel Demokratie“.

Illiberale Zensur wird uns nicht besiegen

Drei Gruppierungen unterstützen die Zensur in Deutschland
- Die ewige Debatte über die Grenzen der Meinungs- und Redefreiheit hat sich mit dem Erstarken der populistischen, rechtsgerichteten politischen Gruppen verändert. Interessanterweise neigen rechte Populisten dazu, die Meinungs- und Redefreiheit für einen wesentlichen Bestandteil der liberalen Demokratie zu halten, und argumentieren deshalb mit brutaler Ehrlichkeit, dass sie glauben, es gebe „zu viel Demokratie“.

In Deutschland hat sich mit dem Aufkommen der rechtsgerichteten AfD eine beispiellose Diffamierung der palästinensischen Solidaritätsbewegung eingestellt. In den letzten 8 Jahren wurden über 100 Solidaritätsveranstaltungen (meistens Vorträge) verhindert, mussten an andere Orte verlegt werden oder wurden öffentlich diffamiert. Pro-Israel Gruppen bildeten sich um die konservativen Evangelikalen, um sogenannte „Antideutsche“ (die eine linke Ideologie mit einem extremen deutschen Nationalismus verbinden) und die zionistischen pro-israelischen Lobbygruppen wie die DIG (Deutsch-Israelische Gesellschaft), der Zentralrat der Juden und verschiedene neugegründete „Junge Forum“ Gruppen, die mit der DIG verbunden sind, aber anonym operieren.

Diese drei Gruppen sind in ihrer politischen und religiösen Identität sehr verschieden und doch arbeiten sie alle in ähnlicher Weise. Alle drei Gruppen publizieren kritische Texte gegen die AfD, unterstützen aber die israelische Politik aus einem Gefühl der „gemeinsamen Werte“ heraus, genau wie es die AfD macht. Diese „gemeinsamen Werte“ sind im Wesentlichen der Hass auf Minderheiten. Diese drei Gruppen scheinen alle ihre Bemühungen darauf zu fokussieren, die BDS (Boykott, Desinvestment, Sanktionen)-Bewegung zu bekämpfen (siehe unten) und jede Gelegenheit zu benutzen, fälschlicherweise zu behaupten, die BDS-Bewegung sei antisemitisch.   >>>

 

 

 

 

12. 3. 2019

«Israels Regierung spricht nicht in unserem Namen» - Christian Müller / 11. Mär 2019 - Trotz aller Verhinderungsversuche konnte der «Göttinger Friedenspreis» am Samstag feierlich übergeben werden. Was wurde erreicht?

Infosperber hat darüber berichtet – hier und hier – und hätte fast drei Wochen lang jeden Tag darüber berichten können. Der von der Dr. Roland Röhl Stiftung gestiftete «Göttinger Friedenspreis», der seit 1999 jedes Jahr an eine Organisation oder an eine einzelne Person verliehen wird, sollte in diesem Jahr, so hat es die dafür zuständige Jury der Stiftung beschlossen, an die Vereinigung «Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.» gehen. Das aber sollte verhindert werden, so die Meinung des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und so die Meinung des Bundesbeauftragten gegen Antisemitismus Felix Klein. Und dies mit aktiver Unterstützung aus Göttingen selbst: Der Göttinger Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler sperrte alle stadteigenen Lokalitäten für die Preisübergabe, die Georg-August-Universität sperrte ihre Räumlichkeiten für die bisher in ihren Räumen durchgeführten Preisübergaben ebenfalls, die Sparkasse Göttingen annullierte die der Veranstaltung jeweils zugesicherten 2000 Euros. Zum Glück alles vergeblich. Dank eines privaten Spendenaufrufs kamen anstelle der 2000 Euro der Sparkasse 28'000 Euro zusammen. Und dank der Zivilcourage von Gisela Hyllow und Jörg Dreykluft, die ihre Kunstgalerie Alte Feuerwache für die Feierlichkeiten zur Verfügung stellten, konnte am Samstag auch die Preisübergabe zeitgerecht stattfinden – sogar mit deutlich höherer Beachtung als in den vergangenen Jahren.

Einen Widerspruch aushalten müssen
- Alle Versuche, die Übergabe des Göttinger Friedenspreises an die «Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost» zu verhindern, basierten auf derselben Argumentation: die Unterstützung der Bewegung BDS sei antisemitisch. Aber können Jüdinnen und Juden, die sich gegen die Besatzungspolitik der israelischen Regierung wehren, antisemitisch sein?

Iris Hefets, die Vorsitzende der «Jüdischen Stimme», ging in ihrer Rede auf diese Frage ein. Schon gleich zu Beginn des Referats sagte sie wörtlich >>>


 

 

Festakt der Verleihung des Göttinger Friedenspreises  an die 'Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost'
am 9. März 2019 in der Galerie Alte Feuerwache, Göttingen

Festakt der Verleihung des Göttinger Friedenspreises am 9. März 2019 in der Galerie Alte Feuerwache, Göttingen, durch die Dr. Roland Röhl Stiftung. Es sprechen Hans-Jörg Röhl und Carmen Baran.  - Musik: Duo Corda e Vento - Am 11.03.2019 veröffentlicht

 

 


 

Nirit Sommerfeld, deutsch-israelische Sängerin und Schauspielerin, hält die Laudatio auf die Preisträgerin 'Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost' bei der Preisverleihung in der Galerie Alte Feuerwache, Göttingen 2019

 

 


Andreas Zumach, Vorsitzender der Jury des Göttinger Friedenspreises, verliest die Begründung und informiert über Hintergründe; anschließend Musik Am 10.03.2019 veröffentlicht
 


 


 

Iris Hefets, Vorsitzende der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost, hält ihre Dankesrede für die Verleihung des Göttinger Friedenspreises 2019; anschließend Musik vom Duo Cord e Vento mit Elke Hardegen-Düker, Blockflöte, und Andreas Düker, Laute

 

Ab Minute 9.31 eine Meldung der Tagesschau  >>>

 

 

 

 

 


 

 

12. 3. 2019

 

Nicht in unserem Namen! - Friedensengagierte Juden werden in Deutschland als Nestbeschmutzer und Verräter beschimpft. - Nirit Sommerfeld – Laudatio bei Verleihung des Göttinger Friedenspreises 2019 - Wie sind „die Juden“? Vor allem sehr verschieden, meint Nirit Sommerfeld. Weder herabwürdigende noch auch gut gemeinte Verallgemeinerungen sind angebracht. Niemand hat das Recht, zu bestimmen, wer ein „guter Jude“ ist und „dazugehört“. Leider maßen sich Israels Regierung und der ihr treue Zentralrat der Juden in Deutschland gerade dies oft an. Die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ wurde wegen ihres Einsatzes für eine Aussöhnung mit den Palästinensern als „Nestbeschmutzerin“ abgekanzelt. Man versuchte, die Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die Organisation mit allen Mitteln zu verhindern, und Göttingens Honoratioren kuschten reihenweise. Dabei berufen sich gerade die aufrechten Preisträger auf ein reiches humanes Erbe des Judentums. Laudatio von Nirit Sommerfeld anlässlich der Preisverleihung, die am heutigen Samstag dennoch stattfinden konnte. (...)

Ich möchte Ihnen etwas erzählen über deren Ursprünge, Geschichte, Ziele und Visionen, über die Menschen, die hinter dieser Stimme stecken, und vor allem sollen Sie etwas über die Arbeit erfahren, die die JS in den vergangenen 16 Jahren ihres Bestehens geleistet hat und für die sie hier – zu Recht – gewürdigt wird.

Menschen erkennt man an ihren Taten, ihren Handlungen, hat Hannah Arendt gesagt. Handeln und sprechen – Tätigkeiten, die im öffentlichen Raum stattfinden – gehören laut Hannah
Arendt zusammen, und wenn Menschen sich sprechend und handelnd in die Welt einschalten, sagt sie, dann offenbaren sie, wer sie sind. Lassen Sie uns also gemeinsam sehen und vor allem hören, was die ‚Jüdische Stimme’ öffentlich und in der Welt zu sagen hat.

Im Jahre 2003 wählte eine Gruppe von in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden den schicksalhaften 9. November zum Gründungstag einer neuen Organisation. Unter dem Namen ‚Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost’ riefen sie die deutsche Sektion einer Vereinigung jüdischer Organisationen ins Leben, die sich ein Jahr zuvor in Amsterdam formiert hatte und die sich ‚European Jews for a Just Peace’, kurz EJJP’ nannte: Europäische Juden für einen gerechten Frieden. Aus Schweden, Dänemark, den Niederlanden, Frankreich, Belgien, Großbritannien, Italien, Österreich und der Schweiz waren Jüdinnen und Juden zusammen gekommen, die bei aller Unterschiedlichkeit eines einte: die Überzeugung, dass die gewaltvolle Besatzungspolitik Israels zum Wohl des palästinensischen Volkes beendet werden müsse – und dass dies auch dem Wohle Israels dienen würde.

Unter der Überschrift „Don’t say you didn’t know“ – „sage nicht, Du habest nichts gewusst“ – forderten sie die Beendigung der israelischen Besatzung der Westbank, Gazas und Ostjerusalems, die Anerkennung der Grenzen von 1967, die Räumung der illegalen Siedlungen, Jerusalem als gemeinsame Hauptstadt für Israelis und Palästinenser sowie eine faire und gerechte Lösung der Flüchtlingsfrage, zu der Israel beitragen sollte.

Der 9. November war für die Gründung der deutschen Sektion der EJJP nicht zufällig gewählt. Der 9. November 1938, die Reichspogromnacht, ist für immer in unser Gedächtnis eingebrannt und mahnt uns, die Zeichen von Ausgrenzung, Erniedrigung und Entrechtung von jüdischen Menschen in Deutschland niemals zu vergessen. Am 9. November 1938 wurde aller Welt, zumindest in Deutschland klar, dass der systematischen und massenhaften Vernichtung von Jüdinnen und Juden Tür und Tor geöffnet wurde, indem sie endgültig ihrer Selbstbestimmung beraubt wurden.

Es darf daher symbolisch verstanden werden, dass die kleine Gruppe von Frauen und Männern der JS ausgerechnet den 9. November 65 Jahre später wählte, um sich ihr Recht auf Selbstbestimmung als Jüdinnen und Juden hier in Deutschland zurückzuholen. Sie unterschrieben zu zehnt – auch diese Zahl war nicht zufällig gewählt – ein Papier, in dem sie ihr Selbstverständnis als Jüdinnen und Juden ausdrückten – ein Selbstverständnis, das sich aus dem selbst Erlebten in der jüdischen Erfahrungswelt hierzulande und in Israel speist. Die Zahl zehn steht für den Minjan, also die Mindestanzahl an mündigen Menschen, die nach jüdischer Lehre anwesend sein müssen, um einen vollständigen Gottesdienst abhalten zu können.

Ich zitiere aus dem Gründungspapier, das sich im Wesentlichen an den Grundsätzen der European Jews for a Just Peace orientiert:

„Die Jüdische Stimme verurteilt die seit 1967 andauernde Besetzung der Westbank einschließlich Ostjerusalems sowie die Abtrennung des Gazastreifens von den übrigen Gebieten Palästinas  >>>

 

 


 

 

Rede unserer Vorsitzenden anlässlich der Verleihung des Göttinger Friedenspreises - 9. März 2019 - Die Vorgeschichte dieser Veranstaltung zeigt auch, dass, wenn von israelischer Politik gesprochen wird, dann wird vor allem in Deutschland oft nicht über Politik gesprochen, sondern vielmehr über Identität. Nicht wenige jüdische und nichtjüdische Deutsche versuchen, ihre Schwierigkeiten mit ihrer Identität durch eine kritiklose Identifizierung mit dem Staat Israel zu lösen. Egal welche Politik die israelische Regierung betreibt, sie sind dabei.

Sehr geehrte Frau Barann, sehr geehrter Herr Röhl, verehrte Vertreter von Stiftung und Jury, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitstreiter und natürlich liebe Mitglieder der Jüdischen Stimme!


Es ist eine große Ehre, einen Friedenspreis zu erhalten, und eine noch größere, in die ehrwürdige Liste der Träger des Göttinger Friedenspreises aufgenommen zu werden.


Nach diesen turbulenten Tagen sage ich dazu auch: es ist eine große Errungenschaft. Wir sind wahrscheinlich der einzige Preisträger, der sich bei der Benachrichtigung über die Preisverleihung sehr freute, gleichzeitig aber schon wusste, dass er sich warm anziehen muss. Mit den Angriffen und Verleumdungen war zu rechnen.


Wir bedanken uns von ganzem Herzen bei den Mitgliedern der Jury und der Stiftung Dr. Roland Röhl, die durch sein Testament ins Leben gerufen wurde. Es bedeutet neben der Ehre auch eine große Verantwortung, dem Namen und Engagement von Roland Röhl gerecht zu werden. Roland Röhl war längere Zeit krank und gründete diese hoffnungsvolle Stiftung in seinen letzten Tagen. Während er den Kräfteverfall seines Körpers erlebte, hinterließ er ein Lebenszeichen. Wir hoffen, seinem Vorbild, auch in schwierigen Zeiten bei sich zu bleiben und um zukünftiges Leben und den Frieden zu kämpfen, folgen zu können. Und ich kann nur hoffen, dass er, wenn er wüsste, wie lebendig und emanzipatorisch der Prozess bis zur dieser Preisverleihung verlief, es so für gut befunden hätte.


Ich kann nicht verschweigen, dass das Erlebnis, als Juden und Jüdinnen unerwünscht zu sein, sehr unangenehm ist. Während die Stiftung nach einer Herberge suchte, wurden wir aber gleichzeitig mit so viel Unterstützung, Anerkennung und Dank bedacht, dass wir sehr berührt sind und uns gut aufgehoben fühlen. Wir wurden nicht allein gelassen und wissen das sehr zu schätzen. Unser großer Dank geht daher nicht nur an die Stiftung und die Jury, sondern an all die Menschen, die sich nicht scheuen, sich politisch zu engagieren, dem sozialen Druck der Konformität nicht nachgeben und nicht die Angst herrschen lassen. Ihre >>>

 

 

Kontroverse um Friedenspreis -  Drei Juden, drei Meinungen - Der Göttinger Friedenspreis löst Streit aus. Es gibt Antisemitismusvorwürfe – und es geht mal wieder um den Boykott Israels.

Wo verläuft der Grat zwischen Antisemitismus und nötiger Kritik an dem Besatzungsregime Israels und Unterdrückung der Palästinenser? Wer darf für Juden in Deutschland sprechen, wer nicht? Die Aufsätze, Studien, Analysen dazu füllen Bücherwände. Aber die Reflexionen dämpfen die Affekte nicht. Die scheinen immer mobilisierbar. Es geht sofort immer um alles. Um Gut und Böse. Wie jetzt in Göttingen.

Eine Jury, angeführt von dem taz-Korrespondenten Andreas Zumach, hat den Göttinger Friedenspreis an eine kleine Gruppe Berliner Juden verliehen – die „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“. Die unterstützt die BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen), die Israel boykottieren will: wirtschaftlich, kulturell, politisch. So wie früher Südafrika zu Zeiten der Apartheid. Es gab Proteste.

Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrats der Juden, schrieb einen empörten Brief an den Göttinger Oberbürgermeister. „Die Stoßrichtung der BDS-Bewegung ist unzweifelhaft antisemitisch.“ Das A-Wort treibt jedem tüchtigen Sparkassendirektor, jeder Universitätspräsidentin und jedem braven Bürgermeister Schweißperlen auf die Stirn. Stadt, Universität und Sparkasse zogen sich von dem Preis zurück. „Feige“ nennt Zumach diese Stressvermeidungstaktik. Der Preis wurde trotzdem vergeben – in einer privaten Galerie. Finanziert durch spontane Spenden.

Iris Hefets ist das Gesicht der „Jüdischen Stimme“. Graue Haare, grauer Rock, lässige Eleganz, Sie sitzt in einem Sessel in einer Neuköllner Altbauwohnung und sagt: „Wir enttabuisieren die Kritik an Israel. Wenn wir als Juden das sagen, haben andere das Gefühl: Das dürfen wir auch. So nehmen wir denen die Angst.“ >>>

 

 

 

 

Prof. Irene Schneider von der Universität Göttingen an die Uni-Präsidentin - 8. März 2019 - Als Professorin für Arabistik/Islamwissenschaft mit einem Forschungs- und Lehrschwerpunkt auf Palästina erlaube ich mir, mich ebenfalls zu Wort zu melden. Ich schließe mich ausdrücklich dem Schreiben meines Kollegen Prof. Kai Ambos und den vielen anderen Schreiben an und kann nicht verstehen, dass Sie sich von der Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die „Jüdischen Stimmen“ zurückziehen. Mit welcher Begründung sollte dies geschehen?
 
Prof. Dr. Irene Schneider Universitätsprofessorin der Georg-August-Universität Göttingen - Seminar für Arabistik/Islamwissenschaft Derz. Wissenschaftskolleg

An den Oberbürgermeister der Stadt Göttingen - die Präsidentin der Universität Göttingen - den Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Göttingen - cc Stiftung Dr. Roland Röhl und Herrn Zumach
alle per e-mail Berlin, den 6.3.2019

Sehr geehrter Herr Köhler, sehr geehrte Frau Beisiegel, sehr geehrter Herr Hald, Als Professorin für Arabistik/Islamwissenschaft mit einem Forschungs- und Lehrschwerpunkt auf Palästina erlaube ich mir, mich ebenfalls zu Wort zu melden. Ich schließe mich ausdrücklich dem Schreiben meines Kollegen Prof. Kai Ambos und den vielen anderen Schreiben an und kann nicht verstehen, dass Sie sich von der Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die „Jüdischen Stimmen“ zurückziehen. Mit welcher Begründung sollte dies geschehen? In einer sehr lapidaren Mail an alle Universitätmitarbeiter_innen vom 28.2.2019 schreiben Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sie wollten sich nicht „einseitig positionieren“ und die „Neutralität wahren“. Ihr Rückzug ist doch aber eine klare Positionierung eben gerade gegen die „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden im Nahen Osten“. Es ist zugleich eine Positionierung gegen die Chance, in einer schwierigen politischen Situation im Nahen Osten ein Zeichen für eine friedliche Lösung zu setzen. Wie Ihnen ja allen bekannt ist, stehen in Israel Wahlen an (9.4.19), es gibt Parteien, die offen von der Annexion der C-Gebiete der West Bank sprechen (s. Bericht in Haaretz am 4.3.2019 über die neu gegründete Partei Hayamin Hehadash, geführt von zwei Ministern der gegenwärtigen Regierung). Eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung scheint in immer weitere Ferne zu rücken. Gerade deshalb hätte Ihre Beteiligung an der Preisverleihung für Universität, Stadt und Sparkasse einen Akzent für eine humane und tolerante Welt gesetzt.

Bedauerlicherweise sind Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, meinem damaligen Vorschlag (WS 2016/17) nicht gefolgt, eine Begriffsdiskussion zum „Antisemitismus“ an unserer Universität zu führen. Das hat zur Folge, dass „Antisemitismus“, der absurderweise den „Jüdischen Stimmen“ untergeschoben wird, immer mehr zu einer Worthülse mutiert. Es ist offensichtlich, dass damit Kritik an der Politik der israelischen Regierung und Kritik an der vö

lkerrechtswidrigen Besetzung Palästinas durch Israel erstickt wird. Dabei ist die Unterscheidung sehr einfach: die Verunglimpfung >>>
 

Die Aulatür der Universität am 9. 3. 2019


 

 

Dokumentation - Die Apartheid + Kolonialpolitik Israels muss beendet werden - durch Boykott, Desinvestment und Sanktionen (BDS) - Eine Form des friedlichen Widerstandes  >>>

 

Dokumentation - Nein zum Antisemitismus - Nein zu seiner Instrumentalisierung >>>

 

Dokumentation - Zionismus + Antizionismus  >>>
 

 

Dokumentation Verleumdungsaktion - Der Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ erhält den Göttinger Friedenspreis 2019. >>>

 

 

 

11. 3. 2019

 

 

Nicht in unserem Namen! - Friedensengagierte Juden werden in Deutschland als Nestbeschmutzer und Verräter beschimpft. - Nirit Sommerfeld – Laudatio bei Verleihung des Göttinger Friedenspreises 2019 - Wie sind „die Juden“? Vor allem sehr verschieden, meint Nirit Sommerfeld. Weder herabwürdigende noch auch gut gemeinte Verallgemeinerungen sind angebracht. Niemand hat das Recht, zu bestimmen, wer ein „guter Jude“ ist und „dazugehört“. Leider maßen sich Israels Regierung und der ihr treue Zentralrat der Juden in Deutschland gerade dies oft an. Die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ wurde wegen ihres Einsatzes für eine Aussöhnung mit den Palästinensern als „Nestbeschmutzerin“ abgekanzelt. Man versuchte, die Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die Organisation mit allen Mitteln zu verhindern, und Göttingens Honoratioren kuschten reihenweise. Dabei berufen sich gerade die aufrechten Preisträger auf ein reiches humanes Erbe des Judentums. Laudatio von Nirit Sommerfeld anlässlich der Preisverleihung, die am heutigen Samstag dennoch stattfinden konnte. (...)

Ich möchte Ihnen etwas erzählen über deren Ursprünge, Geschichte, Ziele und Visionen, über die Menschen, die hinter dieser Stimme stecken, und vor allem sollen Sie etwas über die Arbeit erfahren, die die JS in den vergangenen 16 Jahren ihres Bestehens geleistet hat und für die sie hier – zu Recht – gewürdigt wird.

Menschen erkennt man an ihren Taten, ihren Handlungen, hat Hannah Arendt gesagt. Handeln und sprechen – Tätigkeiten, die im öffentlichen Raum stattfinden – gehören laut Hannah
Arendt zusammen, und wenn Menschen sich sprechend und handelnd in die Welt einschalten, sagt sie, dann offenbaren sie, wer sie sind. Lassen Sie uns also gemeinsam sehen und vor allem hören, was die ‚Jüdische Stimme’ öffentlich und in der Welt zu sagen hat.

Im Jahre 2003 wählte eine Gruppe von in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden den schicksalhaften 9. November zum Gründungstag einer neuen Organisation. Unter dem Namen ‚Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost’ riefen sie die deutsche Sektion einer Vereinigung jüdischer Organisationen ins Leben, die sich ein Jahr zuvor in Amsterdam formiert hatte und die sich ‚European Jews for a Just Peace’, kurz EJJP’ nannte: Europäische Juden für einen gerechten Frieden. Aus Schweden, Dänemark, den Niederlanden, Frankreich, Belgien, Großbritannien, Italien, Österreich und der Schweiz waren Jüdinnen und Juden zusammen gekommen, die bei aller Unterschiedlichkeit eines einte: die Überzeugung, dass die gewaltvolle Besatzungspolitik Israels zum Wohl des palästinensischen Volkes beendet werden müsse – und dass dies auch dem Wohle Israels dienen würde.

Unter der Überschrift „Don’t say you didn’t know“ – „sage nicht, Du habest nichts gewusst“ – forderten sie die Beendigung der israelischen Besatzung der Westbank, Gazas und Ostjerusalems, die Anerkennung der Grenzen von 1967, die Räumung der illegalen Siedlungen, Jerusalem als gemeinsame Hauptstadt für Israelis und Palästinenser sowie eine faire und gerechte Lösung der Flüchtlingsfrage, zu der Israel beitragen sollte.

Der 9. November war für die Gründung der deutschen Sektion der EJJP nicht zufällig gewählt. Der 9. November 1938, die Reichspogromnacht, ist für immer in unser Gedächtnis eingebrannt und mahnt uns, die Zeichen von Ausgrenzung, Erniedrigung und Entrechtung von jüdischen Menschen in Deutschland niemals zu vergessen. Am 9. November 1938 wurde aller Welt, zumindest in Deutschland klar, dass der systematischen und massenhaften Vernichtung von Jüdinnen und Juden Tür und Tor geöffnet wurde, indem sie endgültig ihrer Selbstbestimmung beraubt wurden.

Es darf daher symbolisch verstanden werden, dass die kleine Gruppe von Frauen und Männern der JS ausgerechnet den 9. November 65 Jahre später wählte, um sich ihr Recht auf Selbstbestimmung als Jüdinnen und Juden hier in Deutschland zurückzuholen. Sie unterschrieben zu zehnt – auch diese Zahl war nicht zufällig gewählt – ein Papier, in dem sie ihr Selbstverständnis als Jüdinnen und Juden ausdrückten – ein Selbstverständnis, das sich aus dem selbst Erlebten in der jüdischen Erfahrungswelt hierzulande und in Israel speist. Die Zahl zehn steht für den Minjan, also die Mindestanzahl an mündigen Menschen, die nach jüdischer Lehre anwesend sein müssen, um einen vollständigen Gottesdienst abhalten zu können.

Ich zitiere aus dem Gründungspapier, das sich im Wesentlichen an den Grundsätzen der European Jews for a Just Peace orientiert:

„Die Jüdische Stimme verurteilt die seit 1967 andauernde Besetzung der Westbank einschließlich Ostjerusalems sowie die Abtrennung des Gazastreifens von den übrigen Gebieten Palästinas  >>>

 

 


 

 

Rede unserer Vorsitzenden anlässlich der Verleihung des Göttinger Friedenspreises - 9. März 2019 - Die Vorgeschichte dieser Veranstaltung zeigt auch, dass, wenn von israelischer Politik gesprochen wird, dann wird vor allem in Deutschland oft nicht über Politik gesprochen, sondern vielmehr über Identität. Nicht wenige jüdische und nichtjüdische Deutsche versuchen, ihre Schwierigkeiten mit ihrer Identität durch eine kritiklose Identifizierung mit dem Staat Israel zu lösen. Egal welche Politik die israelische Regierung betreibt, sie sind dabei.

Sehr geehrte Frau Barann, sehr geehrter Herr Röhl, verehrte Vertreter von Stiftung und Jury, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitstreiter und natürlich liebe Mitglieder der Jüdischen Stimme!


Es ist eine große Ehre, einen Friedenspreis zu erhalten, und eine noch größere, in die ehrwürdige Liste der Träger des Göttinger Friedenspreises aufgenommen zu werden.


Nach diesen turbulenten Tagen sage ich dazu auch: es ist eine große Errungenschaft. Wir sind wahrscheinlich der einzige Preisträger, der sich bei der Benachrichtigung über die Preisverleihung sehr freute, gleichzeitig aber schon wusste, dass er sich warm anziehen muss. Mit den Angriffen und Verleumdungen war zu rechnen.


Wir bedanken uns von ganzem Herzen bei den Mitgliedern der Jury und der Stiftung Dr. Roland Röhl, die durch sein Testament ins Leben gerufen wurde. Es bedeutet neben der Ehre auch eine große Verantwortung, dem Namen und Engagement von Roland Röhl gerecht zu werden. Roland Röhl war längere Zeit krank und gründete diese hoffnungsvolle Stiftung in seinen letzten Tagen. Während er den Kräfteverfall seines Körpers erlebte, hinterließ er ein Lebenszeichen. Wir hoffen, seinem Vorbild, auch in schwierigen Zeiten bei sich zu bleiben und um zukünftiges Leben und den Frieden zu kämpfen, folgen zu können. Und ich kann nur hoffen, dass er, wenn er wüsste, wie lebendig und emanzipatorisch der Prozess bis zur dieser Preisverleihung verlief, es so für gut befunden hätte.


Ich kann nicht verschweigen, dass das Erlebnis, als Juden und Jüdinnen unerwünscht zu sein, sehr unangenehm ist. Während die Stiftung nach einer Herberge suchte, wurden wir aber gleichzeitig mit so viel Unterstützung, Anerkennung und Dank bedacht, dass wir sehr berührt sind und uns gut aufgehoben fühlen. Wir wurden nicht allein gelassen und wissen das sehr zu schätzen. Unser großer Dank geht daher nicht nur an die Stiftung und die Jury, sondern an all die Menschen, die sich nicht scheuen, sich politisch zu engagieren, dem sozialen Druck der Konformität nicht nachgeben und nicht die Angst herrschen lassen. Ihre >>>

 

 

Kontroverse um Friedenspreis -  Drei Juden, drei Meinungen - Der Göttinger Friedenspreis löst Streit aus. Es gibt Antisemitismusvorwürfe – und es geht mal wieder um den Boykott Israels.

Wo verläuft der Grat zwischen Antisemitismus und nötiger Kritik an dem Besatzungsregime Israels und Unterdrückung der Palästinenser? Wer darf für Juden in Deutschland sprechen, wer nicht? Die Aufsätze, Studien, Analysen dazu füllen Bücherwände. Aber die Reflexionen dämpfen die Affekte nicht. Die scheinen immer mobilisierbar. Es geht sofort immer um alles. Um Gut und Böse. Wie jetzt in Göttingen.

Eine Jury, angeführt von dem taz-Korrespondenten Andreas Zumach, hat den Göttinger Friedenspreis an eine kleine Gruppe Berliner Juden verliehen – die „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“. Die unterstützt die BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen), die Israel boykottieren will: wirtschaftlich, kulturell, politisch. So wie früher Südafrika zu Zeiten der Apartheid. Es gab Proteste.

Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrats der Juden, schrieb einen empörten Brief an den Göttinger Oberbürgermeister. „Die Stoßrichtung der BDS-Bewegung ist unzweifelhaft antisemitisch.“ Das A-Wort treibt jedem tüchtigen Sparkassendirektor, jeder Universitätspräsidentin und jedem braven Bürgermeister Schweißperlen auf die Stirn. Stadt, Universität und Sparkasse zogen sich von dem Preis zurück. „Feige“ nennt Zumach diese Stressvermeidungstaktik. Der Preis wurde trotzdem vergeben – in einer privaten Galerie. Finanziert durch spontane Spenden.

Iris Hefets ist das Gesicht der „Jüdischen Stimme“. Graue Haare, grauer Rock, lässige Eleganz, Sie sitzt in einem Sessel in einer Neuköllner Altbauwohnung und sagt: „Wir enttabuisieren die Kritik an Israel. Wenn wir als Juden das sagen, haben andere das Gefühl: Das dürfen wir auch. So nehmen wir denen die Angst.“ >>>

 

 

 

 

Prof. Irene Schneider von der Universität Göttingen an die Uni-Präsidentin - 8. März 2019 - Als Professorin für Arabistik/Islamwissenschaft mit einem Forschungs- und Lehrschwerpunkt auf Palästina erlaube ich mir, mich ebenfalls zu Wort zu melden. Ich schließe mich ausdrücklich dem Schreiben meines Kollegen Prof. Kai Ambos und den vielen anderen Schreiben an und kann nicht verstehen, dass Sie sich von der Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die „Jüdischen Stimmen“ zurückziehen. Mit welcher Begründung sollte dies geschehen?
 
Prof. Dr. Irene Schneider Universitätsprofessorin der Georg-August-Universität Göttingen - Seminar für Arabistik/Islamwissenschaft Derz. Wissenschaftskolleg

An den Oberbürgermeister der Stadt Göttingen - die Präsidentin der Universität Göttingen - den Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Göttingen - cc Stiftung Dr. Roland Röhl und Herrn Zumach
alle per e-mail Berlin, den 6.3.2019

Sehr geehrter Herr Köhler, sehr geehrte Frau Beisiegel, sehr geehrter Herr Hald, Als Professorin für Arabistik/Islamwissenschaft mit einem Forschungs- und Lehrschwerpunkt auf Palästina erlaube ich mir, mich ebenfalls zu Wort zu melden. Ich schließe mich ausdrücklich dem Schreiben meines Kollegen Prof. Kai Ambos und den vielen anderen Schreiben an und kann nicht verstehen, dass Sie sich von der Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die „Jüdischen Stimmen“ zurückziehen. Mit welcher Begründung sollte dies geschehen? In einer sehr lapidaren Mail an alle Universitätmitarbeiter_innen vom 28.2.2019 schreiben Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sie wollten sich nicht „einseitig positionieren“ und die „Neutralität wahren“. Ihr Rückzug ist doch aber eine klare Positionierung eben gerade gegen die „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden im Nahen Osten“. Es ist zugleich eine Positionierung gegen die Chance, in einer schwierigen politischen Situation im Nahen Osten ein Zeichen für eine friedliche Lösung zu setzen. Wie Ihnen ja allen bekannt ist, stehen in Israel Wahlen an (9.4.19), es gibt Parteien, die offen von der Annexion der C-Gebiete der West Bank sprechen (s. Bericht in Haaretz am 4.3.2019 über die neu gegründete Partei Hayamin Hehadash, geführt von zwei Ministern der gegenwärtigen Regierung). Eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung scheint in immer weitere Ferne zu rücken. Gerade deshalb hätte Ihre Beteiligung an der Preisverleihung für Universität, Stadt und Sparkasse einen Akzent für eine humane und tolerante Welt gesetzt.

Bedauerlicherweise sind Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, meinem damaligen Vorschlag (WS 2016/17) nicht gefolgt, eine Begriffsdiskussion zum „Antisemitismus“ an unserer Universität zu führen. Das hat zur Folge, dass „Antisemitismus“, der absurderweise den „Jüdischen Stimmen“ untergeschoben wird, immer mehr zu einer Worthülse mutiert. Es ist offensichtlich, dass damit Kritik an der Politik der israelischen Regierung und Kritik an der vö

lkerrechtswidrigen Besetzung Palästinas durch Israel erstickt wird. Dabei ist die Unterscheidung sehr einfach: die Verunglimpfung >>>
 

Die Aulatür der Universität am 9. 3. 2019


 

 

 

 

10. 3. 2019

 

Nicht in unserem Namen! - Friedensengagierte Juden werden in Deutschland als Nestbeschmutzer und Verräter beschimpft. - Nirit Sommerfeld – Laudatio bei Verleihung des Göttinger Friedenspreises 2019 - Wie sind „die Juden“? Vor allem sehr verschieden, meint Nirit Sommerfeld. Weder herabwürdigende noch auch gut gemeinte Verallgemeinerungen sind angebracht. Niemand hat das Recht, zu bestimmen, wer ein „guter Jude“ ist und „dazugehört“. Leider maßen sich Israels Regierung und der ihr treue Zentralrat der Juden in Deutschland gerade dies oft an. Die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ wurde wegen ihres Einsatzes für eine Aussöhnung mit den Palästinensern als „Nestbeschmutzerin“ abgekanzelt. Man versuchte, die Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die Organisation mit allen Mitteln zu verhindern, und Göttingens Honoratioren kuschten reihenweise. Dabei berufen sich gerade die aufrechten Preisträger auf ein reiches humanes Erbe des Judentums. Laudatio von Nirit Sommerfeld anlässlich der Preisverleihung, die am heutigen Samstag dennoch stattfinden konnte. (...)

Ich möchte Ihnen etwas erzählen über deren Ursprünge, Geschichte, Ziele und Visionen, über die Menschen, die hinter dieser Stimme stecken, und vor allem sollen Sie etwas über die Arbeit erfahren, die die JS in den vergangenen 16 Jahren ihres Bestehens geleistet hat und für die sie hier – zu Recht – gewürdigt wird.

Menschen erkennt man an ihren Taten, ihren Handlungen, hat Hannah Arendt gesagt. Handeln und sprechen – Tätigkeiten, die im öffentlichen Raum stattfinden – gehören laut Hannah
Arendt zusammen, und wenn Menschen sich sprechend und handelnd in die Welt einschalten, sagt sie, dann offenbaren sie, wer sie sind. Lassen Sie uns also gemeinsam sehen und vor allem hören, was die ‚Jüdische Stimme’ öffentlich und in der Welt zu sagen hat.

Im Jahre 2003 wählte eine Gruppe von in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden den schicksalhaften 9. November zum Gründungstag einer neuen Organisation. Unter dem Namen ‚Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost’ riefen sie die deutsche Sektion einer Vereinigung jüdischer Organisationen ins Leben, die sich ein Jahr zuvor in Amsterdam formiert hatte und die sich ‚European Jews for a Just Peace’, kurz EJJP’ nannte: Europäische Juden für einen gerechten Frieden. Aus Schweden, Dänemark, den Niederlanden, Frankreich, Belgien, Großbritannien, Italien, Österreich und der Schweiz waren Jüdinnen und Juden zusammen gekommen, die bei aller Unterschiedlichkeit eines einte: die Überzeugung, dass die gewaltvolle Besatzungspolitik Israels zum Wohl des palästinensischen Volkes beendet werden müsse – und dass dies auch dem Wohle Israels dienen würde.

Unter der Überschrift „Don’t say you didn’t know“ – „sage nicht, Du habest nichts gewusst“ – forderten sie die Beendigung der israelischen Besatzung der Westbank, Gazas und Ostjerusalems, die Anerkennung der Grenzen von 1967, die Räumung der illegalen Siedlungen, Jerusalem als gemeinsame Hauptstadt für Israelis und Palästinenser sowie eine faire und gerechte Lösung der Flüchtlingsfrage, zu der Israel beitragen sollte.

Der 9. November war für die Gründung der deutschen Sektion der EJJP nicht zufällig gewählt. Der 9. November 1938, die Reichspogromnacht, ist für immer in unser Gedächtnis eingebrannt und mahnt uns, die Zeichen von Ausgrenzung, Erniedrigung und Entrechtung von jüdischen Menschen in Deutschland niemals zu vergessen. Am 9. November 1938 wurde aller Welt, zumindest in Deutschland klar, dass der systematischen und massenhaften Vernichtung von Jüdinnen und Juden Tür und Tor geöffnet wurde, indem sie endgültig ihrer Selbstbestimmung beraubt wurden.

Es darf daher symbolisch verstanden werden, dass die kleine Gruppe von Frauen und Männern der JS ausgerechnet den 9. November 65 Jahre später wählte, um sich ihr Recht auf Selbstbestimmung als Jüdinnen und Juden hier in Deutschland zurückzuholen. Sie unterschrieben zu zehnt – auch diese Zahl war nicht zufällig gewählt – ein Papier, in dem sie ihr Selbstverständnis als Jüdinnen und Juden ausdrückten – ein Selbstverständnis, das sich aus dem selbst Erlebten in der jüdischen Erfahrungswelt hierzulande und in Israel speist. Die Zahl zehn steht für den Minjan, also die Mindestanzahl an mündigen Menschen, die nach jüdischer Lehre anwesend sein müssen, um einen vollständigen Gottesdienst abhalten zu können.

Ich zitiere aus dem Gründungspapier, das sich im Wesentlichen an den Grundsätzen der European Jews for a Just Peace orientiert:

„Die Jüdische Stimme verurteilt die seit 1967 andauernde Besetzung der Westbank einschließlich Ostjerusalems sowie die Abtrennung des Gazastreifens von den übrigen Gebieten Palästinas  >>>

 

 


 

 

Rede unserer Vorsitzenden anlässlich der Verleihung des Göttinger Friedenspreises - 9. März 2019 - Die Vorgeschichte dieser Veranstaltung zeigt auch, dass, wenn von israelischer Politik gesprochen wird, dann wird vor allem in Deutschland oft nicht über Politik gesprochen, sondern vielmehr über Identität. Nicht wenige jüdische und nichtjüdische Deutsche versuchen, ihre Schwierigkeiten mit ihrer Identität durch eine kritiklose Identifizierung mit dem Staat Israel zu lösen. Egal welche Politik die israelische Regierung betreibt, sie sind dabei.

Sehr geehrte Frau Barann, sehr geehrter Herr Röhl, verehrte Vertreter von Stiftung und Jury, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitstreiter und natürlich liebe Mitglieder der Jüdischen Stimme!


Es ist eine große Ehre, einen Friedenspreis zu erhalten, und eine noch größere, in die ehrwürdige Liste der Träger des Göttinger Friedenspreises aufgenommen zu werden.


Nach diesen turbulenten Tagen sage ich dazu auch: es ist eine große Errungenschaft. Wir sind wahrscheinlich der einzige Preisträger, der sich bei der Benachrichtigung über die Preisverleihung sehr freute, gleichzeitig aber schon wusste, dass er sich warm anziehen muss. Mit den Angriffen und Verleumdungen war zu rechnen.


Wir bedanken uns von ganzem Herzen bei den Mitgliedern der Jury und der Stiftung Dr. Roland Röhl, die durch sein Testament ins Leben gerufen wurde. Es bedeutet neben der Ehre auch eine große Verantwortung, dem Namen und Engagement von Roland Röhl gerecht zu werden. Roland Röhl war längere Zeit krank und gründete diese hoffnungsvolle Stiftung in seinen letzten Tagen. Während er den Kräfteverfall seines Körpers erlebte, hinterließ er ein Lebenszeichen. Wir hoffen, seinem Vorbild, auch in schwierigen Zeiten bei sich zu bleiben und um zukünftiges Leben und den Frieden zu kämpfen, folgen zu können. Und ich kann nur hoffen, dass er, wenn er wüsste, wie lebendig und emanzipatorisch der Prozess bis zur dieser Preisverleihung verlief, es so für gut befunden hätte.


Ich kann nicht verschweigen, dass das Erlebnis, als Juden und Jüdinnen unerwünscht zu sein, sehr unangenehm ist. Während die Stiftung nach einer Herberge suchte, wurden wir aber gleichzeitig mit so viel Unterstützung, Anerkennung und Dank bedacht, dass wir sehr berührt sind und uns gut aufgehoben fühlen. Wir wurden nicht allein gelassen und wissen das sehr zu schätzen. Unser großer Dank geht daher nicht nur an die Stiftung und die Jury, sondern an all die Menschen, die sich nicht scheuen, sich politisch zu engagieren, dem sozialen Druck der Konformität nicht nachgeben und nicht die Angst herrschen lassen. Ihre >>>

 

 

Kontroverse um Friedenspreis -  Drei Juden, drei Meinungen - Der Göttinger Friedenspreis löst Streit aus. Es gibt Antisemitismusvorwürfe – und es geht mal wieder um den Boykott Israels.

Wo verläuft der Grat zwischen Antisemitismus und nötiger Kritik an dem Besatzungsregime Israels und Unterdrückung der Palästinenser? Wer darf für Juden in Deutschland sprechen, wer nicht? Die Aufsätze, Studien, Analysen dazu füllen Bücherwände. Aber die Reflexionen dämpfen die Affekte nicht. Die scheinen immer mobilisierbar. Es geht sofort immer um alles. Um Gut und Böse. Wie jetzt in Göttingen.

Eine Jury, angeführt von dem taz-Korrespondenten Andreas Zumach, hat den Göttinger Friedenspreis an eine kleine Gruppe Berliner Juden verliehen – die „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“. Die unterstützt die BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen), die Israel boykottieren will: wirtschaftlich, kulturell, politisch. So wie früher Südafrika zu Zeiten der Apartheid. Es gab Proteste.

Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrats der Juden, schrieb einen empörten Brief an den Göttinger Oberbürgermeister. „Die Stoßrichtung der BDS-Bewegung ist unzweifelhaft antisemitisch.“ Das A-Wort treibt jedem tüchtigen Sparkassendirektor, jeder Universitätspräsidentin und jedem braven Bürgermeister Schweißperlen auf die Stirn. Stadt, Universität und Sparkasse zogen sich von dem Preis zurück. „Feige“ nennt Zumach diese Stressvermeidungstaktik. Der Preis wurde trotzdem vergeben – in einer privaten Galerie. Finanziert durch spontane Spenden.

Iris Hefets ist das Gesicht der „Jüdischen Stimme“. Graue Haare, grauer Rock, lässige Eleganz, Sie sitzt in einem Sessel in einer Neuköllner Altbauwohnung und sagt: „Wir enttabuisieren die Kritik an Israel. Wenn wir als Juden das sagen, haben andere das Gefühl: Das dürfen wir auch. So nehmen wir denen die Angst.“ >>>

 

 

 

 

Prof. Irene Schneider von der Universität Göttingen an die Uni-Präsidentin - 8. März 2019 - Als Professorin für Arabistik/Islamwissenschaft mit einem Forschungs- und Lehrschwerpunkt auf Palästina erlaube ich mir, mich ebenfalls zu Wort zu melden. Ich schließe mich ausdrücklich dem Schreiben meines Kollegen Prof. Kai Ambos und den vielen anderen Schreiben an und kann nicht verstehen, dass Sie sich von der Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die „Jüdischen Stimmen“ zurückziehen. Mit welcher Begründung sollte dies geschehen?
 
Prof. Dr. Irene Schneider Universitätsprofessorin der Georg-August-Universität Göttingen - Seminar für Arabistik/Islamwissenschaft Derz. Wissenschaftskolleg

An den Oberbürgermeister der Stadt Göttingen - die Präsidentin der Universität Göttingen - den Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Göttingen - cc Stiftung Dr. Roland Röhl und Herrn Zumach
alle per e-mail Berlin, den 6.3.2019

Sehr geehrter Herr Köhler, sehr geehrte Frau Beisiegel, sehr geehrter Herr Hald, Als Professorin für Arabistik/Islamwissenschaft mit einem Forschungs- und Lehrschwerpunkt auf Palästina erlaube ich mir, mich ebenfalls zu Wort zu melden. Ich schließe mich ausdrücklich dem Schreiben meines Kollegen Prof. Kai Ambos und den vielen anderen Schreiben an und kann nicht verstehen, dass Sie sich von der Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die „Jüdischen Stimmen“ zurückziehen. Mit welcher Begründung sollte dies geschehen? In einer sehr lapidaren Mail an alle Universitätmitarbeiter_innen vom 28.2.2019 schreiben Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sie wollten sich nicht „einseitig positionieren“ und die „Neutralität wahren“. Ihr Rückzug ist doch aber eine klare Positionierung eben gerade gegen die „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden im Nahen Osten“. Es ist zugleich eine Positionierung gegen die Chance, in einer schwierigen politischen Situation im Nahen Osten ein Zeichen für eine friedliche Lösung zu setzen. Wie Ihnen ja allen bekannt ist, stehen in Israel Wahlen an (9.4.19), es gibt Parteien, die offen von der Annexion der C-Gebiete der West Bank sprechen (s. Bericht in Haaretz am 4.3.2019 über die neu gegründete Partei Hayamin Hehadash, geführt von zwei Ministern der gegenwärtigen Regierung). Eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung scheint in immer weitere Ferne zu rücken. Gerade deshalb hätte Ihre Beteiligung an der Preisverleihung für Universität, Stadt und Sparkasse einen Akzent für eine humane und tolerante Welt gesetzt.

Bedauerlicherweise sind Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, meinem damaligen Vorschlag (WS 2016/17) nicht gefolgt, eine Begriffsdiskussion zum „Antisemitismus“ an unserer Universität zu führen. Das hat zur Folge, dass „Antisemitismus“, der absurderweise den „Jüdischen Stimmen“ untergeschoben wird, immer mehr zu einer Worthülse mutiert. Es ist offensichtlich, dass damit Kritik an der Politik der israelischen Regierung und Kritik an der vö

lkerrechtswidrigen Besetzung Palästinas durch Israel erstickt wird. Dabei ist die Unterscheidung sehr einfach: die Verunglimpfung >>>
 

Die Aulatür der Universität am 9. 3. 2019


 

 

8. 3. 2019
 

Der Bundesarbeitskreis Nahost der Partei DIE LINKE hat eine Erklärung zum Göttinger Friedenspreis heraus gegeben.
Der Bundesarbeitskreis „Gerechter Frieden in Nahost“ ist bei der „Bundesarbeitsgemeinschaft Frieden und Internationale Politik“ angesiedelt. Er hat sich Mitte Januar 2011 bundesweit aus Mitgliedern der LINKEN sowie Sympathisant*innen formiert.



Erklärung zur Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“
7. März 2019

Der Sprecherinnenkreis des Bundesarbeitskreises Gerechter Frieden in Nahost der Partei DIE LINKE begrüßt die vorgesehene Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost" und erklärt sich mit der Jüdischen Stimme und der Jury solidarisch.

Wir sind entsetzt über die Falschbehauptungen, Verleumdungen und Rufmordversuche gegen die Jüdische Stimme und darüber dass der Friedenspreis für die Jüdische Stimme nicht in städtischen oder universitären Räumen verliehen werden darf.[1] Wir begrüßen, dass die Galerie Alte Feuerwache ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellt und die Preisverleihung somit wie geplant am 9. März in Göttingen stattfinden kann.

Die Jüdischen Stimme wurde als antisemitisch verleumdet. Begründet wurde dies mit ihrer Unterstützung der BDS-Kampagne, obwohl es sich dabei um eine menschenrechtsorientierte Kampagne handelt.

Bereits am 9. Juli 2005 unterzeichneten über 170 Gruppierungen und Organisationen der palästinensischen Zivilgesellschaft den Aufruf „Boykott, Desinvestment und Sanktionen (BDS)“. Der Aufruf fordert Boykott, Abzug von Investitionen und Sanktionen gegen den Staat Israel, bis Israel seinen Verpflichtungen nach internationalem Recht Folge leistet.

Diese gewaltlosen Maßnahmen sollen solange aufrecht erhalten bleiben, bis der Staat Israel seinen Verpflichtungen gemäß internationalem Recht nachkommt und, wie in zahlreichen UN-Resolutionen gefordert, die Besetzung palästinensischer und syrischer Gebiete beendet, die systematische Diskriminierung der Palästinenser*innen im besetzten palästinensischen Gebiet und in Israel selbst einstellt und die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge gemäß UN-Resolution 194 zulässt.

Daraus ist ganz klar ersichtlich, dass sich die BDS-Bewegung gegen die völkerrechtswidrige israelische Politik richtet und nicht gegen Juden*. Der Vorwurf des Antisemitismus ist also völlig unangebracht.

Das Recht zum Boykott Israels, ist bereits vielfach anerkannt worden: so 2016 von 358 Menschenrechtsorganisationen, Kirchen, Gewerkschaften und politischen Parteien[2], von der Europäischen Union – vertreten durch Frederica Mogherini, der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik – auf Anfrage von 30 Mitgliedern des Europäischen Parlaments[3], von über 40 weltweit vertretenen jüdischen Organisationen[4], von 200 europäischen Rechtsgelehrten[5], vom Verwaltungsgericht Oldenburg am 27. September 2018[6] und von vielen Einzelpersonen.

Deren Entstehen und Wirken steht in untrennbarem Zusammenhang mit der seit einem halben Jahrhundert anhaltenden israelischen Okkupation des völkerrechtlich definierten palästinensischen Territoriums und mithin zielstrebigen Unterlaufens der Zwei-Staaten-Lösung. Woran auch westliche Politik insofern entscheidende Mitverantwortung trägt, als sie – abgesehen von stets folgenlosen Statements – jahrzehntelang die Augen davor verschlossen hat, dass Israel mittels seiner stabsmäßig betriebenen Siedlungspolitik die territorialen Grundlagen für die Realisierung auch des Existenzrechts eines Palästina-Staates an seiner Seite systematisch untergraben hat. Solange dieser Okkupationszustand fortbesteht und das legitime Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser*innen missachtet wird, werden auch Initiativen, wie die als Mittel gewaltlosen Widerstandes konzipierte BDS-Bewegung, weder durch Verbote noch andere Formen der Diskriminierung zu unterbinden sein.

Die BDS-Bewegung kann nur ihren Sinn verlieren, wenn Israel seine Okkupationspolitik gegenüber den Palästinenser*innen beendet und sich endlich zur Einhaltung des Völkerrechts bei der Lösung der Palästinafrage bereit zeigte. Das heißt insbesondere zur Respektierung eines lebensfähigen, souveränen Palästina-Staates in den Grenzen von 1967 und mit Ost-Jerusalem an der Seite Israels.

Die Verleumdungskampagne der Jüdischen Stimme und des Göttinger Friedenspreises reiht sich ein in die Front jener in Deutschland ein, die jegliche Affinität zu dieser Bewegung als Vorwand nutzen, um berechtigte Kritik an der israelischen Palästina-Politik aus dem öffentlichen Diskurs zu verbannen. Indem unter dem Slogan „Gegen Antisemitismus! Gegen BDS!“ Auftrittsverbote von Personen ausgesprochen, die Bereitstellung von Räumlichkeiten verweigert oder auch diesbezügliche Fachveranstaltungen an Hochschulen inquisitorisch beleuchtet werden.[7]

Sprecherinnenkreis des Bundesarbeitskreises Gerechter Frieden in Nahost der Partei Die Linke

Der Bundesarbeitskreis „Gerechter Frieden in Nahost“ ist bei der „Bundesarbeitsgemeinschaft Frieden und Internationale Politik“ angesiedelt. Er hat sich Mitte Januar 2011 bundesweit aus Mitgliedern der LINKEN sowie Sympathisant*innen formiert.  Quelle Gabi Bieberstein

 

 

7. 3. 2019

Jüdischer Dissens  - Die Affäre um den Göttinger Friedenspreis handelt von Meinungsfreiheit und Repräsentanz. Der Zentralrat spricht nicht für alle - Charlotte Wiedemann  - Kein anderes Milieu in Deutschland hat sich durch Einwanderung so sehr verändert wie das Judentum. Mehr als 90 Prozent der 200.000 Juden und Jüdinnen sind Migranten der ersten oder zweiten Generation. Und nur die Hälfte ist Mitglied einer Gemeinde. Nur für diese Hälfte kann also der Zentralrat der Juden sprechen in seiner Rolle als das zeremonielle Gegenüber von Politik und Mehrheitsgesellschaft.

Es scheint mir sinnvoll, die Kontroverse um den Göttinger Friedenspreis, der am Samstag an die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost vergeben wird, unter dem Aspekt der Repräsentanz zu betrachten. Es geht ja keineswegs nur darum, welche Strategie gegen die israelische Besatzung legitim ist. Sondern es geht um Meinungsfreiheit: Wie abweichend dürfen Juden und Jüdinnen denken? Und kann im Land der Schoah eine Vertretung jüdischer Belange nur so aussehen, dass eine offizielle Stimme spricht und dabei den Rahmen des Sagbaren absteckt?

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats, nannte die geplante Auszeichnung „einen Schlag ins Gesicht der gesamten jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und Israel“. Die Formulierung wirft ein logisches Problem auf, denn auch die Preisträger gehören als Juden zu dieser Gemeinschaft; einige sind sogar Mitglieder von Gemeinden. Doch sie werden von Schuster nicht als Juden gedacht (neudeutsch „gelesen“), sondern nur als Gegner. Auch die Opponenten aus der Mehrheitsgesellschaft taten seltsamerweise so, als ginge es hier gar nicht um Juden (teils zugleich Israelis) – als seien dies also keine Menschen, für welche die Schoah und aller Antisemitismus eine existenzielle Bedeutung hat.

Eine Mitbegründerin der Jüdischen Stimme, die Schriftstellerin Ruth Fruchtman, eingetragen bei der Jüdischen Gemeinde Berlin, beschreibt in ihrem Roman „Jerusalemtag“, was es für eine Jüdin ihrer Generation (sie ist über 70) bedeutet, gegen die Okkupation zu kämpfen. Welche inneren Kämpfe es mit sich bringt, womöglich lebenslang  >>>

 

Dokumentation Verleumdungsaktion - Der Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ erhält den Göttinger Friedenspreis 2019. >>>

 

 

6. 3. 2019

 

Streit um Göttinger Friedenspreis - „Jüdische Stimme setzt sich für friedliches Miteinander-Leben ein“ - Im Streit um die Vergabe des Göttinger Friedenspreises an die Organisation „Jüdische Stimme“ hat sich nun auch der Liedermacher Konstantin Wecker zu Wort gemeldet. Den Vorwurf, es handele sich dabei um eine antisemitische Bewegung, nannte der Vorjahrespreisträger im Dlf „völlig unbegreiflich“. - Konstantin Wecker im Gespräch mit Änne Seidel

Änne Seidel: Einen gerechten Frieden in Nahost – den wünscht sich der Verein „Jüdische Stimme“, ein jüdischer Verein mit Sitz in Berlin. Die Organisation fordert auf ihrer Homepage einen souveränen Staat Palästina und möchte sich einsetzen für einen dauerhaften und für beide Nationen – also Israel und Palästina – lebensfähigen Frieden. Für sein Engagement soll der Verein am kommenden Samstag mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnet werden. Doch an dieser Entscheidung der Preisjury gab es in den vergangenen Wochen heftige Kritik: Der Zentralrat der Juden hatte dem Verein Antisemitismus vorgeworfen, daraufhin hatten sich die Stadt Göttingen und die Universität Göttingen von der Preisverleihung zurückgezogen, außerdem war ein Geldgeber abgesprungen.

Es gab in den vergangenen Tagen aber auch prominente Stimmen, die den Verein verteidigt haben, und heute kommt noch ein weiterer Unterstützer hinzu: Der Liedermacher Konstantin Wecker, der im vergangenen Jahr mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnet worden war, hat einen offenen Brief verfasst, in dem er sich unter anderem an den Göttinger Oberbürgermeister wendet. Ich habe Konstantin Wecker vor der Sendung zunächst mal gefragt, warum der Verein „Jüdische Stimme“ den Friedenspreis aus seiner Sicht verdient hat.

Konstantin Wecker: Ich bin der Meinung, dass der Verein „Jüdische Stimme – für gerechten Frieden in Nahost“ seit vielen Jahren sich für ein friedliches Miteinander-Leben einsetzt und auf eine zutiefst menschliche und – was für mich als bekennenden Pazifisten wichtig ist – auf eine friedliche Weise. Die Vorwürfe, dass da hier Antisemitismus mit im Spiel sei, sind mir ehrlich gesagt völlig unbegreiflich, denn das sind Menschen, das sind ja jüdische Demokraten, die sich hier für einen Frieden einsetzen, die vielleicht nicht politisch einverstanden sind oder auf keinen Fall politisch einverstanden sind mit dem, was derzeit in Israel passiert, aber das ist ja in einer Demokratie möglich, dass man Kritik an einer Politik übt.  >>>

 

Audio - Konstantin Wecker im Gespräch mit Änne Seidel - www.deutschlandfunk.de, Kultur heute - Hören bis: 19.01.2038 >>>
 

Der Brief von Konstantin Wecker >>>

 

 


Göttinger Friedenspreis - Antisemitismus ist mehr als ein Label - Wann ist Kritik an israelischer Politik antisemitisch? Eine nicht ganz neue Frage und jüngste Antworten aus Göttingen. Eine Kolumne. Von Andrea Dernbach  - Am kommenden Samstag wird wie jedes Jahr seit 1999 der Göttinger Friedenspreis verliehen. Das lief 20 Jahre lang in der Regel so friedlich ab, wie von einem Preis dieses Namens zu erwarten. Nicht so dieses Jahr: Die Jury unter Vorsitz des UN-Korrespondenten der taz, Andreas Zumach, entschied sich im letzten Jahr, den Preis 2019 an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ zu vergeben. Die „Jüdische Stimme“ gibt es seit 2003 als deutsche Sektion der ein Jahr zuvor gegründeten „European Jews for a Just Peace“. Sie tritt für die Zwei-Staaten-Lösung und das Recht von Israelis und Palästinensern auf Jerusalem als Hauptstadt ein, fordert den Rückzug Israels auf seine Grenzen von 1967 und somit den Abzug aus den seither besetzten Gebieten.

Die Jury-Entscheidung wurde schon im September öffentlich. Aber erst seit einem Monat löste das einen Entrüstungssturm aus, in dessen Folge sich die Stadt und die Universität Göttingen von der diesjährigen Preisverleihung zurückzogen und die örtliche Sparkasse ihren finanziellen Beitrag für dieses Jahr sperrte. Zentraler Vorwurf derer, die dies in Mails und Briefen an diese drei und die Stiftung hinter dem Preis forderten: Antisemitismus. Antisemitisch nämlich sei die BDS-Bewegung (englisch für Boykott, Nicht-Investition und Sanktionen), und hinter deren Forderungen steht die Jüdische Stimme.

Immer erbittertere Kontroversen - Die Kontroverse zeigt das Muster ähnlicher Auseinandersetzungen, die in den letzten Jahren immer erbitterter geführt zu werden scheinen. Was sie von anderen unterscheidet: Diesmal endete die Sache nicht, wie so oft, mit dem Antisemitismus-Vorwurf, der nichtjüdische Institutionen und Behörden nicht nur in Deutschland sofort und ohne Prüfung zum Schweigen und zum Rückzug bringt. Die Jury blieb stattdessen bei ihrer Entscheidung und sammelt das für die Preisverleihung nötige Geld inzwischen mit einem Spendenaufruf ein. Nach der Ausladung aus dem Göttinger Rathaus hat sie einen neuen Ort für den Festakt gefunden. Vor allem aber macht sich ihr Vorsitzender Andreas Zumach die nicht kleine Mühe, sich mit den Vorwürfen inhaltlich auseinanderzusetzen, wobei ihm neben einem breiten Kreuz auch seine Berufs- und Lebenserfahrung zugute kommen. Er widerlegt Falschbehauptungen wie die, die „Jüdische Stimme“ sei ein Teil von BDS. Er erinnert daran, dass es Belege für deren angeblichen antisemitischen Charakter nicht gebe und argumentiert gegen den verbreiteten Kurzschluss „Boykott gleich antijüdischer NS-Boykott 1938“.

Wo bleiben die Gegenargumente?
- Den hatte auch Josef Schuster, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, in seinem Protestbrief an den Göttinger Oberbürgermeister genutzt. Boykotte, so Zumach, hätten sich seit der Kampagne der Quäker im 17. Jahrhundert gegen von Sklaven hergestellte Waren stets gegen Unrecht, Unterdrückung, Ausbeutung und Rassismus gerichtet. Einer der erfolgreichsten sei der der jüdischen Anti Defamation League in den 20er Jahren gegen den Automobilhersteller Ford gewesen, die Henry Ford zwang, seine antisemitischen Hetzschriften aufzugeben. Es sei „infam“, den Nazi-Boykott, den einzigen, der eine Minderheit diskriminierte und schließlich nach Auschwitz führte, gleichzusetzen mit Aufrufen, die der „Überwindung einer völker- und menschenrechtswidrigen Politik einer Regierung“ dienen wollten.  >>>

 


 

Die Propaganda-Waffe - Fragwürdige Antisemitismus-Vorwürfe sollten die Preisverleihung an eine jüdische Menschenrechtsgruppe verhindern. - Nirit Sommerfeld - Einer jüdischen Friedensorganisation Antisemitismus vorzuwerfen, ist nicht unbedingt ein naheliegendes Verhalten. Dennoch ist dergleichen im Zusammenhang mit der geplanten Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ geschehen. Warum und zu welchem Zweck? Wie Prof. Fanny-Michaela Reisin, Mitbegründerin der deutschen Sektion der Organisation, vermutet, handelt es sich leider tatsächlich um ein Manöver, das die unmenschliche Palästina-Politik der rechten israelischen Regierung gegen berechtigte Kritik – auch von Jüdinnen und Juden — abschirmen soll.  >>>

 

 

Leserbriefe an die Taz - Die Hauptschuldliegt bei Europa - Rolf Verleger-  betr. „Empathie für die Feinde Israels“ vom  28.2.19 (Kommentar zum  Kommentar von Micha Brumlik) - - Dieser Beitrag ist nicht lösungsorientiert, sondern fragt: Wer ist schuld? Und antwortet: Israel sei nicht schuld, die Hamas sei schuld.Nun, wenn man schon so fragt: Die Hauptschuld liegt bei keinem von beiden. Schuld war vielmehr Europa: Schuld war 1881-1915 das Zarenreich, das seiner jüdischen Minderheit die Gleichbehandlung verweigerte, sie damit zu Millionen in die Auswanderung und Rebellion trieb, schuld war 1917 Großbritannien, das für seine imperialen Pläne und aus Angst vor Flüchtlingen und Bolschewismus die Auswanderer aus dem Zarenreich weit weg in Palästina haben wollte, und schuld war 1933-1945 Deutschland, das alles jüdische Leben in Europa ausmerzen wollte. Leider war Palästina aber kein leeres Land. Nicht lösungsorientiert ist es, wie der taz-Kommentar es tut, den palästinensischen Opfern dieser Unfähigkeit Europas, mit seiner jüdischen Minderheit umzugehen, auch noch die Schuld zu geben. Lösungsorientiert ist es, wie die Jüdische Stimme für gerechten Frieden (JS) es tut, Israel als das Exportprodukt dieser europäischen Fehler und Verbrechen zu einer Politik des Ausgleichs, des Kompromisses und der Kompensation für Enteignungen und Vertreibungen aufzufordern. Rolf Verleger, Lübeck, Mitglied der JS  >>>

 

 

 

4. 3. 2019

Konstantin Wecker - Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Beisiegel, sehr geehrter Herr Köhler, sehr geehrter Herr Hald, für mich als Preisträger des Göttinger Friedenspreises sind die Vorwürfe, dass es sich bei der Organisation „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ um eine antisemitische Bewegung handeln solle, nicht nachvollziehbar.

Wie könnte ich, ein Künstler, der sich in vielen Texten und Liedern gegen Antisemitismus schon immer engagiert hat, es wagen, eine engagierte Gruppe jüdischer(!) Menschen des Antisemitismus anzuklagen? Einen Verein, in dessen Satzung unter Paragraph 2 ausdrücklich aufgeführt ist, dass sich die „Jüdische Stimme uneingeschränkt jeder Form von Antisemitismus, Antiislamismus sowie allen anderen Spielarten des Rassismus oder der Diskriminierung von Menschen aufgrund von Merkmalen wie Hautfarbe, Herkunft und Religion widersetzt“. Einen Verein, in dessen Satzung ebenso eindeutig steht, dass „Positionen, hinter denen sich antisemitische Einstellungen verbergen, mit dem Anliegen der jüdischen Stimme unvereinbar sind“!

Eine Bewegung, die sich auf derart großartige und menschliche Weise um eine Beendigung der entsetzlichen Konflikte zwischen Juden und Palästinensern bemüht, straft derart abstruse Antisemitismus-Unterstellungen von Grund auf Lügen. Und für mich, der sich seit vielen Jahrzehnten mit einsetzt für den Frieden auf diesem Planeten, ist es schwer zu verstehen, dass eine Bewegung, die weit über die eigenen engen Nationalgrenzen hinaus Frieden zu schaffen und vorbildlich Mitmenschlichkeit zu leben versucht, auf solchermaßen unzutreffende Weise mit dem Antisemitismus-Vorwurf überzogen wird.

Was – ich erwähne es nur am Rande – geeignet ist, unsäglich zu verharmlosen, was tatsächlich Antisemitismus ist. Ich kann und will mir nicht vorstellen, dass Sie allen Ernstes der Gleichsetzung etwa einer Nirit Sommerfeld, dieser großartigen israelisch-jüdischen und deutschen Künstlerin, oder eines Rolf Verleger, der sogar einmal Vorsitzender war beim Zentralrat der Juden in Deutschland, zustimmen wollen mit den Hitlers und Goebbels von einst. Und was sind das eigentlich für Deutsche, die in ungeheurer Anmaßung unsere jüdischen MitbürgerInnen belehren wollen, was Antisemitismus sei und dass sie, diese (und andere) Juden, sogar selber Antisemiten seien? Für mich ist das unfassbar!!
Seit Jahrzehnten setze ich mich für Pazifismus ein, und meine Sympathie und meine Solidarität gilt auch deshalb dieser wichtigen Bewegung, die – so hoffe ich – noch für viele, viele andere Menschen zum Vorbild werden wird: für die unsäglich-leidenden Opfer des Nahost-Konfliktes – auf beiden Seiten! –, aber auch für uns, die wir nicht unmittelbar von diesen grausamen Konflikten betroffen sind.

Mein Herz schlägt nun mal für die Menschen, die über ihren eigenen Schatten zu springen vermögen – wie es diese zu Recht mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnete Organisation „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ tut.

Verbundenheit der Menschen zeigt sich gerade über trennende Gräben hinweg, und ich bin dankbar dafür, dass es eine Organisation wie die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ gibt, die eine solche zutiefst menschliche Verbundenheit – vorbildlich für uns alle – zu leben und für sie einzutreten versucht. Und bitte übersehen Sie auch dieses nicht: Hier soll nicht die Boykottbewegung BDS mit dem Friedenspreis ausgezeichnet werden, sondern eben diese auf Frieden und Verständigung setzende Menschenrechtsorganisation, die ein Ende all dieser furchtbaren Auseinandersetzungen will!
Und in deren Satzung - notabene - kein Wort der Unterstützung des BDS zu lesen ist.

Meine große Bitte an Sie ist: Unterstützen auch Sie den Versuch, dass in Göttingen ein solches Zeichen der Mitmenschlichkeit gesetzt werden kann – mit all Ihrer Unterstützung wie in den Jahren zuvor! Bitte sorgen Sie mit aller Kraft dafür, dass es wieder zum Frieden kommt um die Verleihung dieses Friedenspreises – auch von Ihrer Seite aus!

Mit freundlichen Grüßen Konstantin Wecker - www.wecker.de - www.hinter-den-schlagzeilen.de

 

 

3. 3. 2019

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe FreundInnen und Freunde

" Die Stadt Göttingen selbst ist schön, und gefällt einem am besten, wenn man sie mit dem Rücken ansieht. "


Fast hätten wir dieser Empfehlung von Heinrich Heine aus seiner 1824 veröffentlichten "Harzreise" (siehe Anhang) folgen müssen, und die Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost am 9.März auf einer Wiese vor den Toren der Stadt veranstalten müssen. Denn nachdem Oberbürgermeister Köhler und Universitätspräsidentin Beisiegel am 19. Februar ihre Unterstützung für die Preisverleihung unter dem Druck der Antisemitismusverleumdungen gegen die Jüdische Stimme zurückgezogen und die Aula sowie alle anderen Räume und öffentlichen Plätze der Universität und der Stadt für die Verleihfeier gesperrt hatten,erhielten wir bei der Suche nach Alternativen fast nur Absagen (Details im Anhang). Zum Teil wurden diese Absagen wortgleich begründet wie der Rückzug von Stadt und Universität. Als einzige bereit, ihre Räume für die Verleihfeier zur Verfügung zu stellen, waren eine Göttinger Tanzschule ( die sich aber als viel zu klein erwies) sowie die

Galerie Alte Feuerwache
Ritterplan 4
37075 Göttingen
(Einlass über Burgstraße)
(www.galerie-alte-feuerwache.de)

Hier wird die Verleihfeier ab 12 Uhr stattfinden.


ALLERDINGS ist auch hier die Zahl der Plätze leider begrenzt und wahrscheinlich zu gering. Geplant ist bereits die Übertragung per Video aus dem Hauptgebäude der Alten Feierwache in ein Nebengebäude.

Wer plant, an der Verleihfeier teilzunehmen, sollte bitte umgehend eine E-Mail senden an das Organisationskommittee schicken mit Kopie an mich: anmeldung@goettinger-friedenspreis.de zumach@taz.de

Auch das ist keine Garantie für einen freien Platz. Je früher Sie an der Alten Feuerwache eintreffen, desto größer die Chance.

Die Verleihfeier wird vollständig per Video aufgenommen und wird am Sonntag, 10.3. im Internet auf Youtube eingestellt unter dem Stichwort "Göttinger Friedenspreis für Jüdische Stimme"


Die Finanzierung der Verleihfeier ist gesichert dank der großartigen Resonanz auf den Spendenapell in meiner Rundmail vom 20.Februar.Dafür an dieser Stelle schon einmal einen ersten ganz herzlichen Dank an die bislang über 260 SpenderInnen. Über Details, die genaue Verwendung der Spenden und des Überschusses für Friedens- und Menschenrechtsorganisationen in Israel und Palästina werde ich, wie in meiner Rundmail vom 20.2. angekündigt, unmittelbar nach der Preisverleihung vom 9. März detailliert informieren.

Eine zweckgebundene Spende ermöglichte die Herstellung eines Symbols und von Ansteckbuttons für die Preisverleihung (im Anhang einmal zur Ansicht und einmal als Druckvorlage). Die Ansteckknöpfe werden bei der Preisverleihung am 9.3. vorrätig sein und können auch per E-Mail bei mir bestellt werden.

Ds Symbol kann und soll auch gerne beliebig verwendet werden zum Nachdruck auf Flugblättern, Plakaten etc., zur Weiterverbreitung im Internet, über Facebook etc.  Das Copyright liegt bei mir.   Herzliche Grüße aus Genf   Andreas Zumach

 

Dokumentation Verleumdungsaktion - Der Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ erhält den Göttinger Friedenspreis 2019. >>>

 

 

 

 

 

28. 2. 2019

Cui bono - Wem nützt es?
Offener Brief an die Präsidentin der Georg-August-Universität Göttingen Frau Prof. Dr. Ulrike Beisiegel
Fanny-Michaela Reisin

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Ulrike,

mein Name ist Fanny-Michaela Reisin, Sie und ich wirkten während der 80er und 90er Jahre gemeinsam - vielleicht erinnern Sie es noch - in der wissenschaftlichen Friedensbewegung. Sie als Biochemikerin, ich als Informatikerin. Anfang der 90er konzipierten wir den internationalen Friedens- und Kulturkongress "CHALLENGES – Science and Peace in a Rapidly Changing Environment" und brachten mit internationalen Teilnehmenden die Vereinigung INES (International Network of Engineers and Scientists for Global Responsibility) auf den Weg. Ich kehrte danach ins FIFF (Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e. V.) zurück, Sie wahrscheinlich zu NatWiss (NaturwissenschaftlerInnen - Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit e. V.).

Ich erinnere zwar noch ein Gespräch mit Ihnen über Israel, bin aber sicher, dass meine Herkunft zwischen uns nie zur Sprache kam. Ich wurde in Jerusalem geboren. Nach dem Abitur an einem Berliner Gymnasium nahm ich mein Studium an der Hebräischen Universität Jerusalem auf und erlebte im zweiten Studienjahr 1967 den sog. Junikrieg als Teil der Zivilverteidigung im Bunker der großen Zentralbibliothek. Nach Bombardements auf zivile Stätten zogen wir aus, um die Menschen zu versorgen.

Der aktuelle Anlass für den vorliegenden Brief ist - Sie ahnen es sicher - die Auszeichnung der von mir im Jahre 2003 mit ins Leben gerufenen "Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost" (JS) mit dem diesjährigen Göttinger Friedenspreis. Der Grund ist die im Namen des Präsidiums der Georg-AugustUniversität publizierte Presserklärung in diesem Zusammenhang. Hier heißt es u. a.: "In der aktuellen Situation hat die Entscheidung zu einer Kontroverse geführt, bei der sich die Universität keiner der kontrovers geäußerten Meinungen anschließen kann. Daher wird die Universität in diesem Jahr die Preisverleihung nicht unterstützen und die Verleihungsfeier kann nicht in Räumen der Universität stattfinden. /.../"

Ich bevorzuge die Anrede in der dritten Person, da ich Sie in erster Linie als Universitätspräsidentin anrufe. Überdies sehe ich uns in Kenntnis der Entscheidung Ihres Hauses auf verschiedenen Seiten. Gleichwohl habe ich, da die online einsehbaren Angaben zu Ihrer Vita besagen, dass Sie sich der wissenschaftlichen Friedensbewegung weiterhin verbunden fühlen, Grund zur Hoffnung, dass Sie meine Äußerungen, wenn schon nicht teilen, so doch zumindest verstehen werden. Die Erklärung verstört mich. Nicht nur wegen meiner Mitgliedschaft in der JS. Mindestens ebenso bedrückend ist, dass eine so lapidar formulierte Abweisung, die zudem vom Präsidium einer Universität allein mit der Unfähigkeit begründet ist, sich einer Meinung anzuschließen (sic!), ein bezeichnendes Licht auch auf die wissenschaftliche Gemeinschaft in Deutschland wirft, der auch ich angehöre.

Im 70. Jubiläumsjahr des Grundgesetzes mag auch mein langjähriges friedens- und menschenrechtspolitisches Engagement in Deutschland der Grund für meine Verzagtheit beim Lesen solcher Einlassungen sein. Ich werde im letzten Abschnitt meines Briefs darauf zurückkommen und einen größeren Zusammenhang jenseits der aktuellen Auseinandersetzung um die Auszeichnung der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost aufspannen, der sich mit einem Vorschlag zu einem friedenspolitischen Beitrag Ihrer Universität verbindet, aus dem mein Verständnis für ein glaubwürdiges Interesse an der langfristig verlässlichen Sicherheit Israels und seiner Bevölkerung hervorgeht.

Es ist schon bitter, wenn die Repräsentanten einer Universität, die weltweit als Leuchtturm der Zivilcourage und gesellschaftspolitischen Verantwortung hochgeschätzt wird, sich in der Weise unbeteiligt aus der Affäre ziehen. Ich frage mich, ob Sie sich des kostbaren Erbes der Göttinger Sieben von 1837 sowie der Göttinger Achtzehn von 1957 unbedingt und durchgängig verpflichtet sehen oder nur von Fall zu Fall, etwa, wenn Zuspruch und nicht Unbill zu erwarten ist?

Es stehe dahin, ob der gute Ruf der Göttinger Universität durch Ihre dem Schein nach um (Wert-) Neutralität bemühte, in der Sache jedoch - wie banal formuliert auch immer - unmissverständlich auf der Seite der Herren Verleumder und Rufmörder positionierte Einlassung Schaden genommen hat.

Als Mitglied der JS schreibe ich diesen Brief, weil ich Ihnen in aller Ausführlichkeit zurückspiegeln möchte, wie eine Erklärung wirkt, in der das Präsidium einer doch gestandenen Georg-August-Universität Göttingen wegen der Auszeichnung unserer kleinen Vereinigung seine seit 1998 jährlich der Stiftung Dr. Roland Röhl zugehende Einladung zur Ausrichtung der Verleihungsfeier in der Universitätsaula ohne Angabe triftiger Gründe zurückzieht. Eine Ausladung eigentlich, die mehr noch durch den Nachsatz, dass die Preisverleihung in diesem Jahr von der Universität nicht unterstützt werde und in keinem der Universitätsräume stattfinden dürfe, als nachdrückliche Aussperrung verstanden werden soll. Die diesjährigen Laureaten sind samt der ehrenden Stiftung an Ihrer Universität unerwünscht. Soviel zum Tatbeständigen und wie es auf mich wirkt.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, das die am Zustandekommen der genannten Entscheidung beteiligten Präsidiumsmitglieder sich bei der Prüfung und Würdigung der für den vorliegenden Vorgang relevanten Faktoren von der Umsicht, Sorgfalt und Akribie haben leiten lassen, die an einem wissenschaftlichen Standort üblich sind. Vielmehr unterstelle ich - wofür in erster Näherung die offenkundig bewusste Abschmelzung eines in der Bundesrepublik Deutschland nun seit langem virulenten gesellschaftspolitischen Konflikts auf eine "Kontroverse" (sic!) als Rechtfertigung herhalten mag -, dass die verwickelten, zweifellos komplexen Zusammenhänge vom Präsidium nicht überblickt wurden.

Folglich können Sie bei Ihrer vermeintlich unverfänglichen Entscheidung auch nicht genau gewusst haben, auf welcher Seite des Konflikts Sie mit dem publizierten Beschluss unweigerlich Position ergriffen und zu wessen Gunsten und Interessen Sie sich zu verwenden entschieden haben.

Die folgenden Fakten und Argumente wollen Ihnen eine andere Seite des Konflikts (es gibt ja, wer wollte dies bestreiten, unzählig viele) zu bedenken geben. Keine Anklage. Eine bescheidene Zusammenschau wesentlicher Gesichtspunkte, in der Absicht, Ihnen und den übrigen Präsidiumsmitgliedern die Wirkung und Reichweite Ihrer Entscheidung aus anderem Blickwinkel zu vermitteln.  mehr (pdf) >>>

 

 

Pressemitteilung - Minden, 27.2.2019 - Versöhnungsbund begrüßt Friedens-Preisvergabe an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost" und spricht der Jury, insbesondere dem Vorsitzenden Andreas Zumach, sein Vertrauen aus.

Minden. Der Vorstand des deutschen Zweiges des Internationalen Versöhnungsbundes begrüßt die Entscheidung zur Preisvergabe des Göttinger Friedenspreises an die "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ und spricht der Jury, insbesondere dem Vorsitzenden Andreas Zumach, ausdrücklich sein Vertrauen aus.

Dies ist nötig geworden, weil ein Konflikt um die Preisverleihung entstanden war: Die Präsidentin der Universität hatte den sonst zur Verfügung gestellten Raum verweigert, der Bürgermeister wollte kein Grußwort sprechen und der Sparkassenvorstand verweigerte seine sonst übliche finanzielle Unterstützung in Höhe von 2000 Euro für die Veranstaltung.

Als Begründung dieser Haltung wurde genannt, dass Mitglieder der „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden“ sich u.a. auch für BDS (Boykott, Desinvestment, Sanktionen) aussprechen würden.

Es gibt im deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes bezüglich der verschiedenen Produkte aus den besetzten Gebieten durchaus sehr unterschiedliche Positionen zum Thema BDS (Boykott, Desinvestment, Sanktionen). Dennoch hält der Vorstand die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ für eine würdige Preisträgerin, die den Göttinger Friedenspreis sehr wohl verdient habe, denn sie sei eine Organisation, die das Existenzrecht Israels immer wieder betont, die Gewalt in allen ihren Formen ablehnt und die mit gewaltfreien Mitteln die völkerrechtswidrige Besatzung kritisiert.

Der Vorstand bedauert die Entscheidung von Universität, Stadt und Sparkasse, die durch ihre Vertretungen eine eindeutige Positionierung vorgenommen und dadurch einen Schatten auf die Preisverleihung geworfen haben.

Dass die Preisverleihung dennoch an einem anderen Ort in Göttingen stattfinden kann, begrüßt der Vorstand, ebenso die Idee des Jury-Vorsitzenden Andreas Zumach, der mit einem Spendenaufruf den finanziellen Ausfall durch die Sparkasse kompensieren möchte.     Quelle

 

 

 

26. 2. 2019

Prinzip Kontaktschuld - Wie hältst du's mit der Boykott-Bewegung? In Göttingen ist die Vergabe des Friedenspreises an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ in Gefahr. Stadt, Uni und Sparkasse haben wegen der Jury-Entscheidung ihre Unterstützung zurückgezogen. Aber warum, fragt sich unser Gastautor, machen niedersächsische Institutionen eigentlich israelischen Wahlkampf mit? - Micha Brumlik

Nein, es gibt keinen vernünftigen Grund, der „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ den ihr zugesprochenenen Preis zu verweigern beziehungsweise den Festlichkeiten der Preisverleihung fernzubleiben oder sich von ihnen zu distanzieren.

Gewiss: Unbestritten ist, dass die „Jüdische Stimme“ die Organisation „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) unterstützt. Und diese wird trotz ihrer erklärten und bisher auch durchgehaltenen Gewaltfreiheit von vielen, die dazu von der Sache berufen oder eben auch nicht berufen sind, für antisemitisch erklärt.
(...)

 

 

 

Wolfgang Pfannekuch - Rechtsanwalt und Notar a.D. - Ein Brief an Herrn Tibor Pézsa - 24.02.2019 - HNA-Blickpunkt / Kommentar vom 23.02.2019 zum Göttinger Friedenspreis / Stellungnahme zur Jüdischen Stimme

Sehr geehrter Herr Pézsa!!  Der beigefügte Leserbrief-ENTWURF ist auch an Sie persönlich gerichtet.

Ihnen, Herr Herr Pézsa, sei besonders der im Anhang als Datei beigefügte „Mahnruf“ von über neunzig honorigen Wissenschaftlern und anderen politisch erfahrenen Intellektuellen, darunter zahlreichen international anerkannten jüdischen Menschen, ans Herz gelegt. Auch eine Stellungnahme des Jury-Präsidenten A. Zumach, den Sie wie auch andere frühere Preisträger indirekt mit Ihrem vernichtenden „Urteil“ über den „bizarren Preis“ unsachlich angreifen, finden Sie im Anhang.

Vielleicht können diese beiden Stellungnahmen dazu beitragen, Ihr eigenes, sehr hartes, nicht nur m. E. bedauerlich unausgewogenes Urteil etwas positiver in Richtung Fairness oder gar völkerrechtskonformer Ausgewogenheit zu revidieren?

Selbstverständlich steht es Ihnen frei, in einem Kommentar eine einseitige Auffassung zu vertreten. Diese sollte jedoch auf der Basis von Fakten, statt böswilligen Unterstellungen und Verleumdungen gebildet worden sein. Ich habe begründete Zweifel, dass Sie umfassend über die idealistischen Motive und Grundsätze der Jüdischen Stimme informiert sind. Denn Böswilligkeit möchte ich Ihnen nicht unterstellen. Mit freundlichen Grüßen  Wolfgang Pfannekuch

 

 

HNA -  Leserbrief-Redaktion -  24.02.2019 -  HNA-Blickpunkt / Kommentar vom 23.02.2019 - >> Stellungnahme zur Jüdischen Stimme - Sehr geehrte Damen und Herren, Ich hoffe, die HNA hat den Mut, ff Leserbrief abzudrucken, wenn ggf. gekürzt, dann doch bitte fair und ausgewogen!

Sehr geehreter Herr Pézsa!

Erster Eindruck von Ihrem Kommentar:
Höchst einseitig eingefärbt, offensichtlich bei Ihrer Beurteilung, die eher einer Verurteilung gleichkommt, bewusst oder aus Unwissenheit (?) Gegenstimmen auslassend, .... insofern erschreckend, eines Herrn Tibor Pésza unwürdig!

„Zynische Polititdialektik, Rosstäuscherei“!?
Wo bleibt bei Ihrer obigen Wortwahl die Würdigung der Ihnen inzwischen sicherlich bekannten positiven Stellungnahme (offener Brief) zugunsten der „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ seitens der über neunzig international anerkannten jüdischen Wissenschaftler und Menschenrechtsverfechter aus Deutschland, Israel und den USA, darunter Prof. em. Micha Brumlik (Frankfurt), Prof. em. Moshe Zimmermann (Jerusalem), Prof. Eva Illouz (Jerusalem) sowie Prof. em. Noam Chomsky (Arizona), vom 18. Januar 2019 - ("Der Einsatz für Menschenrechte ist nicht antisemitisch") - , wo bleibt der Hinweis auf die individuellen Briefe mit Gegenstimmen von Professoren, u.a. aus der Schweiz, aus Freiburg, Bielefeld, aus Göttingen, von Juden, Jüdinnen und jüdischen Organisationen aus Israel, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, der Schweiz und den USA, zugunsten der designierten Preisträgerin:

z. B. Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer, Bielefeld vom 19. 02.2018.
Prof. Dr. Kai Ambos, Freiburg vom 21.02.2019, einem der renommiertesten Völker(straf)rechtler in Deutschland,
Prof. Dr. Christian Jooss, Göttingen, vom 23.02.2019?

Was ist Journalismus, wenn er im Konflikt zwischen zwei Meinungen nur die eine Seite vertritt, die seit Monaten bundesweit eine Diffamierungs-, Einschüchterungs- und Unterdrückungskampagne gegen die freie Meinungsäußerung, ein fundamentales Grundrecht, betreibt, und zwar gerichtet gegen deutsche und israelische Juden, die zum erheblichen Teil Abkömmlinge von Holocaust-Opfern sind, also über den Verdacht des tumben und verabscheuungswürdigen Antisemitismus erhaben sein dürften, ... denen jedoch infolge massiver Verleumdungen regelmäßig öffentliche Auftritte durch Verweigerung der Vermietung öffentlicher Räume verwehrt werden?

Sie dagegen schreiben von einem „bizarren Preis“ und verunglimpfen damit auch bisherige Preisträger, welche die diesjährige geplante Preisverleihung befürworten!?

Ich wünschte, die HNA würde dem Beispiel des Göttinger Tageblattes folgen. Ein Göttinger Vertreter von EAPPI (eines christlichen, ökumenischen Begleitprogramms in Palästina und Israel zur Unterstützung lokaler und internationaler Anstrengungen zur Beendigung der israelischen Besatzung) schreibt dazu : „Ich empfehle die Lektüre des Artikels des Göttinger Journalisten Peter Krüger-Lenz im G. Tageblatt vom 19.02.2019, - ein wohltuendes Beispiel für Lokaljournalismus: Eine Welle der Unterstützung für kritisierten Preisträger.“

Dort zitiert der Journalist fairerweise Gegenstimmen wie Manfred Budzinski, Sprecher der Nahost-Kommission der Deutschen Sektion von „pax christi“: „Der diesjährige Göttinger Friedenspreis ist einer honorigen Organisation von jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zuerkannt worden – und so sollte es auch bleiben.“ Prof. Eva Senghaas-Knobloch von der Universität Bremen Forschungszentrum Nachhaltigkeit teilt mit: „Ich finde es erschreckend, wenn Kritik an israelischer Regierungspolitik von Menschen, die sich selbst durch den Konflikt existenziell betroffen sehen und mit der Zwei Staaten-Lösung für diejenige Konfliktlösung gewaltfrei und dialogorientiert einstehen, die die erklärte Position der EU, der Vereinten Nationen und nicht zuletzt auch Deutschlands ist, durch Falschmeldungen desavouiert wird.“

Durch die Ignoranz der Gegner und des Göttinger OB gegenüber dem Angebot des Jurypräsidenten Andreas Zumach zu einer Podiumsdiskussion werden ein sinnvoller demokratischer Dialog und damit die Möglichkeit zum Ausräumen von Missverständnissen unterbunden!

Die angegriffene Preisträgerin wendet sich eindeutig nicht gegen Juden und auch nicht gegen das Existenzrecht Israels, sondern - konform mit vielen mutigen israelischen Bürgern -„gegen Landraub und (völkerrechtswidrige) Siedlungspolitik, die Trennmauer auf besetztem palästinensischen Territorium“ im widerrechtlich seit über 50 Jahren besetzten Westjordanland, ... „gegen ungleiche Rechtssysteme für jüdische und palästinensische Bürger/innen, bis hin zur Versagung jeglicher Staatsbürgerschaft für unzählige Palästinenser ....“, also Praktiken, die von den Vereinten Nationen (ohne praktisches Ergebnis) in zahlreichen Resolutionen verurteilt, vom Internationalen Gerichtshof und von weiteren wichtigen Organen und Organisationen der internationalen Völkergemeinschaft seit langem ausdrücklich als Verletzungen internationalen Rechts angemahnt werden. - Die Sympathie für BDS ist dabei ausdrücklich nebensächlich, und die Unterstellung, diese käme der NAZI-Parole „Kauft nicht bei Juden“ gleich, verniedlicht NAZI-Horror und verhöhnt die Opfer damals wie heute menschenrechtsfeindlicher Politik! - Nebenbei: Boykottaufrufe zum Zweck des Widerstandes gegen Apartheidspolitik sind gegen staatliches Unrecht in Südafrika durchaus in der internationalen Völkergemeinschaft anerkannt gewesen.   Mit freundlichen Grüßen Wolfgang Pfannekuch

 

 

Unterdrückte Kritik an Israels Besatzungspolitik – Im Widerspruch zu Grundrecht auf Meinungsfreiheit - 25. Februar 2019 - Die Stadt München weigert sich, städtische Räumlichkeiten für Veranstaltungen zur Verfügung stellen, in denen Kritik an der israelischen Besatzungspolitik geübt wird. Mittlerweile geht der Streit durch die Instanzen. Darf eine Stadt für eine Diskussion über einen stark umstrittenen Stadtratsbeschluss einen städtischen Raum verweigern? Während das Verwaltungsgericht der Stadt München dieses Recht im Dezember in einem Urteil zubilligte, hält der Münchner Rechtsanwalt Tobias Kumpf diese Auffassung aus verschiedenen Gründen für klar rechtswidrig. Von Rolf-Henning Hintze.

Im Auftrag des unterlegenen Klägers reichte Kumpf beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einen sehr ausführlichen Antrag auf Zulassung einer Berufung ein. Auf 16 Seiten argumentiert er, Staat und Gemeinden seien als Träger öffentlicher Gewalt an das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) gebunden und wirft dem Münchner Gericht vor, höheres Recht missachtet zu haben.

Kumpf vertritt den Kläger Klaus Ried, dem das Stadtmuseum einen Saal für eine Diskussion zum Thema “Wie sehr schränkt München die Meinungsfreiheit ein? Der Stadtratsbeschluss vom 13. Dezember 2017 und seine Folgen“ verweigert hatte. Die Ablehnung wurde u.a. mit dem Stadtratsbeschluss selbst begründet, der sich gegen „Antisemitismus“ richtet und in städtischen oder städtisch geförderten Räumen jegliches „Befassen“ mit der internationalen Boykottkampagne BDS (Boycott, Divestment, Sanctions) unterbindet. (Die BDS-Kampagne will durch wirtschaftlichen Druck erreichen, dass die israelische Regierung die Besatzung aufgibt und den Palästinensern die universell gültigen Menschenrechte gewährt.)

Während das Verwaltungsgericht der Stadt einen weiten Ermessensspielraum bei der Entscheidung über Saalüberlassungen zuerkennt und die Entscheidung für zulässig hält, sieht Anwalt Kumpf einen Rechtsanspruch des Klägers auf die Anmietung eines städtischen Saals. Nach einem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1958, bekannt als „Lüth-Urteil“, liege ein Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung „nicht nur dann vor, wenn eine Meinungsäußerung ausdrücklich verboten wird, sondern auch dann, wenn eine Grundrechtswahrnehmung behindert wird“.   >>>

 

 

 

 

 

 

 

25. 2. 2019

„Universität, Stadt und Sparkasse ziehen ihre Unterstützung für Friedenspreis zurück“, titelte das GT am 21. Februar auf Seite 14. Die Präsidentin wird darin mit den Worten zitiert, die Universität habe sich „keiner der kontrovers geäußerten Meinungen anschließen können“.  Ekkehart Drost

Abgesehen von der Tatsache, dass dies die Präsidentin durch ihren Rückzug eben doch getan hat, handelt es sich bei ihrem Verhalten um ein Déja-vu aus dem Wintersemester 2016/17 bei ihrer unrühmlichen Absage der Nakba-Ausstellung. Das gleiche Muster zeigt sich jetzt: Das Angebot einer Podiumsdiskussion mit den Beteiligten durch den Jury-Vorsitzenden Andreas Zumach wird nicht einmal in Erwägung gezogen.

Erschüttert und entsetzt bin ich über das undemokratische Verhalten unseres sozialdemokratischen Oberbürgermeisters. Gäbe es nicht die Beispiele von Amtskollegen in Hannover und Jena, könnte man meinen, OBs müssten sich aus den Fallstricken der „großen Politik“ heraushalten. Die Hannoveraner Herbert Schmalstieg, Stefan Weil als vormaliger OB und jetzt Stefan Schostock haben trotz großer Anfeindungen durch die israelische Botschaft und die Deutsch-Israelische Gesellschaft diesem Druck standgehalten und alle zwei Jahre bei der von der Hannoverschen Palästina-Initiative organisierten Veranstaltungsreihe die Schirmherrschaft übernommen. Und Jenas langjähriger SPD-Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter erhielt 2011 den Preis für Zivilcourage gegen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Rassismus in Berlin. Er setzte sich in seiner Amtszeit gleichermaßen für die Interessen seiner israelischen und palästinensischen Partnerstädte ein.

OB Köhler begründet seine ablehnende Haltung mit der Positionierung der Preisträger zu BDS, einer weltweiten, gewaltfreien Boykottbewegung mit dem ausschließlichen Ziel, die seit über 50 Jahren bestehende völkerrechtswidrige Besatzung zu beenden. Bei BDS, so der OB, seien bekanntlich Antisemiten am Werk, und damit wolle er nichts zu tun haben.

Wenn OB Köhler also nicht einmal die Stellungnahme der über 90 israelischen Wissenschaftler und Intellektuellen vom 18.2.2109 für die Jüdische Stimme als verdientem Preisträger zum Nachdenken bringt, sollte er doch einmal lesen, was Federica Mogherini, Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik auf eine entsprechende Anfrage erklärte: “Die EU schützt die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Übereinstimmung mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die auf dem Gebiet aller EU-Mitgliedsstaaten anwendbar ist, auch im Hinblick auf die in diesem Gebiet durchgeführten BDS-Maßnahmen.”

Avraham Burg, ehemaliger Knesset-Präsident und Mitglied der Arbeitspartei, fragte in einem Artikel in der Haaretz „What´s wrong with BDS – after all?“ provokativ: „Was würden Sie an Stelle der Palästinenser tun? Eine gewaltsame palästinensische Rebellion? Niemals! Sollen sie nur Danke sagen und den Mund halten? Würden WIR ruhig bleiben und bedingungslos kapitulieren, wären wir an ihrer Stelle?“

Und der renommierte israelische Historiker Avi Shlaim (University of Oxford) stellte im Oktober 2017 klar, „dass die Palästinenser nicht auf die Hilfe der westlichen Regierungen hoffen können, um die Besatzung zu beenden, auch nicht auf die EU. Die einzige Hoffnung der Palästinenser besteht in der BDS-Bewegung.“

Unsere besondere deutsche Verantwortung gilt natürlich Israel, aber das Grundgesetz lehrt uns in Art. 1, dass die Menschenwürde unteilbar ist und für alle Menschen überall auf der Welt gilt. Ich zitiere Alfred Grosser, französischer Jude und Preisträger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels: „Es kann und darf nicht sein, dass die Palästinenser die letzten Opfer des Holocaust sind.“

(Ekkehart Drost „Göttinger Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern“) 

 

 

 

Brief von  Ekkehart Drost - Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Rolf, Du hast in den vergangenen Tagen vermutlich Hunderte von Protestschreiben erhalten. Die allermeisten werden wohl gleich in Deinem Spam-Ordner gelandet sein. Vielleicht bleibt meinem Schreiben dieses Schicksal erspart - zumindest habe ich eine Reihe von Personen in CC gesetzt, die Dich kennen, mit denen Du verbunden bist und die Dich möglicherweise darauf ansprechen.

Ich habe einen Leserbrief an das GT geschrieben, der wohl kaum - schon wegen seiner Länge - abgedruckt werden wird. Deshalb möchte ich ihn Dir hier zur Kenntnis bringen, denn Dein Verhalten ist der Hauptgrund für meinen Brief.

Bei Deinen beiden Kandidaturen zum OB habe ich - obwohl schon lange kein Parteimitglied mehr, aber der Partei zumindest of lokaler Ebene verbunden - zusammen mit anderen, die ich aus Niki Lehmanns Freitagabend-Gesellschaft gut kenne, auf dem Marktplatz und auch in meinem Bekanntenkreis für Dich geworben. Ich brauche jetzt nicht mehr zu betonen, dass ich dieses Engagement heute nicht wiederholen würde.

Unvorstellbar ist für mich, dass sich ein Sozialdemokrat einer Preisverleihung in Schröderscher "Basta-Methode" massiv widersetzt mit dem auch im privaten Kreis geäußerten Argument, bei der BDS-Bewegung seien Antisemiten am Werk. Das mag leider so sein, lässt sich aber bei einer internationalen Massenbewegung kaum vermeiden. Deswegen aber die ehrenwerten, ausschließlich jüdischen Mitglieder der Jüdischen Stimme unter Generalverdacht zu stellen, wäre in etwa so, als würde ich davon abraten, die SPD zu wählen, weil es ja in der Partei verwirrte Geister wie Sarrazin und Kompagnons gibt.

Eine Freundin - sie ist Quäkerin und hat als Erste beim Friedensdienst des Weltkirchenrates in den besetzten Gebieten im Jahr 2002 ihren dreimonatigen Dienst abgeleistet, schrieb mir heute:

"Wenn jemand an jenem Samstag ein Schild an der Aula-Tür anbrächte JUDEN SIND HIER UNERWÜNSCHT, er hätte nicht einmal unrecht. Welch unerträglicher Gedanke! - Und wenn dann jemand anders meint, man müsste doch differenzieren? - Ja, das wäre von Anfang an notwendig gewesen und dann hätte es jenes unselige Schild wohl nicht gegeben."

Ich bin Jahrgang 1944, Sohn eines im Krieg erschossenen SS-Offiziers. Bis zum Jahr 2009 habe ich ("als Deutscher") die israelische Politik unterstützt. Als ich dann 2011 ebenfalls für den Weltkirchenrat für drei Monate in der Westbank als Menschenrechtsbeobachter gearbeitet hatte, war diese Sympathie nach drei Wochen wie ausgeblasen. Seitdem bin ich 2013 noch einmal für drei Monate dort gewesen, und dann jedes Jahr wieder für ein paar Wochen. Ich bin Zeuge von Militärgerichtsprozessen gegen 14jährige palästinensische Kinder gewesen, die in Hand- und Fußfesseln und in Begleitung zweier bewaffneter Soldaten vor einem Militärrichter in Uniform vorgeführt wurden.

Ich wünsche Dir, dass Du zusammen mit Josef Schuster, mit Vertretern der DIG und deren studentischen Ablegern, vielleicht auch mit Frau Beisiegel, eine Bustour durch die besetzten Gebiete machst, Dich wie die palästinensischen Arbeiter durch die Checkpoints quälst, am besten auch nach Gaza fährst, falls Netanjahu Euch reinlässt und Dich selbst von den Menschenrechtsverbrechen der israelischen Regierung überzeugst, wenn Du schon den Aufruf der 90 israelischen Wissenschaftler und Intellektuellen offenbar für irrelevant hältst. Vielleicht hast Du dann einen Rat, wie man sich verhalten soll, wenn man der Meinung ist, die Menschenrechte gelten universell. Mit großer Enttäuschung Ekkehart Drost

 

 



Prof. Christian Jooss an die Göttingen Uni-Präsidentin
- 24. Februar 2019 - Scheinbar ist es heute möglich, dass reaktionäre und ultrarechte Kreise in Israel mit der Keule des angeblichen Antisemitismus die Möglichkeit der Kritik an ihrer Politik innerhalb der Universität Göttingen im Rahmen einer solchen Preisverleihung zum Verstummen bringen. Warum lässt sich das Präsidium einer Universität derart unter Druck setzen? Hier soll doch nur erreicht werden, dass jede Form der Kritik an der Regierungspolitik in Israel mit Antisemitismus gleichgesetzt und diffamiert wird.

Sehr geehrte Frau Beisiegel, sehr geehrte Mitglieder des Uni Präsidiums, als Hochschullehrer an der Universität Göttingen möchte ich meinen Einspruch und Protest zum Ausdruck bringen, dass sich die Universität Göttingen derart in die Entscheidung des Preiskomitees der Röhl Stiftung einmischt und sogar laut mir bekannten Presseinformationen die Bereitstellung eines Raumes für die Preisverleihung an die “Jüdische Stimme für Frieden in Nahost” verweigert.

Damit fällt sie den vielen jüdischen und arabischen Menschen in den Rücken, die sich in Kritik an der ultrarechten Regierungspolitik in Israel für Frieden und Völkerverständigung einsetzen.

Das widerspricht dem Leitbild der Universität Göttingen, in dem es heißt:

„Die Georg-August-Universität will zur Verwirklichung der Gleichberechtigung und zur Überwindung aller dem entgegenstehenden geschlechtsbedingten, ethnischen, kulturellen, sozialen und religiösen Benachteiligungen beitragen;“ und

„…definiert die Georgia Augusta heute ihr Selbstverständnis und ihren Auftrag. In Erinnerung an das dunkelste Kapitel ihrer Geschichte in der Zeit des Nationalsozialismus fühlt sie sich verpflichtet, ihre Kräfte für die Gestaltung einer humanen, toleranten und friedlichen Welt einzusetzen.“

Scheinbar ist es heute möglich, dass reaktionäre und ultrarechte Kreise in Israel mit der Keule des angeblichen Antisemitismus die Möglichkeit der Kritik an ihrer Politik innerhalb der Universität Göttingen im Rahmen einer solchen Preisverleihung zum Verstummen bringen. Warum lässt sich das Präsidium einer Universität derart unter Druck setzen? Hier soll doch nur erreicht werden, dass jede Form der Kritik an der Regierungspolitik in Israel mit Antisemitismus gleichgesetzt und diffamiert wird.

Ich möchte Sie bitten, Ihre Entscheidung zu überdenken und werde meinen Widerspruch hiermit auch öffentlich machen.

Mit freundlichen Grüßen Prof. Dr. Christian Jooss  Hochschullehrer am Institut für Materialphysik, Universität Göttingen   Quellle


 

 

24. 2. 2019

Prof. Kai Ambos: zum Verhalten der Göttingen-Universitätsleitung - 22. Februar 2019 - Wie viele andere jüdische und nicht-jüdische Organisationen versucht diese Organisation zwischen den Extrempositionen zu vermitteln. Frieden aber ist in Nahost und anderswo nur durch Vermittlung und Kompromissbereitschaft möglich. Dies als „antisemitisch“ zu diffamieren ist – ganz im Sinne der Stellungnahme der mehr als 90 jüdischen Wissenschaftler und Intellektuelle vom 18.2.2019 – zurückzuweisen.

An den Oberbürgermeister der Stadt Göttingen - die Präsidentin der Uni Göttingen - den Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Göttingen - cc Stiftung Dr. Roland Röhl und Herrn Zumach - 21.2.2019



Sehr geehrter Herr Köhler, sehr geehrte Frau Kollegin Beisiegel, sehr geehrter Herr Hald,

Ich kann Ihren Boykott bezüglich der Verleihung des Göttinger Friedenspreise an die „Jüdische Stimme“ nicht nachvollziehen.

Das Verhalten der Universitätsleitung erinnert mich fatal an die Vorgänge um die Nakba-Ausstellung im WiSe 2016/17.

Allerdings ist der Sachverhalt diesmal noch gravierender: Die Verleihung eines Preises an eine jüdische Organisation wird wegen deren angeblichen Antisemitismus boykottiert.

Die „Jüdische Stimme“ ist Teil eines Verbunds europäischer Juden, die sich für einen gerechten Frieden in Nahost einsetzen. Wie viele andere jüdische und nicht-jüdische Organisationen versucht diese Organisation zwischen den Extrempositionen zu vermitteln. Frieden aber ist in Nahost und anderswo nur durch Vermittlung und Kompromissbereitschaft möglich. Dies als „antisemitisch“ zu diffamieren ist – ganz im Sinne der Stellungnahme der mehr als 90 jüdischen Wissenschaftler und Intellektuelle vom 18.2.2019 – zurückzuweisen.

Wenn Sie sich nun von der Preisverleihung zurückziehen, so machen sie sich die Position derjenigen zu eigen, die die „Jüdische Stimme“ als antisemitisch bezeichnen. Sie schließen sich damit, entgegen der Stellungnahme von Frau Präsidentin Beisiegel vom 19.2.2019, einer „der kontrovers geäußerten Meinungen“ an. Leider nennt die Präsidentin keine Gründe für diese Entscheidung, außer auf die aktuelle „Kontroverse“ zu verweisen. Das ist einer der Aufklärung verpflichteten Traditionsuniversität wie Göttingen unwürdig. Und es schädigt die Reputation des Göttinger Friedenspreises, dessen „prinzipielle Unterstützung“ von der Präsidentin aber zugleich – ein weiterer Widerspruch – zugesichert wird.

Kritik an der israelischen Politik – oder der jedes anderen Staates – muss in einem freiheitlichen Rechtsstaat wie der Bundesrepublik Deutschland erlaubt sein. Wer eine solche Kritik als antisemitisch oder anders diffamiert, erweist der Sache des Friedens und der Freiheit einen Bärendienst.

Ich werde die Preisverleihung mit einer Spende unterstützen.

Mit freundlichen Grüßen
Kai Ambos
Professur für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsvergleichung und internationales Strafrecht, Göttingen
Richter am Kosovo Sondertribunal, Den Haag
Berater (amicus curiae) kolumbianische Sondergerichtsbarkeit für den Frieden, Bogota  Quelle

 

 

„Ungeheuerlich und ehrverletzend“ - 21. Februar 2019 - Nirit Sommerfeld - Die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ unter Antisemitismus-Verdacht zu stellen, ist ein durchsichtiges Manöver, um Kritik an der Politik der israelischen Regierung mundtot zu machen. Der „Göttinger Friedenspreis“, der im letzten Jahr noch an Konstantin Wecker verliehen wurde, sollte in diesem Jahr an eine jüdische Organisation gehen, die sich für Gerechtigkeit und einen menschlichen Umgang mit Palästinenser*innen einsetzt. Nachdem u.a. der Zentralrat der Juden dagegen protestiert hatte, plädierten Göttingens Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler, Ulrike Beisiegel, Präsidentin der Göttinger Universität, und Rainer Hald, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Göttingen dafür, die Preisverleihung auszusetzen. Der Vorwurf – an Jüdinnen und Juden wohlgemerkt: Antisemitismus. Für Nirit Sommerfeld, Laudatorin bei der Preisverleihung, eine absurde und kränkende Verdrehung der Tatsachen. (Siehe auf Artikel aus dem Göttinger Tageblatt unten.) Offener Brief von Nirit Sommerfeld

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Köhler, sehr geehrte Frau Beisiegel, sehr geehrter Herr Hald,

Sie wollen den Antisemitismus-Verdacht, der gegen die „Jüdische Stimme“ erhoben wurde, eindeutig ausräumen? Gut so — wenn Sie Ihre Augen, Ihren Verstand und Ihr Herz öffnen, tief durchatmen und genau hinsehen, sollte das keine fünf Minuten dauern.

Merken Sie gar nicht, dass Sie Leuten auf den Leim gehen, die ganz anderes im Schilde führen, als wirklichen Antisemitismus zu bekämpfen?! Merken Sie nicht, dass alle Anstrengungen, die in die Richtung gehen, die ‘Jüdische Stimme’ unter Antisemitismus-Verdacht zu stellen, in Wirklichkeit verhindern wollen, dass Kritik an der israelischen (nicht jüdischen!) Besatzungspolitik stumm gehalten wird?  >>>

Kommentar Flüchtlingsaufnahme - Rassismus im Zentralrat der Juden - Armin Langer - Der Präsident des Zentralrats der Juden hat sich für eine Obergrenze bei der Flüchtlingsaufnahme ausgesprochen. Das ist ganz bitter.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert eine Obergrenze für den Zuzug von Geflüchteten. Josef Schuster, Zentralratspräsident, will nicht mehr arabische Ankömmlingen in Deutschland sehen: Antisemitismus sei ein ethnisches Problem. Man kennt dieses Narrativ aktuell aus Israel: Der Jerusalemer Großmufti war für den Holocaust verantwortlich, nicht der Typ mit dem komischen Schnurrbart aus Braunau am Inn.

Doch laut Angaben der Bundespolizei werden in Deutschland mehr als 95 Prozent aller antisemitischen Gewalt- und Straftaten von Deutschen ohne Migrationshintergrund begangen. Laut dem Antisemitismusbericht des Bundestags aus dem Jahr 2012 ist ein Fünftel der deutschen Bevölkerung offen gegenüber antisemitischem Gedankengut. Wenn jemand behauptet, dass es Antisemitismus vor allem unter Arabern gibt, ist er entweder dumm und hat schlechte Berater – oder er ist einfach ein Rassist.

Es gab in Deutschland bisher genau zu benennende Kräfte, die sich für Obergrenzen bei Geflüchteten aussprachen: die rechtspopulistischen Parteien AfD und CSU sowie die Pegida-Bewegung. Letztere besteht aus Rassisten, die sich als besorgte Bürger ausgeben. Nun ist auch der Zentralrat der Juden Mitglied in dieser ominösen Gesellschaft.  >>>

 

BIB Aktuell #54: Gilt in Deutschland Meinungsfreiheit? Auch in München? - Berufung gegen Urteil des Verwaltungsgerichts München beantragt - Der Münchner Bürger Klaus Ried hat Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12. Dezember 2018 (Az. M 7 K 18.3672) beantragt. Er und seine MitstreiterInnen sind wegen der grundsätzlichen Bedeutung bereit, notfalls durch die Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht zu gehen, auch wenn dies erhebliche Kosten verursacht und künftig verursachen könnte.

Klaus Ried hatte am 19. April 2018 bei der Stadt München die Überlassung eines Raumes im Münchner Stadtmuseum für eine Diskussionsveranstaltung beantragt zum Thema: „Wie sehr schränkt München die Meinungsfreiheit ein? – Der Stadtratsbeschluss vom 13. Dezember 2017 und seine Folgen“.
Das Stadtmuseum lehnte die Vermietung mit Verweis auf diesen Stadtratsbeschluss ab. Dieser legt fest, dass „Organisationen und Personen, die Veranstaltung in städtischen Einrichtungen durchführen wollen, welche sich mit den Themen, Inhalten und Zielen der BDS-Kampagne befassen [!!], diese unterstützen, diese verfolgen oder für diese werben, von der Raumüberlassung bzw. Vermietung von Räumlichkeiten ausgeschlossen“ sind.

Kurioserweise verbietet der Stadtrat schon allein die Befassung mit diesem Stadtratsbeschluss. Kann ein Stadtrat einen Beschluss fassen, der dazu führt, dass man nicht mehr über dessen Beschlüsse öffentlich diskutieren darf? Solche Beschlüsse von Gremien kennt man sonst nur aus totalitären Systemen. Die Fraktion der Grünen wollte deshalb in einem Änderungsantrag das Verbot streichen, sich mit BDS auch nur befassen zu dürfen. Denn dann könnte nicht einmal eine Veranstaltung gegen BDS stattfinden. Obwohl der Änderungsantrag abgelehnt wurde, stimmten die Grünen am Ende dem Stadtratsbeschluss zu.

Das Bayerische Verwaltungsgericht München urteilte nun am 12. Dezember 2018, dass Klaus Ried für diese Diskussionsveranstaltung keinen Anspruch auf einen städtischen Raum habe.

Rechtsanwalt Dr. Kumpf aus München hat nun für Klaus Ried am 16.1.2019 beantragt, die Berufung gegen dieses unverständliche Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen:
Sein Antrag beruft sich in seiner Begründung (S. 6ff) neben Art. 8 des Grundgesetzes, das die Versammlungsfreiheit garantiert, vor allem auf Art. 5 GG: „Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt. Es ist nicht nur ein Abwehrrecht gegenüber dem Staat, sondern schlechthin konstituierend für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung.“ Das bedeutet, dass eine „Diskussionsveranstaltung zum Thema Meinungsfreiheit zum Kernbereich unserer Verfassungsordnung“ gehört (S. 6f). Darum ist eine Kommune wie die Stadt München nicht befugt, dieses verfassungsmäßige Grundrecht willkürlich einzuschränken.

Der Antrag beruft sich auf das sog. Lüth-Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1958, in dem es bereits damals um das Thema von Boykottaufruf und Antisemitismus ging:
Das Bundesverfassungsgericht erklärte, dass „ein Boykottaufruf, dem eine bestimmte Meinungskundgabe zugrunde liegt, (…) durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG (…) geschützt (wird), wenn er als Mittel des geistigen Meinungskampfes in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage eingesetzt wird, wenn ihm also keine private Auseinandersetzung, sondern die Sorge um politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Belange der Allgemeinheit zu Grunde liegt“ (BVerfGE 7, 198   Quelle und mehr >>>

Analysis For U.S. Jewry, Kahanist Caper Casts Netanyahu as Prince of Darkness and Trump on Steroids  - Even AIPAC broke its usual silence after Netanyahu legitimized followers of the infamous Rabbi Kahane, who was a household name in America before setting foot in Israel - Chemi Shalev - Feb 23, 2019 - The stench from Prime Minister Benjamin Netanyahu’s foul deal with admirers of Meir Kahane’s rancid racism was so strong that it crossed the oceans and compelled even the normally obedient and circumspect organization AIPAC to break their silence. The extraordinary condemnation issued by AIPAC, flimsy as it was, is a symptom of the nausea that swept through American Jewry in the wake of Netanyahu’s unabashed efforts to legitimize the Kahane-inspired Otzma Yehudit party in order to ensure his re-election.

The AIPAC statement could also confound Netanyahu’s plan to use his scheduled appearance next month at the group’s annual conference and turn it from a sure-fire platform for political propaganda to a risky gamble that could do him more harm than good. The thousands of delegates who will come to Washington on March 24 will undoubtedly try to maintain a semblance of business as usual and will likely accord Netanyahu the standing ovations he’s used to, but what was supposed to be a victory march on Netanyahu’s triumphant way to the White House has now turned into a tense arena with hidden dangers lurking in every corner.   >>>

 

 

23. 2. 2019
 

Göttingen (D) soll sich schämen! - Christian Müller - 20. Feb 2019 - Die Friedenspreis-Übergabe an die «Jüdische Stimme» wird von Stadt, Universität und Sparkasse boykottiert.

Seit 20 Jahren wird in der deutschen Stadt Göttingen mit Geld der privaten Stiftung Dr. Roland Röhl ein Friedenspreis an Menschen oder Institutionen vergeben, die sich aktiv und öffentlich für den Frieden engagieren. Diesmal hat die Jury beschlossen, den Preis an die «Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost» zu vergeben, eine Vereinigung, die sich aktiv für eine friedliche Lösung des Konflikts zwischen Israel und Palästina einsetzt. Gegen diesen Entscheid ist aber von jenen jüdischen Kreisen, die im Sinne der Israel-Lobby jede öffentliche Kritik an der israelischen Besatzungspolitik gegenüber Palästina zu verhindern versuchen, protestiert worden. Nun steht fest: mit Erfolg. Infosperber hat darüber ausführlich berichtet.

Kein Geld mehr von der örtlichen Bank
- Zu den Geldgebern der Friedenspreis-Übergabe gehörte bisher auch die Sparkasse Göttingen. Sie spendete jeweils 2000 Euro an die Preisübergabe (Reise- und Übernachtungskosten, Apéro, etc). Die Bank hat nun entschieden, zugunsten der diesjährigen Preisübergabe kein Geld zu geben.

Friedenspreis-Übergabe darf nicht in der Universität stattfinden
- Auch die Georg-August-Universität Göttingen hat die Veranstalter der Friedenspreis-Übergabe wissen lassen, dass für diese Übergabe des Friedenspreises keine Räumlichkeiten der Universität zur Verfügung stehen, wie das bisher üblich und auch für dieses Mal vorgesehen war. Thomas Richter, der Pressesprecher der Universität, teilte der Stiftung gleichzeitig mit, dass er persönlich seine Mitgliedschaft im Beirat der Stiftung «ruhen lasse».

Die Rufmord-Kampagne gegen die zuständige Jury und insbesondere gegen deren Vorsitzenden Andreas Zumach geht offensichtlich unaufhaltsam weiter.

an die Vorstände der Stiftung und des Kuratoriums, (Hans-Jörg Röhl und Goetz Neuendeck) - roehl@goettinger-friedenspreis.de - neuneck@ifsh.de



 

Am Donnerstag, 21. Februar 2019, 19:47 - Hans-Jürgen Hahn - Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Hald!

Ich erlaube mir, in diesem Konflikt Stellung zu beziehen. Damit Sie diese würdigen können, kurze Angaben zu meiner Person (Jg. 1936):

-  Ich gehöre mit zu den ersten Gedenkstättenpädagogen in Niedersachsen, die sich seit mehr als vierzig Jahren bemühen, jungen Menschen an Einzelschicksalen jüdischer Mitbürger (hier in Hildesheim) den Stellenwert der Shoah zu vermitteln. Seit 1981 sind viele ehemalige Hildesheimer aufgrund meiner Projekte auf Einladung der Stadt zu Besuch gekommen. Wir retteten ein Gebäude der jüd. Gemeinde. Die entsprechenden Projekte mit Jugendlichen laufen immer noch.

-   Ich initiierte mit Israelis einen der ersten deutschen Schüleraustauschprogramme mit Kfar Galim bzw. mit Haifa und habe bis heute Kontakt zu fünf jüdisch-israelischen Familien sowie zwei arabischen Familien im Westjordan. In Sachen Israel/Palästina kann mir niemand etwas vormachen.

-   Ich bin Herausgeber der ersten deutschen Veröffentlichung des sog. Auschwitz-Albums (Vlg. Das Arsenal, Bln. / 192/205 Fotos vom Mai 1944 durch die SS). Das Original liegt seit 1980 in Yad Vashem, das die 2. deutsche Ausgabe verantwortet; es hat dort eine eigene Abteilung.

-   Ich vertrete seit 2016 eine von der HAWK zu Unrecht geschasste Dozentin, die mit ihrem Lehrauftrag ("Zur sozialen Lage Jugendlicher in Palästina") keine Chance hatte, nicht auch regierungskritische Stimmen in das Lehrprogramm aufzunehmen. Das auf politischen Druck der LT - Opposition veranlasste sehr schwache Gutachten des ZfA an der TU Berlin kann selbst auf 26 Ss. den antisemitischen Vorwurf gerade nicht erhärten. Die Dozentin hatte ausdrücklich jüdisch-israelische Kritiker der Politik der israelischen Regierung nach der 2. Intifada und vor dem Hintergrund des gescheiterten Friedensprozesses von 1993 - 1995 in ihre Literaturliste aufgenommen.

-   Wider Willen bin auch ich so in eine bundesrepublikanische Szenerie geraten, in der zum einen deutsche Juden anderen deutschen Juden "Antisemitismus" vorwerfen, weil letztere - als Juden - sich differenzierter zur Lage in Israel heute äußern, zum andern weil sie sich gegen die Abflachung des Antisemitismus-Vorwurfs wehren wollen. In jedem Einzelfall muss es sich - abgesehen von der unklaren Begrifflichkeit - auch tatsächlich um einen solchen handeln.

Wie ich erkenne, weigern Sie sich, der Preisverleihung Räume der Universität zu öffnen.

Sie sollten wissen, dass Sie damit in eine seit Jahren (verstärkt seit 2014) breit angelegte Aktion gehören. Sie haben sich unter politischem Druck darein begeben. Möglicherweise, ohne die  Motive der Kritiker, erst recht nicht die Folgen zu kennen oder zu bedenken. Nahezu einhundert Veranstaltungen an verschiedenen Orten sind seitdem von einer bestimmten jüdischen Seite, die im ZJD zur Zeit die Mehrheit haben, be- oder verhindert worden. Von dem Druck, der von der Botschaft Israel aus auf die Bundesregierung ausgeübt wird, ganz zu schweigen.

Nun sind auch Sie in diese Szenerie geraten. Sie ist geprägt von der Vorstellung, argumentative und faktenorientierte Kritik an der Situation vor Ort fördere antisemitische Haltungen hier bei uns. Das Gegenteil ist aus meiner Sicht der Fall. Sie sollten wissen: auf diese Weise wird der Antisemitismus in den Köpfen der Zeitgenossen, den wir doch alle hoffentlich bekämpfen wollen, geradezu befördert.

Dies gilt auch für die Pädagogik heute. Nur durch faktenorientierte und größtmögliche Transparenz wird es uns auch in Zukunft gelingen, Jugendliche zu einem selbständigen differenzierenden Urteil zu befähigen, sowohl im Rückblick auf die Shoah als auch für die Zukunft in Nahost.

Geradezu absurd erscheint es mir, das Folgende zu übersehen:

1) A. Zumach als Mitglied der Jury ist ein Gewährsmann für sachgerechte Vermittlung über Israel und Nahost, und dies seit geraumer Zeit.

2) Gerade die "Jüdische Stimme für Frieden in Nahost" ist in der Perspektive ausgewogener Information, Transparenz und konkreter Friedensbemühungen aus meiner Fachsicht ein würdiger Preisträger.

3) Als Sohn eines ehem. Wehrmachtoffiziers habe ich zu diesem Statement nicht nur das Recht, eine konkrete Politik gleich welchen Landes nach den Grundsätzen der Menschenrechte und des Völkerrechts zu kennzeichnen. Ich habe sogar die Pflicht darauf hinzuweisen, wenn die Regierung eines Landes wie Israel - diese einstmalige Hoffnung aller Verfolgten - glaubt, sich um seiner selbst willen nicht daran orientieren zu müssen.

Ihre eigene Haltung und Entscheidung - als Verantwortliche wie als Sponsoren - erscheint mutlos und desorientiert. Sie verstärkt wie gesagt das, was sie offenbar zu bekämpfen meinen. Geben Sie allen friedensaktiven Kräften - und dazu zählt nach profunder Kenntnis auch der Preisträger - buchstäblich Raum!

Wir alle sind den Grundrechten der Menschenwürde, die unteilbar sein sollte, wie denen der Freiheit von Forschung und Lehre weiter verpflichtet. Dies gilt auch für die Kommune Göttingen wie für Ihre Universität im Besonderen. Hans-Jürgen Hahn

 

21. 2. 2019


 




 

Stadt, Uni und Sparkasse steigen beim Göttinger Friedenspreis aus - 20.02.2019  -  Eklat vor der diesjährigen Vergabe des Göttinger Friedenspreises: Universität, Stadt und Sparkasse ziehen sich als institutionelle und finanzielle Unterstützer zurück. Auslöser ist die Kontroverse um den als Preisträger vorgesehenen Verein. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte ihn als antisemitisch kritisiert. Es gibt jedoch auch prominente Unterstützer.

Die Kontroverse um die Verleihung des Göttinger Friedenspreises hat zu einem offenen Eklat geführt. Nach Antisemitismusvorwürfen gegen den als Preisträger vorgesehenen Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ haben sich am Mittwoch die Stadt Göttingen, die Universität sowie die städtische Sparkasse als Unterstützer des Preises zurückgezogen. Er soll eigentlich am 9. März an den Verein übergeben werden. >>>


 

 

Fördert Josef Schuster vom Zentralrat der Juden Antisemitismus? -  20. Februar 2019 - Abi Melzer - Mit ihrer Rückzugsentscheidung hat sich die Universität einer der „kontrovers geäußerten Meinungen“ angeschlossen. Sie hat die Falschbehauptungen, Verleumdungen und Rufmordersuche gegen die Jüdische Stimme, mit denen die Göttinger FDP-Fraktionsvorsitzende Felicitas Oldenburg und der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, letzte Woche die Absage der Preisverleihung gefordert haben, höher gewichtet als sämtliche dazu geäußerten kontroversen Meinungen, Argumente und Beweise.   >>>

 

 

Thomas Allen Crozier - Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. - An die Stiftung Dr. Roland Röhl z. Hd. Frau Carmen Barann Marienstraße 22 37073 Göttingen - 16. Februar 2019 - Sehr geehrte Frau Barann, als ich die Einladung zur diesjährigen Preisverleihung öffnete, war ich zunächst unentschlossen, ob ich daran teilnehmen würde, weil mir der Preisträger nicht bekannt war. Ich habe mich mittlerweile informiert und bin davon überzeugt, dass die Dr. Roland Röhl Stiftung mit ihrer Entscheidung für den Verein "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost'' eine sehr gute Wahl getroffen hat.

Umso entsetzter bin ich nun ob der Versuche des Zentralrats der Juden Deutschland, die Preisverleihung zu verhindern. Mit dem Vorwurf, dieser Verein sei anti-semitisch, entpuppt sich der Zentralrat als Apologet der gegenwärtigen Politik Israels und als Sprachrohr des Netanjahu Regimes.

Die kritiklose und geradezu unterwürfige Übernahme der Argumentation des Zentralrates durch Oberbürgermeister Köhler und Universitätspräsidentin Beisiegel ist unheilvoll; sie offenbart deren Unvermögen, zwischen der offiziellen Politik des Staates Israel, die auch in Israel unter Kritik steht, und der dort lebenden jüdischen Bevölkerung zu unterscheiden.

Die Absage der Preisverleihung wäre ein Sieg für die gegenwärtige Politik Netanjahus, die darauf ausgerichtet ist, eine Zweistaatenlösung unmöglich zu machen. Die Absage wäre eine bittere Niederlage für alle Kräfte, die für einen Nahostfrieden auf der Grundlage des Völkerrechts und aller internationalen Vereinbarungen einstehen.
Verleihen Sie den Preis - ich werde dabei sein.  Mit freundlichen Grüßen  Prof. Dr. Thomas Crozier

 

 

Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer - An den Vorstand des Kuratoriums Göttinger Friedenspreis Herrn Prof. Dr. Götz Neuneck - Bielefeld, 19.02.2019 - Sehr geehrter Herr Professor Neuneck, dieses Schreiben verfasse ich als Preisträger des Göttinger Friedenspreises, da ich mich über die Auseinandersetzungen um den diesjährigen Preisträger "Jüdische Stimme" informiert habe und informiert worden bin.

Zweifellos sind die politischen Konflikte in und zwischen den palästinensischen Gebieten, politischen Organisationen der Palästinenser und dem Staat Israel äußerst kompliziert und unübersichtlich. Gerade deshalb ist es notwendig, die Kernpunkte zu betonen.

Für mich sind es zwei:
Erstens ist es die Position "Der Einsatz für Menschenrechte ist nicht antisemitisch", die im Offenen Brief der mehr als 90 jüdischen Wissenschaftler und Intellektuellen vom 18. Januar zum Ausdruck gebracht wird.

Ich unterstütze diese Position und damit auch den Preisträger "Jüdische Stimme", denn Menschenrechte sind universell. Es geht um die Gleichwertigkeit und psychische wie physische Unversehrtheit aller Menschen.

Meine eigenen Forschungen und Publikationen zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, zu der u.a. Antisemitismus und Islam- bzw. Muslimfeindlichkeit gehören, machen eine solche Positionierung notwendig.

Zweitens ist das Verhältnis von "Jüdischer Stimme" und BDS anzusprechen. Dass ich selbst BDS in keiner Hinsicht unterstütze, ist zweifelsfrei klar.

Wie auch immer im Detail eine Unterstützung von "Jüdischer Stimme" gegenüber BDS ausfallen mag, so ist nach meinen Informationen an keiner Stelle dokumentiert, dass sich die "Jüdische Stimme" gegen das Existenzrecht des Staates Israel ausspricht - im Gegenteil. Das ist der für mich entscheidende Punkt, um auch in diesem Punkt die "Jüdische Stimme" als Preisträgerin zu unterstützen.

Deshalb wäre es in vielerlei Hinsicht ein unbegründeter Affront, wenn die Preisverleihung an die „Jüdische Stimme" gestoppt, verzögert oder gar verhindert würde.

Meine persönliche Position ist ohnehin klar. Ich werde auch weiterhin Einladungen von israelischen Kolleginnen und Kollegen folgen, wie zuletzt zu einem Vortrag im Mai 2018 an der Universität Haifa zu "Parallel Societies".
Mit gelassener Hochachtung und freundlichen Grüßen Wilhelm Heitmeyer
 

 

Göttingen, 19.2.2019 - Sehr geehrte Damen und Herren, im Auftrag unserer Präsidentin Ulrike Beisiegel übersende ich Ihnen folgendes Statement von ihr:

 "Die Universität Göttingen anerkennt die in der Satzung der Göttinger Friedenspreis Stiftung Dr. Roland Röhl festgehaltene Unanfechtbarkeit einer satzungsgemäßen Wahl der Preisträger(in/innen) durch die Jury. In der aktuellen Situation hat die Entscheidung  zu einer Kontroverse geführt, bei der sich die Universität keiner der kontrovers geäußerten Meinungen anschließen kann. Daher wird kann die Universität in diesem Jahr die Preisverleihung nicht unterstützen und die Verleihungsfeier kann nicht in Räumen der Universität stattfinden. Die prinzipielle Unterstützung der Universität für den Göttinger Friedenspreis ist hiervon nicht betroffen."

Wir senden dieses Statement heute nur an die Mitglieder der Stiftung. Ab dem morgigen Tag würden wir es auch auf Presseanfragen hin verteilen- 

Gleichzeitig bitte ich um Ihr Verständnis, dass ich ab sofort meine Mitgliedschaft im Beirat für Öffentlichkeitsarbeit und meine Tätigkeit als Pressesprecher der Stiftung ruhen lassen werde. Presseanfragen an die Stiftung zur Fragen der Juryentscheidung werde ich an Herrn Zumach, Presseanfragen zur Organisation der Verleihung oder generelle Fragen zur Stiftung an Herrn Röhl weiterleiten. Freundliche Grüße  Thomas Richter Pressesprecher & Leiter Öffentlichkeitsarbeit

 

 

Göttingen, 19.2.2019 - Sehr geehrte Damen und Herren, zu Ihrer Information übersende ich Ihnen folgendes Statement der Sparkasse Göttingen zur diesjährigen Verleihung des Göttinger Friedenspreises:

"Als regionales Kreditinstitut unterstützt die Sparkasse Göttingen die Stiftung Dr. Roland Röhl bei der jährlichen Organisation der Preisverleihung des Göttinger Friedenspreises seit Jahren mit einer Förderung in Höhe von circa 2.000 Euro. 

Gemäß Satzung der Stiftung Dr. Roland Röhl obliegt die Auswahl der Preisträger einzig und ausschließlich der Jury des Göttinger Friedenspreises. Die Sparkasse Göttingen konnte und kann an keiner Stelle auf die Entscheidung der Jury einwirken. 

Die Wahl des diesjährigen Preisträgers hat in Politik, Medien und Öffentlichkeit eine intensive Diskussion ausgelöst. Vor diesem Hintergrund hat die Sparkasse Göttingen entschieden, die Preisverleihung 2019 nicht weiter zu unterstützen. 

Die Sparkasse Göttingen fühlt sich als regionales öffentliches Kreditinstitut zur politischen Neutralität verpflichtet und demzufolge steht der Sparkasse eine inhaltliche Bewertung der Antisemitismusvorwürfe nicht zu. 

Die Sparkasse Göttingen distanziert sich ausdrücklich von jeglicher Form des Antisemitismus." 

Das obige Statement erhalten Sie als Mitglieder der Stiftung vorab. Dieses werden wir ab morgen in der Pressekommunikation einsetzen.  Freundliche Grüße! Frank Sickora Sparkasse Göttingen - Abteilungsleiter Kommunikation - OE 1520

 

 

 

 19. 2. 2019

Clemens Messerschmid  - 18.2.2019 - Offener Brief an Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler

An: OB H.-G. Köhler, <oberbuergermeister@goettingen.de>
Neues Rathaus
Hiroshimaplatz 1-4
37083 Göttingen

(zur Kenntnis: Frau Prof. Beisiegel, <praesidentin@uni-goettingen.de>;
Herr Hald, < rainer.hald@spk-goettingen.de>)


Betrifft: Friedenspreisverleihung an die Jüdische Stimme



Sehr geehrter Herr OB Köhler, Sie kennen mich nicht, ich Sie nicht.


Zu meiner Person: Ich bin von Beruf Hydrogeologe und seit über 20 Jahren wohnhaft in Ramallah und dort in den besetzten Gebieten der West Bank in deutschen und internationalen Wasserprojekten tätig (und gegenwärtig auch mit Ihrer Uni im Rahmen meiner Doktorarbeit verbunden).

Ich kenne einige der in Deutschland lebenden deutschen und israelischen Mitglieder der Jüdischen Stimme seit Jahren persönlich. Vor allem kenne ich jedoch vor Ort, in Israel, die leider kleine, aufs Engste mit der Jüdischen Stimme verbundene Gruppe aufrechter Aktivisten gegen die Besatzung und Advokaten eines tatsächlich gerechten Friedens. Sie zählen, wie Sie vielleicht wissen, zu einer zunehmend angegriffenen und immer weiter ausgegrenzten Minderheit in Israel, v.a. unter der Rechts- und Siedlerregierung Benyamin Netanyahus. Es gehören leider zunehmend Mut und Zivilcourage sowie tiefe rechtspolitische Überzeugungen und Ausdauer dazu, in dieser gegenwärtigen Phase rasanten Rechtsrucks in Israel, weiterhin das Fähnlein einer echten Aussöhnung mit den Palästinensern und einer Beendigung der schwerwiegenden und mannigfaltigen Unterdrückungs-formen durch Israels Regierung, Militärrichter und Militäradministration hochzuhalten.

Die israelischen Mitglieder der Jüdischen Stimme nehmen diese Anfeindungen durch Siedler und andere israelische Besatzungsfanatiker klaglos auf sich. Wirklich unerträglich finden sie hingegen, wenn sich deutsche zivilgesellschaftliche und Regierungsstellen an der Kampagne zur Vertiefung und Unumkehrbarmachung der Besatzung auch noch aktiv beteiligen – insbesondere unter dem infamen Vorwurf des Antisemitismus, und ausgerechnet aus dem Land der Täter, und ausgerechnet an die Adresse genau der jüdischen Streiterinnen, die den Buchenwaldschwur Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! begriffen haben, beherzigen und heute aktiv leben. Nichts weniger tut die Jüdische Stimme, die vor vielen Jahren gegründet wurde, mit dem einzigen Zweck um ihr Scherflein dazu beizutragen, der unerträglichen Besatzung ein rasches und wohlverdientes Ende zu setzen. Alle meine politisch aktiven israelischen Freunde beteuern mir gegenüber und sehen mit größter Sorge die fortschreitende Delegitimierung von Besatzungsgegnern in Deutschland, und sie betrachten diese als Angriff auf ihre ureigensten Bemühungen in Israel!

Ich kenne und wertschätze die European Jews for a Just Peace für genau jene erfrischend klare und laute, aber nicht heisere, sondern tonsichere und vor allem unverfälschte, unverdruckste Stimme und Sprache, wie sie in der Erwiderung an die Helden der Stadtrats-FDP zum Ausdruck kommt.

Frau Oldenburg möchte, zusammen mit nicht wenigen ihrer FDP-Parteifreunde der israelischen Besatzung den Rücken freihalten. Die Jüdische Stimme möchte das glatte Gegenteil. Der Konflikt zwischen beiden ist kein Missverständnis, sondern folgerichtig. Aber es gibt hier keinen neutralen Mittelweg, genauso wenig wie seinerzeit beim Gefangenen Nr. 466/64 auf Robben Island, Nelson Mandela.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Sie werden durch polemische Hetzer wie die mir weiter nicht bekannte FDP-Stadtratsfrau Oldenburg unter Druck gesetzt – das ist mir völlig klar. Und klar ist mir sehr wohl auch, dass (nicht nur für einen Politiker) allein der Gedanke, in die Nähe einer Duldung und Tolerierung von Antisemitismus, dieser Geisel des 20 Jahrhunderts, gerückt zu werden, unerträglich ist. Für Sie persönlich unerträglich, und malen Sie sich nur aus, wie es den Mitgliedern der Jüdischen Stimme damit geht! Umso wichtiger ist daher, dass Sie eine klare, gut sichtbare und vor allem eindeutige Entscheidung treffen. Sie darin zu bestärken ist Absicht und Anliegen dieses Briefes.

Sie werden in den letzten Tagen viele Argumente pro und kontra ungefragt zugesandt bekommen haben. Erlauben Sie mir daher, nur ein einziges Argument aus meiner eigenen Anschauung vor Ort in Palästina und Israel hinzuzufügen. Lassen sie die wenigen übrigen und mutigen Streiterinnen gegen Besatzung und für Gerechtigkeit in Israel nicht im Stich!

Bedenken Sie für einen Augenblick die Alternative:


Wenn diesen wirklich letzten in Israel verbliebenen ehrlichen Partnern der besetzten Palästinenserinnen nun auch noch international die Legitimität abgesprochen und das Maul gestopft wird: Wer, bitteschön, bleibt dann überhaupt noch auf jüdischer, israelischer Seite übrig, um für Gerechtigkeit, für einen gerechten Frieden die Stimme zu erheben? (Und umgekehrt, sozusagen aus palästinensischer Sicht bedeutet das: Mit wem in Israel soll denn bitteschön Frieden geschlossen werden, wenn nicht mit genau solchen Menschen wie den Vertreterinnen der Jüdischen Stimme?!)

Wollen Sie als Oberbürgermeister der Stadt Göttingen wirklich dereinst von sich sagen müssen, sie hätten zum Verstummen dieser letzten Stimme beigetragen?

Ich weiß, ich habe leicht reden und Rat aus der Ferne ist wohlfeil, aber ich schreibe Ihnen trotzdem dieses: Es bleibt Ihnen aus meiner Überzeugung gar nichts anderes übrig, als den infamen Verleumdungen gegen die Jüdische Stimme energisch und eindeutig entgegenzutreten und im Gegenteil voll Stolz herauszukehren, dass sich die Stadt Göttingen geehrt fühlen darf, diesen Gerechten einen wohlverdienten Preis zukommen zu lassen.

Ich wünsche Ihnen (und uns) den Mut und die Kraft, diese einzig richtige, langfristig tragbare Entscheidung zu treffen.
Mit freundlichen Grüßen, Clemens Messerschmid

 

 

 


Abi Melzer  - Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Köhler, Sehr geehrter Frau Uni-Präsidentin Beisiegel, Sehr geehrter Herr Sparkassendirektor Rainer Hald, glauben Sie wirklich, dass die Mitglieder der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden Antisemiten sind? Wenn Sie das glauben oder auch nur in Erwägung ziehen, dann unterwerfen Sie sich offensichtlich Dr. Josef Schuster vom Zentralrat der Juden oder Frau Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Gemeinde in München, die das selbstverständlich nicht glauben, aber den Vorwurf bzw. diese Verleumdung als politische Waffe benutzen.

Die Jüdische Stimme in Deutschland ist assoziiertes Mitglied der Föderation “EUROPEAN JEWS FOR A JUST PEACE” (EJJP), die 2002 von 18 jüdischen Organisationen aus 9 europäischen Ländern gegründet wurde und über die Notwendigkeit und Möglichkeit eines gerechten Friedens zwischen Palästina und Israel informieren will. Ihr gehören mehrere Tausend Jüdinnen und Juden an, welche wiederum mit der amerikanischen Bewegung Jewish Voice for Peace verbunden sind, die mehr als hunderttausend jüdische Mitglieder hat. Die rechtsnationalistische israelische Regierung fühlt sich mit Recht diesen Juden in Frage gestellt und benutzt den Vorwurf bzw. die Verleumdung des Antisemitismus, um sie zum Schweigen zu bringen.

Ich fürchte, dass Sie die Preisverleihung rückgängig machen wollen, weil Sie alle Angst haben, als Antisemiten verleumdet zu werden, weil Sie wissen, dass dies ein Todschlagsargument ist und Ihre Karriere gefährden könnte, wie es schon so manche Politikerkarriere beendet hat. Ich glaube, dass Sie gegen ihre eigene Überzeugung handeln. Sie wissen, dass die Jüdische Stimme nicht antisemitisch ist, ja nicht antisemitisch sein kann. Es ist immer wieder derselbe Mechanismus, der schon seinerzeit im Fall Möllemann gewirkt hat. Sie werden erpresst, bedroht und wenn Sie nicht einknicken, als Unterstützer von „Antisemiten“ verunglimpft. Sie wissen augenscheinlich nicht, wie Sie sich aus dieser Falle befreien sollen und wählen den Weg des geringsten Widerstandes. Und, ob Sie es glauben oder nicht, ich kann das nachvollziehen.

Wenn Jüdinnen und Juden sich für BDS einsetzen und zusammen mit inzwischen hunderttausenden Aktivisten und Sympathisanten für einen gerechten Frieden im Nahen Osten kämpfen, dann ist es ungeheuerlich, sie als Antisemiten zu diffamieren, denn genau das erzeugt am Ende einen Antisemitismus*, der den Verantwortlichen in Israel keineswegs unangenehm ist, weil er, wie es Ariel Sharon einmal ausdrückte, „Juden nach Israel spült“.

Wenn Sie aber bei diesem erbärmlichen und beschämenden Spiel mitmachen, dann darf es Sie nicht wundern, wenn ich an Ihrer Integrität zu zweifeln beginne und mich frage, ob es Ihnen letztendlich nicht vielleicht doch darum geht, die Juden los zu werden. Wenn nicht, dann sollten Sie sich an die Artikel des Grundgesetzes halten und weder Israel noch Gegner der israelischen Politik anders behandeln, als es das Grundgesetz gebietet. Nicht die BDS-Kampagne bedroht den Frieden, sondern die menschen- und völkerrechtswidrige Politik Israels. Sie waschen aber Ihre Hände in Unschuld, wenn Juden andere Juden verleumden >>>

 

 

18. 2. 2019

 

Hetz-Pamphlet der Göttinger Rechtsanwältin F. Oldenburg: Erwiderung - 17. Februar 2019 - Hetz-Pamphlet der Göttinger Rechtsanwältin F. Oldenburg gegen die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e. V. – EJJP anlässlich ihrer Auszeichnung mit dem Göttinger Friedenspreis

Erwiderung
- Die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost – EJJP Germany e. V. (JS) weist die diffamierenden Vorwürfe der Göttinger Fraktionsvorsitzenden und Stadtratsfrau der FDP, Rechtsanwältin F. Oldenburg, in aller Form zurück.

Wir freuen uns über die Auszeichnung mit dem diesjährigen Göttinger Friedenpreis der Stiftung Dr. Roehl und sehen darin eine Würdigung unseres Engagements für die universellen und unteilbaren Grund- und Menschenrechte.

Im Folgenden nehmen wir Stellung in Erwiderung auf ein Hetzpamphlet über unsere Organisation und Arbeit, in dem F. Oldenburg unter dem Motto “Kein Friedenspreis an BDS” die Präsidentin und die Mitglieder des Präsidiums der Georg-August-Universität Göttingen, den Oberbürgermeister von Göttingen sowie Mitglieder des Aufsichtsrats der Sparkasse in Göttingen auffordert, die Auszeichnung zu widerrufen und den Preis nicht an die JS zu verleihen.

Erschrocken und befremdet fragen wir uns, mit welcher Befugnis die Rechtsanwältin und Fraktionsvorsitzende der FDP es wagt, unsere jüdische Identität in Frage zu stellen? Wir werden selbstverständlich unsere Schwesterorganisationen in Europa, Nordamerika, Südafrika und Australien darüber informieren, dass Rechtsanwälte in Deutschland sich wieder aufschwingen zu entscheiden, wer jüdisch ist und wer nicht. So bezichtigt Oldenburg unsere eigenen Mitglieder ebenso wie die unserer europäischen Schwesterorganisationen – darunter noch Überlebende des Holocaust und viele direkte Nachkommen – “jüdisch” getarnt “unter falscher Flagge zu segeln”.

Da sind wir wieder: Eine deutsche Anwältin und Politikerin will entscheiden, wer als jüdisch gilt. “Segeln unter falscher Flagge”…? War nicht schon im Dritten Reich zu hören, dass Juden sich nach außen zwar als friedliebend und rechtschaffend zeigen, hinter ihren Bärten und unter ihrer Kopfbedeckung jedoch ihre angeblichen konspirativen Pläne und Machtansprüche verheimlichen? Unter welcher Flagge wäre die Jüdische Stimme der Fraktionsvorsitzenden der FDP genehm? Gibt es “den Juden”, wie von der Politikerin suggeriert, überhaupt? Sprechen alle Juden in derselben Art und Weise? Wie könnte anderenfalls eine “falsche” jüdische Stimme von einer “echten” unterschieden werden? Oder sind alle Juden gehalten, so zu sprechen, wie es der Göttinger Stadtratsfrau gefällt?

Auch werden wir international darüber informieren, dass Repräsentanten der Freien Demokratischen Partei in Deutschland dazu übergehen, den im Namen des Antisemitismus an den Juden verübten Genozid zu verharmlosen und den gegenwärtigen Rassismus der hiesigen Alt- und Neonazis zu vertuschen. Wer die Jüdische Stimme des Antisemitismus bezichtigt und diesen gar mit dem Judenhass der deutschen Nationalsozialisten vergleicht, instrumentalisiert den Holocaust bewusst für andere Zwecke, bagatellisiert das Geschehene und leistet aktuell demokratiefeindlichen und rassistischen Nationalisten Vorschub.

Wir finden es unsäglich, dass die FDP-Fraktion in Göttingen die Geschichte der jüdischen Mathematikerin Emmy Noether (1892-1935) missbraucht, um Druck auf die Georg-August-Universität auszuüben, den Friedenspreis nicht an die JS zu vergeben. Emmy Noether musste 1932 aus ihrer Wohnung ausziehen, weil die Turnerschaft Albertia das Haus erworben hatte und darin keine Jüdin mit linker Gesinnung duldete. 1933 gehörte sie zu den ersten, die aus der Universität verwiesen wurden. Emmy Noether war eine Jüdin, die sich über ihre geniale fachliche Tätigkeit hinaus für Gerechtigkeit einsetzte. Sie wäre uns heute als Mitglied sehr willkommen.

Die Forderung, der Rechtsanwältin, wir mögen uns von der im Jahre 2002 in Amsterdam gegründeten Föderation “European Jews for a Just Peace” (EJJP) lossagen, deren Gründungserklärung, neben dem Selbstverständnis und der Satzung, erklärtermaßen zu den Grundlagen der Arbeit unseres Vereins zählt, ist übergriffig und haltlos. Sie grenzt zudem an politische Zensur und ist von Seiten einer Partei, die liberale Demokraten hinter sich scharen will, wiederum mehr als befremdlich. >>>

 


 

Wolfgang Behr  - Ein Brief: Oberbürgermeister Köhler, sehr gehrte UNI-Präsidentin Beisiegel, sehr geehrter Sparkassenvertreter Hald.

Sehr geehrter Herr Röhl, sehr geehrter Herr Neuendeck. Mit Entsetzen habe ich vernommen, dass Sie die offizielle Vergabe des Friedenspreises an die Jüdische Stimme aussetzen wollen.

Und das auf Grund von Diffamierungen von altbekannter Seite: zionistisch orientierten jüdischen Vereinigungen, die voll und ganz hinter der mörderischen Besatzungspolitik Israels stehen, sowie ihren nichtjüdischen deutschen Unterstützern, die bereit sind, wie so oft in der deutschen Vergangenheit, alles Menschliche dem persönlichen Fortkommen zu opfern.

Ich möchte hiermit meine Solidarität mit der Jüdischen Stimme ausdrücken, die auf friedliche Weise Hervorragendes leistet, um zu einem  gleichberechtigten Nebeneinander von Israelis und Palästinensern im Nahen Osten beizutragen.

Ich stehe ferner voll hinter dem Jury-Vorsitzenden Andreas Zumach, der die erhobenen Vorwürfe überzeugend entkräftet hat und bitte Sie darum, die Preisvergabe  wie vorgesehen stattfinden zu lassen.   Mit freundlichen Grüssen Wolfgang Behr

 

 


Es ist eine Schande. -  Brief von Erica Fischer an Göttinger OB
- 17. Februar 2019 -  Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Ich protestiere gegen die Hetze, die derzeit gegen den Verein „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ in Gang gesetzt wurde. Sämtliche Mitglieder des Vereins sind Jüdinnen und Juden, viele sogar Israelis, die genau wissen, wovon sie reden, wenn sie die Regierungspolitik Israels kritisieren.

Ich selbst bin seit vielen Jahren Mitglied dieser Organisation. Ich bin Jüdin, meine Großeltern wurden in Treblinka ermordet, und es ist für mich unerträglich, dass in Deutschland einer Vereinigung von Jüdinnen und Juden die Stimme verboten werden soll. Ich bin Mitglied der Jüdischen Stimme, weil mir meine Familiengeschichte eine besondere Sensibilität für die Missachtung von Menschenrechten mit auf den Weg gegeben hat. Der Menschenrechte ALLER Menschen.

Dass der Jüdischen Stimme der Göttinger Friedenspreis verliehen wird, ist für uns Mitglieder eine Freude und Ehre. Es besteht keinerlei Grund, die Preisverleihung „auszusetzen“, wie Sie, Herr Oberbürgermeister, empfohlen haben. Der kenntnisreiche Jury-Vorsitzende Andreas Zumach hat in seiner Stellungnahme sämtliche Vorwürfe entkräftet.

Es ist in diesem Land nicht verboten, die Politik eines Landes zu kritisieren. Aber offensichtlich wird jedem/jeder, der/die Israel kritisiert, das Totschlag-Etikett „antisemitisch“ umgehängt, auch wenn es sich bei den KritikerInnen um Juden und Israelis handelt.

Nicht die Unterstützung von BDS ist antisemitisch, sondern die Maßregelung von Jüdinnen und Juden in einem Land, in dem man sich solcherlei genau überlegen sollte. Es ist eine Schande.  Mit freundlichen Grüßen, Erica Fischer Schriftstellerin

 

 

16. 2. 2019

 

Hermann Dierkes - 14.02.2019
- Herrn Oberbuergermeister der Stadt Göttingen

Vorab per e-mail
Betr.: Göttinger Friedenspreis
hier: geplante Preisverleihung an die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost


Sehr geehrter Herr Oberbuergermeister Köhler, ich habe davon Kenntnis erlangt, dass Sie die beabsichtigte Verleihung des renommierten Göttinger Friedenspreises an den Verein Juedische Stimme fuer gerechten Frieden in Nahost ”ueberpruefen” wollen. Leider haben sich die Präsidentin der Universität, Frau Prof. Dr. Beisiegel und Herr Hald fuer die Sparkasse ihrem Petitum angeschlossen. Der Vorgang ist schockierend, kommt fuer mich aber nicht unerwartet angesichts ähnlicher Vorfälle in Frankfurt, Muenchen, um nur einige zu nennen.

Nach meiner Ansicht zählt die Juedische Stimme zu dem Kreis von Persönlichkeiten und Akteuren, die den Preis vollauf verdient haben. Sie steht in der Tradition der bisherigen Preisträger. Die Stellungnahmen, Zielsetzungen und Aktivitäten der Juedischen Stimme, die ich seit langen Jahren verfolge, sind von hoher Qualität, moralisch einwandfrei, ehrlich und mutig. Sie basieren auf Völker- und Menschenrecht. Deshalb kann ich Ihre plötzlichen Ueberpruefungsanliegen (”Antisemitismus” ”BDS-Unterstuetzung”) in keiner Weise nachvollziehen und frage mich, auf wessen Anraten – um nicht zu sagen Druck - hin Sie diese jetzt ins Spiel bringen.

Erkennen Sie nicht, dass die Vorwuerfe und Verdächtigungen, die Sie und andere gegen die Juedische Stimme ins Feld fuehren, - ja es handelt sich um juedische Mitbuerger und Aktivisten! - geradezu aberwitzig sind? Sehen Sie nicht, dass es hier um politische Meinungsverschiedenheiten geht und nicht im Mindesten um angeblichen Antisemitismus? Gerade dieser Vorwurf ist sehr schwerwiegend und er wird seit Jahren von einer eindeutig völker- und menschenrechtswidrig agierenden israelischen Regierung und ihrer Lobby in Deutschland und anderswo unter grossem Aufwand und im In- und Ausland systematisch eingesetzt, um jede Kritik an ihrer Politik und die Unterstuetzung der unterdrueckten Palästinenser zu ersticken.

Ist Ihnen nicht klar, dass Ihr Vorgehen darauf hinauslaufen könnte, die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit massiv infrage zu stellen? Ist Ihnen nicht klar, dass Sie damit auch die Position der EU in den Wind schlagen wuerden, deren aussenpolitische Kommissarin Frau F. Mogherini 2016 Angriffe auf Menschenrechtsaktivisten zurueckgewiesen und das Recht der europäischen Buerger auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit verteidigt hat, auch wenn diese Umstrittenes thematisieren. Frau Mogherini stellte ausdruecklich fest, dass dies auch fuer eine Unterstuetzung der von der palästinensischen Zivilgesellschaft 2005 ins Leben gerufenen Kampagne Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) gelte.

Es geht dieser Kampagne erklärtermassen darum, mit friedlichen Mitteln solange Druck auf die israelische Regierung auszuueben, bis sie sich endlich an Völker- und Menschenrecht hält, die Besatzung und fortschreitende Annexion des Westjordanlands und die Abriegelung des Gaza-Streifens beendet. Weltweit haben sich inzwischen zahlreiche zivile, kirchliche oder wirtschaftliche Institutionen und Akteure der Kampagne angeschlossen, darunter auch viele juedische, die mit der Politik der Regierung Netanjahu nicht einverstanden sind. Haben Sie sich jemals Gedanken darueber gemacht, was den Palästinenern noch bleibt, wo Sie von den entscheidenden politischen Akteuren derart im Stich gelassen werden? Man mag diese Kampagne ablehnen, aber sie im Gefolge der Regierung Netanjahu als ”antisemitisch” zu verunglimpfen, ist völlig daneben. Will der Göttinger Friedenspreis sich auch noch den berechtigten Anliegen der Palästinenser, ihren mutigen Fuersprechern und israelischen Oppositionellen verweigern?

Mit Ihrem Vorgehen sind Sie leider dabei, sich in die inzwischen lange Reihe von Gremienentscheidungen auch in der Bundesrepublik einzureihen, die Kritik an der israelischen Regierung mundtot machen will. Dass sich unter den Betroffenen viele israelische und juedische Akademiker, Journalisten und Multiplikatoren befinden, ist ausgesprochen skandalös. Ist das Ihr Verständnis der Lehren aus dem Holocaust?

Mit dieser unsäglichen Auseinandersetzung schaden Sie dem Göttinger Friedenspreis. Sollten Sie und weitere massgebende Akteure sich nicht dazu durchringen können, die Preisverleihung an die Juedische Stimme stattfinden zu lassen, so wuerden Sie den Preis prinzipiell entwerten. Kommenden Preisträgern könnte man nur nachdruecklich raten, ihn unter Verweis auf diesen unsäglichen Vorgang abzulehnen. Vergangene Preisträger sollten aufgefordert werden, die Auszeichnung zurueckzugeben.

Herr Zumach hat als Jury-Vorsitzender die Anwuerfe gegen die Juedische Stimme ueberzeugend widerlegt. Lassen Sie es mich offen aussprechen: Sie laufen Gefahr, gegenueber einer rechtsautoritären israelischen Regierung und ihren hiesigen Fuersprechern willfährig zu agieren, sich undemokratisch, prinzipienlos und opportunistisch zu verhalten. Lassen Sie es nicht dazu kommen. Halten Sie ein auf Ihrem gefährlichen Kurs, beenden Sie diese Groteske und legen Sie der geplanten Preisverleihung keine Steine in den Weg!

(gez. Hermann Dierkes, ehem. Duisburger Ratsmitglied und Stadtältester)

z.K.
– Stiftungsvorstand Göttinger Friedenspreis, Herrn Roehl
– Stiftungskuratorium, Herrn Neuneck
– Präsidentin der Universität Göttingen, Frau Prof. Dr. U. Beisiegel
– Herrn R. Hald, Sparkasse Göttingen sowie an Vorstand und Aufsichtsgremien
– Fraktionen im Rat der Stadt Göttingen
– Juedische Stimme fuer Gerechten Frieden in Nahost
– Herrn Andreas Zumach

 


BITTE BALD LESEN! WEITERVERBREITEN ! UND REAGIEREN!  - Andreas Zumach - Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, der Konflikt um die Vergabe des Göttinger Friedenspreises an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.“ ist in den letzten 48 Stunden erheblich eskaliert.

Alle Details stehen in der ausführlichen Stellungnahme, dic ich in meiner Funktion als Vorsitzender der Preisjury heute mittag (Stand 16 Uhr) verfaßt habe zu der Kritik, den Falschbehauptungen, Schmähungen und dem suggestivem Rufmord , die über die „Jüdische Stimme“ verbreitet werden sowie zu den Forderungen, die Preisvergabe an die „Jüdische Stimme“ rückgängig zu machen und/oder die für den 9.3. geplante Preisverleihung in der Aula der Göttinger Universität abzusagen . Der Göttinger Oberbürgermeister hat heute empfohlen , die Preisverleihung „auszusetzen“. Es sei zunächst „erforderlich den Antisemistismusvorwurf (gegen den Preisträger „Jüdische Stimme“ ,AZ) vor allem in Bezug auf Zusmmenarbeit mit der BDS-Bewegung eindeutig auszuräumen“.

Nach Abfassung meiner Stellungnahme hat sich auch die Präsidentin der Göttinger Universität dieser „Empfehlung“ des Oberbürgermeisters angeschlossen. Der OB und die UNI-Präsidentin gehören beide qua Funktion dem Kuratorium der Stiftung an,die den Göttinger Friedenspreis vergibt. Die Göttinger Sparkasse hat die Empfehlungen „begrüßt“ und angekündigt ihr finanzielles Sponsoring für den seit 21 Jahren vergebenen Preis „zu überprüfen“.

Jetzt lastet der Druck auf dem Vorstand der Stiftung, sich zu diesen „Empfehlungen“ zu verhalten. Ich werde einer Revision der Preisentscheidung für die „Jüdische Stimme“, einer Absage oder auch nur Aussetzung der für den 9.3. geplanten Preisverleihung unter keinen Umständen zustimmen.

Damit die „Jüdische Stimme" nicht bald allein im Regen steht,wäre es gut, wenn Oberbürgermeister Köhler, UNI-Präsidentin Beisiegel und der Sparkassenvertreter jetzt möglichst schnell möglichst viele E-Mails erhalten :
oberbuergermeister@goettingen.de
praesidentin@uni-goettingen.de
Rainer.Hald@Spk-Goettingen.de

Hauptargumentationslinie sollte m. E. sein:

„Der Jury-Vorsitzende Zumach hat die gegen die Jüdische Stimme erhobenen Vorwürfe - (antisemitisch, israelfeindlich, delegitmiert Israel etc.) überzeugend entkräftet.“


Diese Mails sollten auch an die Vorstände der Stiftung und des Kuratoriums, Hans-Jörg Röhl und Goetz Neuendeck gehen.
roehl@goettinger-friedenspreis.de
neuneck@ifsh.de


Und sämtliche Mails bitte immer in Kopie an die Medien und JournalistInnen, die bislang schon über den Konflikt berichten:

goettingen@ffn.de
c.boehm@goettinger-tageblatt.de
redaktion@stadtradio-goettingen.de
reimarpaul@web.de
und an mich.

Danke und mit besten Grüßen  Andreas Zumach - Mail: zumach@taz.de

 

 

15. 2. 2019

Genf, 14.2.2019 - Andreas Zumach,  Vorsitzender der Jury des Göttinger Friedenspreises

Stellungnahme zu der von Göttinger FDP-Politikern und dem Zentralrat der Juden in Deutschland vorgetragenen Kritik und ihren Falschbehauptungen über den diesjährigen Preisträger „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V“ sowie zur Forderung ,die Preisverleihung am 9. März in der Göttinger Universität abzusagen oder zumindest auszusetzen.

Am Montag ,4.Februar hat die „Stiftung  Dr.Roland Röhl“, die den Göttinger Friedenspreis vergibt, die Öffentlichkeit in einer Pressemitteilung über die Vergabe des diesjährigen Preises an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.“ informiert. Die Preisverleihung findet am 9. März in der Aula der Universität Göttingen statt.

Am Dienstag, 5.2. berichtete das Göttinger Tagesblatt über die Pressemitteilung. Noch am gleichen Tag wurde auf diversen Internetseiten (z.B. Honestly Concerned) mit diffamierenden Antisemitismusvorwürfen und anderen Falschbehauptungen gegen die „Jüdische Stimme“ zum Protest gegen diese Preisvergabe aufgerufen. Dazu wurden  die Namen,Photos und Kontaktdaten aller Mitglieder der Stiftungsorgane  (Vorstand, Kuratorium,  Beirat , Jury und Organisationskommittee) veröffentlicht.

Seitdem erhalten Mitglieder der Stiftungsorgane und des Präsidiums der Universität , der Göttinger Oberbürgermeister, Vertreter der  Sparkasse sowie das Göttinger Tageblatt und das Stadtradio E-Mails und Briefe mit der Forderung, die Preisverleihung ganz abzusagen, vorläufig auszusetzen oder zu überdenken.

Der Stiftung selber liegen bislang (14.2.2019, 16 Uhr) E-Mails/Schreiben der Vorsitzenden der FDP-Fraktion im Göttinger Stadtrat, Felicitas Oldenburg  und des FDP-Bundestagsabgeordneten Konstantin Kuhle vor, eine gemeinsame Pressemitteilung von Oldenburg und Kuhle sowie ein Schreiben des Vorsitzenden des Zentralrates der Juden,  Josef Schuster an OB Rolf-Georg Köhler.

Oberbürgermeister Köhler hat heute (14.2.) unter Berufung auf ihm vorliegende  „Vorbehalte“ von nicht näher identifizierten „unterschiedlichen Seiten“  in einem Schreiben an die Mitglieder der Stiftung empfohlen „ die Preisverleihung zunächst auszusetzen“. Weiter schreibt der OB, es sei „aus seiner Sicht erforderlich, den Antisemistismusvorwurf (gegen den Preisträger „Jüdische Stimme“ ,AZ) vor allem in Bezug auf Zusammenarbeit mit der BDS-Bewegung eindeutig auszuräumen.“

Ich hoffe, daß meine nachfolgende Stellungnahme dazu beiträgt:

 

In ihrer E-Mail mit dem

Betreff: „Keine Friedenspreis an BDS“ ,

gerichtet an die beiden Kuratoriumsmitglieder der Stiftung, Oberbürgermeister Köhler und  Universitäts-Präsidentin Ulrike Beisiegel sowie an die weiteren vier Mitglieder des Uni-Präsidiums und an den Vertreter der Sparkasse, Rainer Hald   fordert die Vorsitzende der FDP-Fraktion im Göttinger Stadtrat, Felicitas Oldenburg die Absage der Veranstaltung. Oldenburg verweist ausdrücklich auf ihren Sitz im Verwaltungsrat der Sparkasse und droht mit der Einstellung der finanziellen Unterstützug der Stadtsparkasse für die alljährliche Preisverleihung. „Der Preis muss zurückgezogen werden oder Universitätspräsidentin und Stadtoberhaupt aus der Röhl-Stiftung austreten“, fordert Oldenburg.

 Der FDP-Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle schrieb in einem Brief an UNI-Präsidentin Beisiegel und Oberbürgermeister  Köhler  es sei „aus seiner Sicht durchaus vertretbar, von einer Verleihung  des Preises an die Organisation (Jüdische Stimme) Abstand zu nehmen.“ Gemeinsam veröffentlichten  MdB Kuhle und Oldenburg im Namen der  FDP-Ratsfraktion eine Pressemitteilung mit dem Titel "FDP fordert Umdenken beim Göttinger Friedenspreis – Liberale raten Köhler und Beisiegel zur Absage der Verleihung“

Der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster fordert OB Köhler in seinem Schreiben auf, sich von der Preisverleihung an die „Jüdische Stimme“ zu distanzieren „und dafür Sorge zu tragen, dass diese Entscheidung revidiert“ werde.  „Die Auszeichnung einer Initiative, die eine gegen Juden gerichtete Boykott-Initiative unterstützt, ist nicht nur des Göttinger Friedenspreises unwürdig, es ist darüber hinaus ein Schlag ins Gesicht der gesamten jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und Israel“, so Schuster.

 

Ich stelle fest:

 1) Die  Satzung der „Stiftung  Dr. Roland Roehl“ ist im Internet einsehbar ( www.goettinger-friedenspreis.de ).

Ausweislich dieser Satzung ist die Jury allein verantwortlich für die Entscheidung über den jährlichen Preisträger.
Die Entscheidung der Jury ist „unanfechtbar“.

Die Mitglieder von Vorstand, Kuratorium , Beirat oder Organisationskomitee der Stiftung sind nicht verantwortlich für die Auswahl des Preisträgers. Alle Versuche, sie - oder andere Personen- zu einer Revision der Jury-Entscheidung zu bewegen, sind daher zwecklos.

 

2) Die Mitglieder der Jury eint folgende Überzeugung:

a) Als Deutsche tragen wir eine besondere Verantwortung, jeglicher Form von Judenfeindlichkeit/Antisemitismus entschieden entgegen zu treten sowie eine besondere Verantwortung für eine gesicherte und auf Dauer unbedrohte Existenz Israels.

b) Eine gesicherte und auf Dauer unbedrohte Existenz Israels kann und wird es aber nur geben, wenn auch das seit der UNO-Resolution 181 vom November 1947 völkerrechtlich verbriefte Recht der PalästinenserInnen auf staatliche Selbstbestimmung umgesetzt wird, und die universell gültigen Menschenrechte auch für die PalästinenserInnen  Realität werden.

c) Haupthindernis für die unter b) benannten Ziele ist ist die völkerrechts- und menschenrechtswidrige Besatzungs- und Besiedlungspolitik der israelischen Regierung. Diese Politik hat der UNO-Sicherheitsrat 1967 in seiner einstimmig verabschiedeten, völkerrechtlich verbindlichen Resolutionen 242 als völkerrechtswidrig eingestuft und die israelische Regierung zur Beendigung der Besatzung aufgefordert. Diese unverändert gültige Resolution hat der UNO-Sicherheitsrat 197 in seiner Resolution 338 sowie in nachfolgenden Beschlüssen mehrfach bekräftigt und - bis heute vergeblich - zu ihrer Umsetzung aufgerufen.

d) Kritik an der völkerrechts- und menschenrechtswidrigen Besatzungs-und Besiedelungspolitik der israelischen Regierung ist daher nicht nur legitim, sondern ein notwendiger Beitrag zu einer gerechten Friedenslösung, durch die auch die heute noch existierenden Bedrohungen für den Staat Israel und seine Bürgerinnen endlich überwunden werden.

e) Die Jury wendet sich entschieden gegen alle Versuche, legitime Kritik an der völkerrechts- und menschenrechtswidrigen Politik der israelischen Regierung  zu  stigmatisieren und zu diffamieren als „antisemitisch“, „"israelfeindlich“, „Delegitimierung von Israel“ u.ä.  in der Absicht, diese legitime Kritik zu unterbinden.  Diese Versuche sind auch ein Verstoß gegen die durch Artikel 5 Grundgesetz  und Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Freiheit der Meinung sowie von Forschung und Lehre.

 

3) Auf Basis ihrer unter 2 benannten Überzeugungen hat die Jury entschieden,

 den Göttinger Friedenspreis 2019 an die Organisation "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V." zu verleihen …

… für ihr unermüdliches Engagement, eine gerechte Friedenslösung zwischen zwei souveränen Nachbarstaaten, zwischen Israelis und PalästinenserInnen, anstreben und erreichen zu können.“

Weiter heißt es in der Jurybegründung: „Unter der Maßgabe des seit 1947 völkerrechtlich verbriefen Rechts der PalästinenserInnen auf Selbstbestimmung, setzt sich die "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost" für eine ausgleichende Friedenslösung ein, die auch eine Vorbedingung ist für die gesicherte und unbedrohte Existenz Israels. Die "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost" möchte darauf hinwirken, dass die Bundesregierung ihr außenpolitisches und ökonomisches Gewicht in der Europäischen Union, in den Vereinten Nationen sowie in Nahost nachdrücklich und unmissverständlich dafür einsetzt, einen lebensfähigen, souveränen Staat Palästina auf integriertem Hoheitsgebiet und innerhalb sicherer Grenzen zu schaffen und sich damit aktiv an der Verwirklichung eines dauerhaften und für beide Nationen lebensfähigen Friedens zu beteiligen.

Die "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost" wurde im November 2003 von in Deutschland lebenden Juden und Jüdinnen als deutsche Sektion des ein Jahr zuvor in Amsterdam gegründeten Verbands European Jews for a Just Peace (EJJP), ins Leben gerufen. Dieser Verband, 2002 von 18 jüdischen Organisationen aus 9 europäischen Ländern gegründet, hat seinen Sitz heute in London. Außer in Deutschland hat die EJJP Sektionen in Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Niederlande, Österreich, Schweden, Schweiz und Großbritannien.

Die Forderungen der „Amsterdamer Gründungserklärung“ der EJJP von 2002 sind Bestandteil des Selbstverständnisses der Jüdischen Stimme ebenso wie aller anderen EJJP-Sektionen:

. Vollständiger Abzug Israels aus den besetzten Gebieten und der Abbau aller dort befindlichen israelischen Siedlungen.

. Jede Gewalt gegen ZivilistInnen in dem Konflikt, egal von welcher Seite an wem begangen, wird verurteilt.

. Israel wird in den Grenzen von 1967 anerkannt.

. Das Recht der Palästinenser, im Gazastreifen, im Westjordanland und in Ost-Jerusalem einen eigenen

Staat zu gründen, wird anerkannt.

. Das Recht beider Staaten, Jerusalem als ihre Hauptstadt zu haben, wird anerkannt.

Israel wird dazu aufgerufen, seinen Teil an der Lösung des palästinensischen Flüchtlingsproblems beizutragen, und verpflichtet, eine gerechte, faire und praktische Lösung auszuhandeln.“

 

Haben Frau Oldenburg , Herr Kuhle und Herr Schuster diese Begründung zur Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die „Jüdische Stimme“ überhaupt zur Kenntnis genommen? Oder die auf der Webseite der „Jüdischen Stimme“ leicht zugängliche Satzung  dieser Organisation  und die Beschreibung ihrer Ziele gelesen?

Diese  Frage stellt sich angesichts der zahlreichen  Falschbehauptungen , Unterstellungen  und Schmähungen über die „Jüdische Stimme“ und ihren Europäische Dachverband European

Jews for a Just Peace (EJJP),  die Herr Schuster in seinem Schreiben und Frau Oldenburg  in ihrer E-Mail  und in ihrer  gemeinsamen Pressemitteilung  mit MdB Kuhle  verbreiten.  Damit diffamieren  Oldenburg  und Schuster die JüdInnen und Juden in Deutschland und  neun anderen europäischen Staaten, die Mitglieder dieser Organisationen sind. Darunter sind, auch in der deutschen Sektion der „Stimme“, vielen deutsche und israelische Jüdinnen und Juden,deren Vorfahren  von den Nazis ermordet wurden, und die heute betroffen sind von der  Judenfeindlichkeit  und dem Antisemitismus, die sich  in Deutschland und anderen europäischen Staaten wieder stärker, aggressiver und unverhohlener artikulieren.

Nachfolgend von mir unterstrichen die Falschbehauptungen, Unterstellungen  und Schmähungen in

 a) der Mail von Frau Oldenburg:

 Von: felicitas.oldenburg@gmx.de <felicitas.oldenburg@gmx.de>
Gesendet: Montag, 11. Februar 2019 23:30
An: Präsidentin Uni Goettingen <praesidentin@uni-goettingen.de>
Cc: rainer.hald@spk-goettingen.de; oberbuergermeister@goettingen.de
Betreff:  Kein Friedenspreis an BDS

Sehr geehrte Frau Prof. Beisiegel, sehr geehrte Mitglieder des Präsidiums der Göttinger Universität, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Köhler, sehr geehrter Herr Hald, sehr geehrter Herr Horn,

 angesichts der geplanten Preisverleihung am 9.3.2019 an eine BDS-Vereinigung „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ durch die Röhl-Stiftung (Göttinger Friedenspreis) muss ich als Mitglied des Stadtrates Göttingen, Alumna der Universität Göttingen und Mitglied des Verwaltungsrates der Sparkasse dringend dazu auffordern, von der Verleihung des Preises abzusehen und die Preisverleihung nicht durch die Sparkasse, Stadt und Universität zu unterstützen.

 Boykott, Divestment und Sanktionen gegenüber Israel sind eine einseitige, in höchstem Maße friedensfeindliche Bewegung mit mehr als nur antisemitischen Untertönen. Spätestens durch die Dachorganisation EJJP, auf die sich diese als „jüdisch“ unter falscher Flagge (es ist eine völlige Minderheitsmeinung) segelnde Vereinigung stützt und der sie angehört, ist die Sache klar: Man hat es hier mit einer extremen und keinesfalls gerechten Splittergruppe zu tun, der zu Recht in vielen Städten nicht einmal Veranstaltungsräume offenstehen.

Umso mehr verdienen diese Bads-Vertreter keinen Preis einer Universität oder Stadt (Kuratorium der Stiftung), zu der vermutlich das Präsidium der Universität nicht einmal gehört wurde, der Stadtrat jedenfalls nicht. Als Stadtratsmitglied muss ich mich auf das Schärfste gegen die Preisverleihung an egal welche BDS-Organisation verwahren und erwarte dies auch von allen anderen, denn es widerspricht aller menschenrechtlichen Orientierung, der wir uns zutiefst verpflichtet fühlen.

Die Sparkasse kann mit Sicherheit nicht etwas sponsern, das den Prinzipien der Menschenrechte und Völkerverständigung zuwiderläuft und das Existenzrecht Israels verneint. Die weichgewaschenen Bekundungen der konkreten Vereinigung lassen aufgrund der Zugehörigkeit zum BDS insgesamt und mangelnder Distanzierung zu den Leitsätzen des EJJP dennoch keinen anderen Schluss zu.

In einer Universität, die wissenschaftlichen Austausch mit israelischen Instituten boykottieren würde, wie der BDS möchte, in einer Stadt, die, solchen BDS- Irrläufern folgend, Orchester und Künstler aus Israel nicht einladen würde, sähe ich für freien Forschergeist und die Ausbildung der nächsten Generation in Freiheit und Demokratie keine Grundlage.  Bedenken Sie, auf welcher mühsam geschaffenen rechtsstaatlichen Grundlage unsere offene Gesellschaft steht, nach dem Zivilisationsbruch der Nazizeit. Der Aufgabe menschenrechtlichen Engagements läuft eine Israel dämonisierende Pseudofriedensgruppe vollständig zuwider.

Wo, wenn nicht hier wäre denn die Verpflichtung gegen Antisemitismus und Rassismus ernstzunehmen? Nötig ist ein Veto gegen einen Friedenspreis an eine Vereinigung der BDS-Bewegung, die Gerechtigkeit für Israelis und Palästinenser in gleichem Maße nicht einmal erstrebt. Die von den falschen Friedensfreunden vertretene Ansicht kann nur Machtspruch sein, um Radbruchs berühmten Grundsatz abzuwandeln, nie Recht, und gewiss nicht ein Weg zum Frieden. Der Preis muss zurückgezogen werden oder Universitätspräsidentin und Stadtoberhaupt aus der Röhl-Stiftung austreten.

(Radbruch schrieb zu gesetzlichem Unrecht und übergesetzlichem Recht :  „Wo also […] Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, können die so geschaffenen Anordnungen nur Machtsprüche sein, niemals Rechtssätze.“)

Schauen Sie genau hin, was unter dem Firnis angeblicher Friedlichkeit gegen jeden fairen Diskurs vorgehen will und mit kämpferischen Gegnern Israels gemeinsam demonstriert. Wer für Menschenrechte und Verständigung eintritt, und dafür stehe ich ein und erwarte das von Ihnen, muss sich aus meiner Sicht entscheiden und Nein zu BDS sagen.

Als nur eine Stimme von vielen zur Frage, ob es hier „nur israelkritische“ Meinungen seien, oder strukturell antisemitische, ein Zitat des sehr bedachten und zurückhaltenden Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung,  Felix Klein, in der Süddeutschen Zeitung (28.01.2019): „Wer wie BDS das Existenzrecht Israels abstreitet und die israelische Politik mit den Nazis gleichsetzt, der übt keine legitime Kritik an Israel mehr, sondern agiert im Kern antisemitisch.“    Man erinnere sich an die mit vielen bekannten antisemitischen Klischees des kriegslüsternen und mächtigen Juden gezeichnete Karikatur Netanjahus im Kleid der erfolgreichen Eurovisionssängerin aus Israel. Genau diesen Eurovisionscontest möchte BDS boykottieren, da er in Israel stattfinden wird.  Das ist unter dem dünnen Firnis. das ist unter dem falschen Anstrich des geradezu Orwellschen Tarnnamens der BDS-Truppe „Jüdische Stimme“.  Gegen sie sollten Sie genauso aufstehen wie gegen Antisemitismus von Rechtsaußen oder anderen.  Mit freundlichem Gruß

 

b) in der gemeinsamen Pressemitteilung von Frau Oldenburg und Kuhle:

 "FDP fordert Umdenken beim Göttinger Friedenspreis – Liberale raten Köhler und Beisiegel zur Absage der Verleihung

Die Göttinger Ratsfraktion der FDP und der Göttinger FDP-Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle kritisieren die geplante Verleihung des Friedenspreises an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.“.

Felicitas Oldenburg, Fraktionsvorsitzende der Liberalen, macht deutlich: „Die zu prämierende Organisation ist als Schachtelorganisation der BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions) bekannt. Eine Gruppierung, die für uns nicht für Frieden und Völkerverständigung steht, sondern für eine unter Antisemitismusverdacht stehende Bewegung. Zahlreiche Städte verweigern der BDS-Bewegung und ihren zugehörigen Organisationen Veranstaltungsräume – zuletzt etwa München Ende 2018. Dass Göttingen im Gegenzug nun sogar den roten Teppich ausrollt, ist für uns gänzlich unverständlich."

Der Göttinger Bundestagsabgeordnete der FDP, Konstantin Kuhle, hat dazu am Montag gegenüber der Präsidentin der Georg-August-Universität, Prof. Dr. Ulrike Beisiegel und Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler in einem Brief seine Irritation zur Preisverleihung zum Ausdruck gebracht. Beisiegel und Köhler sind beide Mitglieder im Kuratorium der Dr. Roland Röhl Stiftung, die den Friedenspreis verleiht.

Kuhle erklärt: „Ich halte gerade angesichts der Tatsache, dass der Göttinger Friedenspreis in den Räumlichkeiten der Georg-August-Universität verliehen wird, ein erhöhtes Maß an Sensibilität für erforderlich. Zu der breiten Gruppe an Politikwissenschaftlern, die die BDS-Bewegung als klar antisemitisch eingruppieren, gehören auch Göttinger Wissenschaftler. Der ehemalige Göttinger Professor Samuel Salzborn, der als einer der renommiertesten Antisemitismusforscher des Landes gilt, hat in einem Interview Ende 2016 beispielsweise die auffälligen Parallelen in der Kommunikation der BDS-Bewegung und NS-Parolen beschrieben. Ich wünsche mir, dass die Universität unter Berücksichtigung dieser Umstände eine Neubewertung der Verleihung vornimmt.“

Oldenburg ergänzt: „Die ehemalige Alma Mater so vieler jüdischer Wissenschaftlerinnen, wie Dr. Emmy Noether, die nach 1933 aus Göttingen vertrieben wurden, kann keinesfalls Kampagnen mit antisemitischen Untertönen und aktive Gegner von internationaler wissenschaftlicher Kooperation feiern. Als Ratsfraktion bedauern wir die Entscheidung der Jury zum Göttinger Friedenspreis ausdrücklich und fordern der BDS-Bewegung kein Forum in Göttingen zu bieten. Wir erwarten insbesondere von Oberbürgermeister Köhler und Unipräsidentin Beisiegel hier ein klares Bekenntnis zu Rechtsstaatlichkeit und Toleranz. Die Preisverleihung sollte abgesagt werden. “" 

Über eine Stellungnahme Ihrerseits würden wir uns sehr freuen.  Vielen Dank schon einmal im Voraus! Mit freundlichen Grüßen

 

c) in der Pressemeldung über das  Schreiben von Zentralratspräsident Schuster an OB Köhler:
Antisemitismus-Vorwürfe: Zentralrat der Juden protestiert gegen Verleihung des Göttinger Friedenspreises an jüdischen Verein

Der Zentralrat der Juden in Deutschland protestiert gegen die Verleihung des Göttinger Friedenspreises 2019 an den Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“. „Der Verein ist ein aktiver Unterstützer von Veranstaltungen der gegen Israel gerichteten Boykottbewegung BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen)“, begründet Zentralrats-Präsident Josef Schuster seinen Vorstoß in einem Brief an Göttingens Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD).  „Ich muss sicher nicht erläutern, welche historischen Vorläufer Boykotte gegen jüdische Einrichtungen oder Juden in Deutschland haben und welche Assoziationen mit derartigen Aktionen erzeugt werden.“

Der Präsident des Zentralrats der deutschen Juden wirft der BDS-Kampagne vor, zum Boykott israelischer Künstler, Wissenschaftler oder Unternehmer aufzurufen. „Sie ist damit keine Bewegung, deren Kritik sich an der Politik der israelischen Regierung entzündet“, schreibt Josef Schuster. „Die Boykotte richten sich vielmehr gegen alle in Israel lebenden Menschen.“ Die Stoßrichtung der BDS-Bewegung sei „unzweifelhaft antisemitisch“.

Schuster erwartet von einem „Oberbürgermeister einer mittelgroßen deutschen Stadt ein entschlossenes Vorgehen gegen jeden Antisemitismus“. Er fordert Köhler auf, sich von der Preisverleihung an den Verein zu distanzieren „und dafür Sorge zu tragen, dass diese Entscheidung revidiert“ werde.  „Die Auszeichnung einer Initiative, die eine gegen Juden gerichtete Boykott-Initiative unterstützt, ist nicht nur des Göttinger Friedenspreises unwürdig, es ist darüber hinaus ein Schlag ins Gesicht der gesamten jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und Israel“, so Schuster.

 

Frau Oldenburg schreibt in Ihrer Mail:

 „Man erinnere sich an die mit vielen bekannten antisemitischen Klischees des kriegslüsternen und mächtigen Juden gezeichnete Karikatur Netanjahus im Kleid der erfolgreichen Eurovisionssängerin aus Israel“

Mit diesem Satz bringt Frau Oldenburg die „Jüdische Stimme"in Verbindung mit  einer Karikatur in der  Süddeutschen Zeitung, deren Zeichner wegen dieser Karikatur von der Zeitung entlassen wurde. Das ist suggestiver Rufmord. Die „Jüdische Stimme“ hat mit dieser Karikatur nicht das Geringste zu tun. Sie hat diese Karikatur auf ihrer Facebook-Seite und in anderen Verlautbarungen scharf kritisiert.

 

Suggestiver Rufmord ist auch dieser Satz im Schreiben von Herrn Schuster:

 „Ich muss sicher nicht erläutern, welche historischen Vorläufer Boykotte gegen jüdische Einrichtungen oder Juden in Deutschland haben und welche Assoziationen mit derartigen Aktionen erzeugt werden.“

Der  Boykottaufruf von BDS richtet sich ausweislich aller hierzu vorliegenden Erklärungen und Dokumente nicht gegen „jüdische Einrichtungen und juden in Deutschland“ ,sondern ausschließlich gegen die völkerrechts- und menschenrechtswidrige Besatzungspolitik der israelischen Regierung.

Mit einer Ausnahme waren alle Initiativen für Boykotte  seit der Kampagne der Quäker in den USA  Mitte des 18. Jahrhunderts gegen den Kauf von durch Sklaven hergestellten Produkten und seit diese Handlungsform  1880 ihren heutigen Namen erhielt durch die gewaltfreien Widerstandsmassnahmen irischer Landarbeiter gegen den englischen Gundstücksverwalter Charles Cunningham Boycott, darauf ausgerichtet,  Sklaverei, Unrecht, koloniale Unterdrückung, Ausbeutung, sowie  rassistische und andere Formen der Diskriminierung zu überwinden.

Einen der erfolgreichsten Boykotte der Geschichte initiierte die jüdische Anti-Defamation League in den USA ab 1927 gegen die Ford Motor Company, weil deren Besitzer Henry Ford die wöchentliche Zeitung The Dearborn Independent finanzierte und über Ford-Vertragshändler landesweit in hoher Auflage vertrieb. Das Blatt hatte ab 1920 regelmäßig antisemitische Hetzartikel verbreitet, die als Broschüre „Der internationale Jude“ auch ihren Weg nach Deutschland fanden. Am Boykott beteiligten sich nicht nur jüdische, liberale christliche und konfessionslose Konsumenten, sondern auch Ladeninhaber, die sich weigerten, Waren aus Ford-Lieferwagen entgegenzunehmen. Angesichts massiver Umsatzeinbußen leistete Henry Ford  1929 Abbitte und entschuldigte sich öffentlich.

Die einzige Ausnahme , bei der ein Boykottaufruf nicht auf die Überwindung von Unrecht zielte, sondern zur Diskrimierung und wirtschaftlichen Schädigung einer schwachen, völlig unschuldigen Minderheit diente, war der Aufruf der Nazis „Kauft nicht bei Juden“ ab 1938. Dieser Aufruf war der Beginn der Entwicklung, die nach Auschwitz führte. Es ist infam, diesen Aufruf mit Boykottaufrufen gleichzusetzen, die auf die Überwindung der völkerrechts- und menschenrechtswidrigen Politik einer Regierung abzielt. Wer diesen infamen Vergleich zieht oder- wie  Zentralratspräsident Schuster in seinem Brief - auch nur nahelegt, verharmlost den Holocaust und verhöhnt seine Opfer.

 

Die Behauptung von Frau Oldenburg,  die „Jüdische Stimme“ sei eine „Schachtelorganisation der BDS-Bewegung“ und auch alle anderen Formulierungen, in denen sie die „Jüdische Stimme“ zu einer „BDS-Organisation „, „BDS-Truppe“ u.ä. stempelt , sind aus zwei Gründen völlig unsinnig:
 

1) BDS ist keine Organisation/Institution/Verein/Verband o.ä., bei der eine andere Organisation (oder auch eine Privatperson) Mitglied werden könnte. BDS ist ein 2005 ergangener Aufruf von 170 Organisationen der palästinensischen Zivilgesellschaft mit drei politischen Zielsetzungen sowie einem Handlungsvorschlag zu Boykott, Disinvestment und Sanktionen. Für diesen Aufruf gibt es inzwischen weltweit zahlreiche Unterstützer und Unterstützergruppen, die sich sämtlich zu den drei politischen Zielsetzungen bekennen  und den Handlungsvorschlag  ganz,  teilweise oder gar nicht übernommen haben Aber auch weiterhin gibt eine keinerlei Organisationstruktur mit Mitgliedschaften.
 

2) Der Europäische Dachverband der „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ wurde bereits im Jahr 2002 gegründet, die deutsche Sektion 2003 - also drei beziehungsweise zwei Jahre bevor der BDS-Aufruf erfolgte und mit den oben erklärten Grundpositionen und Zielsetzungen.

An diesen vor 16 Jahren  völlig unabhängig vom späteren BDS-Aufruf formulierten Grundpositionen und Zielsetzungen der „Jüdischen Stimme“ hat sich auch die Jury orientiert bei ihre Entscheidung für die Preisvergabe. 

Daß die „Stimme“ inzwischen ihre Unterstützung für BDS erklärt hat, spielte für diese Entscheidung der Jury keine Rolle.

 

 

Zu den Gründen sowie zu den Behauptungen von Frau Oldenburg hat die Vorsitzende der „Jüdischen Stimme“, Iris Hefets auf Nachfrage der Jury Folgendes geschrieben:

„Wir solidarisieren uns mit dem BDS-Aufruf, weil er auf dem Völkerrecht  und den universellen Menschenrechten basiert. Die drei politischen Zielsetzungen des Aufrufes decken sich mit unseren Grundpositionen und Zielsetzungen. Wir haben uns zur Unterstützung von BDS entschlossen, weil viele von uns Israelis sind, die im Rahmen der zweiten Intifada in Städten voller Terror lebten. Und wir begrüßen die mit dem BDS-Aufruf eingeleitete  Wende im palästinensischen Befreiungskampf , weil wir  einen gewaltfreien Widerstand wollen. Die Behauptung von Frau Oldenburg, die als Deutsche im friedlichen Göttingen lebt,  wir würden Israel dämonisieren (wo hat sie das gesehen?) und nicht ein friedliches Leben für unserer Familien und Freunde in Israel wünschen, ist eine Unterstellung, die uns dämonisiert. Denkt Frau Oldenburg wirklich, dass wir unsere Kinder weniger lieben? Wir haben auch Kinder dort und wir haben Mitglieder in der „Jüdischen Stimme“, die ein Elternteil in einem Attentat verloren haben.“

 Auch mit Blick auf die Handlungsvorschläge von BDS verbreitet Frau Oldenburg Falsches  („... in einer Stadt, die, solchen BDS- Irrläufern folgend, Orchester und Künstler aus Israel nicht einladen würde“),  Einen pauschalen Aufruf zum Boykott von israelischen Künstlern oder Wissenschaftlern sehen die BDS-Richtlinien ausdrücklich nicht vor. Das würde die „Jüdische Stimme“  nach eigener Bekundung auch nicht unterstützen. Sie hat bereits angeboten, das Preisgeld von Euro 3.000 zur Verfügung zu stellen für die Einladung an KünstlerInnen oder WissenschaftlerInnen aus Israel nach Göttingen.

Unter der Überschrift „ Der Einsatz für Menschenrechte ist nicht antisemitisch“ haben am 18. Januar  mehr als 90 namhafte jüdische Wissenschaftler und Intellektuelle, Deutschland, Israel und anderen Ländern in einem gemeinsamen Offenen Brief  die Angriffe gegen die „Jüdische Stimme“, sie sei „antisemitisch“, zurückgewiesen. Darunter sind auch erklärte Gegner und Kritiker von BDS wie Professor Micha Brumlik (Aufruf im Anhang).

Es gab auch keine Diskussion in der Jury über BDS und gibt daher bislang auch keine Position der Jury zu BDS. Ich kann hier daher nur meine persönliche Haltung zu BDS und zur Unterstützung von BDS durch die Jüdische Stimme darlegen:

Ich unterstütze BDS nicht, weil ich Kritik an Formulierungen der drei politischen Ziele des Gründungsaufrufes von 2005 habe sowie an einigen der Handlungsvorschlägen. Meine Position habe ich öffentlich und bestens dokumentiert in meiner Rede an der Universität München vom 7.11.2018 dargelegt.

Aber ich halte den weiterbreiteten pauschale Behauptung „BDS ist antisemitisch“ für falsch. Für diese Behauptung liegt bis heute kein belastbarer wissenschaftlicher Beweis vor. Diesen Beweis hat auch der ehemalige Göttinger Professor Samuel Salzborn, den MdB Kule  als „einen der renommiertesten Antisemitismusforscher des Landes“ preist, bis heute nicht erbracht. Weder in dem von Kuhle angeführten Interview von 2016 noch in anderen Verlautbarungen und Veröffentlichungen.

Die pauschale Behauptung „BDS ist  antisemitisch“ oder habe  eine „unzweifelhaft antisemitische Stossrichtung“ (Schuster), wird auch dadurch. daß sie vom Antismemitismus-Beauftragten der Bundesregierung, Fritz Klein oder vom Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland ständig und ohne jede Beweisvorlage wiederholt wird, keinen Deut richtiger.

Richtig ist allerdings, daß es unter den vielen tausend Einzelpersonen und Gruppen, die BDS seit dem 2005 ergangenen Aufruf unterstützen, auch Antisemiten sind, die in ihrer Befürwortung von BDS auch öffentlich antisemitisch argumentieren, antisemitische Symbole und Stereotype benutzen, etc. Das rechtfertigt aber keineswegs die pauschale Behauptung, „BDS ist antisemitisch“.

Völlig unabhängig davon, ob man die Ziele von BDS ganz oder teilweise ablehnt oder unterstützt:  auch der Aufruf zu BDS fällt unter die von Artikel 5 des Grundgesetzes und Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Freiheit der Meinung.

 

Die "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost" möchte darauf hinwirken, dass die Bundesregierung ihr außenpolitisches und ökonomisches Gewicht in der Europäischen Union, in den Vereinten Nationen sowie in Nahost nachdrücklich und unmissverständlich dafür einsetzt, einen lebensfähigen, souveränen Staat Palästina auf integriertem Hoheitsgebiet und innerhalb sicherer Grenzen zu schaffen und sich damit aktiv an der Verwirklichung eines dauerhaften und für beide Nationen lebensfähigen Friedens zu beteiligen.

Die "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost" wurde im November 2003 von in Deutschland lebenden Juden und Jüdinnen als deutsche Sektion des ein Jahr zuvor in Amsterdam gegründeten Verbands European Jews for a Just Peace (EJJP), ins Leben gerufen. Dieser Verband, 2002 von 18 jüdischen Organisationen aus 9 europäischen Ländern gegründet, hat seinen Sitz heute in London. Außer in Deutschland hat die EJJP Sektionen in Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Niederlande, Österreich, Schweden, Schweiz und Großbritannien.

 

Die Forderungen der „Amsterdamer Gründungserklärung“ der EJJP von 2002 sind Bestandteil des Selbstverständnisses der Jüdischen Stimme ebenso wie aller anderen EJJP-Sektionen:

. Vollständiger Abzug Israels aus den besetzten Gebieten und der Abbau aller dort befindlichen israelischen Siedlungen.

. Jede Gewalt gegen ZivilistInnen in dem Konflikt, egal von welcher Seite an wem begangen, wird verurteilt.

. Israel wird in den Grenzen von 1967 anerkannt.

. Das Recht der Palästinenser, im Gazastreifen, im Westjordanland und in Ost-Jerusalem einen eigenen Staat zu    gründen, wird anerkannt.

. Das Recht beider Staaten, Jerusalem als ihre Hauptstadt zu haben, wird anerkannt.

. Israel wird dazu aufgerufen, seinen Teil an der Lösung des palästinensischen Flüchtlingsproblems beizutragen, und verpflichtet, eine gerechte, faire und praktische Lösung auszuhandeln.

 

 

Widerruf von Bärbel Illi 

 

Betreff: AW: Ihre heutige Mail "Nakba-Ausstellung stoppen" - Datum: Fri, 1 Feb 2019 10:00:26 +0100 - Von: Bärbel Illi <baerbel.illi@t-online.de>- An: 'Andreas Zumach'

Sehr geehrter Herr Zumach,

ich widerrufe die von Ihnen in Ihrer Mail unten in den Punkten 1 bis 4 angesprochenen Aussagen von mir.
Ich verpflichte mich, sie zu unterlassen.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung verpflichte ich mich zu einer Vertragsstrafe von 200 €.

Mit freundlichen Grüßen Bärbel Illi
Deutsch-Israelische Gesellschaft Region Stuttgart e.V. - c/o Bärbel Illi, Keplerstr. 34, 73760 Ostfildern - Tel.: 0711-4411138 - mobil: 0151 14943690 - www.dig-stuttgart.net - https://de-de.facebook.com/DIGStuttgart

 

 

 


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Andreas Zumach [mailto:zumach@taz.de]
Gesendet: Donnerstag, 31. Januar 2019 18:48
An: baerbel.illi@t-online.de; finanzdezernat@reutlingen.de; verwaltungsdezernat@reutlingen.de; Michael.Blume@stm.bwl.de; Ulrich Bausch <ubausch@vhsrt.de>


Betreff: Ihre heutige Mail "Nakba-Ausstellung stoppen"

Sehr geehrte Frau Illi, in einer heute um 10.49h versandten Mail

An die Stadt Reutlingen Herrn Bürgermeister Alexander Kreher Rathaus, Marktplatz 22 - 72764 Reutlingen

In Kopie an
Herrn Bürgermeister Robert Hahn
Herrn Dr. Ulrich Bausch, Geschäftsführer vhs Reutlingen
Dr. Michael Blume, Beauftragter der Landesregierung BW gegen Antisemitismus

stellen Sie die folgenden Behauptungen auf über meine Person und meine Rede an der LMU-München vom 7.11.2018:

1) Sie behaupten: "Zumach ist ein antiisraelisch agierender Referent"


Diese Behauptung ist falsch.


Richtig ist: Ich habe noch nie antiisraelisch agitiert und werde das auch künftig nicht tun.
Seit meiner Freiwilligenzeit 1973-1975 mit der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste (über deren Engagement in Israel seit 1962 sowie für Holocaust-Überlebende in vielen Ländern Europas und den USA Sie ja sicher informiert sind, und deren hauptamtlicher Mitarbeiter ich von 1981 bis 1988 war) engagiere ich mich in Wahrnehmung meiner besonderen historischen Verantwortung als Deutscher für die gesicherte und dauerhaft unbedrohte Existenz des Staates Israel und gegen jegliche Form von Judenfeindlichkeit. Die Wahrnehmung dieser besonderen Verantwortung schließt allerdings Kritik an der völkerrechtswidrigen Besatzungspolitk der israelischen Regierung nicht aus, sondern macht sie sogar notwendig.Denn eine gesicherte und dauerhaft unbedrohte Existenz des Staates Israel kann und wird es nach meiner Überzeugung erst geben, wenn auch das seit der UNO-Resolution 181 von 1947 völkerrechtlich verbriefte Recht der PalästinenserInnen auf staatliche Selbstbestimmung umgesetzt ist und die universell gültigen Menschenrechte auch für die PalästinenserInnen Wirklichkeit geworden sind.

(Anmerkung: Die völkerrechtswidrige Besatzung,die Sie in Ihrer Mail zu einer Behauptung meinerseits abzuwerten versuchen und mit einem Fragezeichen versehen, ist eine Tatsache, die der UNO-Sicherheitsrat nach dem Krieg von 1967 in seinen beiden einstimmig verabschiedeten Resolutionen 242 und 338 festgestellt hat - völkerrechtlich verbindlich und bis heute uneingeschränkt gültig.)

2) Sie behaupten über meine Rede an der LMU in München vom 7.11.2019:
"Darin tischt Zumach wieder die Fremdkörper-Legende auf. 'Die Menschen arabischer Herkunft haben vorher in diesem Gebiet gelebt."

Diese Behauptung ist falsch.

Richtig ist


a) Ich habe keine Fremdkörper-Legende aufgetischt. Weder von Juden, Israelis, Arabern, Palästinensern, Muslimen oder von irgendeiner anderen ethnisch, religös, national, rassisch oder sonstwie definierbaren Gruppe habe ich behauptet, sie seien Fremde auf dem Territorium, das bis November 1947 das britische Mandatsgebiet Palästina war, gehörten nicht dorthin o.Ä.

b)Den Satz "Die Menschen arabischer Herkunft haben vorher in diesem Land gelebt" habe ich (völlig unabhängig davon,ob er richtig ist oder
nicht) in der Rede an der LMU nicht gesagt (ausweislich des vollständigen Videomitschnitts dieser Veranstaltung: https://www.youtube.com/watch?v=oTMKToXZr60)

3)Sie behaupten: "Daß die deutsche Politik erfreulicherweise seit geraumer Zeit auch in einigen Punkten gegen den israelbezogenen Antisemitismus vorgeht, kommentiert Andreas Zumach abfällig, indem er von `einigen Beauftragten gegen Antisemitismus von diversen Bundesländern als Mitläufer` einer kampagne der israelischen Regierung spricht."


Diese Behauptung ist falsch.

Richtig ist: ich habe das Vorgehen der deutschen Politik gegen israelbezogenen Antisemitismus nicht abfällig kommentiert. Ich habe das Vorgehen überhaupt nicht kommentiert.
Völlig unabhängig vom Stichwort "israelbezogener Antisemitismus" habe ich bei meiner mit zahlreichen Beispielen belegten Beschreibung der in Deutschland laufenden Kampagne, legitime Kritik an der israelischen Regierungspolitik als antisemitisch zu diffamieren und zu unterbinden, auch diverse Akteure dieser Kampagne benannt und gesagt: "Zu dieser Kampagne gehören zumindest als Mitläufer inzwischen auch einige der von diversen Bundesländern ernannten Beauftragten gegen Antisemitismus."

4)Sie behaupten ich hätte gesagt ,die Arbeitsdefinition Antisemitismus (IHRA – International Holocaust Remembrance Alliance), die sich die Bundesregierung am 20.9.17 zu Eigen gemacht hat, und auf die sich der Bundestag in ihrer ganzen Länge von zwei Seiten beruft (siehe Anhang), sei "nicht rechtsgültig".
Diese Ihre Behauptung ist zunächst richtig. Das habe ich gesagt. Und es trifft zu. Denn diese Arbeitsdefintion hat auch durch die von Ihnen beschriebenen Handlungen der Bundesregierung und des Bundestages keinerlei Rechtskraft, Gesetzeskraft o.Ä. erhalten. Sie ist durch diese Handlungen der Bundesregierung und des Bundestages weder rechtsgültig noch für irgendjemanden in Deutschland rechtsverbindlich geworden. Rechtsgültige und rechtsverbindliche Grundlagen zum Thema sind das deutsche Grundgesetz, die Europäische Menschenrechtskonvention und die Antirassimuskonvention der UNO.

Sie behaupten dann weiter: Zumach möchte nicht, dass die folgenden Beispiele der Arbeitsdefinition der Bundesregierung als antisemitisch benannt werden.


a) Das Aberkennen des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen.

b) Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet oder gefordert wird.

c) Das Verwenden von Symbolen und Bildern, die mit traditionellem Antisemitismus in Verbindung stehen (z.B. der Vorwurf des Christusmordes oder die Ritualmordlegende), um Israel oder die Israelis zu beschreiben.

d) Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik der Nationalsozialisten.

e)Das kollektive Verantwortlichmachen von Juden für Handlungen des Staates Israel.“


Diese Ihre Behauptung ist falsch.


Richtig ist:
ich habe mich in meiner Rede an der LMU in München überhaupt nicht dazu geäußert, ob diese Beispiele als antisemitisch benannt werden sollen oder nicht. Ich habe lediglich die Entstehungsgeschichte der Arbeitsdefinition geschildert und auf die bestens Tatsache hingewiesen, daß diese Beispiele nie von der IHRA beschlossen wurde.

(Ich füge hier gerne hinzu: ich bin ausdrücklich dafür, daß die Verhaltensweisen in den von Ihnen aufgeführten Beispielen als judenfeindlich/antisemitisch bzw. als anti-israelisch eingestuft und politisch bekämpft werden. Ich wende mich allerdings entschieden dagegen, daß unter dem Vorwand, Antisemitismus (egal ob israelbezogen oder nicht) zu bekämpfen, versucht wird, legitime Kritik an israelischer Regierungspolitik als antisemitisch/antiisraelisch zu diffamieren und zu unterbinden. Dafür hat die von Ihnen geführte DIG Region Stuttgart e.V. und haben Sie persönlich, Fau Illi, in der Vergangenheit leider schon viele sehr üble Beispiele geliefert.)

 

 

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