
16.6.2012 -
Stellungnahme zur Erklärung des
Kölner Arbeitskreises
Israel-Palästina zur Ausstellung
„Die Nakba – Flucht und Vertreibung
der Palästinenser 1948“ im
Allerweltshaus in Köln.
- Ingrid Rumpf, verantwortlich für
Inhalt und Konzeption der
Ausstellung, Juni 2012 - Der Kölner
Arbeitskreis Israel-Palästina setzt
sich nach eigenen Angaben in seiner
„praktischen Arbeit“ für „eine
Verständigung und Zusammenarbeit
zwischen Deutschen, Israelis und
Palästinensern sowie eine
friedliche, gerechte Lösung des
Nahostkonflikts“ und „in
unterschiedlichen Aktionsformen für
einen offenen Dialog, das Gespräch
mit anderen“ ein und „erteilt
Rechtsextremismus, Rassismus und
Antisemitismus ein klare Absage“.
Diese Absicht ist absolut zu
begrüßen und darin sehe auch ich
meine Aufgabe. Die Tatsache
allerdings, dass der AK aus Anlass
der Nakba-Ausstellung in Köln
gegründet wurde und seine
Gründungsverantwortlichen es sich
als erstes zur Aufgabe gemacht
haben, diese Ausstellung zu
verhindern oder doch jedenfalls zu
diskreditieren, lässt Zweifel an der
Ehrlichkeit des Vorhabens aufkommen,
zumindest was den Einsatz des AK für
einen offenen Dialog und das
Gespräch mit anderen betrifft.
In seiner Erklärung zur
Nakba-Ausstellung betont der AK
zwar, dass „das allzu oft vergessene
Leiden“ bzw. „das Schicksal der
palästinensischen Bevölkerung
1947/1948 weder beschönigt,
ausgeblendet noch verschwiegen“
darf, er wirft aber der Ausstellung
vor, dies nicht in angemessener
Weise zu tun und er unterstellt in
vager Weise einen inhaltlichen
Zusammenhang mit „antisemitischen
Stereotypen“, ein tatsächlich
unerträglicher Vorwurf. Wenn es denn
zwei konträre Narrative der
Entstehungsgeschichte des
Nahostkonflikts gibt, wie es der AK
selbst bekräftigt, dann ist es
legitim, beide Narrative, also
sowohl das israelische als auch das
palästinensische öffentlich
darzustellen, das palästinensische
Narrativ insbesondere auch deshalb,
weil es „die allzu oft vergessenen
Leiden der palästinensischen
Flüchtlinge“ bewusst macht.
Das aber will der AK gerade nicht
zulassen. Er will zwar das
Flüchtlingsleid der Palästinenser
thematisiert sehen, aber
offensichtlich nur solange, wie die
Verantwortung für dieses Leid
zumindest überwiegend der
palästinensischen bzw. der
arabischen Seite zugewiesen wird.
Deshalb kritisiert der AK
insbesondere das Fehlen von
Hinweisen auf Fakten, die aus seiner
Sicht zentral und wahr sind. So den
Hinweis auf
1. die „Verstrickung
palästinensischer Führer mit dem
Nazi-Regime in Deutschland“
(Anmerkung dazu: Obwohl es sich hier
im wesentlichem um einen Führer,
nämlich um Hadj Amin Al-Husseini,
den ehemals von der britischen
Mandatsmacht eingesetzten Mufti von
Jerusalem, handelt, wird großzügig
im Plural gesprochen. Die fraglos
zweifelhafte Politik Al-Husseinis im
nationalsozialistischen Deutschland
war, und das allein ist für die
Ausstellung entscheidend, ohne
nennenswerten Einfluss auf den
Verlauf der Nakba.
Das wird schon daran deutlich, dass
sich während der militärischen
Auseinandersetzungen um 1948 nur
2000-3000 palästinensische
Freiwillige dem Kommando
Al-Husseinis unterstellten, maximal
also 0,25% der palästinensischen
Bevölkerung.)
2. den „massiven und
lebensbedrohlichen Antisemitismus in
vielen arabischen Ländern, der
insbesondere nach 1948 zu einer
gewalttätigen Vertreibung
hunderttausender Juden aus ihren
angestammten Heimatorten führte“
(Anmerkung dazu: Dass auf den Juden
in den arabischen Ländern nach 1948
ein großer politischer Druck
lastete, der auch zu ihrer
Auswanderung bzw. Flucht nach Israel
führte, ist keine Frage und wird
auch in der Ausstellung
dokumentiert. Der Zionismus, die
daraus folgende israelische
Staatsgründung gegen den erklärten
Willen der einheimischen
palästinensischen Bevölkerung und
die Vertreibung Hunderttausender
Palästinenser waren aber dafür erst
die Ursache, der politische Druck
auf die jüdische Bevölkerung war die
Folge (Leseempfehlung: John Rose
„Mythen des Zionismus“,
Rotpunktverlag).
Die Einwanderung aus den arabischen
Ländern nach Israel wurde im übrigen
von den israelischen Regierungen
nach Kräften gefördert. So ließen
sich im Irak ab März 1950
Zehntausende Juden zur Auswanderung
registrieren. Eine Luftbrücke
brachte sie nach Israel. Anders als
bei den palästinensischen
Flüchtlingen gibt es deshalb auch
keine Forderungen der jüdischen
Einwanderer nach Rückkehr in die
arabischen Länder. Mir sind auch
keine UN-Resolutionen bekannt, die
sich mit der Problematik befasst
haben, die z.B. die arabischen
Regierungen aufforderten, die Juden
in ihren Ländern zu schützen und
belassen.
Es ist deshalb äußerst fragwürdig,
die kritische Situation der Juden in
den arabischen Ländern nach 1948
ausschließlich auf den Aspekt einer
aggressiven antisemitischen Haltung
der arabischen Bevölkerung und ihrer
Führer ist zu reduzieren. Damit wird
einseitig das israelische Narrativ
übernommen.)
3. und die „kritische
Auseinandersetzung mit der
Behandlung der palästinensischen
Flüchtlinge durch die umliegenden
Staaten bis heute“ und auf
„palästinensischen Terrorismus,
arabische Vernichtungsdrohungen und
iranische Endlösungsrethorik“.
(Anmerkung dazu: Ein unstrittig auch
in den arabischen Ländern
vorhandener Antisemitismus soll hier
nicht geleugnet werden. Doch diese
überzogene Kritik speist sich aus
der Wahrnehmung des Nahostkonflikts
ausschließlich aus israelischer
Sicht, nämlich bis heute von einer
„Endlösung“ und von Vernichtung
durch die Nachbarstaaten bedroht zu
sein. Die Betonung dieses angeblich
lebensbedrohenden Antisemitismus in
den arabischen Staaten und die
Beschwörung eines drohenden
Holocaust scheinen mir immer mehr
ein Mittel zu sein, die
Vernichtungsmaschinerie des
deutschen Nationalsozialismus
relativieren und damit verharmlosen
zu wollen.)
An den Vorwürfen des Kölner
Arbeitskreises Israel-Palästina
offenbart sich, dass der AK eben
nicht in der Lage bzw. willens ist,
das palästinensische Narrativ
gleichberechtigt neben das
israelische zu stellen, sondern dass
er einseitig das israelische
Narrativ favorisiert. Der AK erhebt
zwar den Anspruch, einen offenen und
ausgewogenen Dialog zwischen beiden
Seiten führen zu wollen, hat aber
bezeichnenderweise keinen einzigen
Vertreter der palästinensischen
Seite bei seiner Erklärung zur
Nakba-Ausstellung hinzugezogen. Das
müsste den Unterzeichnern eigentlich
sehr zu denken geben. Es ist gerade
diese Selbstverständlichkeit und
Unreflektiertheit, mit der die
israelische Sichtweise als die
eigentlich „richtige“ und „wahre“
übernommen wird, der die
Nakba-Ausstellung entgegentreten und
die sie aufbrechen möchte.
Fotogalerien -
Ausstellung „Die Nakba – Flucht und
Vertreibung der Palästinenser 1948“
in Köln -
Kampf der Opfer gegen die Tätersicht
-
Anneliese
Fikentscher und Andreas Neumann -
Es gibt Täter, und es gibt Opfer –
in verschiedenen historischen
Zusammenhängen. Das Gedenken an die
Opfer des Nationalsozialismus ist
für uns alle eine
selbstverständliche Notwendigkeit.
Auch beispielsweise das Gedenken an
die Opfer der Anschläge vom 11.
September 2001 ist fast zur
Normalität geworden. Ganz anders ist
das bei den Opfern der Nakba, des
Verbrechens, das 1948/49 an der
palästinensischen Bevölkerung
begangen wurde. Jedes Mal, wenn das
Aufklärungsprojekt über die Nakba in
einer Stadt gezeigt werden soll,
gibt es Versuche, dies zu behindern
oder gar zu verhindern, so auch in
Köln, wo die Ausstellung am 11. Juni
eröffnet wurde und noch bis zum 24.
Juni zu sehen ist. >>>
Pressemitteilung:
15.06.2012 - Palästinensische
Diplomatische Mission in der
Bundesrepublik Deutschland -
Schicksal der
palästinensischen Flüchtlinge darf
nicht infrage gestellt werden
- Zu der Abwehrhaltung und
anhaltenden massiven Kritik
gegenüber der von dem Verein
„Flüchtlingskinder im Libanon e.V.“
organisierten Wanderausstellung
„Nakba - Flucht und Vertreibung der
Palästinenser 1948“, erklärt
Botschafter Salah Abdel Shafi. -
„Dass in Deutschland die Darstellung
der Vertreibung der
palästinensischen Bevölkerung aus
ihrer historischen Heimat erhebliche
Widerstände und massive Kritiken
hervorruft, ist mir vollkommen
unverständlich.
Wissenschaftlich fundierte Zahlen
und Belege von israelischen,
palästinensischen, deutschen und
weiteren internationalen Historikern
beweisen, dass sowohl vor als auch
nach der israelischen Staatsgründung
über 750.000 Palästinenser gewaltsam
aus ihrer historischen Heimat
vertrieben, ihre Häuser zerstört und
sie ihrem Eigentum beraubt wurden.
Millionen palästinensische
Flüchtlinge sind bis heute Zeugen
dieser Vertreibung.
Die Intention der Ausstellung ist
es, das Schicksal der
palästinensischen Flüchtlinge ins
Bewusstsein der deutschen
Öffentlichkeit zu bringen. Erstmalig
kommen hier die Flüchtlinge zu Wort.
Sie erzählen von ihren erfahrenen
Schicksalen und von ihren
Erinnerungen. Es wird die
palästinensische Perspektive
aufgezeigt, ohne dabei die
Geschichte zu verfälschen oder zu
verzerren.
Die Geschichte des Anderen in die
Darstellung der eigenen
Erinnerungskultur einzuarbeiten, ist
nicht Aufgabe dieser Ausstellung.
Wer allerdings dazu auffordert, die
palästinensische Geschichte in die
Geschichte des Anderen zu
integrieren oder gar anzugleichen,
fordert auch dazu auf, die
palästinensische Geschichte infrage
zu stellen und sogar für unwahr zu
erklären.
Mit dieser Abwehrhaltung gegenüber
dem andauernden Leid der
palästinensischen Flüchtlinge, ist
keine Verständigung zu machen. Erst
wenn das Schicksal und die
Erinnerungskultur der
palästinensischen Flüchtlinge
aufrichtig akzeptiert und
respektiert wird, kann eine wahre
Verständigung erfolgen.“Quelle
Botschafter Palästinas besucht
die Nakba-Ausstellung in Köln
- Am
Dienstag, den 19. Juni, vormittags
gegen 10:00 Uhr wird Botschafter
Salah Abdel Shafi, der Leiter der
Diplomatischen Mission Palästinas in
Deutschland, die Nakba-Ausstellung
im Allerweltshaus Köln-Ehrenfeld
besuchen.
Die Ausstellung mit
dem Untertitel „Flucht und
Vertreibung der Palästinenser 1948“
zeigt historisch belegte Dokumente
und Bilder zu den Vorgängen vor,
während und nach der Staatsgründung
Israels, die von den Betroffenen als
„Nakba“ – arabisch für Katastrophe
bezeichnet werden. Sie machten eine
dreiviertel Million alteingesessener
Palästinenser zu Flüchtlingen und
Heimatvertriebenen, deren
Rechtlosigkeit bis heute andauert.
Diese hierzulande
weitgehend unbekannten
geschichtlichen Fakten will die
Ausstellung ins Bewusstsein heben.
Die Veranstalter, FrauenWegeNahost,
sehen ihr Anliegen, zu einer
ausgewogenen Wahrnehmung des
Nahostproblems beizutragen, durch
den Besuch des palästinensischen
Botschafters gewürdigt und
unterstützt.
Die Ausstellung, die
am vergangenen Montag mit über
hundert Teilnehmern eröffnet wurde,
zieht täglich zahlreiche
interessierte Besucher an. Die
nächste Veranstaltung des
Begleitprogramms findet am Freitag,
den 22. Juni, um 18:30 Uhr in der
Kartäuserkirche statt. Dabei werden
palästinensische und israelische
Historiker gemeinsam Initiativen und
Projekte mit dem Ziel vorstellen,
die geschichtlich bedingten
traumatischen Erfahrungen beider
Seiten zu erkennen und zu
bearbeiten. Am Sonntag, den 24.
Juni, endet die Ausstellung mit
einem Mittagsgespräch im
Allerweltshaus. Zwei prominente
Kölner Bürger diskutieren mit
Vertreterinnen von FrauenWegeNahost
und ziehen Bilanz.
Ulrike Vestring,
FrauenWegeNahost
Nakba-Ausstellung: Kölner
'Arbeitskreis Israel-Palästina'
entpuppt sich als Mogelpackung - Institut für Palästinakunde -
Anfeindungen und Zensurversuche sind
praktisch unausweichliche Begleiter
der nakba-Ausstellung, jener
Sammlung von Schautafeln, die sich
mit der Vorgeschichte und dem
Verlauf der Vertreibung der
Palästinenser aus ihrer Heimat im
Jahre 1948 befasst, der kriminellen
Grundlage des jüdischen Staates, die
von seinen Repräsentanten und
Apologeten bis zum heutigen Tag
geleugnet wird.
Das Ungewöhnliche an der Situation
in Köln besteht nun darin, dass die
dortigen Kritiker der
Nakba-Ausstellung im Allerweltshaus
aus dem Umfeld des 'Arbeitskreises
Israel-Palästina' kommen.
Wer von solchen Kritikern nun eine
substantielle Kritik erwartet hat,
der wird von ihrer Erklärung zur
nakba-Ausstellung herb enttäuscht.
Die Erklärung repetiert nicht nur
die sattsam bekannten
Übertreibungen,
Geschichtsklitterungen und
-Verdrehungen der israelischen
Propaganda (die Verfasser bekennen
sich in einem Nebensatz sogar ganz
explizit zu den Segnungen des
Zionismus), sie denunziert >>>
Hinweise:
Ausstellung „Die Nakba – Flucht und
Vertreibung der Palästinenser 1948“
http://www.lib-hilfe.de/fakten_ausstellung.html
Ausstellungstafeln
http://www.lib-hilfe.de/mat/ausstellung/Ausstellung_Nakba.pdf
Ausstellungskatalog
http://www.lib-hilfe.de/mat/ausstellung/Broschuere_Nakba.pdf