Schuster, bleib bei 
														deinen Leisten.
														
														
														
														
														Ein Ratschlag für Dieter 
														Graumann und Erzbischof 
														Robert Zollitsch
														
														
														
														Von Abraham Melzer
														
														
														
														Immer mehr sogenannte 
														Experten geben ihren 
														Senf zur 
														Antisemitismusdebatte, 
														die sich langsam wie ein 
														Atompilz entwickelt und 
														drohend über der Linken 
														und uns allen schwebt. 
														Es ist eine gefährliche 
														Wolke, die dabei ist, 
														viele unschuldige Bürger 
														zu vergiften. 
														
														
														
														
														Erzbischof Zollitsch 
														meint, es sei das „gute 
														Recht“ des Zentralrats 
														der Juden in 
														Deutschland, sich in die 
														Politik einzumischen. 
														Warum eigentlich? Wäre 
														es nicht besser, wenn 
														der Zentralrat endlich 
														seine Position in dieser 
														Gesellschaft klärte? 
														Sollte der Zentralrat 
														nicht endlich erklären, 
														wessen Interessen er 
														vertritt? Ist der 
														Zentralrat vielleicht 
														die Presseabteilung der 
														israelischen Botschaft? 
														Ist er womöglich der 
														Zentralrat der Israelis 
														in Deutschland? Hat denn 
														der Zentralrat nicht 
														genug eigene Aufgaben, 
														zum Beispiel die 
														Integration der 
														russischen Juden, um die 
														er sich kümmern kann und 
														muss? 
														
														
														
														Solange der Zentralrat 
														nur der „Zentralrat der 
														Juden in Deutschland“ 
														ist, und somit der 
														Vertreter einer Gruppe 
														von Menschen, die zwar 
														in Deutschland leben, 
														sich aber Deutschland 
														nicht zugehörig fühlen, 
														sollte er sich nicht in 
														innere Angelegenheiten 
														von Parteien einmischen, 
														und schon gar nicht, 
														wenn es um deren 
														Position zu Israel geht. 
														Wobei inzwischen viele 
														Juden in Deutschland 
														sich schon dazu 
														bekennen, Deutsche und 
														Juden zu sein, und damit 
														ihre Vertretung schon 
														längst überholt haben. 
														Der Zentralrat ist keine 
														Zensurstelle für 
														nichtkoschere 
														Israelkritik. Oder darf 
														man Israel erst 
														kritisieren, wenn der 
														Zentralrat seinen 
														Koscherstempel erteilt 
														hat? Ansonsten sei es 
														eine Delegitimierung 
														Israels – und das ist so 
														schlimm wie 
														Antisemitismus. Dieter 
														Graumann ist Kläger und 
														Richter in einer Person. 
														Als Angeklagter hat man 
														keine Chance, denn was 
														Antisemitismus ist, 
														entscheidet Graumann 
														selbst, und wer 
														Antisemit ist ebenso.
														
														
														
														Der Zentralrat soll sich 
														endlich entscheiden, was 
														er ist: Vertreter der 
														Juden in Deutschland 
														oder nur ein Büro des 
														israelischen 
														Hasbara-Ministeriums? 
														Schon seit Jahren drückt 
														sich der Zentralrat um 
														diese Entscheidung. Mit 
														seiner aktuellen 
														Bezeichnung grenzt er 
														sich von der deutschen 
														Umgebung ab und scheut 
														sich sogar nicht einmal 
														davor, zu behaupten, 
														dass Israel die geistige 
														Heimat der Juden sei. 
														Ralph Giordano hat 
														neulich in der „Welt“ 
														sogar behauptet, Israel 
														sei sein Mutterland. 
														Sollte aber ein aus der 
														Türkei stammender 
														Deutscher behaupten, die 
														Türkei sei sein 
														„Mutterland“, dann wäre 
														Giordano derjenige, der 
														den ersten Stein werfen 
														würde. 
														
														
														
														
														
														
														
														Nun muss sich aber der 
														Zentralrat zwischen 
														Vaterland und Mutterland 
														entscheiden, damit nicht 
														wieder solch eine 
														peinliche Geschichte 
														passiert wie seinerzeit 
														mit Frankfurts 
														Oberbürgermeisterin 
														Petra Roth, die dem 
														Vorsteher der Jüdischen 
														Gemeinde in Frankfurt 
														zum 
														Unabhängigkeitsfeiertag 
														Israels gratulieren 
														wollte. Dieser war 
														damals ausgerechnet 
														Ignaz Bubis. Sie bat 
														ihn, die Glückwünsche 
														„seinem 
														Staatspräsidenten“ zu 
														übermitteln, was Bubis 
														glatt als Antisemitismus 
														auslegte, da sein 
														Staatspräsident nach 
														eigenem Bekunden Roman 
														Herzog hieß. Am Eingang 
														zur Jüdischen Gemeinde 
														in Frankfurt hing zur 
														selben Zeit aber groß 
														und unübersehbar das 
														Porträt des israelischen 
														Staatspräsidenten, 
														eingerahmt von der 
														israelischen Flagge.
														
														
														
														Solange Deutschland 
														nicht das Land ist, mit 
														dem sich der Zentralrat 
														identifiziert, sollte er 
														auch nicht die Chuzpeh 
														zeigen, sich in die 
														inneren Angelegenheiten 
														dieses Landes 
														einzumischen. Mag sein, 
														dass Graumann auch einen 
														deutschen 
														Personalausweis besitzt 
														– aber was ist dieser 
														schon wert, wenn man 
														jahraus, jahrein 
														behauptet, Israel sei 
														die (geistige) Heimat? 
														Was ist denn die 
														„geistige Heimat“ wert, 
														wenn man dort nicht 
														leben will, aber mit 
														jedem Samstagsgebet für 
														das Wohl der 
														israelischen Soldaten 
														betet? Warum besitzt 
														Graumann nicht den Mut, 
														nach Israel 
														auszuwandern? Man würde 
														ihn dort sicherlich mit 
														offenen Armen empfangen. 
														Wie kommt es, dass Juden 
														wie Broder und Brumlik, 
														um nur zwei zu nennen, 
														nach Israel ausgewandert 
														und schnell wieder 
														zurückgekommen sind, 
														weil es ihnen dort nicht 
														gefallen hat? Aber 
														dennoch sind sie stramme 
														Zionisten geblieben, die 
														alles, was Israel tut – 
														und sei es noch so 
														absurd und falsch –, bis 
														aufs Blut und die eigene 
														Ehre bzw. Unehre 
														verteidigen. Und sie 
														leben nach wie vor in 
														Deutschland, wie „Fremde 
														im eigenen Land“, um 
														Broders Buchtitel zu 
														zitieren. Bei Broder 
														sind der Hass auf 
														Deutschland und die 
														Verachtung für die 
														Deutschen auch 
														unübersehbar.
														
														
														
														Deshalb erwarte ich, 
														dass der Zentralrat 
														zuerst diese 
														Identitätsfragen 
														beantwortet, bevor er 
														sich in innerparteiliche 
														Diskussionen einmischt, 
														die ihn nichts angehen, 
														und aus einer Mücke 
														einen Elefanten macht. 
														Bevor Graumann von der 
														Linken verlangt, 
														bezüglich ihrer Stellung 
														zur Linken Klarheit zu 
														schaffen, sollte er 
														lieber selbst bezüglich 
														seines eigenen 
														Verhältnisses zu Israel 
														Klarheit schaffen. Wenn 
														er deutscher Jude ist, 
														also Deutscher, dann 
														darf er sich zwar auch 
														um den Konflikt im Nahen 
														Osten kümmern, aber ohne 
														gehobenen Zeigefinger, 
														ohne peinliche 
														Selbstgerechtigkeit und 
														ohne permanente 
														Beschuldigungen, dass 
														diejenigen, die Israels 
														Politik kritisieren, 
														Antisemiten seien. Die 
														sogenannten „Christen 
														für Israel“, die Israels 
														Politik nicht 
														kritisieren, sind für 
														mich echte Antisemiten. 
														Und dass die populären 
														Rechtsparteien in 
														Frankreich, Holland, 
														Österreich und 
														Deutschland mit Israel 
														sympathisieren, ist für 
														mich auch kein Beweis 
														dafür, dass sie im Kern 
														nicht antisemitisch 
														sind.
														
														
														
														Graumann schreibt: „Bei 
														einigen hat dabei auch 
														die Judenfeindlichkeit 
														schon begonnen. Nämlich 
														dann, wenn ihre Kritik 
														an Israel von der 
														sachlichen 
														Auseinandersetzung mit 
														der israelischen Politik 
														in böse Häme über den 
														jüdischen Staat übergeht 
														und er pauschal 
														dämonisiert und 
														delegitimiert wird.“ 
														Solche und ähnlich 
														absurde Aussagen 
														Graumanns sollen 
														Stimmung machen und die 
														Bevölkerung gegen jede 
														Israelkritik immun 
														machen. Wie merkt man, 
														dass die 
														Judenfeindlichkeit schon 
														begonnen hat? Etwa, wenn 
														man einen Schal mit 
														einem Bild der 
														Nahostregion trägt, auf 
														dem Israel nicht 
														namentlich genannt wird, 
														oder wenn man für einen 
														israelischen 
														Staatspräsidenten im 
														Parlament nicht 
														aufsteht? 
														
														
														
														
														Die israelische 
														Botschaft vertreibt eine 
														Landkarte der 
														Nahostregion, auf der 
														Palästina nicht gezeigt 
														wird. Was soll man dazu 
														sagen? Ist das kein 
														Anlass für Häme? Wann, 
														wo und wie wurde Israel 
														dämonisiert? Und vor 
														allem durch wen? Wann 
														erklärt uns Graumann 
														endlich, was er meint? 
														Wenn der Zentralrat es 
														ernst meint mit seinem 
														Kampf gegen 
														Antisemitismus, dann 
														sollte er schnellstens 
														mit der „Aldisierung“ 
														des 
														Antisemitismusbegriffs 
														aufhören und klare 
														Linien, Grenzen und 
														Definitionen bestimmen. 
														Es gibt noch Antisemiten 
														in Deutschland, aber es 
														sind sicher nicht 
														diejenigen, die Herr 
														Graumann meint, und 
														Angst brauchen wir vor 
														ihnen nicht zu haben. 
														Solange Antisemitismus 
														nicht offizielle 
														Regierungspolitik wird, 
														sollten wir hier nicht 
														in Hysterie ausbrechen 
														und jeden einen 
														Antisemiten schimpfen, 
														der es wagt, gegen die 
														Mauer der israelischen 
														Botschaft zu pinkeln. 
														Wir müssen alle unsere 
														Demokratie und unsere 
														Verfassung schützen, 
														dann sind auch die Juden 
														geschützt, und der 
														Antisemitismus hat keine 
														Chance.
														
														
														
														Graumann meint: 
														„Politiker der Linken 
														rufen zum Boykott 
														israelischer Produkte 
														auf. Andere machen sich 
														über das bloße 
														Existenzrechts Israels, 
														also das Recht, leben 
														und überleben zu dürfen, 
														lustig und bezeichnen es 
														als ´läppisch` oder als 
														´Hirngespinst`“. Hier 
														verdreht Graumann 
														bewusst die Wahrheit und 
														stellt die Tatsachen auf 
														den Kopf, obwohl er es 
														besser wissen müsste. 
														Hermann Dierkes hat 
														ausdrücklich nur die 
														Diskussion um das 
														„Existenzrecht“ Israels 
														als „läppisch“ 
														bezeichnet, womit er 
														absolut Recht hat, weil 
														es eine läppische, 
														absurde und 
														heuchlerische Diskussion 
														ist – und das wird man 
														wohl noch sagen dürfen, 
														ohne gleich in den 
														Verdacht zu geraten, 
														Israel dämonisieren zu 
														wollen. Warum soll man 
														über das Existenzrecht 
														eines Staates 
														debattieren, der schon 
														mehr als sechzig Jahre 
														lang existiert? Und wer 
														tut das denn? Ich kenne 
														keinen, der das tut.
														
														
														
														Eine Debatte über das 
														„Existenzrecht“ der 
														Palästinenser, die von 
														den Israelis und von 
														Graumann ignoriert und 
														abgelehnt wird, würde 
														doch viel ehrlicher sein 
														und mehr Sinn machen. 
														Die Palästinenser 
														kämpfen um ihr 
														Existenzrecht, nicht die 
														Israelis. Die Israelis 
														benutzen dieses Wort 
														seit wenigen Jahren in 
														ihrem Propagandakrieg 
														gegen die Errichtung 
														eines palästinensischen 
														Staates, um Sympathien 
														für sich zu gewinnen. Es 
														wundert mich, dass es 
														immer noch nicht zum 
														Unwort des Jahres 
														gewählt worden ist. Die 
														Israelis sind so 
														überproportional stärker 
														als die Palästinenser, 
														dass es geradezu 
														lächerlich wirkt, wenn 
														sie dauernd von ihrem 
														Existenzrecht jammern, 
														das man ihnen angeblich 
														abspricht (wer nur?), 
														während sie gleichzeitig 
														den Palästinensern das 
														Recht auf Existenz und 
														sogar das Recht auf eine 
														eigene Identität 
														absprechen. Sagte nicht 
														einst Golda Meir, 
														Israels legendäre 
														Ministerpräsidentin und 
														„der einzige Mann“ im 
														Kabinett, sie sehe keine 
														Palästinenser?
														
														
														
														Inzwischen sieht aber 
														die ganze Welt die 
														Palästinenser, und die 
														Fahrt einer 
														Friedensflottille nach 
														Gaza ist keine 
														„Kriegserklärung“ an 
														Israel, sondern der 
														verzweifelte Versuch, 
														die Welt wieder an das 
														Schicksal der 
														Palästinenser zu 
														erinnern. Israel hat 
														darauf keine andere 
														Antwort, als in Angst zu 
														erstarren und sein 
														Militär zu schicken, um 
														die friedlichen 
														Zivilisten zu stoppen. 
														Müsste da nicht Dieter 
														Graumann als Nachfolger 
														von Leo Baeck seine 
														mahnende Stimme an die 
														Israelis richten und sie 
														auffordern, endlich der 
														Völkergemeinschaft 
														beizutreten und sich 
														nicht auszusondern und 
														keine eigenen, 
														völkerrechtswidrigen 
														Gesetze zu beschließen, 
														die sie noch mehr 
														ausgrenzen? Leo Baeck 
														ist der Verfasser eines 
														klassischen Buches über 
														die positive Moral des 
														Judentums – Religion der 
														Vernunft. Welcher 
														Vernunft folgt die 
														israelische Politik, die 
														so sehr jüdisch sein 
														will und es nicht sein 
														kann? Solange jüdische 
														Funktionäre wie Dieter 
														Graumann diese 
														Unvernunft der Israelis 
														noch verteidigen, glaubt 
														man in der deutschen 
														Bevölkerung, es handele 
														sich um „jüdische 
														Politik“, und Israelis 
														und Juden werden wieder 
														einmal in einen Topf 
														geworfen. 
														
														
														
														
														Hier, Herr Graumann, 
														liegt Ihre Aufgabe, wenn 
														Sie sich Sorgen um 
														Antisemitismus und 
														meinetwegen um Israel 
														machen – und nicht 
														darin, noch mehr Öl ins 
														Feuer zu gießen.
														 
														
														
														
														Abraham Melzer ist 
														Herausgeber der 
														jüdischen Zeitschrift 
														DER SEMIT und im 
														Vorstand der Jüdischen 
														Stimme für gerechten 
														Frieden in Nahost e.V.