in Berlin, karmula@hotmail.com
Liebe Freunde Palästinas,
„Die Stille und das Schweigen der
„zivilisierten Welt“ ist noch
ohrenbetäubender als die Explosionen,
mit denen Gaza unter einem
Leichentuch aus Tod und Terror
versinkt.“ Lassen Sie mich mit diesen
Worten des italienischen
Friedensaktivisten Vittorio Arrigoni aus Gaza-
Stadt beginnen. Im Namen der arabischen
Verbände und Vereine,
insbesondere der palästinensischen
Gemeinde Berlin heiße ich Sie alle
willkommen!
Über Gaza hat sich der Himmel
verdunkelt:
Nach unendlichem Bombardement der
Besatzungsmacht, Angriffen zu
Luft, zu Wasser und zu Lande läßt Israel
seit Tagen seine Truppen auf
palästinensisches Gebiet vorrücken. Mit
fassungslosem Entsetzen
müssen wir mit ansehen, wie seit mehr
als drei Wochen in unserer
Heimat militärische Gewalt über Kinder,
Frauen und Männer
hereingebrochen ist. Das Ausmaß der
israelischen Aggression ist eine
von langer Hand vorbereitete Invasion –
unter den Augen der
Weltöffentlichkeit!
Wiederholt hat Israel den im Juni 2008
geschlossenen 6-monatigen
Waffenstillstand zuerst gebrochen. Es
waren nicht die selbstgebauten
Raketen …! Und es sind auch nicht die
Tunnel, die Israel vorgibt,
zerstören zu wollen, um
Waffenlieferungen in den Gaza-Streifen zu
verhindern. Nein, der Gaza-Streifen ist
seit 2,5 Jahren hermetisch
abgeriegelt: Waren und Hilfslieferungen
erreichen ihn ebenso wenig, wie
ihn ein Palästinenser ohne Erlaubnis
Israels verlassen darf. Das Ziel
Israels ist ein ganz anderes: Alle
Bemühungen um einen Frieden mit
Perspektive auf eine Zwei-Staaten-Lösung
sollen von vornherein
torpediert werden.
Liebe Freunde Palästinas!
Hilflos müssen wir mit ansehen, wie
unsere Häuser und Heimat
systematisch von Israel zerstört werden.
Ich frage Euch: Wie viele sind unter
Euch, die ein Familienmitglied, einen
Nachbarn nun im Gaza-Streifen betrauern?
Kennt nicht inzwischen jeder
von Euch einen Toten mit Namen oder weiß
um Familien in Berlin, die
um Verwandte oder Freunde trauern? Sind
nicht unter den weit über
1.300 Ermordeten Hunderte unschuldige
Kinder und Frauen?
Ich frage Euch: Was haben sie getan,
dass sie brutal ermordet worden?
Was haben sie getan, dass sie in ein
großes Gefängnis gesperrt worden
sind, um wie Vieh abgeschlachtet zu
werden? Was haben sie getan,
dass niemand ihre Stimmen und ihr
flehentliches Rufen hört?
Und ich frage Euch: Sind nicht diese
Getöteten Opfer einer gezielten
ethnischen Säuberung, die mit ihrem
Leben einen hohen Blutzoll
entrichten müssen? Und gehört nicht zu
Palästina auch der Gaza-
Streifen, den Israel ins Vergessen
drängt?
Die Zukunft unseres Landes hängt auch
vom Gaza-Streifen ab! Wir
brauchen die Stimmen aller
Palästinenser, um die internationale
Gemeinschaft an ihre Versprechungen zu
erinnern: das Versprechen auf
einen souveränen Staat Palästina, indem
alle Palästinenser mit ihren
Familien in Frieden und Sicherheit leben
können. Heute erheben wir
erneut unsere Stimmen dafür! Sie dürfen
nicht verstummen und Ihr alle,
liebe Freunde Palästinas, helft dabei!
Dafür danke ich Euch!
Liebe Freunde Palästinas,
Wir stehen vor einer neuen Spirale der
Gewalt, die sich weiter und weiter
dreht. Der Friedensprozess ist für uns
in weite Ferne gerückt: Statt
endlich Verhandlungen mit uns
aufzunehmen, überzieht Israel das
fruchtbare Land unserer Vorfahren mit
Tod und Elend, mit Angst und
Schrecken. Und mittags legt das
israelische Militär ab und zu mal eine
Mordpause ein…
Auf das Schärfste verurteile ich die
israelischen Aggressionen als
völkerrechtswidrig. Seit Jahrzehnten
tritt Israel Menschenrechte mit
Füßen, ignoriert UN-Resolutionen als
wären sie für ihr Land nicht
verabschiedet worden, raubt uns
Palästinensern die Heimat durch
Siedlungsbau, Enteignungen und Bau der
Apartheidsmauer. Eine
demokratisch gewählte Regierung wird,
obwohl die Wahlen in der
Roadmap vorgeschrieben waren, einfach
nicht anerkannt. Abgeordnete
werden von Israel in außergerichtlichen
Exekutionen ermordet oder
entführt, für Jahre ins Gefängnis
gesteckt – ohne Anklage, Prozess und
Verurteilung. Unter 11.000 Inhaftierten
sind Hunderte von kleinen
Kindern, die ihre Kindheit und ihre
Jugend in israelischen Haftanstalten
unter verächtlichen Bedingungen
verbringen müssen – ohne Aussicht
auf Selbstbestimmung und Würde!
Widerstand gegen Israels Besatzung und
jahrzehntelange Aggressionen
ist legitimes Völkerrecht! Ich
wiederhole: legitimes Völkerrecht! Nicht die
Palästinenser sind der Aggressor,
sondern Israel mit seiner
barbarischen Gewalt, uns jegliche Rechte
und Würde absprechend! Seit
Jahrzehnten ist das palästinensische
Volk in der Westbank und im Gaza-
Streifen eingesperrt, weggesperrt und
von Israels Gnaden abhängig!
Nicht einen Schritt dürfen wir ohne
Genehmigung vor unsere Haustüren
setzen, für alles und jeden brauchen wir
eine Erlaubnis und selbst die
Luft zum Atmen erteilt uns Israel.
Ich bin unendlich bestürzt, über alle
Nachrichten, die uns aus dem
vollends abgeriegelten Gaza-Streifen
erreichen. Ich bin bestürzt über die
vielen unschuldigen Opfer. Völlig
entsetzt aber bin ich über das
Schweigen der Weltöffentlichkeit. Dafür
habe ich keine Worte, die
beschreiben könnten, was ich empfinde…
Israel vernichtet alle Chancen für eine
friedliche Lösung in Nahost und
eine Beilegung des Konfliktes.
Militärische Gewalt in diesem Ausmaß
schürt Verzweiflung, ohnmächtige Wut und
noch mehr Hass auf die
Besatzer und ihre Unterstützer! Israel
ist gerade auf dem Weg unter den
Augen aller, den Gaza-Streifen in die
Steinzeit zurückzubomben, ja
mitten im Versuch, ein ganzes Volk mit
seiner Kultur und seinen
Traditionen auszulöschen.
Wir gehen nicht vorwärts, sondern einen
Schritt vor, um dann wieder
zwei zurückzugehen. Derart werden wir
niemals den Verhandlungstisch
erreichen, um dieses Pulverfass zu
entschärfen. Der Region droht ein
Flächenbrand von ungeheurem Ausmaß…
Statt ständigen Appellen, Aufrufen,
Erklärungen und Forderungen nach
einer Neuordnung westlicher Politik
klage ich alle Untätigen an! Hier und
jetzt! Aktives Handeln in Form
einseitiger Parteinahme für Israels
Interessen ist ebenso verwerflich, wie
Unterlassen durch Wegsehen,
Übersehen und Totschweigen angesichts
dieses himmelschreienden
Unrechts!
Auch wir Palästinenser sind Menschen,
mit Pflichten aber auch Rechten!
Und diese fordern wir ein: