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Kommentar
zum Jahreswechsel
für: "Das Palästina
Portal"
Frohes neues Jahr
Abraham
Melzer
Ich
bin immer wieder aufs
Neue erstaunt und
schockiert von der
israelischen
Gleichgültigkeit
gegenüber dem
schrecklichen Verbrechen
der Vertreibung eines
ganzen Volkes und dem
Raub seines Landes,
welches 1948
stattgefunden hat. Nur
ein moralisches
Ungeheuer kann so etwas
machen und niemals auch
nur das geringste
Zeichen der Reue oder
der Beteiligung am Leid
der anderen zeigen.
Dabei gibt es unter uns
noch welche, die
gewöhnliche moralische
Ungeheuer in den
Schatten stellen und
nicht nur kein Mitleid
zeigen, sondern voller
Zynismus und Häme über
die Opfer sprechen und
schreiben, die ihrer
Meinung nach an ihrem
Unglück selbst schuld
sind. Wehe aber jemand
würde es wagen zu
behaupten, die Israelis
wären selbst schuld an
ihrer Lage und daran,
dass man sie weltweit
nicht besonders mag,
davon, dass die Juden
selbst für ihr Schicksal
verantwortlich sind,
ganz zu schweigen. Wer
das behauptet ist ein
Antisemit.
Mir
werfen solche Scheusale
vor, ich würde die
Palästinenser lieben,
was natürlich absurd und
lächerlich ist. Ich
liebe sie nicht. Was
mich von solchen
Zynikern unterscheidet
ist allein die Tatsache,
dass ich die
Palästinenser, die
Araber, die Moslems
nicht hasse. Was mich
von ihnen unterscheidet
ist die Tatsache, dass
ich beim tagtäglichen
Unrecht, welches in
Israel stattfindet,
nicht wegschauen kann
und will. Der Staat
Israel ist selbst zum
moralischen Ungeheuer
geworden und wo es mit
der Diffamierung und
Entrechtung von
Palästinensern begonnen
hat, geht es in diesen
Tagen nahtlos in die
Diffamierung und
Entrechtung von Frauen
über, sogar von
jüdischen Frauen. Israel
ist auf dem Weg ein
Taliban Staat zu werden
und die noch übrig
gebliebene säkulare
Bevölkerung kämpft jetzt
um selbstverständliche
banale Rechte für sich
selbst, wie zum Beispiel
das Recht für Frauen in
einem Bus auch vorne
sitzen zu dürfen. Man
ist stolz darauf die
einzige Demokratie im
Nahen Osten zu sein und
ist dennoch Vorbild für
die Militärdiktatur in
Ägypten, wie man mit
Organisationen umgehen
soll, die der Regierung
nicht gefallen.
Gegenüber Recht und
Gerechtigkeit scheint
die israelische
Gesellschaft autistisch
zu sein. Recht und
Gerechtigkeit sind
offenbar nur das, was
Israel selbst nützt und
den Palästinensern
schadet. So war es schon
immer und so wird es
noch solange bleiben,
wie der Staat Israel
noch als rein jüdischer
Staat existieren wird.
Da man davon ausgehen
kann, dass die Israelis,
zumindest diejenigen
unter ihnen, die keine
Möglichkeit haben in ein
anderes Land
auszuwandern, in Israel
bleiben werden und die
Palästinenser ebenfalls,
wird es früher oder
später nur eine mögliche
Lösung geben, ein
gemeinsamer Staat für
all seine Bürger, selbst
wenn der Weg dorthin
noch vollkommen unklar
und unbekannt ist.
Eigentlich ist es schon
jetzt ein gemeinsamer
Staat, allerdings ohne
gemeinsame Rechte, ein
Apartheidstaat, der eine
Bevölkerungsgruppe vor
der anderen bevorzugt.
Ziel kann es deshalb nur
sein, nicht Israel zu
zerstören, sondern das
Apartheidregime zu
beseitigen.
Was
soll denn aus einem
Staat werden, dessen
Erziehungsminister einen
(arabischen) Lehrer
tadelt, der mit seinen
arabischen Schülern an
einer Demonstration für
Menschenrechte
teilgenommen hat, die
Anfang Dezember in Tel
Aviv stattgefunden hat?
Unter anderem wurde in
dem Brief des
Ministeriums erwähnt,
dass „die Schüler an
der Demonstration im
Rahmen des Sozialkunde
Unterrichtes
teilgenommen haben (was
sie nicht durften!)“ und
es wurde vermerkt, dass
„die Schüler Schilder
gegen Rassismus,
Hauszerstörungen und
mehr getragen haben, was
gegen die Schulregeln
verstößt“. Dabei schrieb
der Minister anlässlich
des Internationalen
Tages der Menschenrechte
folgendes: „Eure Aufgabe
als Erzieher, die für
die Schüler Vorbild sein
sollen, ist, sie zu
Wahrung der
Menschenrechte zu
erziehen.“ Es ist mir
allerdings nicht klar,
wie er das meint, denn
jüdische Schüler werden
erzogen Menschenrechte
nicht zu achten und
arabische Schüler
brauchen offensichtlich
nichts von
Menschenrechten zu
wissen.
Ich
bin immer wieder aufs
Neue erstaunt und
schockiert von der
israelischen
Gleichgültigkeit
gegenüber den
schrecklichen
Verbrechen, die seit
mehr als sechzig Jahren
immer noch täglich
stattfinden und die von
der israelischen
Öffentlichkeit nicht
einmal wahrgenommen
werden. Israel 2012 ist
ein krankes Land auf dem
Weg zum Totalitarismus,
welches alles
systematisch zerstört
und vernichtet was einer
Militärdiktatur im Wege
steht. Ich weiß, dass
dies unvorstellbar ist,
aber wir wissen -
zumindest diejenigen,
die es wissen wollen -
dass es solche
politische Veränderungen
schon öfters gegeben
hat. Zurzeit findet es
auch in Ungarn statt.
Wir können dort in aller
Öffentlichkeit erleben,
wie die Demokratie durch
die Einführung
antidemokratischer
Gesetze, wie Eis in der
Sonne schmilzt und von
ihr bald nichts mehr
übrig bleiben wird, und
das alles nachdem eine
faschistische Partei bei
demokratischen Wahlen
die Macht gewonnen hat.
Die Weimarer Republik
ist schließlich auch so
untergegangen, infolge
demokratischer Wahlen.
Israel am Vorabend des
neuen Jahres 2012 ist
ein kranker Staat, ein
Staat mit ernsthafter
seelischer Störung, und
je mehr die Kräfte
verschwinden, die diese
populistisch-faschistische-diktatorische
Welle bremsen könnten,
desto mehr wächst der
Hass im Land. Die
Unwissenheit und
Unsicherheit verbreiten
sich wie ein Tsunami,
und Israel verwandelt
sich in rasender
Geschwindigkeit in einen
finsteren Staat. Nicht
umsonst hört man
Menschen sagen „Lass uns
mal die Organisationen
für Menschenrechte im
Iran sehen“, oder jetzt
„Was haben die Ägypter
mit den vom Ausland
finanzierten
Organisationen gemacht?“
Solche Menschen wissen
in ihrem
Unterbewusstsein, dass
Israel immer mehr den
Staaten ähnlich wird,
die es bekämpfen will
und denen es sich
moralisch überlegen
fühlt, weil es angeblich
eine Demokratie ist.
Aber von der Demokratie
wird bald nicht mehr
viel übrig geblieben
sein, wenn es überhaupt
je richtig demokratisch
war. Wir kann man einen
Teil seiner Bevölkerung
unter einer
Militärverwaltung
halten, mit
Ausgangssperren und
administrativer Haft,
und dann noch behaupten,
dass man eine Demokratie
sei. Da war ja die DDR
vielleicht auch eine
Demokratie, weil sie
sich Deutsche
Demokratische Republik
nannte?
Die
Welt staunte jüngst, als
sie gesehen hat wie
manipuliert die
koreanische Gesellschaft
ist und die Israelis
staunten nicht weniger,
aber ein tiefer Blick in
die israelische
Gesellschaft wird
schnell zeigen, dass
auch in Israel nicht
alles in Ordnung ist und
dass auch die
israelischen Bürger –
und eigentlich die ganze
Welt – von der
israelischen „Nomenklatura“
manipuliert bzw.
belogen werden. „Israel
ist die einzige
Demokratie im Nahen
Osten“ – das wird uns
seit Jahren und
Jahrzehnten gepredigt.
Eine dreiste Lüge, da
doch jeder weiß, dass
die Bürger in den
Besetzten Gebieten nicht
in einer Demokratie
leben, zumal der Begriff
„besetzte Gebiete“ eine
Lüge ist, denn in
Wirklichkeit handelt es
sich um eine lupenreine
Kolonisation, in der die
Palästinenser die Rolle
der Indianer spielen und
die Juden die Rolle der
weißen Siedler, die von
der Kavallerie, die hier
Zahal (IDF) heißt,
beschützt werden. Und so
wie im Wilden Westen des
19. Jahrhunderts kein
einziger Weißer je vor
Gericht gestellt wurde,
wenn er nur einen
Indianer ermordet hat,
so sind die
Militärgerichten in den
kolonisierten Gebieten
auch blind und taub wenn
es um Unrecht geht,
welches man
palästinensischen
Bewohnern angetan hat
und täglich antut. Man
muss nur die Zahl der
minderjährigen Kinder
kennen, die von der
israelischen
Militärverwaltung in
Haft gehalten werden.
Man muss auch wissen,
was mit diesen Kindern
gemacht wird, wie sie
als Kollaborateure des
israelischen
Geheimdiensts angeheuert
werden, damit sie nicht
nur Freunde verraten,
sondern auch Brüder und
Eltern. So sind
inzwischen mehreren
Generationen von
Palästinensern die
Kindheit und Jugend
gestohlen worden, indem
man aus ihnen Verräter
am eigenen Volk, an der
eigenen Familie, gemacht
hat. Auch die
nichtjüdischen Bürger
innerhalb der Grenzen
von 1967 genießen nicht
die vollen bürgerlichen
Rechte und insofern ist
es eine Farce, wenn man
von einer Demokratie
nach westlichem Muster
spricht. Verglichen mit
dem diktatorischen
Regime eines Assad in
Syrien mag Israel eine
Demokratie sein, aber
eben nur dann. Man wirft
heute Assad vor, dass er
sein Volk ermordet.
Israel tut es auch, es
ermordet seine
(nichtjüdischen) Bürger
durch gezielte
Liquidierungen und
brutale Tötungen bei
Demonstrationen.
„Die
IDF ist die moralischste
Armee der Welt“ – noch
so eine Lüge, an der
selbst die israelischen
Generäle und Politiker
nicht glauben, denn sie
fürchten das
Internationale Gericht
in Den Hag wie der
Teufel das Weihwasser
und nicht umsonst hat
die israelische Armee
unter ihren Offizieren
eine Broschur verteilen
lassen, in der
Ratschläge erteilt
werden, wie man sich
verhalten soll, falls
man im Ausland verhaftet
und nach Den Hag
ausgeliefert wird.
Selbstverständlich
versichert die
Armeeführung, dass sie
alles tun wird, um die
Verhafteten nach Israel
zurückzuholen. Und es
war ausgerechnet der
Jude Richard Goldstone,
der in seinem UN-Bericht
die Kriegsverbrechen der
israelischen Armee in
Gaza im Winter 2008/2009
untersucht und
veröffentlicht hat.
Solange sich der
jüdische südafrikanische
Richter im Auftrag der
UN um Kriegsverbrechen
in Ruanda oder auf dem
Balkan gekümmert hat,
war er für die Israelis
ein Held und ein
ehrenhafter Mensch.
Israels Botschafter bei
der UN in Genf, Aahron
Yaar, versicherte ihm
auch im Namen seines
Ministerpräsidenten die
Wertschätzung und den
aufrichtigen Respekt für
seine Person die er,
Goldstone, in Israel
genießt. Dies änderte
sich aber abrupt sobald
Goldstone es gewagt
hatte Israel zu
kritisieren und der
israelischen Armee
Kriegsverbrechen
vorzuwerfen.
Was
soll man von einer
Gesellschaft halten, in
der der Begriff
„Humanist“ ein
Schimpfwort ist für
jemanden, der gegen den
Krieg ist und sich für
den Frieden einsetzt.
Was soll man von einer
Gesellschaft halten, in
der man zuerst gefragt
wird, wo man gedient hat
und nicht wo man
studiert hat. Wer nicht
gedient hat kommt nicht
in den Genuss der
bürgerlichen Rechte und
wird wie ein Aussätziger
behandelt. Er kann nur
noch auswandern. In
Berlin leben inzwischen
schon mehr als
zehntausend Israelis,
die auch aus solchen und
ähnlichen Gründen Israel
verlassen haben. Israel
ist eine Mischung aus
Sparta und Preußen und
die Hauptstadt müsste
Köpernick heißen. Der
Staatschef eines solchen
Staates ist eine Art von
„Hauptmann von Köpernick“.
Man ist Chef einer
armseligen
religiös-nationalistischen
Koalition, regiert ein
Apartheidstaat und
verkauf das nach Außen
als Demokratie. Alle
Welt macht den Kotau vor
Israel, weil man glaubt,
es sei eine Demokratie,
dazu noch die einzige im
Nahen Osten. Aber es ist
wie mit dem nackten
König, in Hans
Christian Andersons
Märchen, der seinem Volk
einreden will, dass er
prächtig gekleidet ist
und dass nur wer sich
seiner Gehirnwäsche
unterworfen hat, diese
Pracht auch tatsächlich
sehen kann. So ähnlich
benehmen sich in Israel
die
faschistisch-nationalistischen
Machthaber, die ein
anderes Volk
unterdrücken, ihm sein
Land und seine Freiheit
rauben und der
israelischen
Gesellschaft und der
ganzen Welt erzählen,
dass sich das mit
Demokratie vereinbaren
lässt und nur wer
zionistisch denkt dies
auch erkennen kann. Wer
es nicht erkennt ist ein
Antizionist und
demzufolge auch ein
Antisemit.
Demokratie bedeutet aber
die Achtung der Würde
aller Menschen. Ach ja,
es geht um die
Sicherheit, immer nur um
die Sicherheit der
Israelis, niemals um die
Sicherheit der
Palästinenser. In Israel
werden Fernsehsender
geschlossen, weil sie
nicht so berichtet
haben, wie es der
herrschenden Macht
gefällt, und
Journalisten wurden
verhaftet, weil sie
Verbrechen der
israelischen Armee offen
gelegt haben. Soldaten,
die das Schweigen
brechen und von
Kriegsverbrechen
berichten, werden als
Nestbeschmutzer
diffamiert und
Menschenrechtsorganisationen
als Verräter und Agenten
ausländischer
antiisraelischer
Organisationen
bloßgestellt. Es wird im
Land alles auf dem Kopf
gestellt, die Täter sind
die Opfer und umgekehrt.
Die herrschende Sprache
im Land ist eine neue
Sprache, die Sprache der
Gewalt, des Rassismus
und des Hasses. Nicht
nur zwischen Israelis
und Palästinenser,
sondern auch zwischen
Israelis und
rechtsradikale,
ultraorthodoxe Juden,
die in ihrem Fanatismus
blind sind.
Was
erwartet uns nun im
nächsten Jahr? Die
Kolonisation wird weiter
fortschreiten, bis auch
das letzte Grundstück
enteignet und jüdisch
geworden ist. Am Ende
wird Israel an seiner
eigenen Gier nach Land
und nach noch mehr Land
ersticken. Es wird sich
dann selbst abschaffen
und implodieren. Die
Anzeichen dafür,
israelische
national-religiöse
Siedler, die die Armee
angreifen, kann man
heute schon sehen. Noch
mehr populistische
Angriffe gegen die
Palästinenser, ein
erneuter Angriff auf
Gaza, auf die
Menschenrechts-organisationen,
auf die Gerichte, die
Universitäten, auf die
noch frei gebliebenen
Medien und alles was
sich auf der linken
Seite der politischen
Skala bewegt?
Was erwartet uns jedoch
in 20 bis 30 Jahren? Ich
bin zwar kein Prophet,
aber ich möchte
folgendes voraussagen:
Es wird einen
bi-nationalen
demokratischen Staat
geben, der eine
ordentliche Verfassung
haben wird, die volle
Gleichberechtigung all
ihren Bürgern
garantieren wird. Das
Rückkehrgesetzt wird
abgeschafft sein, wie
auch die Fahne und die
Hymne vertauscht. Die
Idee eines jüdischen
Staates wird vom Tisch
sein, es wird ein Staat
seiner Bürger werden, in
dem das Rabbinat nicht
mehr Teil der Regierung
bleiben wird, sondern
eine Behörde, die nur
für diejenigen da sein
wird, die daran
interessiert sein
werden. Der Staat, wie
immer er auch heißen
sollte, wird aufhören
künstlich seinen
jüdischen Charakter zu
bewahren, was absolut
antidemokratisch ist und
Religion wird, wie in
allen anderen
Demokratien, die
Privatsache der
Einzelnen sein und nicht
des Staates. Im
Innenministerium und in
der Polizei werden
Palästinenser arbeiten,
im Parlament werden so
viele Palästinenser
sitzen wie Juden und der
Ministerpräsident könnte
auch ein Palästinenser
sein. Wenn das alles
nicht aus besserer
Einsicht kommen wird,
dann wird es durch
Boykott und
wirtschaftlichen Druck
kommen. Das Kapital und
die wohlhabende
Bevölkerung werden
gleich bei der ersten
Wirtschaftskrise Israel
verlassen und damit den
Traum eines jüdischen
Staates aufgeben,
allerdings zugunsten
eines echten
demokratischen Staates.
Wenn ihr wollt bleibt es
kein Traum.
Frohes neues Jahr.
"Der
Semit" - Heft 6 Dezember 2011
Januar 20112
Im Verkauf ab 5. Dezember 2011.

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Verlagsprogramm Herbst 2011
Es kann auch angefordert werden.

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