Israel: große Rassisten
gegen kleine Rassisten: Wie Israels Apartheid daneben geht
Jonathan Cook,
21.6.13 in „The National“ (Abu Dhabi) und OpEdNews.com
Ein Vorfall von
Rassismus, auch wenn er nur klein ist im Verhältnis von Jahrzehnte
langer massiver institutioneller Diskriminierung durch Israel gegenüber
seinen palästinensischen arabischen Bürgern, hat eine nicht
charakteristische Runde von israelischer Gewissensprüfung ausgelöst.
Superland, ein
großer Vergnügungspark nahe Tel Aviv weigerte sich, eine Reservierung
einer arabischen Schule für ein bestimmtes Datum Ende Mai anzunehmen.
Als die
Geschichte wie ein Virus in soziale Medien geriet, beeilten sich die
Manager, sich zu entschuldigen und boten getrennte Tage für jüdische und
arabische Kinder an, um sie auseinanderzuhalten und Zusammenstöße zu
vermeiden.
Regierungsminister waren empört. Zipi Livni, die Justizministerin,
nannte den Vorfall ein „Symptom einer kranken Gesellschaft“. Der
Verteidigungsminister Moshe Yaalon „schämte sich“. Ministerpräsident
Benjamin Netanjahu verlangte, dass die „rassistische“ Politik sofort
gestoppt werde.
Die endlose
Parade von Scheinheiligkeit.
Solch eine
Sensibilität scheint eine Reaktion auf eine Explosion allgemeinen
Rassismus‘ der letzten Monate gegen einen von fünf Israelis, und zwar
gegen die palästinensisch-arabische Minderheit des Landes zu sein.
Einige israelische Juden haben angefangen, die endlose Parade von
Scheinheiligkeit störend zu empfinden.
Das israelische
TV-Programm deckte vor kurzem ein Beispiel auf: einer Gruppe Kinder mit
Krebs hat man an einem Swimming-Pool einen freien Tag angeboten. Nachdem
einer der Manager entdeckte, dass sie Beduinen waren, wurde ihnen der
Eintritt verwehrt.
Nach einer
anderen TV-Untersuchung hatten israelische Banken eine geheime Politik,
arabische Kunden zurückzuweisen, die versuchen, ihr Konto in eine
Nebenstelle einer jüdischen Gemeinschaft zu übertragen, obwohl dies
Bankregeln verletzt.
Die Siedler,
deren Gewalt einst darauf beschränkt blieb, palästinensische Felder
anzuzünden oder randalierend durch deren Dörfer in der Westbank zu
ziehen, greifen nun auch arabische Dörfer innerhalb Israels an. Sie
setzen Moscheen in Brand, schmieren beleidigende Graffiti an Kirchen
und setzen PKWS in Brand als sog „Prize Tag“-(Rache-) Feldzüge – das
ist nun Routine geworden.
Genauso sind
bösartige Angriffe auf arabische Bürger schnell zum Hauptthema von
Nachrichten geworden wie kürzliche Vorfälle: eine fast tödlich
ausgehende Schlägerei mit einem Straßenkehrer und einem Busfahrer, der
seine Waffe an den Kopf eines arabischen Passagier hielt und damit
drohte, abzudrücken, wenn er nicht seinen Ausweis zeigt.
Sehr schnell
verbreitete sich ein Foto einer jungen arabischen Frau, die auf die Bahn
wartete; um sie herum ein Mob von gut aussehenden isr. Pendlern und
Einkäufern: sie schlagen sie und ziehen an ihrem Kopftuch. Der
Bahnhofvorsteher sieht gleichgültig zu.
Nicht
überzeugende Denunziationen
Während
Netanjahu und seine Verbündeten von Rechts Außen Superland für seinen
Rassismus beschimpfen, sind sie eifrig darum bemüht, eine sehr
diskriminierende Gesetzgebung zu unterstützen, die die Zeitung Haaretz
„eine der gefährlichsten“ Maßnahmen nennt, die jemals dem Parlament
vorgelegt wurde.
Die
Gesetzvorlage wird den Israelis, die in der Armee dienten, eine ganze
Menge Sonderrechte für Land-und Hausbesitz, Beschäftigung, Gehalt und
Zugang zu öffentlichen und privaten Leistungen gewähren. Der Haken daran
ist, dass fast alle 1,5 Millionen palästinensischen Bürger aus dem
Militärdienst ausgeschlossen sind. Praktisch sind alle Vergünstigungen
„nur für Juden“ reserviert.
Superlands
Vergehen verblasst zur Bedeutungslosigkeit, wenn man vergleicht mit
diesem oder mit dem, was seit Jahrzehnten vom Staat geplant und
offiziell sanktionierte Diskriminierung der palästinensischen Minderheit
ist.
Ein Leitartikel
dieses Monats in Haaretz beobachtete, dass Israel wirklich aus „zwei
getrennten Staaten, einem arabischen und einem jüdischen Staat“ besteht.
Dies ist die Kluft zwischen dem jüdischen Staat Israel, der eine
entwickelte westliche Nation ist und dem arabischen Staat von Israel,
der nicht mehr als ein Dritte-Welt-Land ist“.
Trennung wird in
allen Hauptsphären des Lebens durchgesetzt: Land- und Hauszuteilung,
Bürgerrechte, Bildung und Beschäftigung.
Nichts davon ist
zufällig. Dieser Weg war beabsichtigt, um Israels Zukunft als jüdischen
Staat zu garantieren. Rechtsgruppen haben 57 Gesetze identifiziert, die
offen zwischen jüdischen und palästinensischen Bürgern unterscheiden –
mit einem Dutzend mehr, die in die Gesetzbücher hineinsteuern .
Weniger
sichtbar, aber genau so schädlich, ist die verdeckte Diskriminierung der
palästinensischen Bürger, der sie in täglichen Staatsinstitutionen
gegenüberstehen, und deren Verwaltungspraktiken ihre Begründung im
Verschanzen des jüdischen Privilegs haben.
Ein Bericht aus
dieser Woche erklärt genau diese Art von institutionellem Rassismus, als
er jene Studenten aus der palästinensischen Minderheit fand, die mit
Hindernissen konfrontiert waren, die ihre jüdischen Kommilitonen nicht
kennen. Diese Hindernisse verweigern ihnen die Plätze zu höherer
Bildung.
Die Welle
allgemeiner Vorurteile und rassistischer Gewalt sind auch kein Zufall.
Paradoxerweise sind sie durch zunehmende aufrührerische Rhetorik von
rechten Politikern wie Netanjahu ausgelöst worden, deren ständige
Panikmache die palästinensischen Bürger als illoyal darstellen, eine
fünfte Kolonne und eine demographische Bedrohung für des Staates
Jüdischkeit.
„Große
Apartheid“ und „unbedeutende Apartheid“
Wenn der Staat
so engagiert ist, die palästinensischen Bürger zu unterwerfen und
auszuschließen, warum ist Netanjahu und seine Minister so entschlossen,
das Gewicht der diskriminierenden Rechtsprechung zu verstärken, aber den
Rassismus vom Superlandpark schlecht machen?
Um das zu
verstehen, muss man wissen, wie verzweifelt Israel versucht hat, sich
selbst von der südafrikanischen Apartheid zu unterscheiden.
Israel
kultiviert, wie es Südafrika einst tat, was Fachleute „Grand Apartheid“
nennen. Dies ist eine Trennung, die weithin verdeckt ist und oft durch
„Sicherheit“ oder kulturelle Unterschiede gerechtfertigt wird, damit die
Kontrolle über Ressourcen exklusiv in den Händen der privilegierten
jüdischen Gemeinschaft bleibt.
Gleichzeitig
weicht Israel seit langem von dem zurück, was einige Südafrikas Modell
von „unbedeutender Apartheid“ nennen - die offene, symbolische, aber
weit weniger bedeutende Trennung bei Parkbänken, in Bussen und bei
Toiletten.
Die Vermeidung
von unbedeutender/ belangloser Apartheid ist Israels Erfolg gewesen,
vor der Welt seine große Apartheid zu verbergen, vor allem in den
besetzten Gebieten, aber auch innerhalb Israels selbst.
Der in diesem
Monat abgehende südafrikanische Botschafter in Israel, Ismael Coovadia,
warnte davor, dass Israel eine „Wiederholung der Apartheid“ würde. Der
Gedanke, dass die Welt bald diesen Vergleich erkennen könnte, beunruhigt
Netanjahu und die Rechte, um so mehr, als sie riskieren, mit der Partei
identifiziert zu werden, die sich weigert, um des Friedens willen
Konzessionen zu machen.
Das in Superland
Geschehene ist wie eine Drohung, solche Vorfälle von inoffiziellem und
improvisiertem Rassismus könnten eines Tages die viel ernstere und
organisierte Kampagne der „großen Apartheid“ aufdecken, die Israels
Führung seit Jahrzehnten überwacht hat..
(Dt. Ellen
Rohlfs)
http://www.redressonline.com/2013/06/israel-big-racists-vs-little-rassist