Hetze gegen Palästina –
Israel ist nicht bereit, die Villa im Dschungel aufzugeben
Jonathan Cook, Nazareth, Counterpunch
1o.1. 14
Der US Außenminister John
Kerry verbrachte letzte Woche mit den Israelis und Palästinensern mit
dem Testen des Wassers im Rahmen des sog Rahmenabkommens – mit der
Absicht, den großen Unterschied zwischen beiden Seiten zu schließen.
Aber das Problem, das er zu lösen versuchte, erschien unlösbar an diesem
Tag.
Als er in die Region
steuerte, gaben ihm die israelischen Falken-Kabinettminister ihren
Segen zum Gesetz, das Jordantal zu annektieren, ein großes Stück Land
der Westbank, das sonst das wirtschaftliche Rückgrat und das Tor zur
Außenwelt wäre.
Um ihren Standpunkt zu
unterstreichen, führte der Innenminister Gideon Saar, ein enger Freund
von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, eine Gruppe rechter Politiker
auf eine Tour durch das Tal, während der sie eine Einweihungsfeier für
eine neue Siedlung abhielten.
In einer Rede dort
betonte der vertretende Außenminister Zeev Elkin mit Nachdruck, dass das
Jordantal immer unter „Israelischer Herrschaft bleiben müsse. Ohne
dieses würde Israel zu dem zurückkehren, was man die
„Auschwitz-Grenzen“ nennt – also bevor die Besatzung begann
Am Sonntag, als Kerry
ging, fügte der Verteidigungsminister Moshe Yaalon eine neue Bedingung
hinzu: Frieden wäre unmöglich, behauptete er, so lange wie die
Palästinenser und ihre Schulbücher gegen Israel hetzen, wobei er aus
einem von der Regierung verfassten Buch zitierte: „Palästinensischer
Hetzindex“.
Die Hyperbole, die zwei
israelische Vermessungsgutachter überschatten, die eines Tages einen
Maßstab liefern werden, nach dem ein etwa gleicher israelischer
Hetzindex verurteilt werden muss..
Eine Meinungsumfrage
machte deutlich, dass beinahe zwei Drittel der israelischen Juden
glaube, das Narrativ des palästinensischen Konfliktes, einschließlich
der Nakba, die große Enteignung der Palästinenser 1948, um Israel
aufzubauen – sollte in den Schulen gelehrt werden.
Dies geht gegen
Netanjahus eigene Ansicht. Seine Regierung verabschiedete 2011 ein
Gesetz, das wirksam öffentlichen Institutionen verbietet, eine
Nakba-Erinnerung zu feiern.
Eine andere Studie, die
einem Experiment in einigen Schulen folgt, demonstriert dass wenn
jüdische Schüler schon von früh an Arabisch sprechen, sie zwischen 10
und 12 viel weniger feindselige und stereotype Ansichten von Arabern
haben. Im Augenblick lernen viele jüdische Schüler nie Arabisch (außer
in Neve Shalom)
Mit dem experimentellen
Programm, mit dem Lehrer von Israels großer palästinensischer
Minderheit beauftragt werden, machte man die Beobachtung, dass es für
die jüdischen Kinder das erste Mal war, dass sie eine freundschaftliche
Beziehung mit einem Araber hatten.
Dem Bildungsministerium
jedoch wurde berichtet, die Ergebnisse beiseite gewischt zu haben. Es
ist offensichtlich nicht mehr in der Lage, das bestehende kleine
Programm zu finanzieren geschweige denn zu erweitern.
Das ist kein Versehen.
Aufeinander folgende israelische Regierungen haben sorgfältig die
Struktur der israelischen Gesellschaft arrangiert, um sicher zu gehen,
dass jüdische und palästinensische Bürger (letztere stellen ein Fünftel
dar), getrennt gehalten werden, in sprachlichen, kulturellen,
bildungsmäßigen und emotionalen Welten.
Der Grund ist nicht
schwer zu erraten. Das letzte, was israelische Führer für jüdische und
palästinensische Bürger wünschen, ist, dass sie gemeinsame Interessen
entwickeln, Freundschaften schließen und in Solidarität handeln. Da
würde der Grund für einen jüdischen Staat verschwinden, besonders wenn
man ihn auf der vermuteten Notwendigkeit gründet, dass sich Juden
selbst gegen eine feindselige Welt verteidigen muss - die „Villa im
Dschungel“, wie der frühere Ministerpräsident Ehud Barak einmal Israel
charakterisierte.
Kurz gesagt: Die Zukunft
eines jüdischen Staates hängt präzise von den anti-arabischen
Stereotypen ab, mit denen die jungen Israelis indoktriniert werden.
Es mag deshalb nicht
zufällig sein, dass als sich Israel während der letzten 20 Jahre immer
größerem Druck gegenüber sah, um Frieden zu machen, sich die Trennung
der Juden von den Palästinensern immer mehr eingebürgert hat.
Heute treffen die meisten
israelischen Juden höchst selten einen Palästinenser und gewiss nicht
einen aus der Westbank oder gar aus Gaza. Man vergisst leicht, dass
vor dem 1993-Oslo-Abkommen viele israelische Juden regelmäßig in die
palästinensischen Gebiete hinüberfuhren, um einzukaufen, zu essen oder
ihre Wagen reparieren zu lassen. Palästinenser waren unterdessen in
israelischen Gemeinden tätig, wenn auch nur auf dem Bau oder als
Kellner. Es mag eine sehr ungleiche Begegnung gewesen sein, sogar eine
koloniale, doch trotz allem, es war für die Israelis schwer ihre
Nachbarn zu dämonisieren.
Solche Kontakte sind
jetzt ferne Vergangenheit. Und genau dies ist es, wie Führer wie
Netanjahu es halten wollen.
Innerhalb Israels ist die
Richtung der Politik dieselbe. In den letzten Wochen bestand die
Regierung darauf, die Wahlschwelle zu erhöhen. Um die arabischen
Parteien aus dem Parlament zu entfernen. Die Gesetzgebung ist auch
belebt worden, um Menschenrechtsorganisationen zu besteuern, jene, die
den Palästinensern in Israel und in den besetzten Gebieten noch eine
Stimme geben.
Letztes Wochenende
behauptete Avigdor Liebermann, der Außenminister, dass ein
Friedensabkommen ein Verschwinden von Hunderttausenden von
Palästinensern einschließen muss, indem man ihre Wohngebiete einem
zukünftigen sehr eingegrenzten palästinensischen Staat anhängt.
Der palästinensische
Gesetzgeber Ahmed Tibis Klage, dass die palästinensischen Bürger von
Israels Führern nicht anders als „Schachfiguren“ angesehen werden,
trifft die Sache wohl im Kern. Es ist leicht, jene zu dehumanisieren,
die man kennt und um die man sich sonst nicht kümmert.
Israels Trennungspolitik
und seine Rechtfertigungen für Sicherheit fordert nicht nur, dass Juden
und Palästinenser getrennt gehalten werden, sondern dass Palästinenser
in eine Reihe diskreter Ghettos gesperrt werden, ob in der Westbank, in
Jerusalem, Gaza oder Israel.
Diese Teilung ist die
Ursache von endlosem Leiden. Eine Studie über Gazas isolierteste
Ghettos aus letzter Zeit fand. dass ein Drittel der Palästinenser von
ihren nächsten Verwandten getrennt sind. Die von Israel eingeführten
Beschränkungen zwingen die Palästinenser, auf Heiraten zu verzichten,
den Tod von Verwandten aus der Ferne zu hören, Kollegkurse zu versäumen
und die Chance ärztlicher Behandlung zu verlieren.
Der israelischen
Sicherheit Priorität über die Freiheit der Palästinenser zu geben, war
eine Schwäche des Oslo-Prozesses und dieselbe verzerrte Agenda
verunreinigt die augenblicklichen Friedensgespräche. In einem Kommentar
in Haaretz letzter Woche führte ein führender General Gadi Shamni in
aller Länge die vielen militärischen Gründe an – weit weg von
politischen – warum Israel niemals riskieren kann, den Palästinensern
einen lebensfähigen Staat errichten zu lassen. Nach der besten
Einschätzung der Armee – so behauptet er - würde Israel die Kontrolle
solch eines Staates brauchen und sein Gebiet, einschließlich des
Jordantales, mindestens 40 Jahre, wenn nicht für immer.
Die Realität ist die,
dass kein Arrangement auf Erden den Schutz jener Leute in dieser Villa
vor wilden Tieren garantieren kann, die außerhalb lauern. Entweder ist
es Zeit, diese Villa zu verlassen oder damit anzufangen, den Dschungel
als einen Wald anzusehen, der erforscht werden muss.
Jonathan
Cook, Nazareth, seine Bücher: „Israel and the Clash of Civilisations :
Irak. Iran and the Plan to remake the Middle East (Plutopress). Und
“disappearing Palestine: Israel’s Experiments in Human Despair” Zed
books.
www.jonathan-cook.net (dt.
Ellen Rohlfs)
http://www.counterpunch.org/2014/01/10/incitement-against-pales