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Es war meine erste Nacht in Palästina und eine gute Einführung in das dortige Alltagsleben!

Zwei Brüder

 Eine Geschichte von zwei jungen Brüdern, die früher mit ihrer Familie in der Altstadt von Nablus lebten, bis sie beide von der israelischen ARmee festgenommen wurden im Frühjahr 2003. Sami Khalili, der in diesen Tagen 23 wird, wurde am frühen Morgen im Febnruar 2003 festgenommen. Er wurde in Handschellen und Augenbinde zur Huwarra Militärbasis außerhalb von Nablus, wo er vier Tage lang vernommen wurde. Dann kam er in das Petah-Tikva-Gefängnis, wo er weiter verhört wurde. Dabei wurde sein rechter Arm gebrochen. Da der Arm nicht behandelt wurde, wird er steif bleiben.

Schließlich durfte er, nach Verlegung in das Askalongefängnis, seinen Vater anrufen und ihm sagen, das palästinensische Verräter ihn bei dere Shin-Beit beschuldeten, Mitglied des bewaffneten Widerstands in Nablus zu sein. Kurz danach wurde er nochmal verlegt, in das Jilbogefängnis bei Jenin, wo er bis heute ist.

Seit Anfang seiner Festnahme wurde er alle zwei Monate ins Gericht gebracht, wo seine Mutter und seine Schwester ihn von weitem sehen konnten, in Handschellen und Fußketten.

Er wurde schließlich zu 21 Jahren Haft verurteilt, beschuldigt, Mitglied der Al-Aqsabrigade zu sein, andere rekrutiert zu haben und verantwortlich für Bombenangriffe gegen israelische Soldaten, eine Sicherheitsbedrohung für den Staat Israel.

Außer den kurzen Blicken im Gericht hat seine Familie ihn nicht besuchen können.

Seit Februar diesen Jahres hat der kleine Bruder Nasser, 12 Jahre alt, viermal die Erlaubnis erhalten, ihn zu besuchen. Das hat das Rote Kreuz bewirkt. Nasser und viele andere Kinder deren Familien in der gleichen Lage sind müssen sich um 3 Uhr morgens versammeln (das Gefängnis ist etwa 60km von nablus) und kommen gegen 20 Uhr zurück. Während dieser Tage kann Nasser nicht in die Schule und wenn er nach Hause kommt erzählt er nicht viel, hauptsächlich vom Verhalten der Soldaten und Wächter, aber nichts über seinen Bruder.

Er redet 45 Minuten mit Sami, durch ein dickes Glas und im ständigen Beisein von Soldaten. Die Stimme seines Bruders hört er nur durch ein Telefon.

Seitdem Sami im Gefängnis ist hat sein Vater ihm 7 lange Briefe geschrieben, von denen er nur 2 erhalten hat. Sie schicken jeden Monat etwa 500 Schekel, oft versuchen sie auch Kleidung zu schicken aber meistens kommt alles zurück. Telefonanrufe sind im Gefängnis nicht erlaubt, so haben die Eltern die Stimme ihres Sohnes seit 2 jahren nicht mehr gehört.

 Die medizinische Versorgung ist mehr als schlecht, jeder der sich irgendwie krank fühlt bekommt zwei Tabletten Acamol, ohne dass eine Arzt ihn ansieht.

Mitte April geschah es überraschen dass die Eltern die Erlaubnis zu einem Besuch erhielten am 3. Mai. Am 2. rief das Rote Kreuz an und sagte, der Besuch sei abgesagt worden, die nächste Möglichkeit sei am 17. Mai. Auch dieser Besuch wurde gestrichen.

Es ist schwer, sich vorzustellen, was das für die Eltern bedeutet. jetzt haben sie eine Erlaubnis für den 31. Was passiert wohl am 30.?

Yasser Khalili ist der andere Bruder. Er ist 4 Jahre jünger als Sami und wurde von den Israelis am 14. April 2003 festgenommen, fast 2 Monaten nach seinem Bruder. Er war damals 15. Vorher geschah folgendes: am 11. April rief er seinen Vater an und sagte, er würde woanders übernachten. Sein Vater hat ihm das nicht gelaubt und gesagt, er würde den ältesten Sohn, Hussein, mit ein paar Ausländer [Hussein war Mitarbeiter der ISM, die diesen Brief geschickt hat], um ihn aus dem Askar Flüchtlingslager abzuholen, wo er sein sollte.

Sie fanden ihn dort nicht. Später rief er seinen Vater wieder an und sagte er sei mit Freunden außerhalb von Nablus und käme nicht zurück. Der Vater sprach mit einem der Freunde und machte klar dass er genau wisse, was sie vorhaben. Er bedrohte sie mit Erfolg, indem er sagte, er würde ein Foto seines Sohnes an die Soldaten an den Checkpoints in der Gegend geben. Bis dann war es 2 Uhr morgens geworden.

Um 6 kam Yasser nach hause. Sein Vater verprügelte ihn, fragte ihn dann aus und nahm ihn schließlich in sein Büro mit, wo sie mit einem Offizier des palästinensischen Sicherheitsdienstes zusammen saßen, der den Vater schließlich überredete, seinen Sohn nicht in das palästinensische Gefängnis in Jericho zu bringen sondern ihn in Nablus zu lassen und ihm das Nötige klar zu machen.

Um 1.45 Uhr morgens am 14. April kamen Kapitän Janif und etwa 100 Soldaten in die Altstadt von nablus mit ihren Jeeps und gingen zu Fuß zum Haus. Sie umzingelten es erst und fingen dann an lange zu schießen. Schließlich gingen sie in ein Nachbarhaus und nahmen den Besitzer mit.

Sie benutzten ihn als menschlichen Schutzschild als sie in das Khalili Haus eindrangen. Sie holten Yasser raus, schlugen ihn, packten ihn am Hals und setzten ihn in ein Jeep.

Wie sein Bruder kam Yasser erst in die Militärbasis, wo er 7 Tage lang verhört wurde Dann nach Petah-Tikva, wo er schließlich den Beamten sagte, dass er vorgehabt hatte, eine Operation innerhalb von Israel durchzuführen aber seine Meinung geändert hätte und zurückgekehrt sei.

Zwei Wochen nach seiner Festnahme konnte er seinen Vater anrufen und ihn einen Moment lang sprechen, während er noch bei dem israelischen Verhör war. Danach wurde er nach Telemont gebracht, wo sie 8 Monate lang nichts von ihm hörte, es gelang nur ihm durch das Rote Kreuz etwas Kleidung zu schicken. Nach diesen 8 Monaten wurde er ins Medschiddogefängnis gebracht, von wo aus er telefonieren durfte.

Von Zeit zu Zeit schickte die Familie Kleidung und Lebensmittel mit Besucher von anderen Gefangenen, gottseidank haben die Wächter das nie bemerkt.

Nach etwa einem Jahr im Gefängnis und nach 4 Gerichtsverhöre wurde Yasser gesagt dass er 42 Monate und 28 Tage festgehalten würde und 3000 Schekel zahlen müsste.

Viermal hat seine Mutter ihn aus der Ferne gesehen. Einmal konnte sie ihn kurz sprechen im Beisein von 3 Wächtern.

Nach etwa 8 Monaten in Medschiddo wurde er nach Kit Zaot transferiert, ein Gefängnis in der Negevwüste, von wo er auch telefonieren darf.

Das und die Lebensmittel, die er im Gefängnis kauft, kosten seinen Vater etwa 1000 Schekel im Monat.

Einmal, Anfang März, erhielt Nasser, der kleine Bruder, die Erlaubnis, Yasser zu besuchen. Er nahm Kleidung und Lebensmittel mit, letzteres wurde aber abgewiesen. Der Besuch nahm ihn von Nablus von 3 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts wseg. Er hat 2 Tage Schule versäumt und seinen Eltern auch nichts von seinem Bruder erzählt.

Er beschrieb im Detail die Fahrt und was er unterwegs sah. Am Huwarra Checkpoint außerhalb von Nablus musste der Bus eine Stunde warten, dann mussten sie bei Tulkarem den Bus wechseln ung wieder eine Stunde warten. Dieser Bus brachte sie schließlich nach Nakab - im Negev - auf sehr langsamer fahrt von Soldaten begleitet.

Als er schließlich das Gefängnis erreichte sah er seinen Bruder etwa 30 Minuten, redete durch eine Glasscheibe mit ihm und konnte seine Fingerspitzen ein paar Sekunden berühren. Er kam nachts erschöpft nach hause und konnte von seinen Eindrücken überhaupt nicht sprechen.

Die Mutter bittet fast jede Woche um Erlaubnis, ihren Sohn zu besuchen aber bisher ohne Erfolg. Die Familie hat eine israelische Anwältin aber sie macht sich wenig mühe und hat bisher nichts erreicht. Einmal haben sie Hamoked kontaktiert [israelische Menschenrechtsorganisation] aber auch das nutzte nichts.

Der Vater ist fast 60 und hat Diabetes. Das ist aber nichts verglichen mit seinem Leiden wenn er an seine Söhne denkt und das es ein echtes Risiko gibt, dass er sie nie wieder sieht. Hoffen wir, dass er sie zumindest nochmal sieht bevor es zu spät ist. (Diese Notizen machte ich während eines Interviews mit dem Vater am 21. Mai 2005. )

Hanan, Nablus

 

Von: ism-germany(at)gmx.net [mailto:ism-germany(at)gmx.net]

Für weitere Informationen
Hanan (deutsch):
00972-52-511 694 oder 00972-59-296 292 oder 00972-544-372 152
e-mail: hananhamburg(at)web.de
ISM Media Office (Englisch):
00972-2-277-4602 oder 0097-547-358-579
www.palsolidarity.org

ISM (International Solidarity Movement) ist einer Bewegung palästinensischer, internationaler und israelischer Friedens- und Menschenrechtsaktivistinnen, die mit gewaltfreien Mitteln für ein Ende der israelischen Besatzung arbeiten und sich für einen gerechten Frieden in ISrael und Palästina einsetzen.

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