Rundbrief 22
Siegfried Ullmann
02. Juli 2010
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
wenn man liest, was zum Beispiel der israelische
Regierungsberater Prof. Arnon Sofer am 21. Mai
2004 in einem Interview hinsichtlich der
Palästinenser im Gazastreifen forderte:
"Deshalb, wenn wir überleben wollen, müssen wir
töten und töten und töten. Alle Tage, jeden
Tag.", der derzeitige
Israelische Außenminister Avigdor Lieberman
gemäß Haaretz vom 05.11.2006 äußerte: " Wir
müssen eine chirurgische Beseitigung tätigen",
Rabbi Ovadia Yoseph forderte: "Ihr müßt Raketen
auf sie abschießen, um sie auszurotten." und
was Benny Morris gemäß Haaretz vom 09.
01. 2004 von sich gab: "Wenn es die Umstände
erfordern, wird die Ausrottung die Endlösung
sein.", dann erinnert das an den Reichsführer
der SS Heinrich Himmler, der am 21. 04. 1944
sagte: "Es ist gut, daß wir die Härte hatten,
die Juden in unserem Bereich auszurotten. Ein
Gedanke, der sicherlich gedacht wird: "Ja,
wissen Sie, daß wir die erwachsenen Juden
umbringen, das verstehe ich völlig. Aber wie
können Sie Frauen und Kinder...?" Da muß ich
ihnen sagen: Die Kinder werden eines Tages groß
werden. Dass dann dieser jüdische Haß, dieser
heute kleinen, später groß gewordenen Rächer
sich an unseren Kindern und Enkeln vergreift,
dass sie noch einmal die Probleme zu lösen
haben? ... Nein, das können wir nicht
verantworten." (Aus dem Dokumentarfilm "Im KZ
geboren) Und Hitler sagte: "Es ist gut, wenn uns
der Schrecken vorangeht." Heute heißt das "shock
and awe".
Leider ist die evangelische Kirche ängstlich
bemüht, öffentliche Kritik an Israel und seiner
menschenverachtenden Politik zu vermeiden.
Trotzdem wurde der EKD von
der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG)
sicherlich vollkommen zu Unrecht
antiisraelische, antizionistische und teilweise
antisemitische Aktivitäten vorgeworfen, worauf
der Ratsvorsitzende der EKD, Präses Schneider,
diese Vorwürfe zurückwies und dem Präsidenten
der DIG, Herrn Gerster, die "tiefe Solidarität
mit Israel" versicherte. Diese Erklärung wurde
dann von der DIG (ohne Zustimmung der EKD) als
erfolgreiche Disziplinierung der EKD
triumphierend veröffentlicht..
Im Internet veröffentlichte das "Forum für
Israel" einen offenen Brief der evangelischen
Theologen Proffs. E. Stegemann und W. Stegemann
(Neuendettelsau) an den Präsidenten der
deutschen Pax Christi Sektion, Bischof
Algermissen mit dem Titel: „Pax-Christi – Mit
Gewalttätern in einem Boot“. Es ist immer wieder
erschütternd, in welcher Weise deutsche
evangelische Theologen Israel und die
menschenrechtswidrige Politik der israelischen
Regierung unterstützen. Damit stellen sie sich
auf die Seite der Unterdrücker, obwohl sie sich
als Christen auf die Seite der Unterdrückten
Stellen müßten, so wie es erfreulicherweise Pax
Christi tut.
Mit welch primitiven Lügen die hiesige
Israel-Lobby argumentiert, hat der
Generalsekretär des Zentralrats der Juden in
Deutschland in der TAZ vom 16. 6. 2010 unter dem
Titel "Feiger Hass" demonstriert. Für den
Konvertiten Kramer, der sich offensichtlich als
besonderer Israel-Propagandist profilieren
möchte, sind alle Israel-Kritiker nur
Judenhasser, was insbesondere für einzelne
Mitglieder der Linkspartei, die sich an der
Gaza-Aktion beteiligt hatten, zutreffen würde.
Nach Kramer würde der Judenstaat mit geradezu
satanischen Attributen ausgestattet. O-Ton
Kramer: "Der jüngste Fall: Israels Versuch, die
von angeblichen Friedensaktivisten gelenkte
"Solidaritätsflotte" nach Gaza zu stoppen. Dabei
tappte Israels viel gerühmte
Marinekommandoeinheit einem gut organisierten
dschihadistischen Schlägertrupp in die Falle und
mußte um ihr Leben kämpfen, auch mit scharfer
Munition." - Aber warum
verweigert dann Israel eine unabhängige
Untersuchung der Vorfälle und verbietet sogar
die Befragung der
beteiligten Soldaten durch ihre eigene "Vertuschungs"kommission??
Das tut man doch nur, wenn man unrechtmäßig
gehandelt hat und verhindern will, daß die
Wahrheit ans Licht kommt.
Von deutschen Linken wurde ein Positionspapier
Israel/Palästina mit dem Titel "Menschen- und
Völkerrecht sind unteilbar" erarbeitet, welches
ich als Anlage beifüge. Es ist auch unter
www.steinbergrecherche.com zu finden. Ein
wichtiger Impuls war hierfür der Offene Brief
von über 100 israelischen Linken und
Friedensaktivisten an die Partei Die Linke von
Anfang 2010. Die bisherigen Unterzeichner des
sehr ausführlichen Positionspapiers sind am Ende
des Textes ersichtlich. Es wird um
Mitunterzeichnung bei Thomas Immanuel Steinberg
– tis@post.com gebeten. Auch wenn man, wie ich,
der Partei "Die Linke" nicht nahesteht, sollte
man auf jeden Fall dieses Positionspapier
unterstützen.
Abschließend füge ich noch Auszüge aus dem Buch
"Politizid" des israelischen Wissenschaftlers
Baruch Kimmerling aus dem Jahre 2003 und aus
anderen jüdischen Quellen bei. Diese Aussagen
zeigen, wie schon vor dem Wahlsieg der Hamas
gegen die Bevölkerung des Gazastreifens
vorgegangen wurde und daß die Hamas nur ein
Vorwand für die weiteren Untaten ist.
Außerdem möchte ich auf den ausgezeichneten
Bericht über Iris Hefets in der Jüdischen
Zeitung vom Juli 2010 hinweisen.
Mit Friedensgrüßen, Shalom und Salam
Siegfried Ullmann
2 Anlagen:
-
Positionspapier
und
-
Buchauszug
etc.
Dezember 2006
Baruch Kimmerling:
"Politizid - Ariel Sharons Krieg gegen das
palästinensische Volk"
Baruch Kimmerling ist Professor für politische
Soziologie an der Hebräischen Universität
Jerusalem. Er gehört zu den Unterzeichnern des
Friedensappells israelischer Wissenschaftler. In
seinem Buch beschreibt er sehr detailliert den
Lebensweg des Ariel Sharon und dessen
Einflußnahme auf die israelische Politik bis zum
Jahre 2003. Seiner Meinung nach hat sich Israel
unter Sharon zum Faschismus hin orientiert
(Seite 10).
In dem Klappentext heißt es: "Unter Ariel Sharon
ist Israel zu einer Kraft der Zerstörung
geworden. Von Beginn seiner Karriere an galt er
als der brutalste aller israelischen Generäle
und Politiker. Er soll für zahlreiche
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die
Menschlichkeit verantwortlich sein. Seine
Politik zerstört letztlich die humanistischen
Werte der eigenen jüdisch-israelischen
Gesellschaft und führt diese in den Ruin."
Baruch Kimmerling beschrieb die generelle
Haltung gegenüber der arabischen Bevölkerung,
die Torpedierung aller Friedensbemühungen und
die Kolonisierung der Palästinensergebiete
durch die religiös und nationalistisch
motivierten Siedler sowie "die Errichtung einer
Herrenvolk-Republik". Er berichtet von den
zahlreichen Massakern, für die Sharon
verantwortlich war. U.a ließ Sharon im August
1970 im Gazastreifen Tausende von Häusern
zerstören und große Teile der Zitrushaine,
praktisch die einzigen Nutzpflanzen der Region,
verwüsten. Außerdem "wurde der Befehl
ausgegeben, jeden Verdächtigen ohne Befragung
oder Gerichtsverhandlung zu erschießen.
Daraufhin wurden über tausend Menschen ohne
Gerichtsverfahren exekutiert oder erschossen.
... Dies war der erste Versuch Sharons, das
"palästinensischen Problem" zu lösen." (Seite
61)
Zu der siebenstündigen Bombardierung Beiruts im
August 1982, bei der 300 Menschen getötet
wurden, schrieb Baruch: "Man muß sich vor Augen
halten, daß es sich hier um eine Stadt handelte,
deren wichtigste Zentren bereits zerstört waren,
die ohne Strom- und Wasserversorgung war und
dessen Einwohner hungerten und unter Krankheiten
litten, die sich durch mehrere tausend nicht
begrabene, herumliegende Leichen schnell
ausbreiteten. Die Bombardierung erinnerte an den
Angriff der Alliierten auf Dresden gegen Ende
des Zweiten Weltkriegs." (Seite 89) Es folgten
dann noch die Massaker von Sabra und Shatila,
für die Sharon mitverantwortlich war. Baruch
schrieb, daß Sharon "nach jeder allgemein
gültigen Norm ein Kriegsverbrecher ist und der
in den letzten 20 Jahren Israels berüchtigster
Politiker war."
Aber auch Yitzhak Rabin ließ während seiner Zeit
als Verteidigungsminister von 1984 bis 1990 das
Militär brutal gegen die Palästinenser vorgehen.
"Rabin befahl seinen Soldaten, palästinensische
Steinwerfer zu verprügeln, ihnen die Arme und
Beine zu brechen und Tausende nach
verwaltungsrechtlichen Vorschriften in Lagern
festzuhalten." (Seite 101)
Bei den Kämpfen in Dschenin im Jahre 2002
"brachten die Israelis Planierraupen heran und
brachen den Widerstand, in dem sie durch die
Hauswände hindurch von einem Haus zum nächsten
weiterfuhren. - Israel "hat selbst eingeräumt,
daß bei den Kämpfen übermäßige Gewalt angewandt
wurde, die gegen internationale Normen verstieß.
Dazu gehörten der Einsatz von Menschen als
Schutzschilde, Geiselnahme und Verweigerung
ärztlicher Hilfen für Verwundete und Verletzte -
alles Maßnahmen, die per definitionem
Kriegsverbrechen sind." (Seite 151)
Bei der Konferenz der arabischen Staaten in
Beirut im Jahre 2002 wurde beschlossen, "Israel
einen regionalen Frieden anzubieten, wenn es
sich im Gegenzug auf die Grenzen von 1967
zurückziehen, die Gründung des palästinensischen
Staates mit Ostjerusalem zulassen und einer
vernünftigen, annehmbaren Lösung für das
Flüchtlingsproblem zustimmen würde. Am Rande sei
noch bemerkt, daß Israel diese beispiellose
Resolution überhaupt nicht beachtet hat - nicht
einmal als Grundlage für weitere Verhandlungen."
(Seite 154)
"Am 17. Dezember 2000 begann Israel mit den
Hinrichtungen ohne vorangehendes
Gerichtsverfahren (als gezielte Tötungen
bezeichnet) von jenen, denen man die Schuld für
Terroranschläge oder bewaffneten Widerstand
gab. - Kenner der Verhältnisse vermuten, daß
die israelische Regierung die Hinrichtungen
ausführen ließ, um zynischerweise eine Reaktion
seitens der Palästinenser zu provozieren und
jedem Versuch, die Gewalt einzudämmen,
zuvorzukommen. ... Bei der Hinrichtung von
Salah Shehada wurden zusammen mit ihm neun
Kinder und acht weitere Personen abgeschlachtet,
als eine 1000 Kilo Bombe auf das Gebäude
abgeworfen wurde, in dem er sich befand." (Seite
157)
Der israelische Militärhistoriker van Creveld
befürwortete den Bau einer Mauer zwischen Israel
und den Palästinensern, "so hoch, daß nicht
einmal die Vögel darüber hinweg fliegen können."
Dazu Baruch: "Tatsächlich wurde der Zaun um den
Gazastreifen herum schon vor langer Zeit fertig
gestellt, womit dieses Gebiet zum größten
Konzentrationslager wurde, das es je gegeben
hat." (Seite 164)
Soldaten, die sich weigern, an der Unterdrückung
und Tötung der Palästinenser in den besetzten
Gebieten mitzuwirken und die statt dessen einen
Zivildienst leisten wollen, werden zu
mehrfachen Gefängnisstrafen verurteilt. Ein
solcher Soldat versuchte vor dem Militärgericht
folgende Begründung vorzubringen (aber man ließ
ihn nicht ausreden): "Nach einem Bericht von
Amnesty International wurden allein in den
ersten sieben Monaten des Jahres 2002 mehr als
50 Kinder unter zwölf Jahren von der
israelischen Armee erschossen. Sie haben nicht
einen einzigen Teilnehmer an diesen Verbrechen
verurteilt. Aber sie verurteilen mich zum
fünften Mal, weil ich mich weigere, dabei
mitzumachen." (Seite 166)
Amnesty International veröffentlichte am 19.
Dezember 2002 eine Denkschrift an den
israelischen Verteidigungsminister, in der es
hieß: "Angehörige der israelischen Streitkräfte
, die schwerwiegende Verstöße gegen die
Menschenrechte und Kriegsverbrechen begehen -
wie die Tötung von Kindern und anderen
unbewaffneten Zivilisten, die rücksichtslose
Beschießung dicht besiedelter Wohngebiete oder
die Sprengung von Häusern samt ihrer Bewohner,
die sie dann unter den Trümmern sterben lassen
-, werden nicht zur Verantwortung gezogen. ....
Gleichzeitig werden Rekruten und Reservisten,
die den Wehrdienst verweigern, gerade um nicht
an solchen Taten teilzunehmen, zu monatelangen
Haftstrafen verurteilt." (S. 169)
Baruch Kimmerling beschreibt auch die Methoden,
mit denen die Palästinenser eingeschüchtert und
zum Verlassen des Landes gezwungen werden
sollen. "Hungersnot herbeizuführen, ist eine
weitere Methode, eine solche Wirkung zu
erzielen. So haben die israelischen Streitkräfte
Mitte November 2002 in Beit Lahiya, einer Stadt
im Norden des Gazastreifens, ein einstöckiges
Lagerhaus völlig zerstört, in dem Mehl, Speiseöl
und Reis gelagert waren. Die Vorräte, die dem
World Food Programm / einer Einrichtung der UNO)
gehörten, hätten gereicht, um 38 000 Menschen
einen Monat lang zu versorgen." (Seite 202)
„Israel hörte schon vor langer Zeit auf, eine
Demokratie zu sein: nämlich, als der Staat von
der vorübergehenden Besetzung zur Annexion
palästinensischer Gebiete überging und dabei die
Bevölkerung jener Landstriche von jeglicher
Ordnung ausschloß, die ihnen die Bürgerrechte
und die elementarsten Menschenrechte
garantierte. Wie bereits gesagt, kann Israel
nicht mehr als liberale Demokratie gelten,
sondern ist zu einer Herrenvolk Demokratie
geworden.“
Außerdem kritisiert Kimmerling, daß jede Kritik
als "antisemitisch" abgetan würde. "Der Vorwurf
des Antisemitismus ist zu einer mächtigen Waffe
geworden, um jeden Widerspruch gegen Israels
Politik der Unterjochung zu ersticken." (Seite
203)
Abschließend schreibt Kimmerling: "Dennoch gibt
es Hoffnung, denn wir stehen näher denn je vor
einem Durchbruch, weil beide Seiten allmählich
verstehen, daß sie sich in einer aussichtslosen
Situation befinden. .... Ohne eine Aussöhnung
zwischen Israelis und Palästinensern wird der
heutige jüdische Staat nur eine Marginale in der
Geschichte der Menschheit sein." (Seite 209)
Heinrich Hugendubel-Verlag, 2003, 224 Seiten,
Euro 19,95
ISBN 3-7205-2375-6
(Englische Ausgabe „Politicide“ bei Verso
London/New York)
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