Gazaner 30 Stunden ununterbrochen
ohne Strom
- 15.07.2017 - Gazaner
demonstrierten gegen die katastrophale Situation, in
der sie nach den weiteren Stromkürzungen in Gaza leben
und die dazu führte, dass Gaza zum ersten Mal seit der
Elektrizitätskrise Anfang 2017 30 Stunden ununterbrochen
ohne Strom war.
Laut Haaretz wurde die
letzte noch funktionierende Turbine (des Elektrizitätswerks)
am Mittwoch wegen akutem Mangel an Treibstoff stillgelegt,
wodurch der Gazastreifen in nahezu völliger Dunkelheit
versank. Gazaner demonstrierten, um aufmerksam zu machen
auf die offenliegende humanitäre Katastrophe in der
belagerten Enklave als Ergebnis der Elektrizitätskrise
und der Gehaltskürzungen durch die Palästinensische
Autonomiebehörde in Ramallah am 14. Juli 2017.
Die Mehrheit der Palästinenser
verurteilen die Politik von Präsident Mahmud Abbas gegen
die Enklave und sagen, Abbas wolle wirtschaftlichen
Druck auf die Gazaner ausüben, um sie zu zwingen die
Herrschaft der Hamas im Gazastreifen abzulehnen.
Quelle
Übersetzung: K. Nebauer

Gaza und das Scheitern des nationalen
Projekts -
Haidar Eid - 14.07.2017 - Um die drakonischen Maßnahmen
der Palästinensischen Autonomiebehörde gegen den Gazastreifen
zu verstehen, der ohnehin schon unter einer seit zehn
Jahren andauernden, strangulierenden Blockade leidet,
muss man die reduzierte ideologische und nationale Agenda
unter die Lupe nehmen.
Es gibt in Gaza bereits eine humanitäre Krise, die von
internationalen, lokalen und israelischen Menschenrechtsorganisationen
dokumentiert ist. Um das Ganze noch schlimmer zu machen,
hat Israel die Einfuhr von Baumaterial streng beschränkt,
das für den Wiederaufbau tausender Wohnhäuser und Institutionen
benötigt wird, die während dem israelischen Massaker
von 2014 zerstört worden waren.
Palästinenser aus dem Gazastreifen verstehen, dass die
israelische Blockade in der Geschichte des zionistischen
Siedlerkolonialismus wurzelt, wo die Einheimischen völlig
entmenschlicht werden und ihr Tod nichts zählt.
Der Gazastreifen selbst ist ein riesiges Flüchtlingslager
– 70% seiner Einwohner sind Flüchtlinge – und erinnert
an die Urschuld von 1948, als zionistische Milizen und
später die israelische Armee mehr als 750.000 Palästinenser
aus ihren ursprünglichen Häusern vertrieben.
Israel möchte den Job zu Ende bringen, um sicher zu
stellen, dass der unerwünschte Bevölkerungsüberschuss
in einem riesigen Gefängnis gehalten wird, ohne es aber
als solches zu benennen.
Diese undankbaren "Araber" vom Gazastreifen sollen verstehen,
dass die Blockade ihr Schicksal ist, seit sie von einer
mitschuldigen internationalen Gemeinschaft, arabischen
Regimen und vor allem von einigen ihrer eigenen Führer
unterstützt wird. Von da kommt die Vorstellung, dass
der Gazastreifen ein Ort unendlicher Dunkelheit ist,
bildlich und wörtlich.
Unmoralische Entscheidung
Diese unerträgliche humanitäre Situation in Gaza wird
noch verschärft durch die Entscheidung der Palästinensischen
Autonomiebehörde im April die Zahlungen an Israel für
die Stromlieferungen für Gaza auszusetzen und wieder
Steuern für den Treibstoff für Gaza einzuführen.
Das führte zuletzt zur Abschaltung des einzigen Kraftwerks
von Gaza, das wegen der Beschädigungen durch verschiedene
israelische Bombardierungen ohnehin schon mit
einer verringerten Kapazität gearbeitet hatte; damit
wurde der im Gazastreifen vorhandene Strom auf das niedrigsten
Niveau reduziert.
Die Palästinensische Autonomiebehörde ging noch weiter,
sie reduzierte die finanzielle Unterstützung von Gazas
Krankenhäusern und Kliniken und kürzte die Gehälter
der öffentlich Angestellten drastisch, die (bis dahin)
eine wesentliche Einnahme für den belagerten Küstenstreifen
waren. Beispielsweise wurden die Gehälter der Beschäftigten
der Al-Aqsa-Universität schon den vierten Monat um 80
bis 90% gekürzt.
Die letzte unmoralische Entscheidung der PA war, 6.000
Staatsbedienstete in Gaza, von denen die meisten im
Bildungs- und Gesundheitssektor arbeiteten, zwangsweise
in den vorzeitigen Ruhestand zu schicken.
Alle diese todbringenden Maßnahmen sollten Hamas, die
im Gazastreifen de-facto regierende Partei, unter Druck
setzen, damit die ihre Kontrolle abgibt und sich mit
der PA "versöhnt". >>>

"Gaza muss leben, damit Palästina
lebt"
- 14.07.2017 - Mehr als
350 Einzelpersonen und 60 Vereinigungen und Netzwerke
haben sich zusammengetan und zu einem Ende der israelischen
Politik aufgerufen, "die zur langsamen Vernichtung einer
Bevölkerung führt, die bereits durch mehrere militärische
Angriffe (im Gazastreifen) in Mitleidenschaft gezogen
ist".
Die Kampagne "Gaza am
Leben ist Leben für Palästina" hat die Unterstützung
von Prof. Noam Chomsky, Ann Wright, Ex-Oberste der US-Armee
und Friedensaktivistin sowie Friedensnobelpreis-Trägerin
Mairead Corrigan Maguire unter anderen bekommen.
Die Gruppen fordern Pläne
für eine langfristige Entwicklung, um die jüngsten Krisen
im Gazastreifen einschließlich der Stromkürzungen und
des Dauerproblems des Wassermangels zu beenden.
Jeden Tag sterben Kinder
und Erwachsene, weil sie wegen fehlender Medikamente
und Ausstattung nicht die nötige Behandlung bekommen
können, heißt es in den Appellen.
Dazu heißt es, die Agonie
Gazas gefährde die Möglichkeit einen palästinensischen
Staat zu erreichen, was die Beteiligung aller auf dem
Weg zur Selbstbestimmung, die Teilnahme an einem umfassenden
demokratischen Prozess und das Ende der israelischen
Blockade und Besetzung erfordert. "Gaza muss leben,
damit Palästina lebt."
Quelle
Übersetzung: K. Nebauer
Video - Michael Lüders und die
Wahrheit über Israel

Meldung aus Gaza Juli
2017 - Dr. Abed Schokry - Gaza am 15 Juli 2017 - pdf
- Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Freundinnen und
Liebe Freunde, Es ist unglaublich, was wir zur Zeit
durchmachen und erleben. Die
Woche zwischen dem 7. Juli bis einschließlich der 14.
Juli hatten wir (die Gesamtbevölkerung des Gazastreifens)
weniger als 24 Stunden Strom gehabt
(DIE GANZE WOCHE)! Und
das bei Temperaturen über 34 ° C. Diese Hitzewelle erschwert
ohnehin unseren sehr bedrückenden und betrübten Alltag.
Ich frage mich warum???? Warum geschieht das? Warum
müssen wir in Gaza so schwer leiden? Wir sind Menschen
wie Sie ja auch, ABER wir leben seit über 10 Jahren
unter unmenschlichen Bedingungen. Sind wir Versuchskaninchen
und befinden uns im Experiment!!! Werden wir gerade
beobachtet, um unsere Schmerzgrenzen zu ermitteln???
Oder wird gerade unser Verhalten in dieser sehr extrem
stressigen Situation dokumentiert, etwa für Forschungszwecke???
Als hätten wir nicht ohnehin schon genug Probleme. Wir
haben kein sauberes Trinkwasser. Leitungswasser fließt
seit Wochen nicht mehr in vielen Gegenden im Gazastreifen,
da es keinen Strom gibt. Sogar das Internet und die
Telekommunikation der palästinensischen Telefongesellschaft
in Gaza ging nicht mehr, weil es keinen Strom gab und
der armselige Stromgenerator den Geist aufgegeben hatte.
Aber die einzige Demokratie im Nahen Osten war so gnädig
und großzügig, dass ein neuer Stromgenerator dafür in
den Gazastreifen eingeführt werden durfte. DANKE SEHR!!!!.
Aber dass es Krankenhäuser gibt, dass es Patienten gibt,
dass es Notfälle gibt für die eben Strom nötig ist,
spielt offenbar keine Rolle. Die Strommenge reicht einfach
nicht, um den kranken Menschen helfen zu können.
Es ist irrsinnig, denn das Abwasser fließt als Folge
des Strommangels nun direkt ins Mittelmeer und hat weite
Teile des Strandes von Gaza bereits verseucht. Die Verschmutzung
hat auch die Strände von Israel erreicht, so dass das
Israelische Gesundheitsministerium das Schwimmen in
der Gegend um Ashkelon verboten hat oder auch die Strände
geschlossen hat.
Für die Menschen in Gaza ist es besonders schlimm, wenn
sie nicht mehr an den Strand und ins Wasser dürfen.
Es ist nämlich das einzige Vergnügen, das sie in diesem
größten Freiluftgefängnis der Welt haben. Viele Kinder
wurden nach dem Schwimmen mit Magenproblemen und Hauterkrankungen
in die Krankenhäuser geliefert. Wer ist schuldig? Wer
ist dafür verantwortlich? Die Besatzung, wir selbst
und die Weltgemeinschaft sind schuldig.
Hauptverantwortung für die Brutalität in Gaza liegt
natürlich bei Israel, die Besatzungsmacht, die nach
wie vor die vor über 10 Jahren verhängte Blockade aufrecht
erhält und uns sozusagen die Luft zum Atmen wegnimmt.
Auch die Regierungen der Palästinenser sind nicht ganz
unschuldig an dieser furchtbaren Situation, weil sie
zerstritten sind und in dieser verzweifelten Situation
gegen einander kämpfen - zum offensichtlichen Entzücken
der Besatzung. Der Konflikt zwischen der PA, geleitet
von Fatah, und der palästinensischen Führung in Gaza,
von der Hamas geleitet, gerät an einen hässlichen Höhepunkt,
der auf Kosten der Bevölkerung des Gazastreifens ausgetragen
wird. >>>

Gaza-Krise: das Leben Schwerkranker
hängt in Gaza am seidenen Faden
- Rachel Borell - Amnesty
International - 12.07.2017 - Diese Woche schlug die
UNO Alarm, die Lebensbedingungen im Gazastreifen hätten
10 Jahre, nachdem Israel eine brutale Blockade zu Kand,
See und Luftraum verängt hat, die Schwelle zu "unbewohnbar"
überschritten. Nachdem die Stromversorgung drastisch
gekürzt wurde und die Arbeitslosenrate 60% erreicht
hat, haben sich viele Lebensbereiche noch schneller
verschlechtert als ursprünglich hochgerechnet worden
war. Besonders Gazas Gesundheitssystem war jahrelang
am Rand des Kollapses. Jetzt ist es wirklich dramatisch.
In den letzten Wochen sind drei Neugeborene in der Intensivstation
des Al-Shifa-Krankenhauses in Gaza gestorben. Sie gehören
zu den mindestens neun Patienten, die vergeblich darauf
gewartet haben, dass die Palästinensische Autonomiebehörde
ihre Anträge auf Kostenübernahme für ihre medizinische
Behandlung außerhalb des Gazastreifens bearbeitet. Diese
Kostenübernahmeerklärung brauchen Gazaner, wenn sie
eine Genehmigung für den Grenzübertritt in Erez für
eine medizinische Behandlung in Israel oder im Westjordanland
beantragen.
Einige Berichte legen nahe, dass solche Anträge seit
April absichtlich ignoriert oder verzögert werden, wie
es in der Vergangenheit schon von Zeit zu Zeit der Fall
war; damit versucht die Palästinensische Autonomiebehörde
im Westjordanland die Autorität des Rivalen Hamas zu
untergraben, die den Gazastreifen kontrolliert.
Abu Khalil und seine Familie gehören zu den tausenden
Gazanern, deren Leben infolge solcher Verzögerungen
in die Warteschleife hängt. Zwei seiner Söhne – Abdullah,
27 und Khalil, 29 – leiden an Thalassämie, einer erblichen
Störung der Hämoglobinbildung. Beide hatten Bluttransfusionen
bekommen, die zu extrem hohen Eisenwerten im Blut mit
der Gefahr von Herzversagen und anderen Komplikationen
geführt hatten. Zwei ihrer Freunde, die an derselben
behandelbaren Krankheit litten, sind im Juni gestorben,
und Abu Khalil hat verzweifelt versucht eine adäquate
Behandlung für seine Söhne zu bekommen, bevor es zu
spät ist.
Ein israelischer Arzt hatte ihn angeboten, im Sheba
Medical Center in Israel Tests bei den Brüdern zu machen,
um beurteilen, ob eine Knochenmarkstransplantation möglich
ist, die, wenn sie erfolgreich ist, die Thalassämie
heilen kann. Eine solche Behandlung ist in Gaza nicht
möglich, wo die Krankenhäuser mit geschrumpften Beständen
an Medikamenten und minimalem Strom arbeiten. [...]
Zur Zeit warten mindestens 1.600 Gazaner, darunter auch
Krebspatienten, auf eine Antwort auf ihre Anträge auf
Kostenübernahme durch die Palästinensische Autonomiebehörde,
wie die Physicians for Human Rights Israel berichten.
Bis zu 90% der Krebsmedikamente sind in Gaza nicht mehr
vorhanden. >>>
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