Danksagung
Felicia Langer
Der Sender ARTE hat kürzlich einen
kanadischen Dokumentarfilm über die
israelischen Siedlungen im
Westjordanland gezeigt (Die Siedler
der Westbank: Die Prophezeiung). Der
Film war so realistisch, dass ich
nach wenigen Augenblicken nicht
weiterschauen konnte. Mir war, als
ob der Film mir Teile meiner
Vergangenheit zeige, und zwar so
schmerzliche Teile, dass das
„Wiedererleben“ meine Seele zutiefst
erschütterte.
Ich habe in Israel als Anwältin
viele Jahre gegen die
völkerrechtswidrige israelische
Besiedlung palästinensischen Bodens
gekämpft, leider meist erfolglos.
Dieses Unrecht, das schon so lange
besteht und immer intensiver
weitergeht, ist mir so zuwider, dass
es mich sprichwörtlich krank macht,
Bilder dazu zu sehen, ich kann es
nicht mehr ertragen…
Mein Sohn Michael sitzt neben mir,
um den Film zusammen mit mir
anzusehen. Er erkennt sofort meine
Erschütterung und beruhigt mich mit
viel Liebe und Verständnis… Dafür
danke ich ihm von Herzen.
Am 14. Oktober wurde in Tübingen im
Rahmen des Arabischen Filmfestivals
der Film „ 3000 Nights“ gezeigt, der
größtenteils in einem
Frauengefängnis in Israel für
Palästinenserinnen spielt. Die
einsitzenden Frauen kämpfen um ihre
Würde und gegen die Grausamkeit der
israelischen Besatzer. Ich bin
eingeladen, am Ende des Films ein
paar Worte als Zeitzeugin der
Verhältnisse zu sagen. Deswegen muss
ich mir den Film nolens volens
ansehen. Und noch einmal droht mich
meine Vergangenheit fast zu
ersticken. Michael sitzt wieder
neben mir und versucht, mir zu
helfen. Damals, als ich Situationen,
wie die im Film gezeigten, hautnah
erlebte, war er noch ein Kind und
dann Heranwachsender – jetzt
beruhigt er mich und spricht mir Mut
zu. Der Film geht zu Ende und ich
stehe auf und bedanke mich bei der
Filmemacherin Mai Masri. Ich spreche
zu den Zuschauern über meine Gefühle
als Augenzeugin und Zeitzeugin und
über das Leid der Palästinenser. –
Unser aller Pflicht als Menschen mit
Gewissen ist es, die Wahrheit ans
Licht zu bringen und rückhaltlos
auszusprechen. Schweigen angesichts
von Unrecht kommt unterlassener
Hilfeleistung oder sozusagen
Mittäterschaft gleich.
Ich habe gelernt, dass ich durchaus
eine starke Frau bin, aber mir ist
auch immer bewusst, dass sich die
Stärke und Kraft, die mich bei
meinem Einsatz für Recht und
Gerechtigkeit leiten, aus dem
liebevollen Rückhalt und der
Unterstützung meiner Lieben speist.
Deswegen möchte ich die Gelegenheit
nutzen, meine Dankbarkeit
auszudrücken.
An vorderster Stelle möchte ich
meinem Sohn Michael danken, der mir
vor allem seit dem Tod meines
geliebten Lebensmenschen Mieciu eine
große Stütze ist – zusammen mit
seiner Frau Silvie, die mir lieb und
teuer wie eine Tochter ist. Das hat
auch schon mein geliebter Mieciu
seit langem so empfunden und auch
immer wieder ausgesprochen.
Dann bin ich meinen Enkelkindern für
ihre Liebe und Unterstützung
dankbar; wenn sie mir ihre Liebe und
Anerkennung zeigen, wird es mir warm
ums Herz…
Und auch meinen lieben Freunden nah
und fern gilt mein tiefer Dank,
dafür dass sie mich nicht vergessen
haben und mich nach Kräften
unterstützen und ermutigen. Es ist
so gut, dass es sie gibt.
Dieser mannigfaltige Rückhalt gibt
mir immer wieder die Kraft, weiter
zu kämpfen gegen das Unrecht, gegen
die verbrecherische israelische
Politik gegenüber den Palästinensern
und mich einzusetzen für die
palästinensischen Flüchtlinge
überall und für die Opfer der
völkerrechtswidrigen Besatzung seit
1967, also seit fast 50 Jahren.
Meine inständige Bitte an alle
lautet: Nur nicht aufgeben!
So, wie ich es vor Jahren einmal
gesagt habe: „…bis zum letzten
Atemzug.“
Dank Euch allen! |