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Durst nach Freiheit: das Recht auf Wasser in
Palästina
Red Solidaria Contra La Ocupacion de
Palestina -
23.03.2012
Schon vor Jahren hat das Komitee für
Menschenrechte der Vereinten Nationen ein Gutachten abgegeben, dass
Israel das Menschenrecht Palästinas auf Wasser und sanitäre Dienste
verletzt. Zwischen 2009 und 2011 hat Israel 57 Regenwasser-Zisternen und
40 Brunnen zerstört, die für die palästinensische Bevölkerung
lebenswichtig sind.
2010 haben die Generalversammlung der
Vereinten Nationen und der UN-Menschenrechtsrat Resolutionen
verabschiedet, die beide bestätigen, "dass Regierungen die grundlegende
Verantwortung für die Einhaltung aller Menschenrechte haben,
einschließlich des Rechtes auf Wasser und sanitäre Dienste".
Trotzdem nehmen die Verletzungen des
Menschenrechts auf Wasser und sanitäre Dienste durch Israel weiter zu.
Zwischen 2009 und 2011 zerstörte Israel 57 Regenwasser-Zisternen und 40
Brunnen, die für die palästinensische Bevölkerung lebenswichtig sind
[1]. Die Zerstörung der palästinensischen Wasser-Infrastruktur durch das
Militär stellt im Licht der Vierten Genfer Konvention ein
Kriegsverbrechen dar.
Der durchschnittliche Wasserverbrauch eines
palästinensischen Haushalts, der an das Wasserleitungsnetz angeschlossen
ist, beträgt weniger als die Hälfte des von der
Weltgesundheitsorganisation [2]empfohlenen täglichen Minimums und den
sechsten Teil des durchschnittlichen Verbrauchs eines israelischen
Haushalts [3]. Einige der ärmsten Familien geben die Hälfte ihrer
Einkünfte für Wasser aus.
Die Obstruktion der Entwicklung der
palästinensichen Infrastruktur für Wasser und sanitäre Dienste hat
verhindert, dass die Palästinenser zusätzliche Mengen an Wasser fördern
können, die ihnen im "Oslo Friedensprozess" [4] zugestanden worden sind,
und hat die Palästinenser in eine Abhängigkeit gebracht, so dass sie
jetzt gezwungen sind, palästinensisches Wasser vom nationalen
israelischen Wasserunternehmen Mekorot zu kaufen. Mekorot schränkt die
Wasserversorgung der palästinensischen Gemeinden ein, um die Versorgung
der israelischen Siedlungen im Westjordanland unverändert aufrecht zu
erhalten.
Die illegale israelische Mauer, die durch
international als palästinensisch anerkanntes Land läuft, schneidet die
Palästinenser von vielen Gebieten ab, die jährlich etwa 90 Millionen
Kubikmeter Wasser zusätzlich bringen würden [5]. Im Vergleich dazu: den
Palästinensern stehen über die aktuelle palästinensische
Wasserversorgung für das Westjordanland einschließlich des Wassers von
dem nationalen israelischen Wasserunternehmen knapp 180 Millionen
Kubikmeter zum Kauf zur Verfügung [6].
Die Blockade des Gazastreifens verhindert
die Einfuhr von einzelnen (Ersatz-)Teilen, Material und dem nötigen
Treibstoff, die für das tägliche Funktionieren des Wasser- und
Abwasserleitungsnetzes nötig sind und blockiert die dringend notwendige
Entwicklung dieser Systeme. Die Unabhängige Internationale Mission der
Vereinten Nationen zur Aufstellung der Fakten im Konflikt mit Gaza
berichtete, dass Israel mit voller Absicht auf Brunnen, Rohrleitungen,
Einrichtungen für Abwasser, Wasserzisternen und das
Hauptelektrizitätswerk gezielt und sie zerstört hat [7]. Mehr als 90%
des Wassers aus den Gemeindebrunnen in Gaza ist für den menschlichen
Genuss ungeeignet. Israel hat seit 2005 mehr als 300 Brunnen im
"Pufferstreifen", den Israel einseitig innerhalb des Territoriums des
Gazastreifens eingerichtet hat, beschädigt oder zerstört [8]. Nach
internationalem Wasserrecht hat Gaza ein Anrecht auf einen angemessenen
und gerechten Teil des Wassers aus den Wasserspeichern im Küstengebiet
und ebenso aus Teilen innerhalb Israels.
Israel hat gerade erst begonnen, Projekte
zur Behandlung der Abwässer in den besetzten palästinensischen Gebieten
zu genehmigen. Nachdem Israel unbehandelte oder nur teilweise behandelte
Abwässer im Meer vor dem Gazstreifen und in der
Meerwasser-Entsalzungsanlage von Ashkelon (12,5 km direkt nördlich des
Gazastreifens) entdeckt hat, wird zur Zeit in Gaza nach Jahren der
Verzögerung und nach der Ermordung eines Arbeiters an (diesbezüglichen)
Projekten gearbeitet. Nach Oslo hat Israel 15 Jahre lang erst mittels
Bürokratie und dann durch das Militär die Entwicklung der Kläranlagen im
Westjordanland blockiert. Als das Militär ein bereits zur Gänze
genehmigtes Projekt der Abwasserbehandlung einstellte, zahlte Israel auf
Grund einer gerichtlichen Entscheidung einem Dienstleister 1 Million
Schekel und anerkannte damit seine Verantwortung. Die Stadtteile
palästinensischer Bürger in Israel haben oft eine unzureichende
Infrastruktur für die Abwasserbehandlung, obwohl sie die gleichen oder
höhere Steuern als die übrigen israelischen Bürger zahlen. Viele
israelische Siedlungen lassen ihre Abwässer ohne Behandlung in
palästinensische Gemeinden fliessen... [9].
Das israelische Regime einer
institutionalisierten Diskriminierung der Palästinenser in Israel, im
Westjordanland und im Gazastreifen stellt nach der Konvention über
Abschaffung und Bestrafung des Verbrechens der Apartheid ein solches
Verbrechen der Apartheid dar. Das Russel-Tribunal kam in seiner jüngsten
Sitzung in Cabo/Südafrika zu dem Schluss, dass "die Herrschaft Israels
über die palästinensische Bevölkerung, wo auch immer ihr Wohnort ist,
kollektiv einem einheitlichen integrierten Apartheidsregime gleich
kommt". Ein französischer parlamentarischer Bericht aus der letzten Zeit
verurteilt die israelische Politik Wasser der Palästinenser
zurückzuhalten, und bezeichnete sie als "Apartheid".
Die (Menschenrechts)Verletzungen Israels
müssen im Zusammenhang mit der Nakba von 1948 gesehen werden, der
Vertreibung und der systematischen Verweigerung des Rückkehrrechts der
Mehrheit der Palästinenser, eines international anerkannten Rechtes.
Seit der Gründung des Staates Israel wurden von der palästinensischen
Bevölkerung tausende alte Quellen, Zisternen, Brunnen, Wadis und
Flussbetten unrechtmäßig konfisziert.
Israel hat außerdem den hydrologischen
Charakter des besetzten Landes verändert, zum Beispiel durch die
Drainierung des Buheirat el Huleh (Huletal) in den 1950er Jahren durch
den Jüdischen Nationalfond oder durch die Abzweigung von Wasser aus dem
unteren Jordan, wodurch (Israel) dazu beigetragen hat, dass der
Wasserspiegel des Toten Meeres dramatisch gesunken ist. Gerade in diesem
Monat hat Israel die Beduinenansiedlung Al Araqib in der Negevwüste zum
36. Mal zerstört, damit der Jüdische Nationalfond dort einen Wald
anpflanzen kann und nach einer geläufigen Redensart "die Wüste blühen
lassen wird".
Wir veröffentlichen diese Deklaration und
appellieren jetzt, da sich die Mitglieder der weltweiten Bewegung für
das Recht auf Wasser organisieren, um Widerstand gegen die
Privatisierung unseres gemeinsamen Gutes Wasser zu leisten, an alle
Menschen mit einem Gewissen, etwas für das Recht der Palästinenser auf
Wasser zu unternehmen. Wir veröffentlichen diese Deklaration hier in
Frankreich, in Marseille, dem Sitz des Weltwasserrates (privater Think
Tank und Lobbygruppe), der von transnationalen Körperschaften und der
Weltbank gegründet wurde. Da der Weltwasserrat das 6. Weltwasserforum
organisiert, um die Privatisierung des Wassers und der sanitären Dienste
voran zu bringen, machen wir die Tatsache publik, dass die Unternehmen,
die Mitglieder dieses Rates sind, aus der Privatisiserung von Wasser und
sanitären Diensten weltweit Nutzen ziehen – im Besonderen machen wir
publik , dass das französische multinationale Unternehmen Veolia der
israelischen Siedlung Modi'in Illit auf besetztem palästinensischem Land
Dienste für die Abwasserbehandlung zur Verfügung stellt; dass es
illegal israelische Abfälle im besetzten Jordantal wild entsorgt, dass
es mit den Apartheid-Transportdiensten die illegalen Siedlungen
miteinander verbindet, während solche Dienste den Palästinensern
vorenthalten werden. Unsere Kämpfe sind eng miteinaner verbunden. Indem
wir dagegen Widerstand leisten, dass der Staat und die multinationalen
Unternehmen aus den Menschenrechtsverletzungen in Palästina Nutzen
ziehen, leisten wir auch Widerstand gegen die Diskriminierung beim
Zugang zu Wasser und stehen für eine globale Gerechtigkeit in Bezug auf
das Wasser.
Von Cochabamba/Bolivien bis Palästina
bekräftigen wir die Notwendigkeit eines Volkswiderstandes, um die
Staaten und die Unternehmen mit ihrer Verantwortung für die Einhaltung
der Menschenrechte zu konfrontieren. Die Palästinenser riskieren bei
ihren Forderungen um Anerkennung als Menschen mit Menschenrechten das
ihnen noch verbliebene Land und ihr Heim sowie das Wasserrinsal, zu dem
sie aktuell Zugang haben. Wir aber wissen, dass wir etwas Konkretes
unternehmen müssen, um die wachsende Bewegung zu unterstützen, die ein
Ende der Straflosigkeit Israels in Bezug auf die
Menschenrechtsverletzungen einschließlich der Verletzung des Rechtes auf
Wasser und sanitäre Dienste fordert.
Nachdem die Regierungen weltweit bei der
Forderung, Israel solle über seine fortdauernden Verletzungen des
Völkerrechts einschließlich des Rechtes auf Wasser Rechenschaft ablegen,
feige versagt haben, haben die Palästinenser an alle Menschen, die ein
Gewissen haben, appelliert, die Maßnahmen Boykott, Desinvestment und
Sanktionen (BDS) gegen Israel zu ergreifen und sich von dem gewaltlosen
Kampf inspirieren zu lassen, der zum Ende der Apartheid in Südafrika
geführt hat. Die Bewegung stützt sich auf das Völkerrecht und die
unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes mit dem Ziel
Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit für alle unabhängig von Rasse und
Religion zu erlangen.
Als Bürger einer globalen, immer stärker
vernetzten Welt haben wir die Pflicht, in unseren
Gemeinden etwas zu unternehmen, um die Menschenrechte
unserer Brüder und Schwestern weltweit zu schützen.
Mit dem Ziel von Israel Rechenschaft zu
verlangen, damit das Recht der Palästinenser auf Wasser wieder
wahrgenommen wird und sie ihre Selbstbestimmung mit allen Rechten, die
diese impliziert, erlangen, erklären wir Aktivisten für das Recht auf
Wasser unsere Unterstützung für die von Palästina angeführte
BDS-Bewegung. Im Besonderen verpflichten wir uns:
1)
Widerstand gegen die Expansion
des nationalen israelischen Wasserunternehmens Mekorot in die
internationalen Märkte zu leisten, weil Mekorot eines der
Schlüsselinstrumente für die Verweigerung des Rechts auf Wasser für die
Palästinser ist.
2)
Die landwirtschaftlichen
Produkte zu boykottieren und Kampagnen zu
organisieren, um die israelischen
Landwirtschaftsunternehmen (z.B. Mehadrin) vom Zugang zu
ausländischen Märkten auszuschließen und ihre Rolle bei der
Konfiszierung palästinensischen Landes und der Wasserressourcen
herauszustellen.
3)
Die Kampagne Stop the JNF
(Jüdischer Nationalfond) zu unterstützen und andere über die "grüne
Reinheit" der israelischen Verbrechen durch den JNF zu
informieren.
4)
Veolia, den größten
Privatisierer von Wasserversorgung weltweit, der aus der Apartheid den
meisten Gewinn zieht, zu boykottien und Investitionen abzuziehen.
5)
Nach Sanktionen durch
Regierungen gegen Israel zu rufen, seziell nach einem Ende der
Kooerations-Verträge bezüglich des Wassers.
[1] EWASH Advocacy Task Force,
"Demolition & destruction of water, sanitation & hygiene (WASH)
infrastructure in the Occupied Palestinian Territory (OPT)", Fact Sheet
11 Dezember 2011.
[2] Laut Weltbank beträgt der
durchschnittliche tägliche Verbrauch bei Haushalten nach den Verlusten
im Leitungsnetz 50 Liter (13,2 Gallonen) pro Person. Das sind kaum 50%
des von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen täglichen Minimums
von 100 Litern. - Weltbank (2009), "Assessment of Restrictions on
Palestinian Water Sector Development", p. 17.
[3] Der israelische Wasserverbrauch bei
Haushalten beträgt 300 Liter täglich pro Person, sowohl von frischem
Wasser als auch von entsalztem Meerwasser.
[4] "Amongst the well drilling
projects not approved by the JWC (Joint Water Committee) or still
pending by the PWA as part of the agreed quantum under Article 40".
Weltbank (2009), p. 49.
[5] De Clemens Messerschmid (2011),
"The Last Sip: Water crisis in Palestine [Arabic publication]", p. 6.
[6] Israelische Wasserbehörde (April
2009), "The Issue of Water between Israel and the Palestinians", p. 15.
[7] "Report of the United Nations Fact
Finding Mission on the Gaza Conflict", para.
1023, UN Doc. A/HRC/12/48 (15.September
2009).
[8] Büro für Humanitäre
Angelegenheiten der Vereinten Nationen (August 2010), Between the Fence
and a Hard Place: The humanitarian impact of Israeli-imposed
restrictions on access to land and sea in the Gaza Strip.
[9] B'Tselem
(2009), "Foul Play: Neglect of Wastewater Treatment in the West Bank".
Quelle:
http://www.palestinalibre.org/articulo.php?a=38295
aus dem Spanischen übersetzt
von K. Nebauer
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