Gaza-Stadt, “der
Weihnachtsmann hat dieses Jahr leere Hände -- er
ist insolvent,“ sagt Vater Manuel Musallam, Direktor
der „Schule der Heiligen Familie“ in Gaza-Stadt.
„Es gab keine Feiern,“
sagt er und hob seine leeren Hände gen Himmel. Wir
Christen und Muslime leben hier alle in Angst und
Unsicherheit. Die israelischen Panzer, Bulldozer und
Flugzeuge belagern uns alle.“
Seine Schule, in die
Muslime und Christen gehen, feiert gern und schließt
alle mit ein. Aber in diesem Jahr waren nur wenige
Feiern geplant und für weniger Kinder.
Der Leiter der
Sonntagschule der griechisch-orthodoxen Kirche,
Jaber al-Jilda, sagt etwa dasselbe wie sein
katholischer Kollege. „Dieses Jahr sind die Feiern
fast nur religiös,“ sagt er,
„Wir wollten gerne
feiern, aber unsere Herzen sind voller Schmerz und
Trauer. Wir können nicht feiern und gleichzeitig die
Beerdigung von einem weiteren von den Besatzern
Getöteten beobachten, wenn der Trauerzug an unserer
Kirche vorbeizieht.“
Am Freitag ist das
Gebäude, in dem er unterrichtet, eine Mosche. Am
Sonntag ist es eine Kirche.
„Ich hab nicht das
Gefühl, Weihnachten zu feiern,“ sagt die 16Jährige
Merkiana Tarazi. „Ohne Sicherheit und Frieden,
selbst wenn ich ein neues Kleid trage – ich bin
nicht glücklich.“
Wie viele in Gaza, die
Familienmitglieder in Israel, Jordanien oder auf der
Westbank haben, ist Merkiana von einem großen Teil
ihrer Familie abgeschnitten. Ihre ältere Schwester
studiert an der Birzeit-Uni in der Westbank. Sie
kann an Weihnachten wegen der Belagerung des
Gazastreifens nicht nach Hause kommen.
In der Vergangenheit
feierte die christliche Gemeinde von Gaza
Weihnachten, wenn auch nicht so großartig wie im
Westen. Vor der 2. Intifada, die 2000 begann,
versammelten sich Christen und Muslime am
Weihnachtstag auf Gazas Hauptplatz. Ein riesiger
Weihnachtsbaum stand mitten auf dem Platz, und der
Weihnachtsmann verteilte Gaben an die Leute auf der
Straße. Heute kann sich die Gemeinde keinen
Weihnachtsbaum leisten.
„Wir verteilten sonst
Schokolade an unsere Kinder in der Schule,“ sagt
Vater Musallam. „Aber jetzt mit der israelischen
Belagerung gibt es keine Schokolade.“
Es gibt auch keinen
Weihnachtsschmuck. „Papier und Malutensilien gibt es
auch kaum. Und wenn wir auf dem Markt wirklich
etwas davon finden, können wir es uns nicht leisten.
Selbst Kleidung oder nur die Zutaten zu einem
Weihnachtskuchen können wir uns nicht leisten.“
Aber diese Bedingungen
haben unsern Geist noch nicht umgebracht. Anstelle
von Schokolade hat die Schule Erdbeeren organisiert,
die im Gazastreifen angepflanzt und dieses Jahr
nicht nach Europa ausgeführt werden können. Die
Erdbeeren bereiteten ein bisschen Hoffnung zu
Weihnachten.
Yilda hat seinen eigenen
Ersatz gefunden. Als Weihnachtsgaben bot er
religiöse Bücher anstelle von Schokolade, Kleidern
und traditionelle Geschenke an.
Weihnachten liegt dieses
Jahr inmitten von Geschichten, die in den westlichen
Medien auftauchen und die die Hamas-Regierung oder
die Muslime allgemein anklagen, sie würden die
Christen im Gazastreifen oder in Palästina
verfolgen . Das sagen aber nicht viele Christen.
„Hamas hat das nie
getan“, sagt Jilda nachdrücklich. „Sie schicken
Vertreter der Hamas zu unsern Feiern. Im letzten und
vorletzten Jahr kamen sie und brachten
Weihnachtsgrüße zu unserer Kirche und der ganzen
Gemeinde.“
Da sonst alles fehlt,
können die christlichen Führer uns nur Worte der
Hoffnung geben.
„An Weihnachten geht es
um Vergeben und Frieden,“ sagt Vater Musallam. „Es
beginnt mit einem Kind. Wenn wir in die Herzen
unserer Kinder einen Baum der Heiterkeit pflanzen,
dann werden die Früchte Frieden sein. Ich schicke
meine Grüße der Liebe und der Achtung hinaus in die
Welt, während unser Volk zum einen von Hoffnung und
zum andern in Verzweiflung lebt.“
(dt. Ellen Rohlfs)
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