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Man kann wahnsinnig werden
Yossi Sarid, Haaretz, 19.1.05

 

Ich musste mir die Augen reiben – ich konnte es kaum glauben: der amtierende Ministerpräsident Ehud Olmert sagte zu den Verteidigungschefs nur richtige Dinge. Nun müssen wir abwarten, ob Olmert nicht nur redet sondern auch handelt. Wir hatten schon  zu viele Redner.

 

Wenn ich bis jetzt noch nicht wahnsinnig geworden bin, dann ist es vielleicht schon zu spät dazu. Aber man kann wirklich verrückt werden, wenn die, die im Dunkeln gehen, plötzlich die Dunkelheit sehen – nämlich die schreckliche Gefahr, die mit den Siedlern  Israel auflauert. Wie oft erklärte ich diesen „Hohlköpfen“ des Verteidigungsestablishments den Ernst der Lage und sagte ihnen, wenn es kein Gesetz für die Siedler  in den besetzten Gebieten gibt, dann gibt es auch kein Gesetz für die Gesetzesbrecher in Israel. Wie viele Federn habe ich beim Artikelschreiben zerbrochen, bis ich fast selbst daran zerbrochen bin und wie viele Reden habe ich gehalten, bis meine Stimme  heiser  war.

 

Und nun beginnen die, die sich der Sache entzogen haben, und die Drückeberger und  die Gleichgültigen SOS-Botschaften zu empfangen und auszusenden. Ihre Antennen  haben sie endlich auf die Piraten-Station von Hebron, Amona und die Dutzenden  illegaler Siedlungen und Außenposten ausgerichtet. Aber selbst jene, die angeblich „legal“ gebaut wurden,  sind auf Gesetzen von Sodom und Gomorrha – auf Gesetzen des Diebstahls und der  Usurpation errichtet.

Im Augenblick  wollen wir uns - zur Abwechslung und nur für den Anfang -  mit den Außenposten  zufrieden geben, deren Namen und Verantwortung schwarz auf weiß in Talia Sassons Bericht stehen.

 

Der Armee und der Polizei muss die Schuld gegeben werden; sie hatte die Augen zugedrückt. Dies ist eine falsche Schuldzuweisung; denn sie hat ihre Augen gar nicht zugedrückt – sie zwinkerten. Die IDF war der ranghohe Kollaborateur der Siedler im allgemeinen und  insbesondere der Hebronsiedler. Ich war mit den Chefs der IDF-Zivil-Verwaltung mehrfach wegen ihres schamlosen Spiels zusammengestoßen, und sie waren schrecklich beleidigt. Wie kann man die IDF einen Kollaborateur nennen?

 

Ranghohe Offiziere in der IDF, beim Shin Bet und der Polizei hörten nicht auf zu zwinkern und jetzt scheint es so, dass sie vom zu vielen Zwinkern und Blinzeln ihre Augen verstaucht haben. Sie drehen sich im Kreis herum und tänzeln, springen nach jedem Gegacker eines jüdischen Truthahns oder einer Henne in Hab-Achtstellung, weil dies im Geiste des Kommandeurs wäre. Hat sich der Wind jetzt wirklich gedreht oder ist es nur heiße Luft? Bläst der Wind, der von Jerusalem kommt, nur wie eine Abendbrise, wie eine Vorabendwahl-Brise oder ist es ein neuer Geist, der die vergiftete Atmosphäre  reinigen will? Die Antwort weiß nur der Wind.

 

Der Verteidigungsminister Shaul Mofaz verlangt nun mehr Mittel, um die Gesetze durchzusetzen. Bis gestern waren die Gesetzesbrecher der Westbank das „Salz der Erde“.

Plötzlich wird das Salz in die Wunden von Mofaz und Dan Haluz gerieben. Guten Morgen, Ihr beiden! Ihr braucht nicht mehr Mittel. Ihr habt jede Menge Mittel und Wege. Was Ihr braucht, ist ein resoluter Wille. Bis heute  habt Ihr mit dem Feuer gespielt und Euch geweigert, es zur rechten Zeit zu löschen. Und nun droht es, uns alle zu verbrennen.

 

Und der Staatsanwalt Menachem Mafuz, der  bis heute keinen Finger gerührt hat, zeigt nun einen warnenden Finger. Mafuz ist auch bedürftig. Gebt ihm mehr Vollstrecker. Naiv war er der Meinung, dass es organisiertes Verbrechen nur  innerhalb der grünen Linie gibt und versäumte dabei, die beispiellose Organisation des weit verzweigten Verbrechens auf der anderen Seite der Linie zu beachten.

 

Es ist schwierig, sie jetzt zu erkennen, all die unfähigen und faulen, die plötzlich  so tun, als ob sie hart und energisch arbeiten würden. Tragen sie nun auch Masken  auf ihren Gesichtern ?

 

(dt. Ellen Rohlfs)

 

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