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Die Gaza-Evakuierung
Abzug oder taktische militärische Truppenverschiebung ?
 
Shamir Leibowitz und Katerina Heller, 24.8.05*

 

Die bevorstehende Übergabe des Gazastreifens an die palästinensische Behörde und die Evakuierung eines kleinen Teils der Westbank von israelischen Siedlern wurde von den internationalen Medien als  Wendepunkt in der gewalttätigen Geschichte des israelisch-palästinensischen Konfliktes dargestellt. Durch sehr wohl geplante Medienstrategien, die die Weltmedien einluden, um Fotos von Israelis zu machen, die Männer, Frauen und Kinder aus ihren Heimen in den illegalen Siedlungen wegzerrten, gelang es der israelischen Regierung, den einseitigen Abzugsplan  als eine große „Konzession“ von Seiten Israels und als  Wiederaufnahme des „Friedensprozesses“ zu verkaufen.

 

Aber der einseitige Abzugsplan wird sich als etwas völlig anderes herausstellen, da er nichts anderes als eine taktische militärische Verlegung von Israels Besatzungskräften ist. Das wird aus Israels Entscheidung  deutlich, die militärische Kontrolle über die  evakuierten Gebieten in der Westbank zu behalten  und ebenfalls die Kontrolle über den Luftraum, die Küste und die Grenzübergänge des Gazastreifens - auch durch Israels Entscheidung, den Bau der Mauer mitten in der Westbank fortzusetzen.

In einem Bericht vom Dezember 2004 sagte die Weltbank voraus, wenn die Kontrolle der Menschen und Waren nach und von Gaza fortgesetzt würde, statt den Bewohnern von Gaza wirtschaftlichen Fortschritt anzubieten, dann wird der Abzug die sowieso schon sehr schwierige wirtschaftliche Situation  des Gazastreifens noch verschlechtern.

 

Tatsächlich wird der Abzugsplan Gaza in das größte Open-air-Gefängnis der Welt verwandeln – mit 1,3 Millionen palästinensischen Insassen. Die Folge davon wird die Fortsetzung, wenn nicht gar eine Verschlimmerung des Blutvergießens und der Gewalt sein. In gleicher Weise wird die Auflösung von 4 der 130 Siedlungen ( nur für Juden) in der besetzten Westbank nicht das Ende der israelischen Besatzung signalisieren, sondern ihre Verewigung; denn gleichzeitig werden andere Siedlungen erweitert und ausgebaut und zwar auf Kosten von 2 Millionen Palästinensern, die weiterhin ohne Menschen- und Bürgerrechte leben.

 

Kann der Abzugsplan trotz seiner ernsthaften Mängel etwas in Richtung Frieden bewirken?

Ja, wenn die internationale Gemeinschaft von Israel einen kompletten Rückzug aus der Westbank und Ostjerusalem fordert und in der Zwischenzeit eine internationale Friedenstruppe als Puffer zwischen Israel und die Palästinenser einsetzt.

 

Als 1999 in Ost-Timor der Übergang von indonesischer Besatzung zur Unabhängigkeit begann, setzte die UN internationale Truppen für Ost-Timor ein (INTERFET), die aus 8000 Friedenskräften bestanden und die die Gewalt in der Region unterdrückten. Mit Erfolg hielten sie den Frieden aufrecht und dienten als Puffer zwischen Indonesien und den Ost-Timoresen und erlaubten, letzteren ihre Unabhängigkeit friedlich aufzubauen.

Auf diesen Präzedenzfall aufbauend sollte der UN-Sicherheitsrat eine ähnliche Resolution herausgeben, damit Internationale Friedenskräfte in Israel/Palästina eingesetzt werden,  die in der Westbank und im Gazastreifen stationiert sind, die Gazagrenzpunkte, den Flughafen und die Küste überwachen und so als Puffer zwischen Israel und den Palästinensern dienen.

Diese Kräfte würden das System der Absperrungen, der Ausgangssperren und willkürlichen Restriktionen, die vom israelischen Militär über jede palästinensische Bewegung verhängt wurde, beenden. Dieses hatte die palästinensische Wirtschaft zerstört. Die Friedenskräfte würden wirtschaftliches Wachstum und Fortschritt in der Westbank und im Gazastreifen erlauben und eine friedensbildende Umgebung auf beiden Seiten fördern.

 

UN-Sekretär Kofi Annan wie auch die Weltbank und die Europäische Union haben öffentlich die internationale Intervention unterstützt, entweder in der Form einer UN-basierten Truppe oder einer Nato-Truppe. Die Palästinensische Behörde hat diese Idee befürwortet. Es bleibt ein „kleines“ Problem: die israelische Regierung weist diesen Vorschlag zurück.

 

Israel sollte aus seinen vergangenen Fehlern lernen. Die Verschlechterung und der schließliche Kollaps der Oslo-Verträge wurde vor allem der Abwesenheit  internationaler bewaffneter Kräfte zugeschrieben, die die Abkommen umsetzen  und die Menschenrechts-verletzungen verhindern sollten. Damit derselbe Fehler nicht noch einmal gemacht wird, muss die internationale Gemeinschaft Israel wirtschaftlich unter Druck setzen, dass es der Einsetzung  einer  neutralen bewaffneten Friedenstruppe zustimmt. Diese hätte die Kraft, den Abzug in eine friedensbildende Operation zu verwandeln, die auf den Weg zur Erfüllung der „Road Map zum Frieden“ führt – einem Plan, der von der USA, Russland, der EU und der UN gesponsert wird, um einen unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staat ( 2005) zu errichten.

 

Als Israelis sind wir stolz über die Entscheidung unseres Landes, damit anzufangen, das Völkerrecht einzuhalten, aber wir sind sehr darüber besorgt, dass dies unserm Volk keinen Frieden und keine Sicherheit bringt. Wir benötigen dringend die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft – durch den Einsatz einer Friedenstruppe jetzt.

 

Shamai K. Leibowitz ist israelischer Anwalt. Er hat den Master of Law in International Legal Studies von der amerikanischen Universität Washington College of Law und ist ein aktives Mitglied von Gush Shalom – dem israelischen Friedensblock.

Katerina Heller ist eine israelische Psychologin und Gründungsverlegerin von „The Occupation Magazine. Sie kann erreicht werden über : legal(at)012.net.il

 

* Quelle: http://www.counterpunch.org/leibowitz08252005.html

(dt. Ellen Rohlfs)

 

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