Sharons
willige Komplizen
28.04.2004
Haim Bresheeth
Sharons willige Komplizen Bush und Blair werden sich die historische
Schuld teilen, die Israel für die Verbrechen von Sharon tragen wird,
schreibt Haim Bresheet, ein israelischer Akademiker, der an der
Universität von Ost-London arbeitet. Er ist der Co-Autor des Buches „The
Golf War and the New World Order“ Vlg Zed Books ( über
enrique.ferro(at)mailshell.com
und Victoria Buch, Machsom Watch, Israel)
Wir
hörten, wie der mächtigste Mann der Welt von einem in Jerusalem
geschriebenen Blatt abliest und dabei wie ein Statist und Bauchredner die
Worte seines Meisters nachplappert – der dafür verantwortlich ist, dass
der Nahe Osten seit Jahrzehnten in Blut badet.
Diesem äußerst bizarren Schauspiel – Bush war unfähig, eine einfache Frage
zu beantworten, und wiederholte nur Sätze wie ein kaputter Roboter –
folgte ein noch bizarrerer Vorschlag von Blair, dass dies keine Abwendung
von der jahrzehntelangen Politik Washingtons und Londons wäre.
Für
die, die von Bushs Rückzug von seinem eigenen unsinnigen Programm, der
gefeierten Road Map, geschockt waren, erinnern wir an die Umstände, die
zur Geburt dieses Geschöpfs führten. Es war Tony Blair, der sich
ausrechnete, dass eine Bewegung in Richtung einer politischen Lösung für
Palästina arabische Gunst zu einem Zeitpunkt herauslocken könne, wo sie
für die USA und die United Kingdom dringend nötig wäre, nämlich bevor sie
in den Irakkrieg ziehen würden. Der Plan wirkte. Jetzt wird die Road Map
wie ein fauler Apfel weggeworfen. Bush, der sein neues Schriftstück las,
nannte Sharons Plan „historisch und mutig“ und stellte ihn als einen
Neuanfang in der Geschichte des Nahen Ostens dar.
In
Sharons Liste ist Bush nur eine weitere Schachfigur. So wichtig er im
Augenblick ist, hilft er, den Strategieplan Sharons, Palästina von seinem
Volk „frei“ zu machen, zu erfüllen. Es ist das, worauf Sharon sein Leben
lang hinarbeitete. Amerikanische Präsidenten kommen und gehen, Sharon
steht seit Jahrzehnten fest, und beseitigt bei seiner unermüdlichen,
barbarischen Mission alle Hindernisse. Mit der Hilfe, die er jetzt von
Bush und Blair erhält, kann er seine Mission zu Ende bringen.
Sharon war derjenige, der die Kollektivstrafe und den Massenmord in den
frühen 50er Jahren als Schöpfer und Kommandeur von Israels erster
berüchtigter Todesschwadron, der Einheit 101, einführte. Seine frühe
militärische Karriere verbrachte er mit Töten: nicht feindliche Soldaten,
sondern Zivilisten in den Dörfern wie Kibya. In Gaza übte er während der
frühen 70er Jahre eine Schreckensherrschaft aus, um den palästinensischen
Widerstand gegen die Besatzung zu brechen. In seinem lebenslangen Kampf
war es wirklich eine andere Phase, möglichst viele Palästinenser zur
Flucht aus ihrer Heimat zu veranlassen. Er zerstörte große Teile von
Beirut, tötete Zehntausende in seinem Libanonkrieg 1982, während er davon
besessen war, Arafat und die PLO zu jagen. Wie allgemein bekannt ist,
verlief diese Kampagne nicht so erfolgreich. Gaza ist zum Zentrum des
palästinensischen Widerstandes geworden, und dank des Oslo-Abkommens
kehrte Arafat nach Palästina zurück.
Aber
eine seiner anderen Kampagnen ist dabei, Früchte zu bringen: es ist
natürlich das große Projekt der Siedlungen in den besetzten Gebieten. Wenn
es einen Menschen gibt, von dem man sagen kann, dass er für das Netzwerk
der Hunderte von Siedlungen verantwortlich ist, in denen nun eine halbe
Million Israelis wohnen, so ist es Ariel Sharon. Als Minister - egal in
welchem Ressort - hatte er nur eine Agenda und eine einzige Priorität: die
Siedlungen zu erweitern und zu stärken, alle palästinensischen Städte und
Dörfer mit Straßen zu umgeben, die die Palästinenser von ihrem Land
trennen und das auf diese Weise nicht mehr von ihnen bearbeitet werden
kann. Straßensperren schneiden die Dörfer von einander ab, die Bauern von
ihrem Land, die Arbeiter von ihrem Job, das Wasser von den Wohngebieten,
die Kinder von den Schulen, die Kranken von den Krankenhäusern. Vier
Millionen Palästinenser leben in totaler Isolation unter Bedingungen, die
mehr und mehr an das erinnern, was Juden in den Ghettos unter der
Nazikontrolle durchgemacht haben.
Die
ständige Belagerung Arafats in Ramallah, die erklärte Todesstrafe, nun
auch gegen die gesamte palästinensische Führung ausgesprochen, die
Apartheidmauer und nun die Bush-Erklärung, aus der die Siedlungen frisch
und sauber auftauchen, sind alles Phasen des Sharon-Projekts, das alle
Möglichkeiten für palästinensisches Leben und palästinensische Existenz
ausschließt. Es geht nicht darum, den Widerstand gegen die Besatzung zu
ersticken, sondern um eine stetige Verschärfung der Situation, bis eine
„Endlösung“ des palästinensischen Problems eingeleitet werden kann. Der
anhaltende Widerstand versieht Sharons Feuer nur mit Brennstoff. Er wird
die Palästinenser schlagen – egal was kommt – und der Widerstand hilft
ihm, Bush und Blair an Bord zu bekommen und Kredit für einen Plan zu
erhalten, der gegen jeden Grundsatz des Völkerrechts ist. Im kränkelnden
Klima der Furcht, in das nun die USA und der Rest des Westens gestürzt
ist, wird der Schaden, den solche Maßnahmen den Regeln des Völkerrechts
zufügen, gar nicht erst in Betracht gezogen. Sie werden auch nicht von
arabischen und palästinensischen Stimmen kommentiert. Beide Versäumnisse
sind Zeichen von politischer Krankheit, die den Westen befallen hat und
die die Gesellschaften infiziert. Die Herrschaft des Terrors und der
Unvernunft, von Bin Laden begrüßt, ist erst von Bush und Blair – ganz zu
schweigen von Sharon - aufgenommen und vergrößert worden.
Die
Bush-Maßnahme hat Sharon weiter ermutigt, immer größer werdende Attacken
auf palästinensisches Leben auszuführen, was langsam aber sicher zu dem
Ziel führt, dem er sein Leben geweiht hat.
Das
nächste Stadium Sharons ist die physische Vertreibung der meisten, wenn
nicht aller Palästinenser aus ihrer Heimat. Die gegenwärtige illegale
militärische Kontrolle der 1967 besetzten Gebiete - von Rabbi Bush
koscher gemacht – vermacht Israel mehr als 90% von Palästina. In diesem
Gebiet leben knapp über 5 Millionen israelische Juden, während 4 Millionen
Palästinenser in ein Ghetto gesperrt werden, das weniger als 10% ihres
eigenen Landes umfasst. Doch dies genügt Sharon noch nicht. Das nächste
Stadium ist der „Transfer“ - die ethnische Säuberung - der
Palästinenser.
Bush
und Blairs Unterstützung für diesen Mann des Blutes bringt solch einen
Augenblick näher. Während Sharon ein Meister im Brechen des Völkerrechts
ist, so würde ihm dies doch nicht ohne den Rückhalt und die Unterstützung
durch die mächtigste Nation der Erde und der UK gelingen, das sich nach
Sklavenart hat ins Schlepptau nehmen lassen. Die Verantwortung für das
Blutvergießen, das Elend und die globale Verwüstung, die Sharon zu
verursachen im Begriffe ist, wird von jenen geteilt werden müssen, die
diese verbrecherischen Aktionen möglich gemacht haben und von jenen, die
daneben standen und es geschehen ließen.
(dt.
ellen rohlfs)
Quelle
http://www.ipc.gov.ps/ipc_e/ipc_e-1/e_Articles/2004/articles-028.html
International Press Centre |