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ief-aus-Israel]


 

 From: "Angelika Schneider" <anka.sch(at)gmx.net To: <Brief-aus-Israel(at)yahoogroups.de Subject: [Brief-aus-Israel] Aktuelles aus
den besetzten Gebieten


 

"Sechzig Jahre nach Auschwitz" schreibt er, "ist es also möglich, zu behaupten, dass viele Länder der Welt mehr vom Holocaust gelernt haben als die Israelis."

Liebe Leute, etwas spät, ein Artikel aus Ha'arez von Tom Segev zum Thema Auschwitzgedenken. "Sechzig Jahre nach Auschwitz" schreibt er, "ist es also möglich, zu behaupten, dass viele Länder der Welt mehr vom Holocaust gelernt haben als die Israelis." Es wäre gut, wenn solche Stimmen auch gehört werden, während unser Präsident kritiklos unsere "besondere Beziehung" zu Israel hervorhebt. Sein ganzer Besuch schien mir eine Verherrlichung Israels ohne die geringste Infragestellung der israelischen Politik - oder war das nur so einseitig im Fernsehen wiedergegeben?

Die Staatschefs, die in dieser Woche in Auschwitz zusammenkamen ... und diejenigen, die die Sondersitzung der UNO zum Holocaust vertraten die Mehrzahl der Bewohner dieser Erde. Das ist nicht überraschend: das Abschlachten der Juden wird heute akzeptiert als ein universeller Kode für das absolut Böse. Viele Tyrannen haben entsetzliche Gräuel während der letzten 60 Jahren, und Dutzende Millionen Menschen sind getötet worden. Aber selbst bei Josef Stalin und Mao Tse-tung, bei Vietnam und Rwanda, gibt es kein Trauma, das so tief ins Bewusstsein der Welt eingedrungen ist wie der Mord an den Juden. "Gulag", ein Buch das seiner Autorin, Anne Appelbaum einen Pulitzer Preis einbrachte ... versucht die Frage zu beantworten, warum der Westen die Verbrechen der Kommunisten nicht in dem Maße internalisiert hat wie die Verbrechen der Nazis. Es ist nicht leicht, diese Frage zu beantworten. Möglicherweise hat die Enge der westlichen Perspektive zu Folgendem geführt: Die Sowjetunion lag außerhalb der Idee von Europa, Deutschland innerhalb. Der Nazismus wurde durch eine Besatzung eliminiert; die Lektion über ihre Vergangenheit wurde Westdeutschland durch die Amerikaner aufgezwungen. Deutschland war als Speerspitze im kalten Krieg gedacht. Die Sowjetunion hat sich lediglich von innen aufgelöst, und wem macht das was aus? Der Holocaust hat dagegen viele Länder betroffen und die gesamte christliche Welt empfand eine Teilnahme an der Schuld. Deswegen hat sie den Holocaust als Teil seiner Grundwerte aufgenommen. Vielen Israelis gefällt die Tatsache nicht, dass der Holocaust allen gehört. Die vielen Millionen Dollar, die in der letzten Zeit in Yad Vashem investiert wurden drücken deutlicher als alles andere die Empfindung aus, dass das großartigste Holocaustmuseum der Welt in Jerusalem sein muss, und nicht in Washington oder in Berlin. Es gibt auch nichts, was die Israelis mehr ärgert als ein Vergleich "unseres" Holocaust mit dem Genozid irgend eines anderen. Dazwischen ist es sehr schwierig, den wahren Sinn des Holocaust von manipulativem Gebrauch zu unterscheiden. Beide gibt es inb Israel. Durch die Jahre ist der Holocaust ins Zentrum der israelischen Identität gerückt, es gibt aber auch viele, die ihn ausnützen um politische Argumente zu rechtfertigen, manche auf der Linken, manche auf der Rechten. Das ist ein ekelhaftes Phänomen und ist außerdem absurd; es enthält ein Element der Holocaustverleugnung, es ist aber zu bezweifeln, dass es den wahren Wertekonflikt widerspiegelt, den der Holocaust in Israel hervorgebracht hat. Das ist der Konflikt zwischen nationalistischen lehren und menschlichen Lehren des Holocaust. Ein starkes Israel soll eine Zuflucht für jeden verfolgten Juden sein, aber auch jeden antisemitischen Schurken abschrecken. Es besteht eine gewisse Spannung zwischen diesen Lehren, die zum Großteil eine politische Spannung ist; es gibt keinen tiefgehenden Widerspruch zwischen ihnen. Aber während der 10 Jahren, die seit dem 50. Jahrestag der Auschwitzbefreiung vorübergegangen sind, hat das Gewicht der menschlichen Werte auf die Israel in der Vergangenheit so stolz war, abgenommen. Die Stadtverwaltungen beeilen sich heutzutage nicht, die Worte "Tod den Arabern" auszuradieren, die immer wieder auf Mauern erscheinen. Vor zehn Jahren waren diese Schmierereien noch schockierend. Auch hält keiner ein Fußballspiel an wegen solcher Zwischenrufe. Hass gegen die Araber ist legitim geworden. Die Diskriminierung gegen arabische Israelis hat in vielen Bereichen zugenommen; sogar Deportationen, tatsächliche oder durch Verschiebung der Grenzen, sind zu einer Idee geworden, die ihre Unterstützer und Gegner hat, alle im Rahmen einer angeblich legitimen Debatte. Die furchtbaren Dinge, die sich in den [besetzten] Gebieten ereignen, wie die Zerstörung ganzer Wohnviertel, werden höchstens routinemäßig berichtet. Die Diskussion über die Trennungsmauer, die die Westbank und den Gazastreifen zu riesigen Gefängnissen gemacht hat, ist vorüber. Die Unterdrückung in den Gebieten, die Demütigungen an den Straßensprerren und das Außerachtlassen humanitärer Bedürfnisse gehen weit über notwendige im Kampf gegen den Terror hinaus. Ironischerweise ermutigt die Unterdrückung in den Gebieten den Antisemitismus, und an verschiedenen Stellen der Welt gefährdet sie sogar die Sicherheit von Juden. Es gibt eine Studie die zeigt, dass sogar die Deutschen eine tiefere Achtung für die Werte des Humanismus in ihre Jugend eingepflanzt hat als die Israelis. Sechzig Jahren nach Auschwitz ist es also möglich, zu sagen dass viele Länder der Welt mehr vom Holocaust gelernt haben als die Israelis. Hier gibt es eine Aufgabe, die vor dem 70. Gedenktag zu erledigen ist.   





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