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Broschüre entmystifiziert unberechtigte Antisemitismus-Beschuldigungen

Von Adri Nieuwhof

 

Rezension: „Judentum, Zionismus, Antizionismus und Antisemitismus: Versuch einer Begriffsbestimmung“ von Hajo Meyer,

 Berlin ( 2009):  Frank&Timme GmbH-Verlag für wissenschaftliche Literatur

 

Vor kurzem veröffentlichte Hajo Meyer eine bemerkenswerte Broschüre, um den absichtlichen Missbrauch des Terminus „Anti-Zionismus“ und „Antisemitismus“ durch den Staat Israel und seine ihm nahen Organisationen zu neutralisieren. Eine Folge dieses Missbrauchs ist, dass man sehr zögerlich Israels (ungutes)Verhalten kritisiert. Israels Verletzungen des Völkerrechts und die anhaltende kollektive Strafe der Menschen im Gazastreifen sollten nach Meyers Ansicht kritisiert werden. Außerdem ist er erschrocken über die Unfähigkeit der EU, Israel zur Rechenschaft zu ziehen.

 

Meyer spricht eindeutig darüber, wie Israel mit den berechtigten Schuldgefühlen Europas  wegen des Holocausts spielt.

 Meyer wurde 1924 in Bielefeld, Deutschland, geboren. Er war 14 Jahre alt, als er 1939 aus eigenem Willen vor dem stärker werdenden Antisemitismus der Nazis in die Niederlande floh. 1944 wurde er dort von der Gestapo gefangen genommen und nach Auschwitz deportiert. Er ist einer der wenigen Überlebenden und lebt jetzt in den Niederlanden.

Nachdem Juden zweitausend Jahre lang fast ohnmächtige Opfer des Anti-Judaismus und Antisemitismus wurden, erhielten sie mit der Gründung des Staates Israel politische und militärische Macht, schreibt der Autor. Nach dem 2.Weltkrieg wirkt das Gift von Auschwitz in den Beschuldigungen des Antisemitismus weiter. In Verbindung mit der radikalen Veränderung der Machtposition der Juden können Beschuldigungen des Antisemitismus eine ernsthafte Bedrohung für den Angeklagten sein, besonders in Deutschland.

Meyer ruft zu äußerster Zurückhaltung auf, den Ausdruck „Antisemitismus“ zu verwenden.

 

Der industrialisierte Massenmord des Holocaust fand direkt vor der ganzen christlichen Welt statt. Die Schuldgefühle sind völlig berechtigt , bemerkt Meyer. Israel spielt  aber mit den Schuldgefühlen des Westens mit der Drohung öffentlicher Anschuldigungen des Antisemitismus, wenn es für seine Taten kritisiert wird. Der Westen empfindet sich selbst als Freund Israels, aber dadurch, dass er Israels Verletzungen des internationalen Rechts nicht kritisiert, erlaubt er in Wirklichkeit dem Land ein Abrutschen in eine hoffnungslose Situation. Wirkliche Freunde sollten einander die Wahrheit sagen. Es könnte sein, dass der Westen eines Tages die traurige Schlussfolgerung ziehen muss, dass er nach dem Holocaust auch an der Vernichtung des palästinensischen Volkes mitbeteiligt war.

 

Viele Juden leiten – nach Meyer - einen bedeutenden Teil ihrer jüdischen Identität von einer unkritischen Loyalität gegenüber dem Staat Israel ab. Statt an Gott zu glauben, glauben sie jetzt an Israel. Folglich wird Kritik an Israel leicht als Kritik an Juden missverstanden und Leute, die Israel kritisieren, werden unberechtigter Weise Antisemiten genannt.

 

Israels Politik ist an der Realisierung der politischen zionistischen Ideologie ausgerichtet, bemerkt Meyer. Er beobachtet, dass der augenblickliche politische Zionismus dahin zielt, ein Maximum an palästinensischem Land mit einem Minimum von Palästinensern zu kontrollieren. Doch nicht alle Juden unterstützen diese zionistische Ideologie. Die ultra-orthodoxe jüdische Gruppe „Naturei Karta“, das Internationale Jüdische Anti-Zionistische Netzwerk und viele Juden kritisieren offen den Zionismus. Dies beweist, dass es nicht logisch ist, den Anti-Zionismus mit Anti-Semitismus gleichzusetzen. Aber dies ist nicht der einzige Grund. Meyer erinnert den Leser, dass Zionismus nicht nur von Juden unterstützt wird, sondern auch von christlichen Fundamentalisten in den USA und in Europa. Sie stellen eine mächtige und fanatische Gruppe von Zionisten dar.

 

Meyer erwähnt noch eine andere bemerkenswerte Tatsache, die zeigt, das die Gleichstellung von Antizionismus und Antisemitismus falsch sind. Sogar extreme Antisemiten unterstützten den Zionismus. Am 1.September 1933 stimmten die Nazi-Regierung und deutsche Zionisten darin überein, dass deutschen jüdischen Zionisten – keineswegs anderen Juden – erlaubt wurde, einen großen Teil ihres Vermögens nach Palästina mitzunehmen, indem sie deutsche Maschinen und Industrieprodukte mit Genehmigung nach Palästina exportieren durften.

 

In seiner Broschüre definiert Meyer einen Antisemiten als jemanden, der sich verbal oder im Verhalten gegenüber Juden  negativ benimmt. Ein Antizionist ist ärgerlich und kritisch über Israels Aktionen, die das Internationale Recht verletzen. Jüdische Anti-Zionisten, die Israels Verhalten kritisieren, können nicht als Antisemiten gebrandmarkt werden. Solch eine Beschuldigung ist unlogisch und stimmt im allgemeinen gar nicht. Den Terminus „selbst-hassender Jude“ für jüdische Anti-Zionisten anzuwenden, funktioniert auch nicht, weil die größte Gruppe „selbsthassender Juden“ unter den Pionieren der Zionisten gefunden werden kann, schreibt Meyer. Eines der Beispiele, das  diese seine Ansicht unterstreicht, ist ein Zitat von Aaron David Gordon, der von 1856 – 1922 lebte: „Wirsind ein Parasitenvolk. Wir haben keine Wurzeln im Boden; es gibt keinen Grund unter unsern Füßen. Und wir sind Parasiten nicht nur im wirtschaftlichen Sinn, sondern auch im Geist, in Gedanken, in der Dichtung, Literatur, und in unseren Tugenden, unsern Idealen, unseren höheren menschlichen Hoffnungen. Jede fremde Bewegung fegt uns weg, jeder Wind in der Welt trägt uns fort. Wir sind fast nicht existent, also sind wir natürlich auch in den Augen der anderen Völker ein Nichts.“ Meyer bemerkt hierzu, dass diese Ansicht von Gordon einen Hass ausdrückt, der von einem extremen Antisemiten kaum überboten werden kann.

 

Im Epilog schreibt Meyer, dass er den Zionismus – in jeder Hinsicht -  als eine verfehlte Ideologie betrachtet. Israel, das Produkt des Zionismus ist eine beklagenswerte Schöpfung, die den Juden, den Palästinensern oder der Welt nicht viel Glück brachte.

 

Adri Nieuwhof ist ein Facharzt/Berater und Menschenrechtsaktivist.

 

(dt. Ellen Rohlfs)

 

 

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