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Die Rolle der ethnischen Säuberung bei der Bildung und Entwicklung des zionistischen Staates Israel.
Joel Kovel, National Lawers Guild, Juli 2007-07-20

 

In Ilan Pappé’s Buch “Die ethnische Säuberung Palästinas“ schreibt er, das ethnische Säuberung eine Bemühung ist, ein ethnisch gemischtes Land durch Vertreibung einer besonderen Gruppe von Menschen gleichartig  zu machen und sie zu Flüchtlingen werden zu lassen und gleichzeitig die Häuser zerstört, aus denen sie vertrieben wurden.(1) Der Hauptteil von Pappés Studie befasst sich mit dem einzigen dramatischsten Beispiel ethnischer Säuberung, des systematisch ausgeführten Plan Dalet (D), der am 10. März 1948 ausgedacht wurde, bevor dem größeren Ausbruch der Feindseligkeiten im Krieg von 1948, in dem etwa 700 000 Palästinenser gewaltsam und in terroristischer Weise vertrieben und 531 Dörfer aus der Geschichte  gestrichen wurden. Es ist die sog. Nakbah oder Katastrophe.

 

Es ist jedoch wichtig, dass einem klar  wird, dass dieser Prozess, dem extremsten Beispiel von ethnischer Säuberung in Palästina, keineswegs isoliert ist. Die ganze Geschichte Israels vom späten 19.Jahrhundert bis heute wird von einer Strategie und Praxis ethnischer Säuberung  bestimmt. Man muss sogar so weit gehen und sagen, dass  dies der rote Faden ist, der durch die ganze Geschichte Israels geht und das man die Geschichte des Landes nicht ohne diese Perspektive verstehen kann. Hier kann ich nur ein paar kurze Wegweiser  dieses Prozesses geben…Der Leser möge an anderer Stelle dies ausführlicher finden ( („Overcoming Zionism“ von Joel Kofel, Pluto 2007)

 

Ethnische Säuberung liegt innerhalb der Logik des Zionismus, da es sein Ziel ist, einen Staat für Juden und  von Juden dominiert im Land des historischen Palästina errichten  zu wollen.

Zwei strukturelle Charakteristika des zionistischen Strebens bestimmten  radikal dieses Ergebnis; 1. dass der jüdische Staat demokratisch sei und 2.  dass das gesuchte Land  im Zentrum der islamischen und arabischen Welt liegt – egal mit welche religiösen Rechtfertigungen. Die Demokratie, notwendig für die Legitimierung Israels, forderte eine permanente jüdische Mehrheit. Und das dies in Palästina war, musste die einheimische Bevölkerung  mit allen notwendigen Mitteln entfernt werden.  Dies hat die demokratische Initiative hoffnungslos widersprüchlich gemacht ( außer für die zionistischen Ideologen)  und es fordert ein permanentes  Regime der ethnischen Säuberung bis alles Nicht-jüdische aus Palästina vertrieben ist. Dieser Strategie wird  im Diskurs des Zionismus oft der Name „Transfer“ gegeben.

 

Das Thema klang schon bei Theodor Herzl, dem Gründer der  zionistischen politischen

Bewegung an (1895 in seinen Tagebüchern, am 12.6.):

 

„Wir müssen den Privatbesitz der angewiesenen Ländereien sachte  expropriieren. Die arme Bevölkerung trachten wir unbemerkt über die Grenze zu schaffen, indem wir ihr in den Durchzugsländern Arbeit verschaffen, aber in unserem eigenen Land jederlei Arbeit verweigern. Die besitzende Bevölkerung wird zu uns übergehen. Das Expropriationswerk muss ebenso wie die Fortschaffung der Armen mit Zartheit und Behutsamkeit erfolgern. Die Immobilienbesitzer sollen glauben, uns zu prellen, uns über den Wert zu verkaufen. Aber zurückverkauft wird ihnen nichts.“

 

Der erste Satz  enthält die ganze Geschichte Israels. Die Zionisten müssen „enteignen“ d.h. ethnisch säubern; sie müssen es  „behutsam“ tun, d.h. mit soviel Heuchelei und Täuschung wie möglich, um legitim zu bleiben. Und sie müssen einen mächtigen Schutzherrn finden (Schließlich England und  dann die USA), um ihnen einen Staat „ zuzuweisen, damit sie Legitimität erhalten.

Herzl verkündigte die Strategie, ökonomische Mittel anzuwenden, um die Araber los zu werden, vor allem durch Landkauf von abwesenden Landbesitzern und der Vertreibung der Fellachen. Schließlich wurde die Gewaltanwendung obligatorisch. Etwa 1937 sagte David Ben-Gurion, der George Washington Israels und der Architekt des Plan Dalet in einem offiziellen Statement: „Ich bin für einen zwangsweisen Transfer; ich sehen nichts Unmoralisches darin.“(2) Genau so geschah es dann  bei der Gründung des Staates Israels. (3)

 

Die ganze Geschichte nach 1948 folgt diesem Muster – jetzt allerdings mit einem mächtigen und militarisierten Staat und einem legalen Apparat (Justizwesen), um die Aufgabe der Vertreibung der Unerwünschten auszuführen.  Dementsprechend können zwei Muster beobachtet werden: ständiger Druck  auf die Palästinenser, um mit legalen oder wirtschaftlichen Mitteln sie zu enteignen, verbunden mit verschiedenen „Vorstellungen“ brutaler Macht. Die meisten finden in den besetzten Gebieten statt, die im Juni 1967 erobert  und niemals aufgegeben wurden. Der illegale Bau der Siedlungen und der illegale Bau des „Sicherheitszaunes/ der Apartheid-Mauer, der es gelungen ist 10-20% zusätzliches Land zu rauben, sind ein Teil dieses Musters. Hauszerstörungen -  nach dem isr.-amerikanischen Aktivisten Jeff Halper inzwischen eine Zahl von 19 000 seit 1967 -  ist eine andere Strategie. Dazu kommt das Zerstören von palästinensischen Olivenbäumen und Getreideland oder einfach das Terrorisieren durch extremistische Siedler in Städten wie Hebron.

 

Innerhalb Israels selbst sind die 18% der palästinensischen Bevölkerung nicht so direkt betroffen, auch wenn sie eindeutig eine Leben zweiter oder dritter Klasse führen. Vor kurzem hat sich das Bild verändert. Hierzu kann ich ein Gespräch zitieren, das vor drei Tagen mit einem  namhaften palästinensischen Arzt stattgefunden hat. Er erzählte mir mit großer Besorgnis, dass in all den Jahren des israelischen Staates er nie das gehört habe, was  in den letzten sechs Monaten frei und offen in den Medien, bei Debatten in der Presse ausgesprochen wird: es geht um die Frage des  offiziellen Transfers der israelischen Palästinenser, alles Bürger des Staates mit Stimmrecht. Das wird jetzt offen diskutiert. Er sagte: „Es geht nicht mehr um die Frage, ob wir aus unserer Heimat  vertrieben werden sollen: die Frage lautet einfach: wann und wie?“

 

Zusammengefasst: der Staat Israel hat einen stetigen Plan, der mit dem der vorstaatlichen zionistischen Bewegung übereinstimmt: vernichtet alles, was nicht jüdisch ist, dass eine ethnisch reine Gesellschaft im historischen Palästina erstehen kann. Es ist  dann ein Staat, dessen Grundplan einer der ethnischen Säuberung ist und zwar mit allen nötigen Mitteln.

 

Alles über Israel sollte im Lichte dieses Befundes beurteilt werden.

 

 

1. Ilan Pappe, The Ethnic Cleansing of Palestine (Oxford: One world, 2007, S.3

 2. Pappé  p xi

  1. Eine Zusammenfassung findet man in Nur Masahla, »Expulsion of the Palestinians: the concept of `transfer` in Zionist political Thought 1882- 1948, Washington: Institut for Palestine Studies, 1992).

(dt. Ellen Rohlfs)

 

 

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