Freising, Villingen, 30.12.2008
Presseerklärung des deutschen
Zweiges des Internationalen
Versöhnungsbundes
zur Eskalation im Nahen Osten
Am dritten Tag der Bombardierungen
stieg die Zahl der Toten auf
palästinensischer Seite auf
mindestens 320, die Zahl der
Verletzten auf mehr
als 1400. Nach israelischen Angaben
wurden in den letzten Tagen drei
israelische Staatsbürger durch aus
dem Gazastreifen abgeschossene
Raketen
getötet. Die israelische Regierung
droht mit dem Einmarsch von
Bodentruppen.
Angesichts dieser Konstellation ruft
der deutsche Zweig des
Internationalen
Versöhnungsbundes dazu auf, aus der
Eskalation der Gewalt auszusteigen
und
weitere Opfer zu vermeiden.
Der frühere israelische
Außenminister (1999-2001) Shlomo
Ben-Ami lehnte in
der Süddeutschen Zeitung
(30.12.2008) den Einmarsch von
Bodentruppen in den
Gazastreifen mit der Begründung ab:
"Die Invasion eines solchen Gebiets
ist
bestens geeignet, Israels Soldaten
dem Vorwurf der Kriegsverbrechen
auszusetzen³.
Nach mehr als 40 Jahren Besatzung,
dem Ausbau von Siedlungen im
Westjordanland trotz so genannter
Friedensverhandlungen mit dem
Anstieg der
Zahl der Siedler in Ostjerusalem und
der Westbank auf annähernd eine
halbe
Million Menschen, dem
völkerrechtswidrigen Mauerbau tief
auf
palästinensischem Gebiet und dem
Landraub von 555 Quadratkilometern
palästinensischen Landes, der
Inhaftierung von rund 10 000
Palästinensern in
israelischen Gefängnissen, darunter
rund einem Drittel der Abgeordneten
des
palästinensischen Parlamentes, dem
Aushungern von 1,4 Millionen
Menschen im
Gazastreifen und der Blockade
überlebenswichtiger Hilfsgüter weist
der
Versöhnungsbund die völlig
einseitige Schuldzuweisung an die
palästinensische Seite wegen des
Kassambeschusses Israels durch
Bundeskanzlerin Angela Merkel und
Bundesaußenminister Frank-Walter
Steinmeier als skandalös zurück.
Der Versöhnungsbund erinnert an das
"Manifest der 25 - Freundschaft und
Kritik³ aus dem Jahre 2006, in dem
ein großer Teil der namhaftesten
deutschsprachigen
Friedensforscherinnen und
Friedensforscher erklärte: "Der
seit nunmehr fast sechs Jahrzehnten
andauernde, immer wieder blutige
Nahostkonflikt hat unbestreitbar
eine deutsche und in Abstufungen
eine
europäische Genese; europäisch
insofern, als der deutsche Gedanke
einer
`Endlösung der Judenfrage´ aus dem
europäischen Antisemitismus und
Nationalismus hervorgegangen ist.
Und die palästinensische Bevölkerung
hat
an der Auslagerung eines Teils der
europäischen Probleme in den Nahen
Osten
nicht den geringsten Anteil. Es ist
also nicht nur Israel, das Anspruch
auf
besondere Aufmerksamkeit, Zuwendung
und freundschaftliche Kritik
Deutschlands (und Europas) hat. Als
Deutsche, Österreicher und Europäer
haben wir nicht nur Mitverantwortung
für die Existenz Israels, die,
nachdem
die Geschichte nun einmal diesen
Gang genommen hat, ohne Abstriche
für alle
Zukunft zu sichern ist, sondern auch
eine Mitverantwortung für die
Lebensbedingungen und eine
selbstbestimmte Zukunft des
palästinensischen
Volkes³.
Der Versöhnungsbund appelliert an
die deutsche Bundesregierung, sich
in
diesem Sinne auch der Verantwortung
für die palästinensische Seite zu
stellen und ihren Einfluss geltend
zu machen, um ein schnellstmögliches
Ende
der völlig unverhältnismäßigen
Gewalt von Seiten des israelischen
Staates zu
erreichen. Von der israelischen
Regierung fordern wir das sofortige
Ende der
Bombardierungen im Gazastreifen
sowie den Abbruch sämtlicher
Vorbereitungen
für eine Bodeninvasion. Unsere
Forderung an die palästinensische
Seite
lautet, den Beschuss israelischen
Territoriums mit Raketen sofort
einzustellen.
"Was Dir verhasst ist, tu deinem
Nächsten nicht an³, so fasste Rabbi
Hillel
vor 2000 Jahren die Kernbotschaft
des Judentums zusammen.
Dieser Satz hat von seiner
Aktualität heute - für Juden,
Muslime und
Christen - nichts eingebüßt.
Ullrich Hahn, Vorsitzender des
deutschen Zweiges des
Internationalen
Versöhnungsbundes, Villingen Clemens
Ronnefeldt, Referent für
Friedensfragen
beim deutschen Zweig des
Internationalen Versöhnungsbundes,
Freising
Hinweis: Clemens Ronnefeldt war im
Oktober 2008 in Israel und Palästina
und
bietet Interviews und
Veranstaltungen mit Bildern und
Kurzfilmen (Jerusalem,
Bethlehem, Hebron, Ramallah, Neve
Shalom/Wahat al Salam, u.a.) an.
Kontakt: Clemens Ronnefeldt Referent
für Friedensfragen beim
Internationalen
Versöhnungsbund - Deutscher Zweig
A.-v.-Humboldt-Weg 8a 85354 Freising
Tel.: 08161 54 70 15 Fax: 08161 54
70 16
C.Ronnefeldt@t-online.de
www.versoehnungsbund.de
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