Es war keinen chemische
Fabrik, noch eine Nuclear-Fabrik , oder Fabrik für Massenvernichtungswaffen.
Aber fast alle Trümmer der völlig zerstörten Fabrik waren weiß bedeckt mit
weißen großen Brocken. Dies waren Käsestückchen, Butter und Joghurt -
einige der Produkte, die in der Dalloul-Molkerei im südlichen Teil von
Gaza-Stadt hergestellt werden/wurden.
Israelische Bomber trafen
die Fabrik kurz vor Mitternacht am 1./2.. April und zerstörten das ganze
Gebäude, seine Maschinen und den Verkaufs-LKW völlig.
„Um 12 Uhr 30 hörten wir
in der Nähe eine sehr laute Explosion“, sagte der Besitzer Mutassim Dalloul,
als er die Ruinen am Freitagmorgen ansah. „Ich ging hinunter und fand meine
Fabrik völlig verwüstet. Alles, alles war zerstört: Maschinen, Generator,
alle Produkte …
Und das war nicht der
erste Angriff auf die Fabrik.
Während des Januar
2009-Angriffes auf den Gazastreifen trafen israelische Bomber meine Fabrik
und verursachten einen Verlust von einer halben Million Dollar. Doch mein
Bruder und ich entschlossen uns, sie wieder aufzubauen – nun haben wir also
eine neue zerstörte Molkerei,“ sagte Dalloul. Er schätzt, dass der Verlust
vom letzten Angriff mindestens bei $ 100 000.- liegt.
Die Molkerei liegt/ bzw.
lag ziemlich weit weg von der Gaza-Israel-Grenze und verteilte ihre Produkte
in der ganzen Stadt.
Mindestens 60 Familien
wurden durch die Arbeit in der Molkerei unterstützt: Meine Familie mit mir
und meiner Frau; meine beiden Brüder mit einer Reihe anderer Arbeiter, die
versuchten so unter den harten Bedingungen durchzuhalten“, erklärt Dalloul
geduldig trotz seines Verlustes.
Der Angriff auf die
Dalloul-Molkerei gehörte zu den zwölf Luftangriffen, die eine Antwort auf
die Raketenangriffe von Gaza aus auf die nahen israelischen Städte gewesen
seien. Die palästinensischen Widerstandsgruppen sagen: Die Raketen seien
eine Antwort auf die ständigen israelischen Angriffe auf den Gazastreifen.
Die israelischen Führer haben öffentlich mit schweren Angriffen gedroht,
nachdem palästinensische Kämpfer zwei israelische Soldaten getötet hatten,
die den Gazastreifen letzte Woche mit einer Patrouille überfallen hatten.
Internationale Vertreter
hatten in den letzten Tagen vor einer Gewalteskalation gewarnt, und der
palästinensische Ministerpräsident im Gazastreifen Haniyeh rief zu einer
internationalen Intervention auf, um eine weitere Verschlechterung zu
verhindern. Al Quds al Arabi berichtete am 5. April, dass Vertreter aller
palästinensischen Fraktionen im Gazastreifen, außer der Fatah sich getroffen
hatten, um über ein Moratorium über Raketen nach Israel zu diskutieren und
über das Recht der Selbstverteidigung.
„Ich kann mir nicht
vorstellen, was meine Fabrik mit dieser Situation zu tun hat“, sagte Dalloul,
„können sie hier eine selbstgebastelte Rakete sehen oder eine einzige
Kanonenkugel? Warum greifen sie mein Molkerei an?“
Seit Juni 2007 – als
Israel die Blockade über den Gazastreifen noch enger zog – sank die
Wirtschaft in eine tiefe Depression, da die Arbeitslosigkeit auf 70 % stieg.
Die Armut unter den 1,5 Millionen Bewohnern hat jetzt noch nie da gewesene
80% erreicht, die von UNWRA-Lebensmittelhilfe abhängig sind, der UN-Agentur
für palästinensische Flüchtlinge. Die verheerende Situation ist die Folge
von Israels Absperrung - nach zahlreichen internationalen Beurteilungen.
Obwohl Israel ungleichmäßig die Grenzübergänge für den Import von
Lebensmitteln und andere lebensnotwendigen Dingen nach Gaza öffnet, kommt
nur ein Bruchteil dessen herein, was die Bevölkerung braucht.
Dallouls Molkerei war eine
der wenigen, die den Bedarf des Gazastreifens deckten. In einer Ecke der
Fabrikruine hob Haroun Dalloul, der in der Fabrik arbeitete, kleine Stücke
Käse auf. „Ich hab mir nicht vorstellen können, als ich an diesem traurigen
Morgen aufstand, dass ich Käse in den Müll werfen werde, statt beim
Verteilen zu helfen,“ sagte er.
Mustafa Al-Qayed, der in
der Nähe wohnt, drückte seinen Groll über den Angriff aus: „Die zerstörte
Molkerei hat unsern Stadtteil täglich mit Milch und Käse versorgt.“ Er
bemerkte noch, dass die Preise für die hier fabrizierten Produkte viel
niedriger sind als die israelischen Produkte, die gelegentlich nach Gaza
importiert wurden.
Nach wirtschaftlichen
Beurteilungen im Gazastreifen sind annähernd 95% der lokalen
Industrie/Handwerksbetriebe wegen der geschlossenen Handelsübergänge
gezwungen worden, die Arbeit einzustellen. So wurden 70 000 Arbeiter
arbeitslos. Dallouls Molkerei war mit einigen Metallwerkstätten, die
Israel bei den letzten Angriffen auch zerstörte, für Gazas Wirtschaft
lebensnotwendig.
Während seines Angriffes
im Winter 2008/2009 hat Israel eine Anzahl anderer Betriebe zerstört, die
für Gazas Lebensmittelversorgung lebenswichtig waren, wie z.B. die al-Badr
Mühle, die einzige noch funktionierende in den besetzten Gebieten und die
Sawafiry-Hühnerfarm, die den größten Teil des Gebietes mit Eiern versorgte.
Der UN-Bericht von
Goldstone fand, dass diese und andere Angriffe auf Gazas Wasser-,
Lebensmittel- und Landwirtschafts-Infrastruktur Teil eines absichtlichen
Musters und Verletzung des Rechtes auf Nahrung ist, also auch ein
Kriegsverbrechen und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Aber Fabrikanten wie
Dalloul sind entschlossen, ihr Geschäft wieder zurückzubekommen und
weiterlaufen zu lassen.
„Genau wie wir unsere
Molkerei nach dem Krieg wieder aufgebaut haben, so sind wir entschlossen,
sie auch diesmal wieder aufzubauen,“ sagte Mutassim Dalloul. Wir sind
entschlossen, mit großer Hoffnung unsere Produktion wieder aufzunehmen und
unserm Feind zu sagen: egal was du machen wirst, wir lassen uns nicht klein
kriegen.
Unterdessen begrüßt
Dalloul alle, die zur Molkereiruine kommen und ihm alles Gute zum
Wiederaufbau wünschen und Unterstützung zusagen.
(dt. und zuweilen etwas
großzügig übersetzt: Ellen Rohlfs)
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