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Die demographische Schlacht um Jerusalem

 Sergio Yahni, AIC,  29.12.11

 

Am Dienstag bestätigte die Jerusalemer Stadtverwaltung weitere 130 Wohneinheiten für die israelische Siedlung Gilo. Nach Haaretz antwortete die Stadtverwaltung auf Kritik zu diesem Schritt: „es gibt seit 40 Jahren keine Veränderungen in der Stadtpolitik. Wir werden mit dem Bauen in allen Stadtteilen Jerusalems  weiterfahren“.  Tatsächlich ist Jerusalems Planungspolitik von Anfang an diskriminierend gewesen und begünstigt Israels Wachstum auf Kosten der palästinensischen Stadtbevölkerung.

 

Nach dem 1967er-Krieg annektierte Israel 71 qkm von der Westbank an die Stadtgemeinde von Jerusalem. Nur  6,5 qkm dieses Gebietes war unter jordanischer Kontrolle gewesen. Die restlichen 64,5qkm gehörten zu 28 palästinensischen Städten und Dörfern und einige gehörten zu Gemeindegebieten von Bethlehem und Beit Jala.

Die neuen Grenzen Jerusalems folgten nach politischen und militärischen Erwägungen. Sie waren dafür bestimmt, Gebiete des Hinterlandes einzuschließen, das kaum bewohnt war und  die Bergkuppen rund um die Stadt. Es ging darum, die Fläche des annektierten Landes soweit wie möglich zu vergrößern und die arabische Bevölkerung  der Stadt so klein wie möglich zu halten.

Mit dieser Annexion konfiszierte Israel große Mengen an Land für „öffentliche Zwecke“ d.h. zum Bau von Siedlungen. Die Entwicklung  ging von der  neu errungenen Peripherie ins Zentrum des jüdischen West-Jerusalem, um Israels Kontrolle über die Stadt zu festigen und eine zukünftige  nochmalige Teilung der Stadt zu verhindern. Seit den frühen 70er-Jahren hat die Stadt auch um ein jährliches Bevölkerungswachstum von 3,7%, natürlich jüdischer Bevölkerung gekämpft. Es ging um die Aufrechterhaltung eines Bevölkerungsverhältnisses von Juden und Arabern ähnlich dem, wie es zur Zeit der Annexion war. Das Verhältnis wurde von einem ministeriellen Komitee  1972/73 festgelegt.

Zur Zeit der Annexion gab es in Ost-Jerusalem 69 000 palästinensische Bewohner. Ende 1972 waren es 73,5% Israelis und 28% Palästinenser. Heute ist es das Ziel, das demographische Verhältnis bei 70% Israelis und 30% Palästinensern zu halten, trotz der Tatsache dass die Palästinenser  heute 35% der Bevölkerung Jerusalems darstellen.

Diese demographischen Ziele erklärt die städtische Planungspolitik in Jerusalem, in dem führende Politiker dem palästinensischen Bau Beschränkungen auferlegen: gewisse Ländereien werden zu Gebieten erklärt, die offen bleiben sollen; Beschränkung der Baumöglichkeit für Palästinenser, Enteignung von Land, Ausschluss aus dem Planungsausschuss. Die Folge davon ist, dass Palästinenser keine Baugenehmigung erhalten und Palästinenser zwingt, illegal zu bauen oder aus der Stadt auszuziehen.

 

1975 wurde für Jerusalem von der lokalen Plan- und Baukommission  ein Bebauungsplan vorgestellt. Während der Plan nie ratifiziert wurde, erklärt er  die zukünftige Baupolitik in der Stadt.

Der vorgeschlagene Plan für jüdische Siedlungen, die die Stadt umgeben sollen, trennt effektiv die palästinensische Bevölkerung  Jerusalems vom Rest der Westbankbewohner. Ein anderes Ziel war, die Isolierung der Siedlungen zu vermeiden und die territoriale Verbindung zwischen West-Jerusalem und den Siedlungen in Ost-Jerusalem sicher zu stellen. Der Bebauungsplan sieht keine Berücksichtigung städtischer Entwicklung für die palästinensische Bevölkerung  in Jerusalem vor.

Die Palästinenser stellen mehr als ein Drittel der Jerusalemer Bevölkerung dar, aber sie können nur auf 9qkm von 124 qkm bauen , das sind nur 7% des Stadtgebietes. Der Rest des Gebietes ist entweder noch nicht verplant oder für Siedlungen geplant oder für grüne Anlagen, die später zuweilen Siedlungen übergeben werden.

 

Die  israelische Regierung zielt in Jerusalem auf ein unmögliches  Bevölkerungsverhältnis hin: 30% Palästinenser zu 70% Israelis. Israels offizielle Planer nehmen an, dass die palästinensische Bevölkerung Ost-Jerusalems um 2020 zusätzliche 13 000 Wohneinheiten benötigt. Aber nach einer realistischeren Vermutung, nach der die palästinensische Bevölkerung 2020 etwa 40% der Bevölkerung ausmachen - so sagen unabhängige Planungsorganisationen - dass dann zusätzliche 22 800 Wohnungseinheiten nötig seien. Folglich werden der pal. Bevölkerung in Ost-Jerusalem, falls es 2020 unter israelischer Herrschaft ist, 9800 Wohneinheiten fehlen.

 

Aber um seine demographischen Ziele zu erreichen, räumt Israel dem Siedlungsbau Prioritäten ein. Und es versucht, die jüdische Bevölkerung in die Siedlungen zu bringen, um die „Vereinigung“ und Erweiterung der Stadt zu erreichen. Nach dem Jerusalemplan von 1977 sind alle von der Regierung finanziell unterstützten neuen Häuser in den Ost-Jerusalemer Siedlungen.

Der Staat Israel behauptet, das Recht zu haben, in allen  1967 besetzten Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem, zu bauen. Nach einer Mitteilung von 1997 vom israelischen Außenministerium über rechtliche Aspekte des Bauens in der Har-Homa-Siedlung, verbietet das Völkerrecht das Bauen auf besetzten Gebieten nicht.“ Doch die internationale Gemeinschaft, einschließlich des UN-Sicherheitsrates und dem Internationalen Gerichtshof (ICJ) weisen solch eine Interpretation des Völkerrechts zurück. Nach dem Rechtsgutachten des ICJ von 2004 über  die rechtlichen Folgen eines Mauerbaus in den besetzten Gebieten sind der Bau „der israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten (einschließlich Ost-Jerusalem)  ein Bruch des Völkerrechts.

 

Die israelischen Siedlungen in Großjerusalem, Ost-Jerusalem und seiner Umgebung in der Westbank sind in vier Kreisen gebaut worden mit der Altstadt in ihrem Zentrum. 1. die Altstadt innerhalb und außerhalb des jüdischen Viertels, 2. die Gebiete rund um die Altstadt, die Israel „ das heilige Becken“ nennt, 3. die Gebiete, die sich direkt den Stadtgrenzen anschließen und 4. Groß-Jerusalem außerhalb der Grenzen der Annexionsgrenze.

 

Außerdem  wurden einige Siedlungen wie French Hill ( auch als Givat Shapira bekannt),  und Maale Daphne kurz nach dem 67er-Krieg  gebaut, um West-Jerusalem mit Ost-Jerusalems Scopusberg zu verbinden.

 Ende  2008  betrug die Bevölkerung von Ost-Jerusalem etwa 456 300 Einwohner, also 60% von Jerusalems Bevölkerung. Von diesen waren 195 500 (43%) waren Juden und  260 800 (57%) waren Palästinenser. Ost-Jerusalems arabische Stadtviertel schließen Shuafat (38 800), Beit Hanina ( 27 900), das muslimische Viertel in der Altstadt (26 300), At Tur und Al Swana ( 24 400) ein.

Ost-Jerusalems jüdischer Stadtteil schließt Ramot Alon (42 200), Pisgat Ze’ev (42 100), Gilo (26 900), Neeve Yaakov (20 400), Ramat Shlomo(15 100) und  Ost-Talpiot ( 12 200) ein.

 

Annähernd 40% von Jerusalems jüdischen Einwohnern leben im besetzten Ost-Jerusalem.

Die Altstadt hat eine arabische Bevölkerung von annähernd 36 000 und eine jüdische Bevölkerung von nahezu  4000.

 

Es sollte jedoch bemerkt werden, dass die genaue Zahl palästinensischer Jerusalemiten – innerhalb und außerhalb der Stadt – angefochten wird. Aber es ist klar, dass Israels Versuch,  die Demographie der Stadt zu diktieren, gescheitert ist, und zwar trotz Entbehrung, die man der palästinensischen Bevölkerung auferlegt hat, und trotz des Baus von Siedlungen „nur für Juden“. Um sich mit der demographischen Realität auseinander zu setzen, schlug der Jerusalemer Stadtgemeinderat vor, die Stadtgrenzen  zu reduzieren und so mehrere palästinensische Stadtteile auszuschließen. Jerusalems Bürgermeister Nir Barakat schlug vor, die Grenze Jerusalems auf  der Linie der Trennungs-/Apartheidmauer zu legen und so mehr als 50 000 Palästinensern in Kufr Akab und  im Shuafat-Flüchtlingslager das Wohnrecht in Jerusalem zu verweigern.

Dass  der neue permanente Checkpoint, der gerade außerhalb des Flüchtlingslagers eröffnet wurde, einem  Grenzübergang ähnlich sieht, deutet darauf hin, dass der Staat  in naher Zukunft einige dramatische Schritte im Namen  der Demographie machen wird..

 

( dt. Ellen Rohlfs)

 

 

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