Israel erklärt NGOs den Krieg
Jerrold
Kessel und Pierre Klochendler, 24. 12 2009
http://original.antiwar.com/kessel-klohendler/2009/12/24/israel-declares-war-on-peace
Jerusalem: Ein Jahr nach dem verheerenden Angriff auf die Hamas in
Gaza taucht eine neue Welle Berichte auf, die Israel wegen
Kriegsverbrechen anklagen.
Israel schlägt mit einem Bericht gegen Berichte zurück, die auf
internationalen NGOs herumhacken wie Amnesty, Christian Aid, Oxfam,
Trocaire, Finn Church Aid, Diakonia und Cordaid.
Das unmittelbare Ziel von Israels Zorn ist ein gemeinsamer Bericht
mit dem Titel „Fehlschlag Gaza: kein Wiederaufbau, keine Erholung,
keine Entschuldigungen,“ den die NGOs aus Europa bekannt gaben.
„Diese Organisationen nützen die moralischen, rechtlichen und
humanitären Prinzipien weiter aus, um einen politischen Krieg gegen
Israel zu führen. Viele der Behauptungen in diesem Bericht seien
nicht bewiesen und reflektieren Doppelstandards,“ sagt Gerald
Steinberg, Präsident der NGO-Monitor, der israelischen NGO vom
rechten Flügel.
„Durch dieses systematisch einseitige Betrachten von Israel haben
diese NGOs ihr Ansehen verloren und die europäischen Regierungen,
die solche Angriffe finanzieren, sind für diesen Missbrauch mit
verantwortlich,“ sagte Steinberg.
Ein Teil von dem, was Friedens-NGOs anregt, in diesem schwierigen
Klima des Nahen Ostens zu wirken, ist die Überzeugung, dass sie in
die Bresche springen können, die die Israelis von den Palästinensern
teilt, um sie anzustacheln, dass sie ihre Regierungen dahin bringen,
die Friedensaussichten wieder zu beleben.
Da
sich Israel nach dem Goldstone-Bericht wegen angeblicher
Kriegsverbrechen während des Gazakrieges zunehmend isoliert fühlt,
wählt die harte rechte israelische Regierung stellvertretend , einen
Krieg gegen alle israelischen Friedens-NGOs.
Der Goldstone-Bericht, vom Richter Richard Goldstone, Chef der
UN-Factfinding-Mission des Menschenrechtsrates in Genf (am 29.Sept.
2009) vorgestellt, klagt beide – Israel und die Hamas – der
Kriegsverbrechen an. Er ist aber Gegenstand beißender Kritik
pro-israelischer Gruppen geworden.
Jahrelang haben israelische Friedens- und Menschenrechtsgruppen sich
finanzieller und moralischer Unterstützung von vielen westlichen
Regierungen in Europa, weniger von Washington, erfreut. Viele
Berichte von internationalen Gruppen wurden mit der Unterstützung
israelischer Friedensaktivisten zusammengestellt.
Der Versuch, Friedensgruppen zu diskreditieren, hat die
Menschenrechtsverletzungen vermehrt und die Siedlungstätigkeit
verstärkt – im Gegensatz zu dem Friedens-Credo vieler westlicher
Staaten.
Es
war während dieser aufgeheizten Atmosphäre, als der NGO-Monitor die
Bühne betrat, um die israelische Gegenoffensive mit dem Bericht:
„Das Trojanische Pferd: der Einfluss europäischer Regierungen beim
Finanzieren israelischer NGOs“ zu starten.
Der NGO-Monitor wurde von Steinberg, einem Politikwissenschaftler
und Analytiker von Sicherheitsangelegenheiten eingerichtet und zwar
zusammen mit einem prominenten israelischen Siedlerführer und
Kolumnisten Yisrael Harel.
In
dem Bericht „Trojanisches Pferd“: liefert der NGO-Monitor das, was
er eine detaillierte Analyse der Finanzierung von hoch politisierten
israelischen NGOs durch ausländische Regierungen“ nennt. Dieser
Bericht war dann auch die Grundlage einer Konferenz, die anfangs
dieses Monats im israelischen Parlament, in der Knesset, gehalten
wurde.
NGOs üben eine sehr bedeutsame politische und juristische Macht in
Israel aus, besonders durch ihre Anwendung der Sprache und der
grundlegenden Struktur der Menschenrechte und der humanitären
Hilfe gegenüber den Palästinensern. Diese NGOs sind auch ein großer
und oft versteckter Kanal für externen Einfluss auf Israels Außen-
und Sicherheitspolitik,“ wirft der NGO-Monitor-Bericht vor.
„Indem man die großzügigen Ressourcen verwendet, die externe Spender
zur Verfügung stellen, ist das in Israel befindliche NGO-Netzwerk in
der Lage, bestimmte politische Ideologien zu fördern und bei vielen
Problemen gegen die Politik der demokratisch gewählten Regierung zu
opponieren.“
Diese verborgene ausländische Intervention verletzt die Souveränität
und Unabhängigkeit Israels, indem es den politischen Prozess
einseitig beeinflusst und die Politik der gewählten Regierung, die
zionistische Mehrheit, beeinträchtigt.
Der Bericht „Das trojanische Pferd“ konzentriert seinen Zorn auf
mehr als 20 israelische NGOs: Er rügt sehr den Mangel an Transparenz
und Verantwortlichkeit, was es als „demokratisches Defizit“ dieser
Gruppen bezeichnet.
Unter den Gruppen, die durch den NGO-Mentor besonders angegriffen
werden, ist B’tselem, die Menschenrechtsgruppe, die gerade auf 20
Jahre Aktivitäten – Menschenrechtsverletzungen unter israelischer
Besatzung - zurückblicken kann, und Ir Amim, die die Entwicklung
im besetzten Ost-Jerusalem genau im Auge behält.
Bei der Knesset-Konferenz wurde der Regierung ernsthaft empfohlen,
ausländischen Spendengeldern einen Riegel vorzuschieben, von denen
NGO-Monitor sagt, sie würden die Innenpolitik manipulieren und
Israels internationale Legitimität untergraben. …
Didi Remez, ein früherer Sprecher der Peace Now-Gruppe sagt,
Opponenten gegen die Friedensorganisationen „würden uns glauben
machen, dass sie im Interesse der nationalen Sicherheit“ … gegen
die fünfte Kolonne handeln würden.“
Er
weist darauf hin, dass oberste Regierungsbeamte – „ein besonderes
Beispiel sei Ron Dermer, Chef im Planungsbüro des
Ministerpräsidenten - zunehmend eine Rolle bei dieser aggressiven
Kampagne spielt, die interne Meinungsverschiedenheit zu
unterdrücken“.
Remez fährt fort: „Der NGO –Monitor ist kein objektiver Wachhund:
Es ist eine parteiische Operation, die ihre erkannten ideologischen
Feinde durch raffinierte Anwendung von McCarthytischen Techniken –
schwarze Listen, Schuld bei den Gesellschaften und selektive
Filterung der Fakten, unterdrückt.“
Er
schlägt vor, die Kritiker der Friedensgruppen mit ihren eigenen
Waffen zu schlagen: wenn israelische Neo-konservative wirklich
Transparenz wünschen, warum sie dann nicht beim Wort nehmen? Er ruft
so zu einer genauen Überprüfung der Finanzierung der Organisationen
auf, die die Siedlungstätigkeiten in den besetzten Gebieten fördern.
Hundert Millionen Dollar Geld vom israelischen Steuerzahler und von
US Steuerbefreiten - meistens vor der Öffentlichkeit verborgen -
sind die treibende Kraft des Siedlungsunternehmens. Untersuchung
ihrer Finanzen würde die Organisationen untergraben, die von
finanzieller Undurchlässigkeit für ihre verdeckten Operationen
abhängen, die das Siedlungsunternehmen antreiben,“ sagt er (Remez)
Außer den offiziellen israelischen Regierungsaktionen, die
Siedlungen fördern, verbessern solche Spenden unabhängig eine
größere jüdische Präsenz im palästinensischen Ost-Jerusalem und bei
Entwicklungsprojekten in vielen Westbank-Siedlungen.
„Wie lang werden die US-Steuerzahler mit dem steuerbefreiten Status
von Shuva Israel, einem christlich zionistischen Fond, einverstanden
sein, wenn ihnen klar wird, dass sie die Ausdehnung der
Siedlungsaußenposten unterstützen, die selbst unter israelischem
Gesetz illegal sind?“ fragt Remez sarkastisch.
Der Schuss gegen Friedens-NGOs könnte also nach hinten gehen.
Er kommt gerade jetzt, wenn das US-Außenministerium, von Präsident
Obamas Wiederherstellungspolitik inspiriert, sich dahingehend
bewegt, den NGOs neue Energie zu geben, um deren Aktivitäten mit
Washingtons Nahost-Friedenspolitik zu koordinieren.
Dies scheint besonders schlecht durchdacht, wo es doch jetzt in den
USA einen neuen Glauben in die zivile Gesellschaft gibt. Obama
wurde nicht gerade von einer kleinen Menge gewählt, weil er sich für
die zivile Gesellschaft engagiert hat, die ihn mit einer großen
Plattform ausstattete, damit er seine Botschaft weitergeben kann.
Außerdem riskiert der Angriff des NGO-Monitors auf ausländische
Regierungen - für ihre Einmischung in Israels innere
Angelegenheiten - durch die Unterstützung von Friedensgruppen
verärgerte Regierungen, die sonst als traditionelle Freunde Israels
angesehen werden.
Für die Friedens-NGOs ist vielleicht die Weltwirtschaftskrise noch
störender. Die Menge der
Spenden, die sie erhalten, ist nach Berichten um ein Drittel weniger
geworden.
(
dt. Ellen Rohlfs)
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