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Wie ich plötzlich ein Verbrecher wurde

 Über mein Treffen mit der Obrigkeit

 Eyal Friedländer  Übersetzung: Uri Shani

 

Am Donnerstag, dem 10. Dezember 2009, feierte ich zusammen mit vielen Freunden und Freundinnen die Öffnung der Ausstellung, die ich als Kurator gestaltete. Ich trank, tanzte und freute mich über das Ergebnis einer langen und schwierigen Arbeit, die durch viele Hürden erschwert wurde.

Gegen Ende des Abends, so um die 23 Uhr, entschließ ich mich, ein bisschen in der Massadastraße spazieren zu gehen, mir die Ausstellungen anzusehen und an den verschiedenen Veranstaltungen teilzunehmen. Plötzlich war ich mitten in einem Aufruhr, und ich sah Polizisten, die Jugendliche jagen, die gegen die Gegenwart dieser Polizisten protestieren. Eine Präsenz, die durch nichts rechtfertigt war. Die Polizei kam zusammen mit einer Sondereinheit der Grenzpolizei.

Da ich getrunken hatte, befreite ich mich von Fesseln, die mir normalerweise nicht erlauben, meine Gefühle zu zeigen, und ich begann, zusammen mit andern, von der andern Straßenseite auf die Polizisten zu schreien. Ich war sehr wütend. Nachdem eine Gruppe von Künstlern viel Arbeit in eine unabhängige Kulturveranstaltung gesteckt hatte, was in Haifa sehr selten ist, kam die Polizei und zerstörte diese Freude mit einem einzigen Faustschlag.

Als ich sah, wie ein Polizist sich über eine junge Frau hermachte, stürzte ich hin, um sie zu befreien. Ich schrie den Polizisten an, ich prangerte ihn an und fragte ihn, weshalb er so brutal sei. Ich erklärte ihm, dass die Veranstaltung keine Polizeipräsenz brauche, und das Fest nicht gewalttätig sei. Und tatsächlich: Nachdem die Polizei ging, war alles ruhig. Ich bestürmte ihn, dass einzig und allein die Tatsache, dass er Polizist sei, ihm nicht das Recht gebe, sich so zu verhalten und ich missbilligte, dass sie wohl Vergnügen an dieser Quälerei hätten. Ich sagte all dies in Wut, aber ohne Fluchworte.

 

Ein Polizist einem Jugendlichen etwas in die Augen. Eyal Friedländer im roten Ring.

 

Als der Polizist genug von mir hatte, packte er mich am Arm, sagt mir, ich sei verhaftet und stoß mich in den Polizeiwagen. Ich wehrte mich nicht, ich hatte das Gefühl, dass die Gerechtigkeit auf meiner Seite stehe und dass ich nichts zu befürchten hätte, ich war zufrieden und glücklich über die Ausstellung ich gestaltete und über die Reaktionen, die ich als Kurator erhielt, über war voll Freude und schrie den Leuten auf der Strasse: "Das ist keine Performance. Das geschieht wirklich!" Ich war in den Wolken.

Ich war der zweite, der in der Polizeistation ankam, vor mir war David schon da. Er forderte vom Polizisten seine Personalien, als Antwort wurde er schwer geschlagen, der Polizist stieß ihm den Kopf auf den Stuhl, der davon zerbrach. Immer mehr Verhaftete kamen, darunter Lena, mit einer Riesebeule an der Stirn, Striemen auf dem Rücken und hinkend, von einer hässlich fluchenden Polizistin hereingeschleift. Es wurde uns verboten, miteinander zu sprechen, von Toilette keine Rede.

Ich wurde ins Verhör gebracht, der Polizist behauptete, ich hätte einen Polizisten angegriffen. Ich stritt dies natürlich ab.

Nach einiger Zeit wurde ich wieder gerufen, diesmal ins Büro des Offiziers, er fragte mich, ob ich psychiatrische Probleme hätte, ob ich perverse Sexualneigungen habe und andere entsetzliche Fragen. Ich antwortete nicht und unterschrieb das Papier nicht, das er mir vorlegte. Er fragte mich, ob ich einem Advokaten anrufen wolle, ich sagte ihm, ich habe keinen, und ich müsse morgen bei der Arbeit sein. Er sagte mir, ich sei verhaftet für 24 Stunden.

Ich  wurde in eine Zelle gebracht, photographiert, man nahm mir den Inhalt meiner Hosentaschen ab. Ich versuchte zu schlafen, aber schaffte es nicht. Von Zeit zu Zeit erbettelte ich mir eine Zigarette vom Wärter. Nachdem zwei weitere Verhaftete hineingestoßen wurden, sprachen sie über die Ausstellung und die Verhaftung, aber auch nachdem sie einschliefen, konnte ich keine Ruhe finden.

Morgens wurden wir mit scharfen Rufen aufgescheucht. Wir wurden mit Hand- und Fußschellen gefesselt und im Gitterwagen ins Gericht gefahren. Wir hatten Hunger und Durst, ich wollte eine Zigarette und einen Kaffee. Wir rochen süße Bäckerei, und es wurde uns mitgeteilt, dass wir erst nach 12.00 Uhr etwas zu essen erhielten. Die Hand- und Fußschnellen wurden abgenommen, danach wieder angelegt, um 134.00 Uhr erhielt jeder eine kleine Schale, deren Inhalt wie Reis und noch etwas aussah.

Endlich wurden wir vorgeladen, ich war völlig erschöpft. Aber ich konnte zufrieden wahrnehmen, wie die Polizei sich verhaspelte mit irren Angaben und Argumenten, und ich sah und hörte auch die Freunde vom "Verein des Stadtviertels Hadar gegen Polizeigewalt".

Nach kurzer Zeit entließ uns der Richter nach Hause, gegen die Proteste der Polizei. 

 

 

 

 

Eyal Friedländer ist ein Künstler und ein politischer Aktivist, 1957 geboren, 1980-1983 Kunststudium an der Uni Haifa. Hat in verschiedenen Einzel- und Gruppenausstellungen seine Werke gezeigt. Die Stadt Haifa ist voll von seinen Werken, die er in Abstimmung mit der Stadt Haifa gestaltete, und er steht hinter den Bemühungen, den Bustan Al-Khayat im Süden Haifas zu erhalten. (über das Fest im Mai 2009 dort: http://www.mideastweb.org/nemashim/maibericht2009.htm )

 

 

Das Stadtviertel Hadar, vor allem sein oberer Teil (Massadastraße und Hillelstraße) ist in den letzten Jahren zu einem intellektuell-künstlerischen hebräisch-arabisch-gemischten Stadtteil geworden, in dem viel Interessantes geschieht. Die Polizei belästigt junge Bewohner seit den letzten Monaten immer mehr.

Das Photo: Mik Gordon, Bewohner der Massadastraße http://mikg.co.il  

 

 

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