Eine schändliche Sorte von Zionisten
Meron
Benvenisti
Es ist schon
geraume Zeit her, dass der Zionismus eine solche Wiederbelebung
erfährt.
Jeder beteiligt
sich, um seine gegensätzliche Position zum Thema, das
Herzstück des Zionismus sei „die Erlösung des Landes“, zu
beteuern.
Die Entscheidung des Staatsanwalts, die diskriminierende
Tätigkeit des jüdischen Nationalfond (KKL) zu beenden – nämlich
im Zusammenhang mit dem (Nicht-)Verpachten von Land an Araber –
und seinem Ausweg, die Diskriminierung mit „alternativem Land“
fortzuführen, ist von Yossi Beilin gelobt worden; der bemerkte,
es wäre eine „Erlösung des Zionismus“. Er wurde daraufhin von
Knessetmitgliedern der Rechten vehement verurteilt und als
„Anti-Zionist“ beschimpft.
Finanzminister Benyamin Netanyahu nahm den Zionismus sogar in
Anspruch, um die Ungerechtigkeit der Entscheidung, das Gesetz
über Besitz von Abwesenden auf Ost-Jerusalem anzuwenden, zu
legitimieren und nannte dies „eine gute zionistische
Entscheidung“.
Wenn Zionismus aufgefordert wird, zu entschuldigen, zu
legitimieren und Diebstahl und Diskriminierung zu
rechtfertigen, und wenn bekannte Fakten bewusst verdreht werden,
dann wird es peinlich und ungeheuerlich. Jene, die sich solch
sträflicher Taten, über die man am besten schweigt, rühmen, sind
die ersten, die empört sind, wenn Hasser Israels und des
Zionismus’ sich auf sie beziehen, um ihre Anklagen zu belegen.
Nehmen wir das Beispiel der „guten zionistischen Entscheidung“,
bezüglich des Diebstahls von Besitz von Westbankbewohnern,
die als „Abwesende“ von ihrem Land innerhalb Ost-Jerusalems
betrachtet werden. Die israelische Regierung zog eine rostige
Waffe heraus, die der zwei Jahre alte Staat (1950)
benützte, um mehr als Millionen von Dunam verlassenen Landes zu
übernehmen und entschied, dieses Gesetz wieder aufzunehmen, um
mit der „Erlösung des Landes“ fortzufahren.
Wie ein Echo der Palästinenser, die die „Rückkehr“ predigen,
sagte Netanyahu „Jerusalem ist dasselbe wie Jaffa, Ramle, Acco
und Haifa und öffnete so die Büchse der Pandora über Jerusalems
arabische „Abwesenheit“.
Die Daten sind wohl bekannt und werden nicht bestritten.
Zwischen 60 und 70% des West-Jerusalemer Landes gehörten
abwesenden Palästinensern, viele von ihnen sind
Ost-Jerusalemiten, die sich wieder an ihre Häuser in Katamon,
Baka und Malha erinnern. Wenn Juden die „Abwesenheit“ von
Leuten, die anwesend sind, als „Akt zionistischer Herrschaft“
erklären können, dann kann ihr Spiegelbild/ Gegenbild die
Rückkehr der Abwesenden als ein legitimes nationales Ziel
betrachten. Die Auffassung, die „Rückkehr“ als Terror darstellt,
der Israel zerstören will, während man Land mit Gewalt und
„legalen“ Ausweichmanövern raubt und dies als edle
zionistische Tat betrachtet, ist nur für die akzeptabel, die
denken, dass universale Werte für sie keine Gültigkeit haben.
Es ist genau dieser Konflikt der Leute, die 1968 entschieden,
das Gesetz über Besitz Abwesender nicht auf
Ost-Jerusalemiten anzuwenden; sie versuchten zu neutralisieren
und bemühten sich, festzulegen, was 1948 in den Wirren des
Krieges möglich war und was 1967 untersagt wurde. Und jene Leute
waren nicht weniger gute Zionisten als Benjamin Netanyahu. Aber
sicher waren sie weiser als er: sie wollten den „Fall“ 1948 vom
„Fall“ 1967 trennen und den Sieg nach dem Sechstage-Krieg als
Mittel verwenden, um die israelisch-palästinensischen
Beziehungen auf eine neue Stufe in Richtung Frieden und
Versöhnung zu heben. Diese Hoffnung wurde später von denen
vereitelt, die den Zionismus als einen Zustand dauernder
Revolution wahrnahmen und deshalb als eine Ideologie, die ewige
Feindseligkeit auferlegt.
Dieses Milieu rechtfertigt Diebstahl, rassistische
Diskriminierung gegenüber dem arabischen „Feind“ und erlaubt
Geschichtsklitterung. Die Einzelheiten über die falschen
Behauptungen des KKL sind schon enthüllt worden: das Land sei
„mit den Kopeken, Pfennigen und Centimes aus den blauen Büchsen“
erworben worden. Die vertriebenen Palästinenser, einschließlich
der zig Tausenden von israelischen „abwesenden“ Bürger,
erhielten keinen einzigen Schekel für ihr Land, das dem KKL
übergeben wurde, während die Regierung von Israel an ihrer
Stelle in einem Deal, der sogar in den Augen der
Verantwortlichen des KKL illegal war, entschädigt wurde.
Dieser Vertrag der Diebe schaffte absichtliche Unklarheit über
unentgeltlichen Erwerb von Besitzern während der britischen
Mandatszeit und die „Erlösung des Landes“ durch die Regierung
Israels – und alles, weil David Ben-Gurion über die Macht der UN
beunruhigt war. Er versprach, entsprechend des Teilungsplanes (
1947) , dass es „keine Enteignung von arabischen Land durch den
jüdischen Staat geben werde“. Durch den Verkauf an den KKL
wollte er dieses Verbot umgehen.
Ben-Gurion merkte sehr schnell, dass er nichts ( von der UN) zu
befürchten hatte. Die Notwendigkeit des KKL war also nicht mehr
gegeben, aber diese Sache war nun eingerichtet: ein Mechanismus
der Diskriminierung der arabischen Bürger des Staates
wurde zur Institution und ist nun wieder belebt worden.
Aus diesem Ausbruch von energischem Zionismus (Netanyahus)
können zwei Schlüsse gezogen werden: Zunächst ein privater: wenn
dies Zionismus ist, dann ist es eine Schande, ein Zionist
zu sein; der zweite ist der, dass eine Gesellschaft nicht lange
auf einem verkommenen Fundament von Diebstahl und
Betrug gegründet sein kann, und wenn sie sich nicht von dieser
ideologischen Basis abwendet, ist ihr Schicksal besiegelt.
(dt. Ellen Rohlfs)
( Anmerkung
der Übers.: vgl. Uri Avnery „Dunum um Dunum“ 5.2.05,
Abraham Burg : „Gescheiterte israelische Gesellschaft“ August
2003
Michael
Warschawski: „Im Höllentempo“, 2004, Nautilus Vlg
Avi Shlaim:
Ist der Zionismus der wahre Feind der Juden? Süddeutsche
Zeitung, 9.2.05)
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