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Mondoweiss_29.10.2016
Die dunkle Seite des jüdischen Bewusstseins: fabrizierter
Antisemitismus
Lilian Rosengarten
Ich widme diesen Essay Hajo Meyer
(1924-2014), dem Antizionisten, politischen Aktivisten,
Auschwitz-Überlebenden und Held im Kampf für die Freiheit Palästinas.
Seine Worte bedeuten mir auch weiterhin etwas und seine Aktionen trösten
mich in meinen Kummer.
"Ein Antisemit pflegte eine Person zu
sein, die Juden nicht mochte. Ich bin kein Anti-Jude. Ich bin
Antizionist."
"Zionismus hat nichts zu tun mit
Antijudaismus."
Zionismus hat immer jegliche Kritik mit
Antisemitismus, Delegitimierung oder Schlimmerem gleichgesetzt. Es dient
als Propaganda, um die Vorstellung von Juden als "Opfer"
aufrechtzuerhalten. Ultranationalisten, die an ihre moralische
Überlegenheit glauben, schaffen einen politischen Terror, um (andere)
zum Schweigen zu bringen und zu leugnen.
Wer hätte sich vorgestellt, dass es wenige
Jahre nach der Niederlage von Nazi-Deutschland 1945 eine bizarre
Eskalation, eine toxische Ausbreitung von Antisemitismus geben würde,
die zum Teil von einem Land mit zwei Gesichtern in Brand gesetzt ist.
Das eine Gesicht beansprucht für sich "die einzige Demokratie im Nahen
Osten" zu sein, das zweite widmet sich einer Agenda, die sich eine
genozidale Besatzung zu eigen gemacht hat, die drei Generationen
palästinensischer, in Gefangenschaft geborener Kinder umfasst. Das ist
das Gesicht des Zionismus mit seinem Traum von einem jüdischen Staat nur
für Juden, "für Palästinenser nicht erlaubt". Es gibt ein alter Ego, wo
die Wahrheit durch alle Formen der Leugnung durchbricht. Eine
schmerzliche Wahrheit, die viele noch nicht als Realität akzeptieren
können. Es ist die Agenda des israelischen Zionismus, der den Horror von
Entrechtung und Genozid einer ganzen Bevölkerung von Palästinensern
zufügt, die unerwünscht, gehasst sind und als "minderwertig" gelten.
Diesem deutschen Juden ist es nicht
möglich, einen Vergleich zwischen dem Unwillen der israelischen
Zionisten, das Menschsein der Palästinenser als menschliche Wesen wie
sie selbst anzunehmen, und Aspekten des Strebens der Nazis nach einem
rassisch reinen Deutschland zu vermeiden.
Wer hätte sich nach dem 2. Weltkrieg
vorstellen können, wie noch einmal eine innerstaatlichem Terrorismus
verwandte emotionale Manipulation eine neue Kultur der Angst und
Hysterie schaffen könnte, die Juden zur Zielgruppe hat?
Was (dabei) angetippt wird, ist eine tief
eingebettete Hysterie, die im jüdischen Bewusstsein schläft. Hier wartet
die Angst vor Vernichtung und Viktimisierung, die wieder einmal Feuer
fangen könnten. Zionistischer Plan ist es, Juden von der ganzen Welt zu
sammeln, die sich für den "jüdischen Staat" einsetzen und dort leben,
und verwenden dafür diese machtvolle Message der Indoktrination. Wir
haben es gehört: ein jüdischer Staat ist der einzige Ort auf der Erde,
an dem Juden sicher können und nicht mehr Opfer sind.
Dieser Jude kann ich nicht sein. Als
Flüchtling identifiziere ich mich mit den heimatlosen Palästinensern,
den Flüchtlingen, die gezwungen wurden von ihrem Land und ihrem Zuhause
zu fliehen, um besetzt, vernichtet und von Gefängnissen, Mauern,
Checkpoints, bewaffneten Soldaten und illegalen Siedlungen umgeben zu
werden. Weil der Zionismus 1948 als eine rassistische Ideologie der
Überlegenheit des "auserwählten Volkes" gegründet wurde, muss ich ein
paar naheliegende Fragen stellen.
Haben Juden, die selbst Opfer geworden
sind, das moralische Recht ein anderes Volk zu besetzen und zu
entrechten? Weshalb haben sie nichts gelernt? Und noch aktueller: wie
konnte es geschehen, dass Antisemitismus verwendet wird, um die
zionistische Agenda zu verteidigen? Es gibt tiefe psychologische
Implikationen, die erforscht und studiert werden müssen, über die
geschrieben und offen diskutiert werden muss, um Licht in einen
unerträglichen moralischen Abgrund zu bringen.
Wir, die wir Antizionisten und nicht
anti-Juden und/oder selbst Juden sind, müssen den gefährlichen Versuchen
widerstehen Opposition mit dem Einsatz (promoting) des Antisemitismus zu
diskreditieren, mit dem versucht wird die Realität der nicht endenden
rassistischen Gewalt gegen Palästina und die Palästinenser zu
verschleiern. Diese Form des innerstaatlichen Terrors verwendet nicht
nur die Schuld am Holocaust, sondern auch Lügen, um eine illegale
brutale Besatzung zu rechtfertigen und/oder aufrecht zu erhalten. Ich
denke, dass die Diskussion darüber, ob ein Antisemitismus existiert oder
nicht existiert, die falsche Fragestellung (issue) ist, damit wir nicht
in die Falle tappen und unsere Orientierung verlieren. Die Zunahme des
Antisemitismus ist real.
Es ist etwas, was mich zutiefst verstört:
seine Verwendung, um die Wahrheit über ein gewalttätiges, aus den Angeln
gehobenes Regime zu verdecken, das die palästinensische Nakba geschaffen
hat. Damit will ich nicht sagen, dass es keinen echten Antisemitismus
gibt. Er breitet sich gemeinsam mit der Islamophobie aus. Vielleicht ist
Zionismus selbst antisemitisch, weil er Semiten einschließlich Juden
diskriminiert. Zionismus ist keine Religion, sondern eine politische
Bewegung. Für Gerechtigkeit und ein Ende der Besatzung zu arbeiten ist
nicht antisemitisch.
Ich möchte hier über etwas sprechen, das
kürzlich auf dem Bard College vorgefallen ist, um das zu
veranschaulichen, was ich oben gesagt habe:
"Israel-Unterstützer weigert sich mit Dima Khalidi gemeinsam auf der
Bühne zu stehen und zitiert Klischees über Juden, die schlecht riechen"
Hannah Arendt, nach der das Bard Center
for Intellectual Inquiry benannt ist, erklärte, dass freie Rede das Herz
der politischen Diskussion ist. Sie fügte hinzu, dass nur in der
Freiheit, mit der über das zur Diskussion stehende Thema gesprochen
wird, die Welt in ihrer Objektivität und Sichtbarkeit von allen Seiten
auftaucht.
War sich der Organisator von "Real Talk",
Roger Berkowitz, nicht bewusst, dass er die freie Rede und den
intellektuellen Austausch unterdrückte, als er sich nicht gegen die
abwegige Forderung von Kenneth Marcus wehrte, nicht gemeinsam mit Dima
Khalidi aufzutreten? Warum? Muss jemand, der BDS unterstützt, Antisemit
sein? Marcus hat uns wieder einmal das Gesicht des Hasses gezeigt, das
von der Propganda und der rassistischen Agenda des Zionismus wieder und
wieder recycelt wird.
Was hätte es gemacht, wenn Prof. Berkowitz
das Schweigen gebrochen und gesagt hätte: "Nein, das ist nicht
akzeptabel!"? Was hat ihn gestoppt, Angst? Die Reaktion betuchter
jüdischer Sponsoren? Ich bin verletzt von diesem unwürdigen Verhalten
von Kenneth Marcus. Das ist die Antithese von allem, woran Arendt
glaubte.
Es ist eine Ironie und bizarr, dass Marcus
vor ein paar Jahren das Louis Brandeis Center for Human Rights under Law
gegründet hat, um den Antisemitismus zu bekämpfen. Er sagt, er sei ein
Verteidiger der freien Rede. Unaufrichtig und gefährlich sind seine
Behauptungen, die die kraftvolle und gewaltfreie BDS-Bewegung
unterminieren, um sie mit dem Ruf 'Antisemitismus!' zu unterdrücken und
zu vernichten. Er wollte aufhetzen (inflame), als er BDS mit dem "pre
extermination", "der Vernichtung vorausgehenden" (Marcus wörtlich)
Nazi-Boykott jüdischer Geschäfte in den 1930er Jahren verglich, ein
wirklich aberwitziger Vergleich, der eingesetzt wird um Angst zu machen.
Kenneth Marcus zeigt das wahre Gesicht und die Hässlichkeit des
Zionismus und in diesem Fall die völlige Geringschätzung und Entstellung
von Dima Khalidi, einer palästinensisch-amerikanischen Frau, einer
Anwältin und Aktivistin für die Menschenrechte der Palästinenser. Marcus
konnte jede Diskussion erfolgreich stoppen, indem wieder einmal mit dem
Ruf 'Antisemitismus' unverantwortlich herumgeworfen wurde.
Quelle:
www.mondoweiss.net/2016/10/consciousness-manufactured-semitism/
Übersetzung: K. Nebauer
Israel supporter refuses to share Bard stage with Dima
Khalidi and cites stereotypes about Jews smelling bad Activism
- Philip Weiss - 23. 10. 2016 - Kenneth Marcus, of the Louis D. Brandeis
Center for Human Rights Under Law Kenneth Marcus, of the Louis D.
Brandeis Center for Human Rights Under Law -
An upsetting/weird incident at Bard College in the Hudson Valley. On
Friday Kenneth Marcus, an advocate for Israel, refused to share the
stage with Dima Khalidi of Palestine Legal during a two-day conference
on free speech on campus. The organizer of the conference — who
identified himself and the Bard president as Jewish in remonstrating
with Marcus — changed the program to accommodate Marcus by allowing him
to speak first, followed by Khalidi.
When a member of the audience objected to aspersions Marcus cast on
Khalidi, Marcus said his refusal was based on the principle that one
should refuse to share a space with Holocaust deniers or deniers of
racism or people who say that Jews smell. >>>
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