0
Palästina und Israel: Kartierung einer
Annexion
Die aktuelle Karte von Palästina wird oft als "Schweizer
Käse" beschrieben. Im vergangenen Jahrhundert wurde es
zerstückelt, eingemauert und mit Hunderten von illegalen
israelischen Siedlungen und Militärkontrollpunkten
gefüllt.
Historische Landkarten
1.
1917
Palästina vor dem britischen Mandat Im 2. Weltkrieg schloss Britannien mehrere widersprüchliche Abkommen, um die Unterstützung zahlreicher Gruppen im Nahen Osten zu gewinnen. Am bedeutendsten war die Balfour-Erklärung, eine öffentliche Zusage, die die „Errichtung einer nationalen Heimat für das jüdische Volk in Palästina“ versprach. Am 31. Oktober 1917 eroberten britische Streitkräfte Palästina von den osmanischen Türken und beendeten 1.400 Jahren islamischer Herrschaft über die Region. 1920 begann ihre 28jährige britische Mandatsherrschaft über Palästina. Vor dem britischen Mandat in Palästina machten die Juden circa sechs Prozent der Gesamtbevölkerung aus.
2.
1918 –
1947 Jüdische Einwanderung aus Europa Das britische Mandat erleichterte die jüdische Einwanderung von Europa nach Palästina in den 1920ern und 1930ern. Die jüdische Bevölkerung in Palästina wuchs von 6 Prozent (1918) auf 33 Prozent (1947).
3.
1920 – 1946
– Jüdische Einwanderung in
Palästina Insgesamt 376.415 jüdische Einwanderer, meistens aus
Europa, kamen gemäß britischer Aufzeichnungen zwischen
1920 und 1946 in Palästina an. Der Höhepunkt wurde 1935
erreicht, als 61.854 Juden in Palästina einwanderten.
Diese 1935 animierte Karte, die von March of Time produziert wurde, zeigt, wohin viele von Deutschlands Juden nach dem Aufstieg von Hitlers Nazipartei flohen. Getty Images (Bilder)
4.
1947 – Vorgeschlagener
UN-Teilungsplan Die Palästinenser lehnten den Vorschlag ab, weil er einen Großteil des Gebietes, das unter ihrer Herrschaft stand, wegnahm. Damals besaßen sie 94 Prozent des historischen Palästinas und bildeten 67 Prozent der Bevölkerung. Dieser Plan wurde nie vor Ort umgesetzt.
5. 1948 - Vertriebene Palästinenser Die Kämpfe hielten bis Januar 1949 an, wo ein Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und Ägypten, Libanon, Jordanien und Syrien geschmiedet wurde. Die Waffenstillstandslinie von 1949, auch als die Grüne Linie bekannt, ist die allgemein anerkannte Grenze zwischen Israel und der Westbank. Die Grüne Linie bezeichnet man auch als Grenze vor 1967, bevor Israel die verbleibenden palästinensischen Gebiete im Juni-Krieg von 1967 besetzte.
6.
1967 – Israel besetzt Gaza
und die Westbank Während des Krieges vom Juni 1967 besetzte Israel das gesamte historische Palästina und vertrieb weitere 300.000 Palästinenser aus ihren Häusern. Israel nahm auch die syrischen Golanhöhen im Norden und die ägyptische Halbinsel Sinai im Süden ein. 1978 unterzeichneten Ägypten und Israel einen Friedensvertrag, der zum israelischen Rückzug aus ägyptischem Gebiet führte.
7.
1993 und 1995 Oslo-Abkommen Die Oslo-Abkommen stellten die erste direkte palästinensisch-israelische Friedensvereinbarung dar. Sie führte zu der Gründung der Palästinensischen Autorität (PA) – einer Verwaltungsbehörde, die für eine Übergangszeit von 5 Jahren die palästinensische innere Sicherheit, und Adminstrativ- und Zivilangelegenheiten in den selbstverwalteten Gebieten leitet. Vor Ort wurde die besetzte Westbank in drei Gebiete aufgeteilt: A, B und C. Gebiet
A: umfasste anfangs 3 % der Westbank und wuchs 1999
auf 18 %. Im Gebiet A kontrolliert die PA die meisten
Angelegenheiten.
Aktuelle Landkarten
8. Wie groß sind Palästina und Israel?
Zusammen umfassen die palästinensischen und israelischen Gebiete 26 790 km². Das ist ungefähr die Größe des US-Staates Hawaii (28 313 km²), der karibischen Nation Haiti (27 750 km²) oder von Albanien in Europa (28 748 km²). Auf palästinensischer Seite haben die besetzten Gebiete, die Gaza, Westbank und Ostjerusalem umfassen, eine Oberfläche von 6 020 km². Israel hat eine Oberfläche von 20 770 km², die auf den international anerkannten Grenzen der Grünen Linie beruht.
9. Besetzte palästinensische Gebiete
Der Gazastreifen ist ein kleines Küstengebiet, das im Süden an Ägypten grenzt. Für zwei Millionen Palästinenser ist dieses Gebiet die Heimat. Die Westbank ist das nierenförmige Gebiet im Osten. Sie liegt im Westen des Jordanufers (der Jordanbank), woher ihr Name stammt. Ostjerusalem liegt auf der palästinensischen Seite der Grünen Linie von 1949. Drei Millionen Palästinenser leben in der Westbank und Ostjerusalem.
10. Israelische Siedlungen
Israelische Siedlungen sind jüdische Gemeinschaften, die auf palästinensischem Gebiet errichtet wurden. Es gibt zwischen 600 000 – 750 000 israelische Siedler, die in mindestens 250 Siedlungen (130 offiziell, 120 inoffiziell) in der Westbank und Ostjerusalem leben. Israelische Siedlungen sind nach internationalem Recht illegal, da sie gegen die Vierte Genfer Konvention verstoßen, die einer Besatzungsmacht verbietet, ihre Bevölkerung in das von ihr besetzte Gebiet zu transferieren. 2019, unter der Präsidentschaft von Donald Trump, erklärte die USA, israelische Siedlungen auf besetztem palästinensischen Land seien „nicht zwangsläufig illegal“, ein dramatischer Bruch der seit Jahrzehnten praktizierten US-Politik.
11. Israelisches Siedlerwachstum
Die Bevölkerung der israelischen Siedler in der Westbank und Ostjerusalem wächst schneller als die Bevölkerung in Israel. Etwa 10 Prozent von Israels 6,8 Millionen jüdischer Bevölkerung leben in diesen besetzten palästinensischen Gebieten. Obwohl sie sich außerhalb des eigentlichen Israels befinden, wird diesen Siedlern die israelische Staatsbürgerschaft gewährt. Außerdem erhalten sie staatliche Unterstützungen, die ihre Lebenskosten erheblich minimieren. Seit 2020 wurden 463.535 in der Westbank lebende Siedler registriert .In Ostjerusalem waren es 220 000.
12.
Trennmauer Seit 2002 baut Israel eine Mauer, die sich über mehr als 700 km hinzieht. Israel behauptet, die Mauer diene Sicherheitsgründen. Jedoch, anstatt der international anerkannten Grünen Linie zu folgen, verlaufen 85 Prozent der Mauer in der Westbank. Das schränkt die Freiheit der Bewegung für die Palästinenser erheblich ein.
Ein
Ausschnitt von Israels Trennmauer im besetzten
Ostjerusalem (2019) Al Jazeera.
13. Israelische Kontrollpunkte (Checkpoints)
Es gibt über 700 Straßenblockaden in der gesamten
Westbank, darunter 140 Kontrollpunkte. Diese
Kontrollpunkte
beschränken
zusätzlich die
Bewegungsfreiheit
der Palästinenser. Etwa 70.000 Palästinenser mit
israelischer Arbeitserlaubnis überqueren diese
Kontrollpunkte bei ihrem täglichen Pendeln zur Arbeit.
Kontrollpunkt 300 blockiert die Straße zwischen Bethlehem und Jerusalem (ActiveStills/Al Jazeera). Siehe mehr Fotomaterial
14.
Palästinensische Flüchtlingslager 1.5
Millionen palästinensischer Flüchtlinge leben in 58
offiziellen UN-(Flüchtlings-)Lagern, die in Palästina
und Nachbarländern errichtet wurden. Insgesamt gibt es
über fünf Millionen registrierte palästinensische
Flüchtlinge, die meist außerhalb dieser Lager leben. Die
Misere der palästinensischen Flüchtlinge ist das
längste, ungelöste Flüchtlingsproblem weltweit.
15. Israels Geschichte der Annexion
Ostjerusalem (1980) Golanhöhen (1981) Israel benutzt die Bezeichnung „Ausübung der israelischen Souveränität“ über Gebiete, die es annektiert hat. Annexion und territoriale Eroberung sind nach internationalem Recht illegal. 2019 erkannte die USA Israels Annexion der Golanhöhen an. Sie ist das einzige Land weltweit, das dies tut.
16. Jerusalem – die geteilte Stadt Gemäß internationalen Standards ist Jerusalem eine geteilte Stadt. Westjerusalem war israelisches Gebiet seit 1948, die Juden sind dort in der Mehrheit. Ostjerusalem hat eine palästinensische Mehrheit und wurde von Israel 1967 besetzt. Seit seiner Annexion 1980 betrachtet Israel die gesamte Stadt Jerusalem als Teil seines Gebiets. Das ist international jedoch nicht anerkannt. Aus diesem Grund zeigen israelische Landkarten Ostjerusalem nicht als Teil der besetzten Westbank.
17.
Die Altstadt Jerusalems Die in Ostjerusalem gelegene Altstadt beherbergt die heiligsten Stätten des Islams, des Judentums und der Christenheit. 1981 wurde sie von den Vereinten Nationen zum Weltkulturerbe erklärt. Das Gebiet, das kleiner als ein Quadratkilometer (0,6 Meilen) ist, beherbergt unter anderem den Al-Aqsa Moschee-Kompound, die Westmauer, die St. Jakob Kathedrale und die Grabeskirche.
18. Al-Aqsa Moschee
Der
Kompound ist Muslimen als al-Haram al-Sharif und den
Juden als Tempelberg bekannt. Der Kompound ist
vergleichbar mit der Größe von 20 Fußballfeldern.
VIDEO - Innerhalb der al-Aqsa: Eine 360° Tour durch Jerusalems heiligste Moschee (2017), Al Jazeera.
19.
Besetzte Golanhöhen 1967 nahm Israel 70 Prozent der syrischen Golanhöhen ein und hält es seitdem besetzt. 1974 wurde eine UN-Beobachtertruppe geschaffen, um den Waffenstillstand zwischen Israel und Syrien zu erhalten. 1981 annektierte Israel unilateral das Gebiet. 2019 wurde die USA das einzige Land, das Israels Annexion des Landes anerkannte.
20.
Das Jordantal Das Jordantal macht 30 % der Westbank aus und bildet die Hälfte ihrer landwirtschaftlichen Nutzfläche. Der fruchtbare Streifen Land von 105 km² verbindet die Westbank mit Jordanien. Das Jordantal ist der tiefste Punkt auf Erden. Es schließt das Tote Meer ein, das 790 Meter unter dem Meeresspiegel liegt. Das Jordantal ist die Heimat von 65.000 Palästinensern und 11.000 illegalen israelischen Siedlern.
Drohnenaufnahme des Jordantals (2014)
21.
Israels Annexion des Jordantals Die am 1. Juli von Netanyahu erwartete Annexion des Jordantals ist aus einer Reihe von Gründen bedeutend: 1. Die Palästinenser würden vollständig umzingelt Die einzige internationale Grenze der Westbank ist die mit Jordanien. Wenn Israel das Jordantal annektierte, würde die Westbank von Israel völlig umzingelt. Für die Palästinenser kann es keinen palästinensischen Staat ohne das Jordantal geben. 2. Sie wären von palästinensischem Wasser und landwirtschaftlichen Ressourcen abgeschnitten Israelische Siedler erhalten im Jordantal 18 mal mehr Wasser im Durchschnitt als die palästinensischen Bewohner der Westbank. Die meisten palästinensischen Bauern sind nicht mit dem Wassernetzwerk verbunden und müssen sich auf gekauftes Wasser aus Tanks verlassen. Die Annexion würde bedeuten, dass die Palästinenser physisch vom Jordanfluss abgeschnitten wären. 3. Sie würde den Siedlungsbau beschleunigen Derzeit erfordert jede neue Zoneneinteilung oder jeder neue Bau in der Westbank die Genehmigung von Israels Verteidigungsminister und Premierminister. Das kann Monate oder Jahre dauern. Nach der Annexion würde Israel das Jordantal als Teil seines Gebietes betrachten und somit wäre jede Konstruktion eine lokale Angelegenheit. Nach einer von Netanyahu in 2019 präsentierten Karte umfassten die zu annektierenden Gebiete 95 Prozent des Jordantals, was mindestens 22 Prozent der Westbank ausmacht.
22. Trumps Konzept-Landkarte
Am 28. Januar 2020 kündigte US-Präsident Donald Trump formell seinen Nah-Ostplan an, um den sieben Jahrzehnte anhaltenden israelisch-palästinensischen Konflikt zu lösen. Er pries ihn als „Jahrhundertdeal“. Als Teil des Plans präsentierte er eine Konzept-Landkarte, die Israel erlauben würde, riesengroße Teile der besetzten Westbank zu annektieren, und den Palästinensern eine Kontrolle über nur 15 % des historischen Palästinas einräumen würde.
23.
Annexion des Jordantals: Trump gegen Netanyahu Laut dem israelischen Siedlungs-Watchdog Peace Now ist das Gebiet, das der israelische Premierminister Bejamin Netanyahu plant, von dem Jordantal zu beschlagnahmen, größer als das Gebiet, das in Trumps Plan 2020 dargestellt wird. Nach Israels Berechnungen würde es rund 1 236 km² Land des Jordantals beschlagnahmen. Laut Trumps Konzept-Landkarte, die er im Januar präsentierte, sollte Israel einen kleineren Teil des Jordantals annektieren, circa 964 km² .
24.
Blockade des Gazastreifens Seit 2007 steht der Gazastreifen unter israelischer See- und Luftblockade. Seit 2008 hat Israel drei Kriege gegen das palästinensische Gebiet geführt und dabei tausende Menschen getötet, meistens Zivilpersonen 1948 bestand die Bevölkerung im Gazastreifen aus weniger als 100.000 Menschen. Heute ist es die Heimat von zwei Millionen Menschen, 64 Prozent von ihnen sind Flüchtlinge.
Eins der größten Viertel in Gaza City, Shujayeh (2014). Siehe mehr Drohnenmaterial
25. Wo sind die Palästinenser heute? Heutzutage gibt es 13 Millionen Palästinenser weltweit, laut dem Palästinensischen Zentralbüro für Statistik. Etwa die Hälfte der palästinensischen Bevölkerung lebt im historischen Palästina, dazu gehören drei Millionen in der Westbank und Ostjerusalem, zwei Millionen in Gaza und 1,9 Millionen palästinensische Bürger in Israel. Weitere 5,6 Millionen Palästinenser leben in arabischen Ländern wohingegen die restlichen 700.000 in anderen Ländern der Welt leben.
26. Wo
sind die Juden heute? Laut dem israelischen Zentralbüro für Statistik gibt es etwa 14,7 Millionen Juden weltweit heutzutage. Von ihnen leben 6,7 Millionen in Israel, 5,7 Millionen in den USA, 450.000 in Frankreich, 329 000 in Kanada, 292 000 im Vereinigten Königreich, 180 000 in Argentinien und 165 000 in Russland.
27.
Internationale Anerkennung
Die
Vereinten Nationen haben 193 Mitgliedsstaaten.
|
Quelle Übersetzt von Inga Gelsdorf - grafische Bearbeitung Erhard Arendt