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ief-aus-Israel]


 

 From: "Angelika Schneider" <anka.sch(at)gmx.net To: <Brief-aus-Israel(at)yahoogroups.de Subject: [Brief-aus-Israel] Aktuelles aus den besetzten Gebieten  

 

Brief aus Israel 4.11.05
 

Liebe LeserInnen,

endlich finde ich etwas Zeit, um zumindest die letzten Mails, die mich erreichten, für euch auszuwerten. Bis das wieder einigermaßen regelmäßig geht, werden noch ein paar Wochen ins Land gehen. Inzwischen danke ich Ellen Rohlfs, dass sie immer wieder informative Artikel übersetzt. Besonders beeindruckt hat mich Uri Avnerys Rede in Berlin, die in einer ihrer letzten Artikelsammlungen enthalten war. Er zeichnet eindrucksvoll die tiefe Kluft nach zwischen dem Geschichtsverständnis beider Seiten des Konflikts und wie sehr sie die Verständigung erschweren bzw. unmöglich machen.
 

Mehrere Beiträge weisen auf dis israelischen Versuche, in einer Öffentlichkeitskampagne Abu Mazen/Mahmoud Abbas als Verhandlungspartner regelrecht zu diskreditieren. Immer wieder wird behauptet, dass der Weg zu Verhandlungen irgendwelcher Art erst beschritten werden kann, wenn "wirksame Schritte von der PA unternommen werden, den Terror einzudämmen". Gleichzeitig wird auf die Schwäche Abu Mazens hingewiesen und auf seine schwindende Unterstützung im eigenen Volk, die diese wirksamen Schritte unmöglich macht.

Dabei zeigt ein Artikel von Danny Rubinstein, veröffentlicht in Haaretz am 17. Oktober, das Gegenteil auf:

Eine öffentliche Umfrage, die vorige Woche veröffentlicht wird, zeigt einige überraschende Ergebnisse. Abu Mazen hat tatsächlich in letzter Zeit an Kraft zugenommen. Die Umfrage wurde in der Westbank und im Gazastreifen von der Bir Zeit Universität durchgeführt, scheint also ziemlich zuverlässig zu sein.

Nach der Umfrage ist die allgemeine Unterstützung für Abu Mazen von 33% im April 2005 auf etwa 45% gestiegen, mehr noch in Gaza als in der Westbank. Die meisten Befragten unterstützen seine Politik ganz allgemein - vor allem den Waffenstillstand mit Israel und das Verbot, öffentlich Waffen zu tragen. Man erwartet generell eine Verbesserung des Funktionierens der Sicherheitskräfte. Zugleich unterstützt eine besonders große Mehrheit Abu Mazens Entscheidung, die Milizen nicht zu entwaffnen.

Bei seinem gegenwärtigen diplomatischen Besuchen will Abu Mazen seine Gastgeber, vor allem Präsident Bush informieren, dass er keine Fortschritt erzielen kann solange Israel ihn im Gazastreifen zurückhält und Zäune und Trennungsmauer baut, Jerusalem weiter judaisiert und die Siedlungen ausbaut. Er wird darauf hinweisen, dass die Gewalt zunehmen wird, wenn Israel ihn weiterhin zu schwächen sucht, um dann behaupten zu können, "Es gibt keinen Gesprächspartner".


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Zum Thema Mauer schreibt Chris McGreal im Guardian am 18. Oktober:

Am nördlichen Stadtrand von Jerusalem, auf der Hauptstraße nach
Ramallah, kommen drei turmhohe Betonmauern um eine schnell gebautes Labyrinth von Käfigen, Drehkreuzen und bombensicheren Räumen zusammen.

Wenn die Bauarbeiten in Qalandia in den nächsten Wochen beendet werden, werden die letzten Lücken in der 8m hohen Mauer geschlossen und diejenigen, die noch reisen dürfen zwischen den beiden Städten werden durch ein Gewirr von Identitäts- und Sicherheitschecks geleitet, wie bei einer internationalen Grenze [und wo das, außer vielleicht in Israel?]

Das israelische Militär hat die Übergangsstelle während der letzten
Monaten ohne viel Aufsehen gebaut, mit anderen Posten der riesigen neuen "Sicherheitsbarriere" entlang die Jerusalem umschließt, während die Aufmerksamkeit der Welt auf die Entfernung der Siedler aus dem Gazastreifen durch Ariel Sharon gerichtet war.

Aber diese de facto Grenzposten sind nur eine Element in einem Netz von Bauten offensichtlich dazu gedacht, die Grenzen Israels neu zu ziehen tief innerhalb der palästinensischen Gebiete und ganz Jerusalem als Israels Hauptstadt zu sichern, und dies so schnell zu machen , dass die ganze Frage nicht mehr verhandelbar ist. Während ausländische Führer, einschließlich Tony Blair, Sharon lobten für seinen "Mut" beim Gazarückzug, war Israel dabei, die Konstruktion der Westbank Barriere zu beschleunigen, enteignete dabei mehr Land in der Westbank als es in Gaza aufgab und baute tausende neuer Wohnungen in jüdischen Siedlungen.

"Es ist ein Tauschgeschäft: der Gazastreifen für die Siedlungsblöcke; der Gazastreifen für palästinensisches Land; der Gazastreifen für einseitig auferlegte Grenzen," sagte Dror Etkes, Direktor der israelischen Organisation Settlement Watch. "Sie wissen nicht, wie viel Zeit sie haben: Sie bauen wie verrückt...

Parallel zur Mauer wurde der Bau in jüdischen Siedlungen während des ersten Quartals diesen Jahres um 83% erhöht verglichen mit 2004. .. Die Gesamtzahl der Siedler ist um etwa 14000 gestiegen, verglichen mit 8 500, die aus Gaza vertrieben wurden... Allein im Juli hat Israel mehr land gegriffen als es in Gaza aufgab: es zog sich von etwa 19 Quadratmeilen zurück, während 23 Quadratmeilen um Maale Adumim in der Westbank abgeriegelt wurden...

Vorige Woche sagte Sharon einem Treffen seiner Likudpartei dass es wichtig sei, die Siedlungen zu vergrößern ohne die Aufmerksamkeit der Welt zu erregen. "Reden ist nicht nötig. Wir müssen bauen, ohne darüber zu reden." Ein paar Tage später sprach Eyal Arad, ein Hauptberater Sharons öffentlich von "einer Strategie, einseitig die permanenten Grenzen des Staates Israels festzusetzen."

Arabische Viertel der Stadt werden von ihrer Umgebung komplett abgereigelt, der Norden vom Süden des palästinensischen Territoriums am engsten Punkt durchtrennt. Organisationen wie die International Crisis Group meinen, dies könnte explosive Konsequenzen haben. "Gegenwärtige Maßnahmen in und um die Stadt herum werden künftige Bemühungen, den Konflikt zu lösen, unendlich verkomplizieren und vielleicht vernichten... eine Zweistaatenlösung unmöglich machen und die Saat eines wachsenden Radikalismus ausstreuen."

Sharon rechnet scheinbar mit weiterem Schweigen seitens Amerika und europäischen Hauptstädten, weil nächstes Jahr Wahlen bevorstehen, und Washington möchte, dass er gegen seinen Hauptherausforderer, Binyamin Netanyahu, gewinnt... Aber Yossi Beilin, früherer israelisches Kabinettsmitglied und Friedensverhandler, weist daraufhin, dass mangelnder Druck aus Washington und den anderen Mitgliedern des Quartets, die die "Roadmap" beaufsichtigen, Sharon freie Hand lässt beim Ziehen neuer Grenzen.

"Die Roadmap ist ein großer Witz. sie ist nichts als heiße Luft," sagte Beilin. "Ich bin sehr pessimistisch - ich sehe eine große Lücke zwischen den Reden fremder Regierungen - und die Tatenlosigkeit auf dem Boden. Sharon macht einfach was er will."


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Zugleich geht natürlich die Gewalt gegen Palästinenser ungebrochen weiter. In dem Dorf Salem wurden 200 ha Boden durch eine nur-für-Siedler Umgehungsstraße abgetrennt. Der Zugang zu diesem Land - besonders wichtig zur Zeit der Olivenernte - wird durch Siedlergewalt unmöglich gemacht. Viele Hektar Olivenbäume wurden durch ein von Siedlern entfachtes Feuer zerstört. Die Palästinenser sind durch die fortdauernde Gewalt gezwungen, die israelische Autorität um Schutz zu bitten, aber selbst wenn Soldaten zu diesem Zweck geschickt werden, unternehmen sie gewöhnlich nichts gegen die Angriffe.

Ein älterer Palästinenser wurde sogar durch eine Wildschwein getötet. Da Wildschweine in diesem Gebiet normalerweise nicht vorkommen, glauben die Palästinenser, dass israelische Siedler oder Soldaten sie dort freigelassen haben, um die Ernte zu zerstören und das Leben der Palästinenser zu bedrohen.

In einem besonders eklatanten Fall am 27. Oktober in Hebron hat die israelische Polizei eine 15-jährige Schülerin festgenommen, die um Schutz gebeten hatte, weil sie von einem israelischen Soldaten und mehreren Siedlern misshandelt wurde. Menschenrechtsbeobachter, die hinzukamen, wurden ebenfalls misshandelt. Daraufhin bat das Mädchen die Beobachter, die Polizei zu rufen, in der Hoffnung, dass diese sie
beschützen würde. Die Siedler haben sie und die Menschenrechtsbeobachter weiterhin gestoßen und geschubst. Als die Polizei kam, haben sie aber das Mädchen festgenommen, wie die Siedler es verlangten. Sie wird (soweit berichtet wurde) weiterhin festgehalten und sowohl einem Anwalt als auch ihrer Familie der Zugang verwehrt.
Die (ausländischen ) Menschenrechtsbeobachter wurden weiterhin
misshandelt. Die Soldaten haben sich eine Zeit lang zwischen ihnen und den Siedlern gestellt, sie aber schließlich zur Polizeistation
mitgenommen. Nach Anrufen durch ihre Konsulate wurden sie später am Abend freigelassen.

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Bil'in geht der gewaltfreie Widerstand, mit allfreitaglichen Demonstrationen unverdrossen weiter, trotz allen Bemühungen des
Militärs, ihn zu verhindern. Am 28. Oktober war ein Zug mit einem
20m-langen Transparent mit einem Botschaft im Geist der Urteile des internationalen Gerichtshof. Die DemonstrantInnen wollen mit
verbundenen Händen marschieren und Namensschilder mit den Namen derer, die aus Bil'in festgenommen wurden, tragen. Am Freitag davor haben sie die Entscheidung des Gerichtes, dass die Barriere zu entfernen sei, umgesetzt indem sie Metallpfosten entfernten, die als Fundament dienen sollten.

Als Antwort führt das israelisch Militär Festnahmen während der Nacht durch. Sie gehen von Haus zu Haus und sammeln AktivistInnen ein, von denen man weiß, dass sie an gewaltfreien Demos teilnahmen und verwehrten dabei dem ganzen Dorf den Schlaf. Am Sonntagabend verteilten sie Flugblätter in denen sie die DorfbewohnerInnen warnten, dass die Beschädigung des Zaunes "Gewalt gegen Sicherheitseigentum" sei und dass das "Alltagsleben der Dorfbewohner wegen solcher Handlungen gestört werden wird".

In diesen Angriffen wurden 11 gewaltfreie Aktivisten festgenommen, darunter eine 16-jähriger und 3 Brüder aus einer Familie. Am gestrigen Donnerstag (den 27. 10.) sind zunächst weitere 4 Leute festgenommen worden, später ist eine Truppe von etwa 20 Soldaten zum vierten Mal in 5 Tagen eingedrungen. Die BewohnerInnen mit einigen israelischen und internationalen Freiwilligen strömten aus den Häusern, umringten die Truppe und fingen an zu singen und Sprüche zu skandieren. Die israelisch Truppe hat sich schließlich zurückgezogen und eine Liste von gesuchten palästinensischen Friedensaktivisten hinterlassen.


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Immer wieder weist Dorothy darauf hin, dass die jüngst wieder ausgebrochene Gewalt seitens einzelner Palästinenser eine Antwort ist auf die andauernde Gewalt des israelischen Militärs, der im September 38 Palästinenser zum Opfer fielen, mit 163 Verletzten, im Oktober noch vor dem Mord an den Führer des islamischen Jihad 11 Getötete und 16 Verletzte. "Heute Abend noch," schreibt sie am 29. Okt., "habe ich erfahren dass nachmittags einige Jeeps und 16 Soldaten in das Dorf Marda eindrangen gerade als die Leute beim Gebet in der Moschee waren, andere den letzten Freitag des Ramadans vor der Moschee genossen. Sie nahmen 2 Jugendliche von 14 und 19 Jahren mit. Im Lauf des Abends, nach vielen Anrufen, gelang es herauszubekommen, wo die Jungen festgehalten wurden.
Angeblich waren erst der eine, dann auch der andere entlassen worden, aber keiner schien sagen zu können, wo. "Ich nehme an, die Soldaten und die Polizei glauben, dass das eine gute Methode ist, Kindern beizubringen, keine Steine zu werfen. Lass sie 25 oder 30 km mit leerem Magen stapfen (sie wurden vor dem Fastenbrechen abgeschleppt, hatten also den ganzen Tag nichts gegessen oder getrunken)! Sollen ihre Eltern schwitzen! Es scheint ihnen nie einzufallen, dass, wenn sie aufhören würden in die Dörfer einzudringen und die Bewohner zu beherrschen, die Jungen keinen Grund hätten, mit Steinen zu werfen!"

Gestern kam ein ausführlicher Bericht über die Festnahme der Jungen vom International Women's Peace Service, IWPS. Sie beschreiben wie die Jungen willkürlich aufgegriffen wurden, nachdem Soldaten sagten, ein Junge habe mit Steinen geworfen. Der Ältere sei 17 Jahre alt gewesen.
Dem Vater des 14-jährigen haben sie gesagt, sie wollten ihn außerhalb des Dorfes befragen. Der Vater konnte bis zum Dorfeingang mitgehen und zusehen, wie sein Sohn mehrfach geschlagen wurde. Schließlich wurde beiden Jungen die Augen verbunden und Handschellen angelegt, und sie wurden weggebracht. Bei dem stundenlangen Telefonieren, um die Jungen
zu finden, wurden immer wieder unterschiedliche Auskunft über ihren Aufenthalt gegeben. Schließlich wurden sie - immer noch in Handschellen und mit verbundenen Augen - um 1.45 Uhr vor dem Dorf abgesetzt. Man habe ihnen Gewehre gegen den Kopf gedrückt und gesagt, sie würden nun hingerichtet. Dann habe man die Augenbinde des 14-jährigen entfernt und sie am Dorfeingang zurückgelassen. Gegen 2 Uhr waren sie zuhause.

.......

Das Gesundheitsministerium in Gaza hat ein Bericht veröffentlicht, nach dem 59 Menschen, einschließlich 37 Kinder psychischen Störungen oder Komplikationen chronischer Erkrankungen unterworfen wurden durch das fortgesetzte Durchbrechen der Schallmauer durch Flugzeuge im Luftraum von Gaza. Drei Krankenhausangestellte wurden verletzt als Möbel oderelektrische Geräte durch den Knall auf sie fielen.

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