Uri Shani ist noch das, was das Theater einst war. Eine politische Institution mit einem Bildungsauftrag der auch ernst genommen wird. Er hätte die Wahl gehabt sich den herrschenden Verhältnissen anzupassen, sich der halbseidenen Empörungskunst anzubiedern, die zwar plakativ aber wenig progressiv und sehr reaktionär ist.
Während das große deutschsprachige Theater, die Burg, sich immer wieder der Vergangenheitsbewältigung widmet und die kunstvollendete Bourgeoisie nachzieht, macht sich Uri Shani große Sorgen um Gegenwart und Zukunft. Weniger was ihn als Person betrifft, sondern die Zukunft der Menschheit allgemein und davon einen speziellen Teil, der die besonders große Arschkarte gezogen hat – die Palästinenser.
Seit mittlerweile über 70 Jahren wird dieses Volk systematisch vertrieben, unterdrückt, dezimiert und sogar an Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen in seiner Existenz verleugnet. Historische Ereignisse werden umgedeutet und revidiert und jede Solidarität mit diesen Menschen per « Antisemitismuskeule » und anderer untergriffiger Argumente kurz und klein geschlagen – es wundert daher nicht, dass in der sogenannten Hochkultur, bis auf wenige Ausnahmen, tunlichst die Finger von diesem Thema gelassen werden. Was für die einen Pragmatismus gegenüber der eigenen Karriere ist, ist dann oft nichts anderes als Feigheit vor Menschlichkeit und der damit verbundenen Würde und Gerechtigkeit.
Für Uri ist klar, dass der Verrat an und die Apartheid gegenüber den Palästinesern letzten Endes uns allen vorzuwerfen sein wird und über kurz oder lang auch zum Verhängnis werden kann. Die gesellschaftliche Entwicklung in seiner Heimat Israel wird dort nicht exklusiv begrenzt bleiben.
Israel ist ein Teil der westlichen Wertegemeinschaft und der instituionalisierte Rassismus der sich durch das Land und eine Bevölkerungen pflügt wird seine Furche mindestens durch den Rest der weissen, nämlich westlichen Welt graben – begonnen hat es ohnehin schon.
Gerade die Liebe zu seiner Identität, zu seiner Kultur, seinen Mitmenschen und Heimat ist es doch, die ihn sorgenvoll diese Entwicklungen beobachten und ihn als Mahner laut werden lässt.

Uri Shani war am 22. Juni in Wien zu Gast und hielt für die Gruppe42 seinen Vortrag:
"Israel - Blick in die Eingeweide einer zerrissenen Gesellschaft"

Uri Shani ist Autor, Regisseur und Pädagoge. Lange beschäftigte er sich mit Augusto Boal´s "Theater der Unterdrückten" und lässt seine Wahrnehmung als Künstler auch in seinen Vortrag einfließen. Seine Sicht ist eine Ganzheitliche, die eben nur mit Leidenschaft zu schärfen und zu halten ist. Sein Vortrag soll zum Nachdenken anregen und wird vermutlich festgefahrene Geister, egal aus welcher politischen Ecke sie kommen, schwer zum Grübeln bringen oder irritieren.

"Wenn wir die Welt genauer betrachten, sehen wir Unterdrücker und Unterdrückte in allen Gesellschaften und Geschlechtern, Klassen und Kasten, wir sehen eine ungerechte und grausame Welt. Wir müssen eine andere Welt erfinden, denn wir wissen: Eine andere Welt ist möglich. Es ist an uns, sie mit unseren eigenen Händen zu bauen, uns einzumischen und auf die Bühne zu gehen: auf die Bühne des Theaters wie auf die Bühne des Lebens."

"Wir alle sind Schauspieler, wir sind alle Handelnde. Bürger ist nicht, wer in einer Gesellschaft lebt. Zum Bürger wird, wer die Gesellschaft verändert." Augusto Boal

http://gruppe42.com/
https://www.facebook.com/gruppe42/
https://twitter.com/RedaktionG42
https://www.youtube.com/channel/UCJes...
redaktion@gruppe42.com