
„In Gaza wurde für die Juden eine Scheidelinie überschritten“
Israels Völkermord im Gazastreifen und die jüdische Ethik
Arn Strohmeyer - 9. 1. 2025
Kurz nach dem 7. Oktober 2023 veröffentliche Der Spiegel einen Essay des israelischen Soziologen Natan Snaider mit dem Titel Nur die Verzweiflung kann uns retten. In diesem Text, der noch ganz unter dem Schock das Hamas-Massakers geschrieben wurde, erteilt Snaider jedem Gedanken an Frieden oder Versöhnung – also universalistischen Zielen – eine Absage. Der 7. Oktober, schreibt er, war ein herausgehobenes Ereignis, nachdem das Zurückkehren in die Menschheit der Gleichen nicht mehr möglich sei. Er behauptet, dass Israel in einer anderen Zeit, einem anderen Raum, in einer anderen Wirklichkeit lebe, also eine einmalige Sonderrolle in der Welt spiele. Was aber nur heißen kann, dass Völkerrecht und Menschenrechte für Israel nicht gelten.
Den 7.Oktober kann man nach Snaider nicht mit der Vorgeschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts in Zusammenhang bringen. Er ist kein Teil des „manchmal auch kriegerischen Hin und Her“ zwischen Israelis und Palästinensern, sondern ein außerhalb des Konfliktes stehendes, separates Ereignis. Mit Blick auf die Verfolgungsgeschichte der Juden – wohl vor allem an den Holocaust denkend – sieht er die Hamas-Attacke als wiederkehrende bedrohliche Gefahr für sein Volk jetzt sogar in Israel selbst: „Das Morden ist nun auch in Israel angelangt, grausame und bestialische Taten, die jede Form von Widerstand brechen, die nichts anderes sind als der Ausdruck des Bösen.“
Snaider beschwört das „Nie wieder!“, das nach dem Holocaust als absolut gültige Lehre aus diesem Menschheitsverbrechen ausgegeben wurde, bezieht sie aber ausschließlich auf die Juden Israels, nicht universal auf alle Menschen. So ein Angriff wie am 7. Oktober auf Juden dürfe nie wieder geschehen, auch wenn der moralische und politische Preis sehr hoch sein werde. In diesem Satz versteckt sich seine vorbehaltlose Befürwortung von Israels Rachefeldzug in den Gazastreifen, der zum Völkermord wurde. Ob Snaider bereit war, diesen Preis zu zahlen, sagt er nicht. Aber er bekennt: „Die Hamas zu zerschlagen, das ist kein genozidaler Triumphalismus, sondern ein Akt der Verzweiflung“, um Israel vor einem neuen 7.Oktober zu schützen. Also Völkermord aus Verzweiflung?
Eine andere jüdische Stimme. Sie gehört der Professorin für moderne und zeitgenössische jüdische Geschichte an der Sorbonne in Paris: Esther Benbassa. Sie schreibt entsetzt über Israels Angriff auf den Gazastreifen, registriert eine furchtbare Luftoffensive. Israels Luftwaffe flog 3000 Einsätze über Gaza und warf dort 1000 Tonnen Sprengstoff ab. Dann folgte eine Bodenoffensive, wobei die israelische Armee über eine ausgefeilte Spähtechnik und Rüstungssysteme verfügte, darunter Kampfroboter und mittels Bildschirmübertragung ferngesteuerte Waffen. Die Hamas und ihre verbündeten Gruppen feuerten primitive selbst gebastelte Raketen, die keine Ziellenkung haben, und Mörsergranaten auf Israel.
Esther Benbassa registriert eine mörderische Bodenoffensive der Israelis, die Zerstörung der Infrastruktur (Elektrizität, Wasser), den Zusammenbruch der Versorgung für, 1,5 Millionen Menschen, die Unmöglichkeit, mit Rettungswagen Verwundete zu retten, den Einsatz von Phosphorbomben unter Verletzung des Internationalen Völkerrechts, die auf den Körpern der Getroffenen irreparable Schäden anrichten. Gegen die Überlegenheit der israelischen Armee konnten die palästinensischen Kämpfer so gut wie nichts ausrichten. Die Israelis griffen auch rücksichtslos die Zivilbevölkerung an, die keine Fluchtmöglichkeiten hatte. Sie versuchten die Verluste in den eigenen Reihen so gering wie möglich zu halten und gaben deshalb den Befehl aus: „Wenn Ihr nicht sicher seid, schießt!“ Es gab sehr viele Tote.
Ihr brutales Vorgehen rechtfertigten die Israelis mit der Behauptung, dass die palästinensischen Kämpfer „menschliche Schutzschilde“ benutzt hätten. Außerdem hätten sich in zivilen Einrichtungen – Krankenhäusern, Ambulanzen und UNO-Gebäuden – Kämpfer der Hamas versteckt, um von hier aus die Israelis anzugreifen. Um die Soldaten zu motivieren, setzte Israel auch propagandistische Mittel ein: Die Palästinenser wurden als „menschliche Tiere“, „Kakerlaken“, „Heuschrecken“ und „Schlangen“ oder als „Krebserkrankung“ diffamiert. Eigentlich, so die Propaganda, gehören die Palästinenser gar nicht zur zivilisierten Menschheit, die die Israelis verkörpern. Anders gesagt: Die Palästinenser werden rassistisch entmenschlicht und dämonisiert, und damit zu Abschuss freigegeben.

Esther Benbassa stellt sich angesichts dieser Barbarei die Frage: Wie ist es möglich, dass die Israelis keinerlei Empathie für die Leiden der Palästinenser haben – eines Volkes, dessen Schicksal dem der Juden so ähnlich ist? Wie können Juden, fragt sie weiter, deren Vorfahren Verfolgung und Leiden durchmachen mussten, ertragen, einem Volk in ihrer Nachbarschaft ähnliche Grausamkeiten anzutun? Haben die Juden in Israel ihr historische Gedächtnis verloren und haben sie die elementarsten Grundsätze der jüdischen Ethik völlig vergessen?
Judentum bedeutet für die Autorin, eine Ethik, die besagt, dass Menschen sich mitmenschlich begegnen sollten, dass man dem Anderen die Hand zur Versöhnung reichen muss. Der Holocaust habe gelehrt, was Menschen einander antun können. Und deshalb fragt sie: „Wie kann Israel ein so inhumanes Verhalten an den Tag legen? Schweigen darüber, was Israel tue, übe Verrat am Wesen dessen, was Jude-Sein bisher bedeutete. Sie wirft den Israelis vor, jede Menschlichkeit, jegliches Empfinden für den Anderen, jegliches Erbarmen („Rachmanut“) verloren zu haben.
Die Gaza-Offensive hat sie zu einer neuen, ganz wesentlichen Erkenntnis gebracht: „Mit dieser Offensive geschah etwas Neues. Es wurde eine Scheidelinie überschritten zwischen dem, was ein Jude mit seinem geschichtlichen Hintergrund zulassen kann und dem, was er zurückweisen muss, wenn er möchte, dass sein Jude-Sein eine von Humanität und somit von Universalität geprägte Vision der Welt bleibt.“ Die Gaza-Offensive mit ihren Verbrechen habe die Karten für die Juden neu gemischt.
Sie ringt mit sich, ihre jüdische Identität und die Loyalität mit Israel in Einklang zu bringen. Für sehr viele Juden sei die Identifikation mit Israel ihre neue Religion, aber wenn Jude-Sein so gesehen überhaupt noch einen Sinn haben solle, dann müsse Israel ethisch handeln. Wie fragt sie sich, kann man sich mit einem Staat identifizieren, der den Holocaust in das Zentrum seiner Staatsräson stellt, um ihn aber zugleich zu instrumentalisieren und so die Unterdrückung der Palästinenser sowie den Raub ihres Landes zu rechtfertigen?
Israel, schreibt sie, beschwört ständig eine massive Gefährdung der Juden herauf – die Bedrohung durch einen neuen Holocaust, aber das sei ein propagandistischer Vorwand, um dem Vorwurf der Unterdrückung der Palästinenser zu entgehen. Die Opfer von gestern, die Repression, Verfolgung und Massaker erlitten hätten, seien Täter geworden. Sie erzeugten palästinensische Opfer, die dann selbst wieder zugleich Opfer und Täter seien.
Esther Benbassa schreibt diese Sätze in ihrem Buch Jude sein nach Gaza, aber nicht nach Israels genozidalem Krieg im Gazastreifen nach dem 17, Oktober 2023, sondern nach Israels ersten massivem Angriff auf das Gebiet im Jahr 2008. Was würde sie heute nach der fast vollständigen Zerstörung des Streifens und dem Genozid an seiner Bevölkerung – mit fast 50 000 Toten – schreiben?

Ein anderer jüdischer Autor schreibt auch über die israelischen Angriffe auf Gaza. Er zitiert den israelischen Vizeregierungschef Eli Jischai, der die Ziele der Militäraktion so formulierte: „Es sollte möglich sein, Gaza zu vernichten, damit sie kapieren, dass sie sich besser nicht mit uns anlegen. Es ist eine großartige Gelegenheit, die Häuser all dieser Terroristen zu Tausenden zu zerstören, damit sie sich gut überlegen, ob sie wirklich Raketen abschießen wollen. Ich hoffe, dass die Operation ein großer Erfolg wird und dass der Terrorismus und die Hamas zum Schluss vollkommen vernichtet sein werden, Ich finde, man sollte sie dem Erdboden gleichmachen, also werden Tausende Häuser, Tunnel und Industriebetriebe zerstört werden.“ Und Vizegeneralstabchef Dan Harel erklärte: „Nach dieser Operation wird in Gaza kein einziges Hamas-Gebäude mehr stehen.“ Mit diesen Angriffen wollte Israel die Abschreckungsfähigkeit wiederherstellen, die es durch seine Niederlage im Krieg 2006 gegen die Hisbollah eingebüßt hatte. Der Autor selbst wertet den israelischen Angriff auf Gaza so: „Israels Verfahren bei der Wiederherstellung seiner Abschreckungsfähigkeit lässt sich nur als schrittweiser Rückfall in die Barbarei beschreiben.“ Mit der Bombardierung wolle man die Zivilbevölkerung gefügig machen – Israel setze auf Terror in Reinkultur.
Ein Bericht von Völkerrechtlern über die israelischen Verbrechen in Gaza gelangte zu dem Schluss, dass Israel vielfach vorsätzlich handele, als es in Gaza Zivilisten tötete und verheerende Schäden an der zivilen Infrastruktur anrichtete. Der Großangriff sei in einer militärischen Doktrin verankert gewesen, der zufolge „unverhältnismäßige Zerstörung und die größtmögliche Störung des Alltags vieler Menschen legitime Mittel zur Erreichung militärischer und politischer Ziele darstellen.“ „Die entsetzlichen Auswirkungen auf die Nichtkombattanten in Gaza „seien daher „vorprogrammiert“ gewesen. Die „unverhältnismäßige Zerstörung und die gegen Zivilisten gerichtete Gewalt“ seien politisch gewollt gewesen, ebenso die „Demütigung und Entmenschlichung der palästinensischen Bevölkerung.“
Internationale Beobachter waren entsetzt über die Folgen der Blockade, die Israel über den Gazastreifen verhängt hatte, und die Zerstörungen der israelischen Angriffe. Sie hatten die Infrastruktur Gazas an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Die frühere UN-Hochkommissarin Mary Robinson urteilte: „Gazas gesamte Zivilisation wurde vernichtet, das kann ich ohne Übertreibung sagen.“ Die amerikanisch-jüdische Ökonomin Sara Roy beklagte: „Direkt vor unseren Augen spielt sich der Zusammenbruch einer ganzen Gesellschaft ab. Dennoch sind auf internationaler Ebene kaum Reaktionen zu verzeichnen, abgesehen von UN-Warnungen, die unbeachtet blieben.“

Der Bericht - Übersetzung ins
deutschte
Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu machte einen Vorschlag, aber nicht zur Beilegung des Konflikts, sondern zu seiner Ausweitung und Legalisierung. Er schlug eine Änderung des Kriegsrechts vor, damit die Schlacht gegen die Terroristen künftig leichter zu führen sei. Der israelische Historiker Zeev Sternhell fragte daraufhin: „Was will Israel denn? Die Erlaubnis, ohne Bedenken wehrlose Bevölkerungszentren mit Flugzeugen, Panzern und Artillerie anzugreifen?“
Israel brauchte das Kriegsrecht nicht zu ändern, es griff auch ohne eine solche Reform Zentren der Zivilbevölkerung an – nicht nur im Gazastreifen. Der Autor, der diese Abschnitte über Israels Vorgehen in Gaza verfasst und zusammengestellt hat, ist der amerikanisch-jüdische Politologe und Historiker Norman G. Finkelstein. Er hat wie Esther Ben Bassa auch nicht über den Völkermord in Gaza nach dem 7. Oktober geschrieben, sondern über die vorausgehenden Kriege Israels gegen den Streifen 2008/09, 2012 und 2014. Sie waren sozusagen der Vorlauf zu dem großen Krieg ab 2023. In Finkelsteins Angaben wird deutlich, dass Israels Ziel, den Gazastreifen zu zerstören, schon damals bestand: den Gazastreifen dem Erdboden gleichzumachen, seine Bewohner zu demoralisieren und zu dezimieren, wenn möglich zu vertreiben. Ziele also, die Israel in seinem genozidalen Krieg 2023/24/25 endgültig zu realisieren sucht.
Natan Snaider hatte Israel nach dem 7. Oktober das Recht zuerkannt „zuzuschlagen“. Der Gegenschlag sollte kein „genozidaler Triumphalismus“ sein, sondern ein „Akt der Verzweiflung“. Er hatte eingeräumt, dass der Preis hoch sein werde. Aber ist ein Völkermord wirklich der angemessene Preis für den 7. Oktober – auch und gerade im Namen des Judentums? Snaider hatte geschrieben: „Israel lebt in einer anderen Zeit, in einem anderen Raum, in einer anderen Wirklichkeit.“ Damit stellt er Israel außerhalb der internationalen menschlichen Gemeinschaft, bestätigt die Absage an jeden Universalismus und bekräftigt den Anspruch der Zionisten, nur den eigenen moralischen Gesetzen des Zionismus verpflichtets zu sein.
So wie der zionistische Politiker Bert Katznelson diese Gesetze formuliert hat: „Der Zionismus müsse gegen den Strom agieren und gegen den Willen der Mehrheit bzw. gegen den Gang der Geschichte seine Ziele erreichen. Er unterliege „anderen Maßstäben“ als der formalen Moralität. Dasselbe sagt Natan Snaider mit anderen Worten auch und rechtfertigt damit den genozidalen Krieg Israels im Gazastreifen. Aber er beantwortet nicht die Frage, ob der Zionismus und damit auch Israel mit der Ausübung seiner „eigenen Moralität“ („die ganze Welt ist gegen uns!“) überleben kann. Und das universalistisch denkende Judentum dabei noch in Verruf bringt.
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Warum behandelt Brüssel einen israelischen Kriegsverbrecher wie einen VIP?
David Cronin - 8. Januar 2025 - Übersetzt mit DeepL
Der israelische Kriegsverbrecher Amos Yadlin (Mitte) genießt einen Drink in Brüssel. (European Leadership Network)
Mit seltenen Ausnahmen hat sich die Brüsseler Presse nicht die Mühe gemacht, zu untersuchen, wie die Europäische Union Israel und seine Unterstützer inmitten des Völkermords im Gazastreifen verhätschelt hat.
Eine Geschichte, die man in den Mainstream-Medien des Jahres 2024 sicher nicht gelesen hat, ist die VIP-Behandlung eines Kriegsverbrechers.
Im April organisierte der diplomatische Dienst der EU zusammen mit dem European Leadership Network, einer pro-israelischen Lobbygruppe, einen „strategischen Dialog“ in Brüssel. Die Veranstaltung wurde von Amos Yadlin geleitet, der bei seiner Ankunft in Belgien in Gewahrsam genommen werden sollte.
Zehn Jahre zuvor hatte ein Gericht in Istanbul Haftbefehle gegen mehrere Israelis erlassen, darunter auch gegen Yadlin. Er war der Geheimdienstchef der Armee, als diese im Mai 2010 eine Flottille angriff, die die Belagerung des Gazastreifens durchbrechen wollte.
Zu diesem Zeitpunkt näherte sich Yadlin dem Ende seiner offiziellen Militärkarriere. Einen Teil des vergangenen Jahrzehnts hatte er damit verbracht, darüber nachzudenken, wie Israel auf „ethische“ Weise Krieg führen könnte.
Yadlin bestand die Musterung als Moralphilosoph nicht. Dazu hätte er die Aggressionen, an denen er beteiligt war, verurteilen müssen.
Während der Invasion des Libanon 1982 war er beispielsweise Kampfpilot. In seinem Buch „Pity the Nation“ (dt. „Die Besatzung der Palästinenser“) beschreibt Robert Fisk, wie diese Piloten dafür verantwortlich waren, „Tausende von Zivilisten zu töten und Familien zwischen den Wänden, Böden und Möbeln ihrer Häuser mit solcher Gewalt zu zerquetschen, dass ihre Leichen oft wie riesige Schatten aus den Trümmern auftauchten“.
„Mächtig und schmerzhaft“
2006 gehörte Yadlin - inzwischen Chef des militärischen Geheimdienstes - zu den Generälen, die eine weitere Großoffensive gegen den Libanon leiteten. Eine ähnliche Rolle spielte er bei der Operation „Gegossenes Blei“, dem ersten einer Reihe von Großangriffen auf Gaza Ende 2008 und Anfang 2009.
Die massive Zerstörung, die er und andere damals anrichteten, war aus seiner Sicht unzureichend. In einem Interview mit der Tel Aviver Zeitung Maariv im Jahr 2018 forderte er „starke und schmerzhafte Maßnahmen“, die theoretisch darauf abzielten, die Hamas zu stürzen.
Ein von WikiLeaks veröffentlichtes Telegramm aus dem Jahr 2007 deutet darauf hin, dass er sich privat anders über die Hamas äußerte als in der Öffentlichkeit.
Yadlin soll einem US-Gesandten gegenüber geäußert haben, dass Israel „glücklich“ wäre, wenn die Hamas die Verwaltung des Gazastreifens übernehmen würde. Dies würde es Israel ermöglichen, den Gazastreifen als „feindlichen Staat“ zu behandeln.
Später im Jahr 2007 erklärte Israel den Gazastreifen tatsächlich zum „feindlichen Gebiet“. Diese Einstufung läutete eine kollektive Bestrafung der Bewohner des Gazastreifens ein, die im gegenwärtigen Völkermord gipfelte.
Nach seinem Ausscheiden aus der Armee ging Yadlin die Arbeit als Analyst und Berater für „nationale Sicherheit“ nicht aus.
Er setzte sich weiterhin für Maßnahmen ein, die den Palästinensern immenses Leid und Schmerz zufügten. Im März letzten Jahres versuchte er, die Bombardierung der zivilen Infrastruktur des Gazastreifens zu rechtfertigen, indem er behauptete: „Wir wissen bereits, dass die Hamas ihre Kommandoposten immer unter Krankenhäusern, UN-Posten, Schulen, Lagern und so weiter und so fort platziert“.
Es überrascht nicht, dass der diplomatische Dienst der Europäischen Union nicht bekannt gab, wie er bei der Organisation des „strategischen Dialogs“ im vergangenen Jahr, an dem Yadlin teilnahm, geholfen hatte.
Die anderen Gastgeber der Veranstaltung, das European Leadership Network (Elnet), hatten sich nur wenige Wochen zuvor über Äußerungen des damaligen EU-Außenbeauftragten Josep Borrell geärgert. Elnet hatte Borrells Vorwurf, Israel habe eine Hungersnot verursacht, als „falsch, unbegründet und verleumderisch“ bezeichnet.
Die EU-Diplomaten, die das Treffen mit Elnet organisiert hatten, arbeiteten tatsächlich unter Borrells Leitung. Anstatt ihren Chef gegen die Beleidigungen zu verteidigen, verbündeten sich die Diplomaten mit der Organisation, die die Beleidigungen aussprach.
Ein Hinweis darauf findet sich in der Zusammenfassung der Veranstaltung durch Elnet, die Empfehlungen für die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und Israel enthält. Eine der Empfehlungen lautet: „Israel kann auf der Lieferung von Arrow 3 [Raketen] an Deutschland aufbauen, indem es Europa bei der Entwicklung eines mehrschichtigen Luftverteidigungssystems unterstützt“.
Seit dieser Empfehlung hat Ursula von der Leyen die Entwicklung eines solchen Systems - das implizit dem israelischen Iron Dome nachempfunden ist - zu einer Priorität für ihre zweite Amtszeit gemacht.
All dies deutet darauf hin, dass Lobbyisten und Diplomaten freundschaftliche Gespräche darüber geführt haben, wie Israel von der konzertierten Anstrengung profitieren könnte, Europa zu mehr Rüstungsausgaben zu bewegen.
Solche Gespräche wären unter allen Umständen beunruhigend. Dass sie stattfinden, während Israel einen Vernichtungskrieg führt, macht sie noch beunruhigender. Quelle |

Nierenpatienten in Gaza droht ein qualvoller Tod
Abubaker Abed - 8. Januar 2025 - Übersetzt mit DeepL
Ein Junge auf einer Waage
Im Alter von sieben Jahren wurde bei Emad Abu Dahrooj ein chronisches Nierenleiden diagnostiziert. Da Israel die humanitäre Hilfe für Gaza fast vollständig blockiert, ist er jetzt gefährlich untergewichtig.
Abubaker Abed
Der 14-jährige Emad Abu Dahrooj wiegt nur 24 Kilogramm.
Er ist schwer unterernährt und dehydriert. Außerdem ist er nierenkrank und muss regelmäßig zur Dialyse.
Das macht ihn besonders verletzlich. Israel verhindert nach wie vor die Lieferung der meisten humanitären Hilfsgüter, Lebensmittel, Wasser und Medikamente nach Gaza, und eine Hungersnot droht im gesamten Küstengebiet, insbesondere im Norden, wo Israel im Rahmen seiner Vernichtungskampagne die Hilfslieferungen fast vollständig eingestellt hat.
Erschwerend kommt hinzu, dass es in Gaza nur noch 17 teilweise funktionierende Krankenhäuser gibt, von denen eines - das Al-Aqsa-Märtyrer-Krankenhaus in Deir al-Balah - die Dialyse von Emad durchführt.
„Ich bringe ihn jeden zweiten Tag zur Dialyse ins Krankenhaus“, sagt sein Vater Nidal Abu Dahrooj. “Er bricht wirklich zusammen. Er zieht sich immer zurück, weil er nicht so gesehen werden will.“
Nidal sagte, sein Sohn lebe seit seinem siebten Lebensjahr mit seiner chronischen Nierenerkrankung, habe aber fünf Jahre lang keine Dialyse benötigt.
Das änderte sich mit dem israelischen Militärangriff nach dem 7. Oktober 2023, der Emad und seine fünfköpfige Familie im November 2023 zwang, ihr Haus in Jabaliya im Norden zu verlassen und nach Deir al-Balah zu ziehen, wo sie in einem Zelt in einem Vertriebenenlager leben.
„Seit der Krieg ausgebrochen ist und er sich nur noch von Dosennahrung ernähren kann, muss er wieder zur Dialyse“, sagt Nidal und weist darauf hin, dass das Zelt, in dem die Familie lebt, von stehenden Abwässern und Müll umgeben ist - ein Nährboden für Bakterien, die ebenfalls Nierenversagen verursachen und verschlimmern können.
Knappe Ressourcen
Das Al-Aqsa-Märtyrer-Krankenhaus verfügt über 23 Dialysegeräte für derzeit insgesamt 206 Nierenpatienten.
Bei so vielen Patienten und so vielen Krankheiten hat das Krankenhaus ein Gerät für Hepatitis-B-Patienten, eines für Hepatitis-C-Patienten und eines für Kinder.
„Als der Krieg ausbrach, hatten wir 106 Nierenpatienten hier im Krankenhaus“, sagt Abdel-Naser Abu Aisha, Oberschwester der Dialysestation des Krankenhauses. “Als die israelische Armee Anfang Mai ihre Bodenoffensive in Rafah startete, waren es fast fünfmal so viele.“
Schätzungsweise 1,9 Millionen der 2,3 Millionen Einwohner, die vor dem Völkermord im Gazastreifen lebten, wurden gewaltsam vertrieben, so dass die dezimierten Gesundheitsdienste kaum noch mit der Situation zurechtkommen.
Die Zahl der Nierenpatienten sei zurückgegangen, sagt Abu Aisha, weil die Hälfte der Patienten aus verschiedenen Gründen gestorben sei, vor allem wegen der Überfüllung der Krankenhäuser und der allgemeinen Bedingungen im Gazastreifen.
Das Krankenhaus kann den Patienten drei Dialysebehandlungen pro Woche anbieten. Jede dauert drei Stunden.
Insgesamt stehen den Patienten neun Stunden Dialyse zur Verfügung, das ist weltweit das Minimum, das ein Nierenpatient erhält.
Abu Aisha sagt, dass die Versorgung mit dem Nötigsten viele Menschen in Lebensgefahr gebracht hat.
Emad ist einer von ihnen. Die Ärzte empfahlen seiner Familie, ihm Eisen und Kalzium zu geben, um seine Symptome zu lindern, sagt sein Vater Nidal.
Außerdem haben sie ihn auf eine Warteliste gesetzt, damit er Gaza zur Behandlung verlassen kann.
„Wegen der anhaltenden Blockade der Grenzübergänge durch Israel ist beides nicht möglich“, sagt Nidal. “Ich kann keine Sekunde mehr für sein Leben garantieren. Ich hoffe, dass wir das Land verlassen können.“
Unvorstellbar
Raghad Abu Sultan ist 48 Jahre alt und Mutter von fünf Kindern.
Sie musste im Oktober aus ihrem Haus im Flüchtlingslager Beach in Gaza-Stadt fliehen und suchte Zuflucht im Al-Shifa-Krankenhaus, um sicherzustellen, dass sie weiterhin Zugang zur Dialyse hatte. Doch als das Krankenhaus einen Monat später durchsucht wurde, musste sie nach Deir al-Balah fliehen.
Sie hat drei Söhne und zwei Töchter, alle über 20 Jahre alt. Drei ihrer Kinder leben mit ihr in einem baufälligen Zelt neben dem Krankenhaus.
Ein Sohn wurde während des Krieges getötet, ein anderer im Mai von israelischen Streitkräften gefangen genommen, als er in der Nähe des von Israel kontrollierten Kontrollpunktes Karem Abu Salem einkaufen wollte.
„Ich kann nicht auf meinen Füßen stehen“, sagte Raghad gegenüber The Electronic Intifada. “Ich esse kaum ein Fladenbrot am Tag. Ich werde oft ohnmächtig, weil mein Körper so schwach ist. Vor zwei Tagen wurde ich ohnmächtig und war dem Tode nahe, weil ich einen ganzen Tag lang nichts gegessen hatte.“
Raghad leidet an Thalassämie und Hepatitis C und braucht dringend intensive Behandlung und gute Ernährung. Beides gibt es nicht.
„Es übersteigt meine Vorstellungskraft. Ich kann mir nichts leisten“, seufzt Raghad. “Ich bin körperlich und seelisch ausgebrannt. Meine Medikamente sind nirgendwo zu bekommen. Ich habe ständig Schmerzen. Ich habe das Gefühl, jede Stunde gefoltert zu werden“.
Yasmin Mushtaha, 38, hat in Deir al-Balah Zuflucht gesucht, seit sie aus ihrem Haus im Stadtteil Shujaiya in Gaza-Stadt vertrieben wurde. Sie beschreibt ihre Situation als „unerträglich“ und „verheerend“.
„Ich lebe in einem Zelt und zittere jede Nacht vor Kälte, weil wir keine Winterkleidung oder Decken haben. Mein Blut ist schwach, weil ich unterernährt bin.“
Sie habe keine Medikamente und leide an Bluthochdruck, berichtete sie Electronic Intifada. Und das alles wird noch verschlimmert durch die miserablen Lebensbedingungen in Gaza, den Mangel an sauberem Wasser, die Abwässer, die überall hinfließen, und die stark eingeschränkte Ernährung.
Außerdem ist Raghad vom größten Teil ihrer Familie getrennt, die noch im Norden festsitzt, und nur ihre Töchter sind mit ihr in den Süden gekommen.
„Ich möchte einfach nur in mein Haus zurückkehren, um mit meiner Familie wiedervereint zu sein und anständig behandelt zu werden. Wir haben das Unerträgliche ertragen. Unser Leben wurde zur Hölle. Wir brauchen jemanden, der den Krieg beendet, denn wir können ihn nicht mehr ertragen.
Der Schmerz
Um eine Nierenerkrankung in den Griff zu bekommen, wird den Menschen normalerweise geraten, schmutziges Wasser zu meiden und sich ausgewogen zu ernähren.
Der Großteil der humanitären Nahrungsmittelhilfe besteht jedoch aus Konserven, die für Nierenpatienten nicht gesund sind.
„Die Konservierungsstoffe in den Konserven werden zu Giften, die ihre Gesundheit stark beeinträchtigen„, sagt Abdel-Naser Abu Aisha, eine Krankenschwester. Und weil die Gesundheitsdienste geschwächt und Medikamente knapp sind, haben es die Mediziner schwer.
„Der Krieg muss jetzt aufhören“, sagt Abu Aisha. „Es gibt keine andere Lösung.“
Der kleine Emad wäre fast gestorben, als er bei einem Krankenhausbesuch ins Koma fiel, berichtete sein Vater Nidal der Electronic Intifada. Der Junge leidet außerdem an Blutarmut und Entzündungen und kann sich kaum auf den Beinen halten.
Und dann sind da noch die Schmerzen.
„Meine Beine tun immer weh“, sagte Emad der Electronic Intifada. “Ich kann nicht schlafen oder irgendetwas anderes tun. Seit zwei Tagen habe ich kein Brot mehr gegessen. Ich will diese Schläuche nicht mehr sehen. Ich will einfach nur wie andere Kinder sein und nach Hause zu meiner Familie gehen“. Quelle
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"Ich habe jeden Moment Angst, ein weiteres Kind zu verlieren:
Neugeborene erfrieren in Zelten im Gaza-Streifen
Während die vertriebenen Palästinenser einen zweiten Winter in Notunterkünften verbringen, hat der Tod von mindestens sechs Babys durch Unterkühlung ihre Eltern in Panik versetzt.
Ruwaida Kamal Amer - 9. Januar 2025 - Übersetzt mit DeepL
Als Yahya Al-Batrans Frau am 6. Dezember 2024 im Al-Aqsa-Märtyrer-Krankenhaus in Deir Al-Balah gesunde Zwillinge zur Welt brachte, war er überglücklich. „Die Geburt verlief gut und sie hatten keine Krankheiten“, erinnert er sich. „Ich nannte sie ‚Ali und Juma'a‘.“
Obwohl der 40-jährige Al-Batran seine neugeborenen Söhne gerne in der Säuglingsstation des Krankenhauses gelassen hätte, zwang ihn die extreme Überfüllung der Einrichtung, sie zurück in das Zelt am Strand zu bringen, wo er mit seinen Eltern, seiner Frau und ihren sechs Kindern Zuflucht gesucht hatte.
Im November 2023 flohen Al-Batran und seine Familie aus Angst um die Sicherheit ihrer alten und behinderten Eltern aus ihrem Haus in Beit Lahiya in das Lager Al-Maghazi in Deir Al-Balah. Als die israelischen Streitkräfte zehn Tage später die Schule des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) bombardierten, in der sie Zuflucht gesucht hatten, und dabei Al-Batrans Cousin getötet wurde, zog die Familie nach Deir Al-Balah, wo sie aufgrund der extremen Überbelegung gezwungen war, sich anderen Familien am Strand anzuschließen.
„Wir leben seit mehr als einem Jahr und zwei Monaten in dieser schwierigen Situation“, sagte Al-Batran gegenüber +972. Seine Bitten an humanitäre Organisationen, ihm ein besseres Zelt zur Verfügung zu stellen - oder etwas, um seine Kinder vor der Kälte zu schützen - blieben unbeantwortet.
Als er mit den Neugeborenen ins Zelt zurückkehrte, setzte starker Regen ein. Bald war Al-Batrans Zelt mit Wasser überflutet und nichts konnte seine Kinder warm halten. „Als ich am 28. Dezember morgens aufwachte, stellte ich fest, dass [Juma'a] an der Kälte gestorben war; sein Herz hatte aufgehört zu schlagen“, erinnert er sich.
„Ali, Juma'as Bruder, hat nur knapp überlebt. Er wird derzeit auf der Kinderstation des Krankenhauses behandelt, aber die Ärzte haben Al-Batran gewarnt, dass sein Zustand kritisch ist und er jeden Moment sterben könnte.
„Ich habe jeden Moment Angst, eines meiner Kinder zu verlieren, ich stehe hilflos vor ihnen“, klagt Al-Batran. “Das Zelt ist eine Beleidigung der Menschenwürde, und die Welt schweigt zu dieser Beleidigung“.
Keine Unterkunft, keine Nahrung
Während Israel seine ethnische Säuberungskampagne im nördlichen Gazastreifen fortsetzt, versuchen 2,3 Millionen Palästinenser im Zentrum und Süden des Streifens verzweifelt, den harten Winter in provisorischen Unterkünften und Zelten zu überleben.
Im Dezember und Januar können die durchschnittlichen Tiefsttemperaturen in Gaza auf 9 Grad Celsius (45 Grad Fahrenheit) fallen, begleitet von starken Winden und heftigen Regenfällen. Unter diesen Bedingungen leben palästinensische Eltern in ständiger Angst, ihre Kinder durch Winterkrankheiten und Unterkühlung zu verlieren.
Neben Juma'a Al-Batran sind nach Angaben von Dr. Ahmed Al-Farra, Leiter der Abteilung für Kinderheilkunde und Geburtshilfe am Nasser-Krankenhaus in Khan Younis, in diesem Winter mindestens fünf Neugeborene und Säuglinge an den Folgen der extremen Kälte gestorben: Seela Al-F aseeh, 14 Tage alt; Youssef Kloub, 35 Tage alt; Aisha Al-Qassas, 21 Tage alt; 'Ali Saqr, 23 Tage alt; und 'Ali Azzam, 4 Tage alt. Außerdem starben zwei Erwachsene an Unterkühlung: Ahmad Al-Zaharneh, 33, der als Krankenpfleger im Europäischen Krankenhaus in Khan Younis arbeitete, und Afaf Al-Khatib, 55, der an einer chronischen Krankheit litt. Alle Opfer starben in Zelten am Strand, entweder in Al-Mawasi oder in Deir Al-Balah.
Jagan Chapagain, Generalsekretär der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften, betonte die Gefahr, der palästinensische Kinder ausgesetzt sind, die im Winter ohne angemessene Unterkunft und Nahrung in Zeltlagern im Gazastreifen leben. „Ich wiederhole meinen dringenden Appell, humanitären Helfern sicheren und ungehinderten Zugang zu gewähren, damit sie lebensrettende Hilfe leisten können“, schrieb er in einer Erklärung am 8. Januar. „Ohne sicheren Zugang werden Kinder erfrieren und ohne sicheren Zugang werden Familien verhungern“.
Seine Besorgnis wurde von Dr. Al-Farra geteilt: „Die Situation in den Zelten ist katastrophal“, sagte er zu +972. „Es gibt keine Möglichkeit, sich zu wärmen und vor der Kälte zu schützen, weil es an Strom, Brennstoff und Gas fehlt.“ Selbst die Verwendung von Abfällen zum Anzünden eines Feuers kann extrem gefährlich sein: Die Zelte sind brennbar und Rauch, Asche und Schutt können Atemwegserkrankungen verschlimmern.
Kinder jeden Alters sind anfällig für Unterkühlung, aber Frühgeborene sind am meisten gefährdet. „Wir hatten viele [Frühgeborene], die während des Krieges geboren wurden“, sagt Al-Farra. „Das liegt an der Unterernährung der Mütter und dem gravierenden Mangel an Vitaminen und Nährstoffen.“ Frühgeborene können ihre Körpertemperatur nicht richtig regulieren und brauchen deshalb Brutkästen und Beatmungsgeräte - von denen es im Kinderzimmer des Nasser-Krankenhauses nur eines gibt.
In einem besonders beunruhigenden, wenn auch nicht ungewöhnlichen Fall traf Al-Farra auf eine Mutter und ihr sechs Monate altes Kind, das unterernährt war und weniger als acht Pfund wog. Es stellte sich heraus, dass die Mutter des Babys seit drei Tagen nichts mehr gegessen hatte; ihre letzte Mahlzeit bestand aus einer Dose Erbsen, die sie mit ihrer Familie geteilt hatte. „Deshalb hatte sie nicht genug Milch, um ihr Kind zu stillen und es vor Unterkühlung zu schützen“, berichtet Al-Farra.
Die Zunahme der Unterkühlungsfälle kommt zu einer Zeit, in der die Kinderabteilung des Nasser-Krankenhauses bereits am Rande des Zusammenbruchs steht und mehr als fünfmal so viele Patienten wie üblich behandelt, die regelmäßig an Hepatitis, Darminfektionen, Lungenentzündung und Hautkrankheiten leiden.
Al-Farra betonte jedoch, dass die Ärzte in Gaza nicht nur mit den physischen Folgen ihrer Arbeit zu kämpfen hätten, sondern auch mit der psychischen Belastung durch die Gewalt, die Israel gegen ihre Kollegen ausübe, insbesondere die kürzliche Verhaftung von Dr. Hussam Abu Safiya aus Kamal Adwan und die Folterung und Ermordung von Dr. Adnan Al-Bursh durch israelische Behörden im Ofer-Gefängnis Anfang letzten Jahres.
„Ärzte leben in einem Kriegsgebiet, genau wie der Rest der Bevölkerung in Gaza“, bekräftigte Al-Farra. “Der Arzt behandelt Patienten, aber seine Gedanken sind auch bei seinen Familien in den Zelten, wo sie sich fragen, ob sie etwas zu essen haben - und ob sie in Sicherheit sind oder Bombenangriffen ausgesetzt sind.“
„Als Mutter tue ich, was ich kann, um meine Kinder zu wärmen“
Der Tod von Seela Al-Faseeh am Weihnachtstag - nur 14 Tage nach ihrer Geburt - versetzte das Al-Mawasi-Zeltlager, in dem viele Säuglinge unter sechs Monaten leben, in einen Schockzustand. Samar Al-Ras, eine 40-jährige Mutter von fünf Kindern, hörte die Schreie von Seelas Mutter aus einem benachbarten Zelt.
„Sie wachte mitten in der Nacht schreiend auf und sagte, sie könne ihre Tochter nicht wärmen, und die Bewohner des Lagers halfen ihr mit Decken“. Al-Ras erinnert sich. “Aber am Morgen wachten wir auf und hörten sie schreien, dass [das Baby] tot war.“
Al-Ras und ihre Familie leben seit Beginn des Krieges in einem Zelt in Al-Mawasi, nachdem sie aus ihrem Haus in Khan Younis vertrieben wurden. Sie berichtet, dass dieser Winter noch härter war als der letzte. Da sich der Zustand der Zelte verschlechtert hat, können sie weniger Wärme speichern und dem Regen weniger standhalten.
„Wir können uns kaum warm halten - wir haben nicht genug Decken“, sagte sie zu +972. “Nichts trennt uns von der Außenwelt außer ein paar Tüchern und Nylon. In einem Zelt zu schlafen ist wie auf der Straße zu schlafen“.
Al-Ras erklärt, dass die Seeluft nachts besonders kalt ist. „Meine Kinder kommen auf meinen Schoß und bitten mich, sie mehr zuzudecken. Manchmal muss ich ihnen sagen, dass sie mehr Kleidungsstücke oder eine Jacke anziehen sollen, damit sie es etwas wärmer haben. [Ihr Körper kann diese Kälte nicht aushalten.
An sonnigen Tagen ermutigt Al-Ras ihre Kinder, den ganzen Tag im Freien zu verbringen, „damit sich ihre Körper aufwärmen und Wärme speichern, so dass die Nacht für sie nicht so kalt ist“, sagt sie und fügt hinzu, dass sie versucht, sie so früh wie möglich ins Bett zu bringen, bevor die Temperaturen sinken. Doch trotz ihrer besten Bemühungen sind derzeit alle Kinder von Al-Ras und auch ihre ältere Mutter an Husten und Grippe erkrankt. „Als Mutter tue ich, was ich kann, um meine Kinder zu wärmen und vor der Kälte zu schützen. Ich kann nur hoffen, dass dieser Krieg zu Ende geht.
Ein Kreislauf der Vertreibung
Vor dem Krieg liebte die 59-jährige Maryam Abu Lahia den Winter und betete um Regen, „um die Luft von Krankheiten zu reinigen und die Pflanzen zu bewässern“. Aber jetzt hofft sie nicht mehr auf Regen, sondern „wenn ich eine Wolke am Himmel sehe, bete ich, dass sie nach Norden zieht und nicht hier bleibt“, sagte sie gegenüber +972. „Wir haben keine Mittel, keine Unterkünfte, keine Kleidung oder Decken [um der Kälte und dem Regen zu trotzen].“
Abu Lahia und ihre sechs Kinder wurden seit Beginn des Krieges fünf Mal vertrieben. Ursprünglich aus Bani Suhaila, östlich von Khan Younis, wurden sie und ihre Familie im Oktober 2023 nach Rafah evakuiert, wo sie bis Mai 2024 blieben. Nach ihrer Rückkehr wurde die Familie mehrmals vertrieben und fand sich schließlich in einem Zelt in Al-Mawasi wieder. „Wir haben uns wegen der wiederholten Vertreibungen nie wohl gefühlt“, sagt sie grimmig.
Im vergangenen Winter hatten Abu Lahia und ihre Familie nicht einmal Matratzen und mussten in ihren Zelten auf dem Boden schlafen. Doch selbst die Matratzen, die sie sich endlich besorgen konnten, sind bei der eisigen Kälte nur ein schwacher Trost. „Wir haben kein Geld, um Holz zum Heizen zu kaufen, und es gibt kein Wasser“, sagt sie. „Ich nehme meine Kinder auf den Schoß und decke sie mit meiner Decke zu, aber das schützt uns nicht vor der Kälte.“
Wie Al-Ras räumte auch Abu Lahia ein, dass sie und ihre Kinder tagsüber etwas Wärme von der Sonne erhalten, aber nachts sei die Situation schrecklich und zwinge sie, ihre eigene Gesundheit für die ihrer Kinder aufs Spiel zu setzen. "Früher habe ich meinem Sohn meine eigene Decke gegeben und war dann zwei Monate lang krank. Quelle und mehr >>> |

Wegen angeblicher israelfeindlicher Proteste ihrer Studenten
fordert der Berliner CDU-Fraktionschef den Rücktritt der Hochschulpräsidentin.
Vielmehr sollte der Berliner Fraktionschef zurücktreten.
Er hat die berechtigte Kritik der Studenten, die sich für ein Land einsetzen, das angegriffen wird, dessen Menschen getötet und in den Hunger getrieben werden, unzutreffend und diffamierend als Antisemitismus bezeichnet.
Abgesehen davon hat er die Vertreter einer Ideologie in Schutz genommen, die international angeklagt ist, nämlich des Zionismus. Gegen dessen Verbrechen richten sich die berechtigten Proteste. Selbst die "führenden" Medien führen der Welt Tag für Tag die Verbrechen vor Augen.
Der undemokratische Druck auf die Präsidentin der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin wächst. CDU-Fraktionschef Stettner spricht nach der Besetzung eines Hörsaals durch propalästinensische Aktivisten von einer »moralischen Bankrotterklärung«.
Ich halte es eher für eine moralische Bankrotterklärung, wenn die Meinungsfreiheit auf diese Weise eingeschränkt wird und man sich zum Handlanger dieser verbrecherischen Ideologie macht.
"CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat die Präsidentin der Alice-Salomon-Hochschule, Bettina Völter, für ihr Verhalten bei der Besetzung eines Hörsaals durch propalästinensische Aktivisten scharf kritisiert.
"Völter sollte ihr eigenes Versagen eingestehen und zurücktreten", sagte er dem Nachrichtenportal t-online. "Sie unterstützt bewusst oder aus Unkenntnis Hamas-Aktivisten und diskreditiert die Berliner Polizei", so der CDU-Politiker.
Palästinenser pauschal als Hamas-Aktivisten zu bezeichnen, ist übrigens eine Verleumdung.
Der »Tagesspiegel« zitiert Stettner mit den Worten:
"Die moralischen Konsequenzen kann man nur selbst ziehen."
Ich denke, viele hoffen, dass er sie zieht, nicht Völter, der sich durch sein Verhalten endgültig disqualifiziert hat. »Das Ganze ist eine moralische Bankrotterklärung.«

Der Artikel
Spiegel online - Berliner CDU-Fraktionschef verlangt Rücktritt von Hochschulpräsidentin >>>

Wer fehlt jetzt noch? Natürlich, weil alles wieder einmal verleumdet wird (um von wirklichen Verbrechen abzulenken), taucht jetzt auch noch der fragwürdige "Antisemitismusbeauftragte" Klein auf.
Um künftige Unterstellungen zu vermeiden, wäre es vielmehr dringend geboten, Handlungskonzepte für die deutsche Politik, für die Medien zu erstellen, die darüber aufklären, wie man auf Menschenrechtsverletzungen, auf Völkerrechtsverletzungen rechtskundig reagieren soll.
Wie man auf Menschen reagieren, die gegen die Verletzung dieser Rechte protestieren.
Hörsaalbesetzung in Berlin: Klein fordert Antisemitismuskonzept für jede Hochschule >>>
Definition - anti-palästinensischer Rassismus
Großbritanien Definition (IHRA) - Lobbyarbeit
Finkelstein - Hirngespinst britischer
Antisemitismus
Politische Weltbild Schwarz-Friesel
"Antisemitismusbeaufragter" - Aktion seit 2008
Antisemitismus in Frankreich
Antisemitismus in Frankreich? - Uri Avnery
Antisemitismusvorwurf - Antsemitismuskeule
2024 - Resolution des Bundestags
2019 - Gutachten zur «Arbeitsdefinition
Antisemitismus»
2019 Bundestag gegen BDS
2017 - Bundesregierung Antisemitismus-Definition
2016 - IHRA - Arbeitsdefinition Antisemitismus
IHRA - Bestreiten jüdischen
Selbstbestimmungsrechts
IHRA - Europäische Gewerkschaften
2005 - EUMC Definition Antisemitismus
2005 Dortmunder Erklärung
2007 - Koordinierungsrat - Antisemitismus
"Expertenkreis" Antisemitismus
Antisemitismus Jüdische Stimmen |

Unter Bomben oder in Gefangenschaft Gewalt ausgesetzt: Vertriebene Palästinenserin in Gaza-Stadt (12.11.2024)
Israel verweigert UN-Untersuchung zu sexualisierter Gewalt auf beiden Seiten
Ina Sembdner - 7. 10. 2024
Um eigene Verbrechen nicht untersuchen lassen zu müssen, verweigert Israel der UNO weitergehende Ermittlungen zu sexualisierter Gewalt seit dem 7. Oktober 2023. Wie die israelische Tageszeitung Haaretz am Mittwoch berichtete, hat die zuständige UN-Sonderbeauftragte Pramila Patten die Ultrarechtsregierung von Benjamin Netanjahu aufgefordert, ein Rahmenabkommen mit ihrem Büro zu unterzeichnen. Damit wollte Patten ihren eigenen Bericht vom März vergangenen Jahres – der sich auf mutmaßliche Sexualverbrechen seitens »der Hamas« am und seit dem 7. Oktober 2023 fokussierte – mit einer weiteren »Mission in die Region« ergänzen. Diese soll allerdings auch »Berichten über konfliktbedingte sexualisierte Gewalt gegen Palästinenser« nachgehen.
Trotz der Aussicht, dass die palästinensische Gruppe entsprechend möglicher Untersuchungsergebnisse in die schwarze Liste der Vereinten Nationen für Organisationen, die der sexualisierten Gewalt in Konflikten verdächtigt werden, aufgenommen werden könnte, wiegen die offenbar berechtigten Vorwürfe menschenrechtswidriger Bedingungen von Palästinenserinnen und Palästinensern in israelischen Haftanstalten für die Regierung schwerer. Den Berichten von Entlassenen und – etwa im berüchtigten Gefangenenlager Sde Teiman – als Wachpersonal beschäftigten Whistleblowern zufolge erleiden dort nicht nur Frauen sexualisierte Gewalt. In einem »besonders grausamen Fall« – so die UNO – werden fünf Soldaten beschuldigt, einen Inhaftierten mit einem Stab anal penetriert und dabei innere Organe durchstochen zu haben.
Das Public Committee Against Torture in Israel (PCATI) schätzt, dass sich die Zahl der palästinensischen Gefangenen in Israel und im besetzten Westjordanland während des Krieges auf mehr als 10.000 verdoppelt hat. Dabei stützt sich die israelische Antifolterorganisation auf mehr >>> |
Spannungen im Westjordanland nehmen zu,
während die „Belagerung“ Jenins durch die PA andauert
Die tödliche Militäroperation der Palästinensischen Autonomiebehörde in Jenin heizt die internen Spannungen im Westjordanland weiter an. Unterdessen fordern israelische Politiker „Gaza-ähnliche“ Operationen im Westjordanland und die vollständige Loslösung von der Palästinensischen Autonomiebehörde.
Mondoweiss Palästina Büro - 8. Januar 2025 - Übersetzt mit DeepL
Das besetzte Westjordanland ist in den letzten Wochen erneut in die Schlagzeilen geraten, da sowohl von Israel als auch von der Palästinensischen Autonomiebehörde geschürte Spannungen die ohnehin instabile Lage in dem Gebiet zu destabilisieren drohen.
Die Spannungen nahmen am Dienstag zu, nachdem bei einer Schießerei in der Nähe von Qalqilya im Nordosten des palästinensischen Gebiets drei Israelis getötet und acht weitere verletzt wurden. Die Schießerei löste eine Reihe von Reaktionen in Israel aus, wobei hochrangige Beamte eine groß angelegte israelische Militäraktion im Westjordanland im Gaza-Stil" forderten.
Nach den Schüssen in der Nähe von Qalqilya erklärte der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich, Israel müsse im Westjordanland "von der Verteidigung zur Offensive übergehen" und fügte hinzu: "Jenin und Nablus müssen wie Jabalia aussehen, damit Kfar Saba nicht wie Kfar Azza aussieht. Dschabalia ist die Stadt im Norden des Gazastreifens, die Ende letzten Jahres Ziel einer massiven ethnischen Säuberungskampagne des israelischen Militärs war, die zur fast vollständigen Entvölkerung des Gebiets, weitreichenden Zerstörungen und der Ermordung und Entführung von Hunderten von Menschen führte. Kfar Saba ist eine Stadt in Zentralisrael und Kfra Azza ist der israelische Kibbuz im Süden, der am 7. Oktober 2023 angegriffen wurde.
Der rechtsextreme israelische Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, kommentierte die Schießerei in Qalqilya mit den Worten: „Diejenigen, die den Krieg in Gaza beenden wollen, werden einen Krieg im Westjordanland erleben“, und forderte, „alle Verbindungen zur Palästinensischen Autonomiebehörde abzubrechen“, die seiner Meinung nach „den Terror unterstützt“.
Der Vorsitzende der israelischen Siedlungsräte, Yossi Dagan, forderte die israelische Armee auf, härter gegen die Palästinenser vorzugehen und argumentierte, dass „wenn die Armee Nablus abgeriegelt und jeden kontrolliert hätte, der hinein und hinaus ging, der Angriff nicht stattgefunden hätte“. Er forderte den Staat Israel auf, „alle palästinensischen Waffen zu beschlagnahmen und gegen Abu Mazen [den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde] vorzugehen, der solche Taten zulässt“.
Am Montag traf sich das israelische Kabinett auf Antrag von Bezalel Smotrich, um über die Lage im Westjordanland zu diskutieren. Nach der Sitzung teilte das Büro des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu mit, Netanjahu habe „neue Verteidigungs- und Angriffsmaßnahmen im Westjordanland“ genehmigt. Der israelische Kriegsminister Yizrael Katz sagte ebenfalls, dass Israel „eine Realität im Westjordanland, die der im Gazastreifen ähnelt, nicht tolerieren wird“ und fügte hinzu, dass die israelische Armee „groß angelegte Operationen in den [palästinensischen] Städten durchführen wird, aus denen die Terroristen kommen“.
Israel führt seit mehr als drei Jahren große Militäroffensiven im Westjordanland durch, insbesondere im nördlichen Teil. Diese neuen Drohungen sind jedoch besonders alarmierend, da sie nur zwei Wochen vor dem Amtsantritt der Trump-Regierung erfolgen, von der angenommen wird, dass sie die israelischen Pläne zur Annexion des Westjordanlandes unterstützt. Im November sagte Smotrich, dass 2025 das Jahr der Annexion des Westjordanlandes durch Israel sein werde.
Palästinensische Autonomiebehörde setzt tödliche Operation in Jenin fort
Die israelischen Aufrufe zur Eskalation im Westjordanland kommen inmitten einer laufenden Militäraktion der Palästinensischen Autonomiebehörde, die in den Gebieten des Westjordanlandes nur begrenzte Regierungsgewalt hat, gegen bewaffnete palästinensische Widerstandsgruppen im Flüchtlingslager Jenin.
Bei den Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften der Palästinensischen Autonomiebehörde und den Kämpfern der Dschenin-Brigade wurden bisher 14 Palästinenser getötet, darunter sechs Mitglieder der PASF, ein Kämpfer der Dschenin-Brigade und sieben Zivilisten, darunter Kinder und ein Journalist. Während der gesamten Operation, die Anfang Dezember 2024 begann, unterbrach die PA die Strom- und Wasserversorgung des Lagers, was sowohl bei den Bewohnern als auch bei den Widerstandskämpfern auf Widerstand stieß, die der PA vorwarfen, eine „Belagerung“ von Jenin zu erzwingen. Der Sprecher der Sicherheitskräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde, Anwar Rajab, wies die Anschuldigungen zurück und erklärte, dass der „Verkehr in und aus dem Lager“ normal verlaufe, und beschuldigte die Kämpfer der Dschenin-Brigade, auf Strom- und Wasserversorgungsteams geschossen zu haben.
„Wir leben seit einem Monat ohne Strom“, sagte ein Bewohner des Lagers Jenin, der anonym bleiben wollte, zu Mondoweiss. Die Menschen versammeln sich nachts um Feuerstellen, während einige junge Männer versuchen, Stromkabel von Masten außerhalb des Lagers zu verlegen", beschrieb sie. "Plötzlich kommt es zu Zusammenstößen, die sich dann wieder beruhigen, aber die Menschen bleiben lieber drinnen, um Streufeuer zu vermeiden, und sie gehen nicht mehr aufs Dach, nachdem ein Mann und sein Sohn auf dem Dach erschossen wurden."
„Viele Menschen haben das Lager ganz verlassen und nur diejenigen, die keine Verwandten außerhalb des Lagers haben, sind noch dort“, fuhren sie fort. „Ich selbst bin zum Haus meiner Tante in der Stadt gefahren, und als ich ins Lager zurückkam, um nach dem Haus zu sehen, kontrollierten die Sicherheitskräfte der PA meinen Ausweis, behielten ihn ein, bevor sie mich hineinließen, und gaben ihn mir zurück, als ich zurückkam, um das Lager zu verlassen“, sagten sie. ‚Das Leben im Lager ist gelähmt, alles ist geschlossen, und diejenigen, die gehen können, gehen‘, fügten sie hinzu.
Nach Angaben des Komitees für öffentliche Dienste des Lagers Jenin haben etwa 3.000 der 15.000 Lagerbewohner das Lager wegen der Kämpfe verlassen. Solche Massenfluchten aus dem Lager wurden bereits bei ähnlichen mehrtägigen Operationen des israelischen Militärs beobachtet, das häufig Jenin und das Flüchtlingslager angreift, um die dortigen Widerstandskämpfer zu treffen.
Die Eskalation der Ereignisse in Jenin hat zu Spannungen im Westjordanland geführt, da die Palästinenser über das Vorgehen der Palästinensischen Autonomiebehörde empört sind. In den sozialen Medien bezeichneten viele Palästinenser die Operation als „Schande“ und warfen der PA vor, den Widerstand aus politischen Gründen zu bekämpfen, um sich für die kommende Trump-Administration und für Israel relevant zu machen, um im Westjordanland im Falle einer Annexion eine gewisse Macht zu behalten oder um nach dem Gaza-Krieg die Macht zu übernehmen.
Die Palästinensische Autonomiebehörde ihrerseits beharrt darauf, dass ihre Operation darauf abzielt, „das Lager Jenin von gesetzlosen Elementen zurückzuerobern“ und „zu verhindern, dass die Westbank zu Gaza wird“. Der Sprecher der PASF, Anwar Rajab, sagte ebenfalls, dass „die Gesetzlosen in Jenin die PA schwächen wollen, um regionale Agenden zu erfüllen und das palästinensische Nationalprojekt zu zerstören“.
In der Zwischenzeit hat die PA ihr hartes Vorgehen auf andere Gebiete der Westbank ausgeweitet und eine Reihe von Verhaftungen im Westjordanland durchgeführt, die sich gegen Widerstandskämpfer und palästinensische Bürger richteten, die die Operation der PA in Jenin kritisiert hatten. Ammar Dweik, Leiter der unabhängigen palästinensischen Menschenrechtskommission, der offiziellen palästinensischen Menschenrechtsorganisation, sagte am Sonntag, dass es „mindestens 150 Verhaftungen gegeben hat, einige davon von Mitgliedern der Jenin-Brigade, aber auch von einigen ihrer Familienmitglieder“. Dweik fügte hinzu, dass es Berichte über die Misshandlung von Gefangenen gebe, die auf Videomaterial dokumentiert seien.
Die Palästinensische Autonomiebehörde ordnete auch die Schließung des Al-Jazeera-Büros in Ramallah an und verbot die Aktivitäten des Senders in den von der PA kontrollierten Gebieten. Dieser weithin kritisierte Schritt erfolgte, nachdem der Sender einen kritischen Bericht über die Jenin-Operation der PA ausgestrahlt hatte. Nach dem Verbot, das mit einer ähnlichen Schließung von Al Jazeera durch Israel im vergangenen Jahr verglichen wurde, blockierten palästinensische Internetprovider den Stream von Al Jazeera gemäß der Anordnung der PA. Die Entscheidung wurde von lokalen und internationalen Medien und Menschenrechtsorganisationen kritisiert, darunter Reporter ohne Grenzen, das Palästinensische Zentrum für Menschenrechte und UN-Generalsekretär Antonio Guterres.
Als Reaktion auf das harte Vorgehen der PA forderte die Menschenrechtskommission die PA auf, eine Untersuchung aller Fälle von getöteten Palästinensern beider Seiten in Jenin einzuleiten und die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Inzwischen hat eine Koalition aus palästinensischen Parteien, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Gewerkschaften und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter auch einige Mitglieder der Fatah, der Regierungspartei der PA, eine „Soziale Initiative“ ins Leben gerufen, um die Krise in Jenin zu beenden. Die Initiative schlug einen „inklusiven nationalen Dialog“ vor, um die Krise einzudämmen und ein Übergreifen auf andere Teile der palästinensischen Gebiete zu verhindern.
Die innerpalästinensische Eskalation in Jenin folgt auf mehrere Jahre wachsender sozialer Spannungen in der Westbank. Während die bewaffneten Widerstandsgruppen im Westjordanland, die in den letzten drei Jahren wieder auflebten, breite öffentliche Unterstützung und Popularität genossen, erlebte die Palästinensische Autonomiebehörde das Gegenteil. Die PA wurde zunehmend unbeliebter, was zum Teil auf Maßnahmen wie die Sicherheitskoordination mit Israel zurückzuführen ist. Seit dem 7. Oktober und der als Untätigkeit empfundenen Reaktion der PA auf das Massaker an Palästinensern in Gaza hat sich die ablehnende Haltung gegenüber der Autonomiebehörde noch verstärkt.
Die internen Spannungen im Westjordanland wurden durch die israelischen Annexionsdrohungen und die zunehmende Gewalt gegen Palästinenser noch verschärft, da die PA ihre Präsenz im Westjordanland verstärkte. Seit Beginn des israelischen Völkermords in Gaza im Oktober 2003 haben israelische Streitkräfte und Siedler mindestens 821 Palästinenser getötet, während israelische Siedler etwa 25 palästinensische Beduinengemeinschaften in den ländlichen Gebieten der Westbank vertrieben haben. Quelle
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