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Nie wieder - niemand - nirgendwo - Nachrichten aus dem, über das besetzte Palästina - Information statt Propaganda

 Archiv - Sponsern Sie  -   Linksammlung31. Dezember 2024  -  Facebook  -  Veranstaltungen -  -Themen  - Suchen

Demokrat und Nobelpreisträger
Ehemaliger US-Präsident Jimmy Carter im Alter von 100 Jahren gestorben

Er war von 1977 bis 1981 US-Präsident und erhielt für seine humanitäre Arbeit den Friedensnobelpreis:
Nun ist Jimmy Carter im Alter von 100 Jahren gestorben.

Spiegel online - 29.12.2024

Palästina – Frieden, nicht Apartheid (Originaltitel: Palestine Peace Not Apartheid) ist der Titel eines Buchs von Jimmy Carter, das im November 2006 erschien. Es beinhaltet Carters Sichtweise des Nahostkonflikts und des damaligen Friedensprozesses (Oslo-Abkommen, Genfer Initiative).

Carter schildert autobiografisch seine Begegnungen mit israelischen und arabischen Politikern und er kommentiert seine eigene Amtszeit und jene von Ronald Reagan, George H. W. Bush, Bill Clinton und George W. Bush in Bezug auf die ausgeführte Nahostpolitik. Das Buch enthält neun Karten und auf den ersten Seiten einführend eine kurze chronologische Auswahl historischer Ereignisse beginnend mit Abraham, Moses und David.[1] Carter bezeichnet die Politik Israels in den besetzten Gebieten des Westjordanlands als „System der Apartheid“. „Zwei Völker sitzen auf demselben Land, jedoch komplett voneinander getrennt. Die völlig dominierenden Israelis unterdrücken Gewalt, indem sie die Palästinenser ihrer grundlegendsten menschlichen Grundrechte berauben“ (im Original: a system of apartheid, with two peoples occupying the same land but completely separated from each other, with Israelis totally dominant and suppressing violence by depriving Palestinians of their basic human rights[2]). Als hauptsächlichen Zweck des Buches gab Carter an, die Fakten über den Nahen Osten darzustellen, um die Diskussion neu anzuregen und zu helfen, dass Friedensgespräche wieder beginnen, damit es endlich zu einem Frieden zwischen Israel und seinen Nachbarn kommt.[3]  mehr >>>

 

Der frühere US-Präsident Jimmy Carter ist tot.

Carter starb am Sonntagnachmittag in seinem Haus in Plains im Bundesstaat Georgia, wie seine Stiftung mitteilte. Demnach sei er im Beisein seiner Familie friedlich eingeschlafen. Carter wurde 100 Jahre alt und war der älteste noch lebende ehemalige US-Präsident.

Der Demokrat diente zwischen 1977 und 1981 als 39. Präsident der Vereinigten Staaten. Während seiner Amtszeit galt Carter als glückloser Präsident, trotz mancher Erfolge. Nach seiner Zeit im Weißen Haus baute Carter eine zweite Karriere als Botschafter für Frieden und Menschenrechte auf. 1982 gründete er die regierungsunabhängige Organisation Carter Center. Immer wieder mischte er sich in die Politik seiner Nachfolger ein – und entgegen den Gepflogenheiten kritisierte er auch amtierende Präsidenten, auch den Republikaner und designierten Präsidenten Trump.

Carter gewann weltweit Anerkennung als Vermittler und Helfer in internationalen Konflikten – ob im Nahen Osten, in Nordkorea, Bosnien oder Ruanda. 2002 erhielt er für seine Verdienste den Friedensnobelpreis.  mehr >>>
 

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Der ägyptische Präsident Anwar Sadat, links, US-Präsident Jimmy Carter, Mitte, und der israelische Premierminister Menachem Begin schütteln sich zum Abschluss der Unterzeichnungszeremonie des Friedensabkommens von Camp David im East Room des Weißen Hauses am 17. September 1978 die Hände. (Wikimedia Commons)


Jimmy Carters Erbe in Palästina

Das Vermächtnis des ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter, der am Sonntag im Alter von 100 Jahren verstarb, wird für immer untrennbar mit Israel und Palästina verbunden sein.

Doch dieses Vermächtnis beruht ebenso sehr auf Mythen wie auf der Realität.

Mitchell Plitnick 29 Dezember 2024 - Übersetzt mit DeepL

Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter, der am Sonntag im Alter von 100 Jahren verstarb, ist ein Mann, dessen Vermächtnis für immer untrennbar mit Israel und Palästina verbunden sein wird. Aber dieses Vermächtnis wird ebenso sehr auf Mythen wie auf Realitäten beruhen, wie so viele andere Aspekte der Geschichte und Politik des „Heiligen Landes“.

Viele Linke erinnern sich aus gutem Grund gerne an Carter. In vielen Bereichen versuchte er mit Menschlichkeit, Anstand und Respekt vor den Rechten der Menschen zu regieren. Ob es an seinen eigenen Unzulänglichkeiten oder an den Grenzen des Systems lag, es gelang ihm nicht immer, wie die Menschen in Kambodscha und Osttimor bezeugen können. Doch auch wenn er alles andere als perfekt war, hat Carter die Prinzipien der Menschenrechte mehr als jeder andere US-Präsident in der jüngeren Vergangenheit und wahrscheinlich in der gesamten amerikanischen Geschichte in sein politisches Denken integriert.

Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass Carter das Herz am rechten Fleck hatte, wenn es um seinen Ehrgeiz ging, den „israelisch-palästinensischen Konflikt“, wie er es nannte, zu lösen. Carter sprach oft über die Notwendigkeit, die Rechte der Palästinenser anzuerkennen, aber er betonte auch immer wieder, dass er von seiner Zuneigung zu Israel und seinem Wunsch, dass es überleben möge, motiviert war, was er nicht für möglich hielt, wenn es die Palästinenser weiterhin unterdrückte.

Carter empfand grenzenloses Mitgefühl für das jüdische Volk und das, was es im Laufe der Geschichte erlitten hatte, und brachte dies oft zum Ausdruck. Er erkannte jedoch, dass diese Geschichte nicht die Unterdrückung eines anderen Volkes rechtfertigte und dass die Errichtung eines ethnozentrischen Apartheidstaates weder die Geißel des Antisemitismus noch das den Juden zugefügte Unrecht beenden würde. Dies war der Ethos, den er in seinem Buch zum Ausdruck brachte, auch wenn er in seiner Politik als Präsident weniger sichtbar war.

Carters Sicht der Dinge war unweigerlich von seinem evangelikal-christlichen Hintergrund und seiner intensiven Auseinandersetzung mit der Sichtweise auf Israel geprägt, die in den Jahren des Kalten Krieges nach dem Zweiten Weltkrieg in den Vereinigten Staaten vorherrschte. Es war eine Sichtweise auf Israel, die nur wenige Palästinenser anerkennen würden, aber es war auch eine Sichtweise, die in den 1970er und 1980er Jahren dem israelischen Vorgehen kritischer gegenüberstand als die überwältigende Mehrheit der Amerikaner.

Carters Sichtweise hat sich im Laufe der Jahre gewandelt, wie wir an den beiden wichtigsten Momenten seines Engagements in dieser Frage sehen können: dem Camp-David-Abkommen und dem Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten von 1978 bzw. 1979 sowie der Veröffentlichung seines umstrittenen Buches „Palästina: Frieden, nicht Apartheid“ im Jahr 2006.

Treffen mit Carter
Ich hatte das Privileg, Präsident Carter einige Jahre vor der Veröffentlichung seines Buches zu treffen. Etwa ein halbes Dutzend progressiver Führungskräfte aus der San Francisco Bay Area nahmen an dem Treffen auf dem Campus der UC Berkeley teil.

Das Auffälligste, das ich von Carter in Erinnerung habe - abgesehen von dem beklemmenden Gefühl, das von seinen Leibwächtern des Secret Service ausging - war die Tiefe seiner Gefühle, als er über die jüdische Geschichte und die palästinensische Gegenwart jener Zeit sprach. Ich habe viele politische Führer getroffen und bin es gewohnt, dass sie sich aufspielen. Bei Carter war davon nichts zu spüren. Wenn er nicht wirklich von dem Leid betroffen war, über das er sprach, war er ein viel besserer Schauspieler als Politiker.

Carter sprach mit Stolz über die Arbeit, die er geleistet hatte, um Menachem Begin und Anwar Sadat in Camp David zu einer Einigung zu bewegen, und mit großem Bedauern darüber, dass er nicht mehr getan hatte, um dem palästinensischen Volk eine bessere Zukunft zu sichern. Man kann über seine Politik und Strategie streiten und sogar erhebliche Fehler darin finden, aber es ist klar, dass seine Absichten gegenüber beiden Völkern positiv waren.

Carter wird von einem Großteil der jüdischen Gemeinschaft und vielen anderen Unterstützern Israels als Feind angesehen, als der Mann, der den damaligen israelischen Premierminister Menachem Begin dazu zwang, Kompromisse einzugehen, die er und die pro-israelische Gemeinschaft ablehnen wollten. Doch wie sich herausstellte, hat Carter mehr für die Sicherheit Israels getan als jeder andere US-Präsident, während er unwissentlich den Grundstein für die stetige Erosion der palästinensischen Rechte legte, die der Oslo-Prozess darstellte.

Camp David
Das Ergebnis des Gipfeltreffens von Camp David und des daraus resultierenden israelisch-ägyptischen Friedensabkommens war, dass Israel seit Inkrafttreten des Abkommens keiner glaubwürdigen militärischen Bedrohung ausgesetzt war.

Carter verstand wie jeder Beobachter, dass Israel durch den Friedensschluss mit Ägypten den größten militärischen Herausforderer in der Region ausschalten würde und die verbleibenden arabischen Staaten nicht mehr in der Lage sein würden, Israel glaubwürdig zu bedrohen.

Er erkannte auch, dass sich das Kräfteverhältnis im Nahen Osten durch die feste Einbindung Ägyptens in den Einflussbereich der USA während des Kalten Krieges erheblich verschieben würde.

Carter handelte in diesem Fall nicht nur im Interesse Israels, sondern hatte auch ein klares amerikanisches Interesse am Ergebnis. Das Regime der jährlichen Hilfen, die seither sowohl an Israel als auch an Ägypten fließen, brachte beide Länder in ein Bündnis und in eine gewisse Abhängigkeit von den USA, ein Faktor, der für die Strategie des Kalten Krieges von großer Bedeutung war.

All dies ging den Unterstützern Israels in den Vereinigten Staaten verloren. In seinem Buch „We Are Not One: A History of America's Fight Over Israel“ beschreibt der Historiker Eric Alterman die Reaktion auf Carters Erwähnung der „legitimen Rechte des palästinensischen Volkes“ und zitiert Carters Pressesprecherin Jody Powell, die die Reaktion als „verrückt“ bezeichnete. Alterman fährt fort:

„Spendenveranstaltungen der Demokraten wurden abgesagt. Regierungsvertreter wurden von jüdischen Gruppen gemieden. Hyman Bookbinder, der ausgesprochen liberale Vertreter des American Jewish Committee in Washington, belehrte die Leute um Carter: „Offensichtlich verstehen Sie nicht wirklich, was diese Worte bedeuten...“. "Palästinensische Rechte bedeuten die Zerstörung Israels". Eine Harris-Umfrage aus dieser Zeit ergab, dass 60 Prozent der Juden der Aussage zustimmten, dass ‚der Präsident und seine Leute Israel im Stich gelassen haben‘.

Alterman wies auch darauf hin, dass der damalige Vorsitzende der Konferenz der Präsidenten der wichtigsten jüdischen Organisationen, Alexander Schindler, den Inhalt eines privaten Treffens mit Carter an die Presse durchsickern ließ - ein höchst ungewöhnlicher Vertrauensbruch. Dies führte zu noch heftigeren Kontroversen und amerikanisch-jüdischer Verärgerung über Carter, was beabsichtigt war.

All dies, so muss man betonen, war eine Reaktion auf Carters Vision von Palästina als eine Art autonomes Anhängsel Jordaniens, eine Position, die nicht weit von der des größten Teils des israelischen politischen Spektrums entfernt war. Er befürwortete keinen unabhängigen palästinensischen Staat, eine Idee, die im politischen Diskurs der USA Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre völlig undenkbar war.

Tatsächlich sagte Carter im März 1977: „Die erste Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden ist die Anerkennung Israels durch seine Nachbarn, Israels Existenzrecht, Israels Recht auf eine dauerhafte Existenz“. Von dieser Position ist Carter nie abgewichen, trotz der Beschimpfungen, die er von israelischer und amerikanischer Seite für den Rest seines Lebens einstecken musste.

Als das historische Camp-David-Abkommen geschlossen wurde, sahen Teile der jüdischen Gemeinschaft Carter in einem besseren Licht, aber das verblasste bald angesichts der Kontroverse um den Verkauf von Kampfflugzeugen an Saudi-Arabien und Ägypten. Noch wütender wurden die jüdischen Führer, als die USA aufgrund einer Fehlkommunikation für eine Resolution des UN-Sicherheitsrats stimmten, die die israelischen Siedlungen im Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, verurteilte.

 Obwohl Carter erklärte, die USA hätten sich der Stimme enthalten sollen und nur versehentlich mit „Ja“ gestimmt, konnte er die ihm ohnehin feindlich gesonnenen jüdischen Führer nicht besänftigen. Es sei jedoch daran erinnert, dass die Ablehnung der Siedlungen damals eine viel stärkere US-Politik war, so dass selbst die entschiedensten Pro-Israel-Befürworter nicht damit rechneten, dass die USA bei der Resolution mit „Nein“ stimmen würden. Die Zeiten haben sich gewiss geändert.

Die jüdische Gemeinde war zwar bei weitem nicht groß oder mächtig genug, um einen amtierenden Präsidenten zu stürzen, aber sie war ein Faktor bei Edward Kennedys starker, wenn auch letztlich erfolgloser Herausforderung um die Nominierung der Demokraten 1980, die Carter schwächte. Carter hatte unter den jüdischen Wählern das schlechteste Ergebnis aller demokratischen Präsidentschaftskandidaten seit 1920, obwohl er immer noch die Mehrheit der Stimmen erhielt (John Anderson, der als Unabhängiger kandidierte, erhielt 15% der jüdischen Stimmen gegenüber 45% für Carter und 39% für Ronald Reagan).

Trotz alledem und trotz anhaltender Proteste gelang es Israel, Frieden mit Ägypten zu schließen, seine Siedlungen von der Sinai-Halbinsel abzuziehen, sich die jährlichen Finanzmittel zu sichern, die seine Wirtschaft stabilisierten und wachsen ließen und ihm halfen, die dominierende Militärmacht in der Region zu werden, und Ägypten seither als kalten Verbündeten zu behalten. All das verdankt Israel Jimmy Carter.

Reagan tat bis zum Ende seiner zweiten Amtszeit wenig mehr, als Carters Politik zu unterstützen. Ironischerweise geriet Reagan nur wenige Monate nach seinem Amtsantritt wegen des Verkaufs des Airborne Warning and Control System (AWACS) an Saudi-Arabien selbst mit der israelischen Lobby in den USA aneinander.

Dennoch blieb Reagan bei den pro-israelischen Kräften populär, obwohl er ein hochmodernes Militärsystem an die Saudis verkaufte, mit denen Israel zu dieser Zeit noch äußerst unfreundlich war, obwohl er Israels Verhalten im Libanon häufig kritisierte und obwohl er Israel für seinen gefährlichen Angriff auf die Nuklearanlage Osirak im Irak im Jahr 1981 rügte. Der Unterschied bestand darin, dass Reagan selten die Palästinenser erwähnte und oft nette Dinge über Israel sagte.

Apartheid
„Und das Wort „Apartheid“ ist absolut zutreffend„, sagte Carter 2007 der Journalistin Amy Goodman. Auf palästinensischem Gebiet sind sie absolut und vollständig voneinander getrennt, viel schlimmer übrigens als in Südafrika. Und die andere Sache ist, die andere Definition von ‘Apartheid“ ist, dass eine Seite die andere dominiert. Und die Israelis dominieren das Leben des palästinensischen Volkes völlig“.

Carter reagierte damit auf die überwältigende Kritik an seinem Buch "Palästina: Frieden, nicht Apartheid". Das Buch selbst war weit weniger bemerkenswert als der Titel, der eine Lawine der Kritik auf Carter niedergehen ließ, einschließlich des Vorwurfs des Antisemitismus. Der damalige ADL-Vorsitzende Abraham Foxman sagte: “Der Titel soll Israel delegitimieren, denn wenn Israel wie Südafrika ist, verdient es nicht wirklich, ein demokratischer Staat zu sein. Er provoziert, er ist empörend und er ist voreingenommen“.

Foxmans Aussage ist bizarr. Staaten „verdienen“ es natürlich nicht, demokratisch zu sein, sie sind es entweder in hohem Maße oder eben nicht. Foxman konnte nicht einmal die Möglichkeit äußern, dass Israel kein demokratischer Staat sei, was interessanterweise auch nicht das war, was Carter in seinem Buch oder in seinen späteren Äußerungen und Schriften sagte.

Carter versuchte Israel zu warnen, dass es ein Apartheidstaat werden würde, wenn es seinen Kurs nicht ändere. Dies stand in krassem Gegensatz zu den Behauptungen der Palästinenser, die Israel seit vielen Jahren, genauer gesagt seit 2007, der Apartheid beschuldigen. Noch schlimmer für Foxman war, dass Carter behauptete, legitime palästinensische Ansichten würden in den Medien selten gehört. Obwohl Carter weder explizit noch implizit behauptete, dass diese nachweisbare Tatsache etwas mit einer ruchlosen Verschwörung jüdischer Kontrolle zu tun habe, sagte Foxman: „Der Grund, warum er dieses Buch geschrieben hat, ist diese schamlose, beschämende Ente, dass die Juden die Debatte in diesem Land kontrollieren, besonders wenn es um die Medien geht“.

Carter wusste, dass er für den Titel seines Buches angegriffen werden würde. Aber der Inhalt machte deutlich, dass er versuchte, Israel davon abzuhalten, sich auf dem Altar der Besatzung selbst zu zerstören. Am Ende seines Buches schrieb er: „Die Schlussfolgerung ist, dass es keinen Frieden in Israel und im Nahen Osten geben wird, solange die israelische Regierung nicht bereit ist, das Völkerrecht zu respektieren.... Es wäre eine Tragödie für die Israelis, die Palästinenser und die Welt, den Frieden abzulehnen und ein System der Unterdrückung, der Apartheid und der anhaltenden Gewalt zu akzeptieren“.

Deborah Lipstadt, die derzeit in der Regierung von Joe Biden das Amt der Sonderbeauftragten für die Bekämpfung des Antisemitismus bekleidet, sagte, Carters Buch „ignoriert das Erbe der Misshandlung, Vertreibung und Ermordung von Juden. Es verharmlost die Ermordung von Israelis. Jetzt, da er einem Sturm der Kritik ausgesetzt ist, hat er sich auf antisemitische Stereotypen berufen, um sich zu verteidigen“. Der verleumderische Vorwurf wird mit dem gleichen Taschenspielertrick untermauert, den auch Foxman anwendet.

Carter setzte sich weiterhin für die Rechte der Palästinenser ein und bekräftigte im Gegensatz zu Lipstadt und Foxman, dass Israel eine sichere Existenz innerhalb anerkannter und klarer Grenzen gewährt werden müsse.

Im November 2016, als Barack Obama sich auf seinen Abschied aus dem Amt vorbereitete, forderte Carter den scheidenden Präsidenten auf, einen palästinensischen Staat anzuerkennen, und argumentierte: „Das kombinierte Gewicht der Anerkennung durch die Vereinigten Staaten, der Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen und einer Resolution des Sicherheitsrates, die fest im Völkerrecht verankert ist, würde das Fundament für zukünftige Diplomatie legen. Diese Schritte würden die gemäßigte palästinensische Führung stärken und gleichzeitig der israelischen Öffentlichkeit die weltweite Anerkennung Israels und seiner Sicherheit vor Augen führen“. Es war nicht das erste Mal, dass er sich für eine solche Anerkennung einsetzte.

Seit den 1970er Jahren bis zu seinem Lebensende hat sich Carter dafür eingesetzt. Er war bereit, Risiken einzugehen, um diese Vision zu verwirklichen. Im Laufe der Jahre unternahmen er und das von ihm gegründete Carter Center viele Anstrengungen, um die Kluft zwischen Fatah und Hamas zu überbrücken, und ignorierten dabei die Kritik an den Gesprächen mit Hamas.

Carters Vermächtnis sollte sorgfältig und ehrlich untersucht werden, mit dem gleichen kritischen Auge wie bei jedem anderen Präsidenten. Er hat Fehler gemacht, und wie bei jedem Präsidenten haben Unschuldige darunter gelitten. Aber mehr als jeder andere US-Präsident hat Jimmy Carter versucht, eine bessere Zukunft für Palästinenser und israelische Juden zu schaffen. Kein Präsident vor oder nach ihm hat sich so sehr bemüht oder den Frieden so sehr über politische Interessen gestellt wie er.

Jimmy Carter war trotz all seiner Fehltritte im Grunde ein anständiger Mensch, wie Joe Biden zu sagen pflegte, und er könnte nicht weiter davon entfernt sein, ein anständiger Mensch zu sein. Die hasserfüllten Kommentare, denen er viele Jahre lang ausgesetzt war, vor allem aus der jüdischen Gemeinschaft, aber auch von christlichen Zionisten, die seine evangelikalen Überzeugungen teilten, aber nicht verstanden, was diese Überzeugungen bedeuteten, waren schrecklich unangemessen. Er war sehr engagiert und versuchte, eine bessere Zukunft für Israelis und Palästinenser gleichermaßen zu schaffen. Dafür wurde er als Antisemit beschimpft. Jeder, der ihn so beschimpft hat, schuldet ihm eine Entschuldigung. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt dafür.   Quelle


 

Nach Angriff auf Klinik in Gaza
Todeszone Nordgaza

Israels Armee überschreitet im Gazastreifen wieder eine rote Linie. Sie folgt einem Plan. In Deutschland verschließen viele die Augen davor.

Kommentar von Daniel Bax - 30.12.2024

Am Freitag hat die israelische Armee das letzte große Krankenhaus im Norden des Gazastreifens, die Kamal-Adwan-Klinik, räumen lassen. Dutzende Mitarbeiter und Patienten wurden gezwungen, bis auf die Unterwäsche entkleidet im Gänsemarsch das Gebäude zu verlassen. Andere, darunter der Leiter der Klinik, wurden verhaftet.

Der Norden von Gaza wird damit zur Todeszone. Die israelische Armee hat dort seit Oktober weite Gebiete abgeriegelt, von der Versorgung mit Lebensmitteln und Hilfsgütern abgeschnitten und große Teile dem Erdboden gleichgemacht. Das folgt dem „Plan der Generäle“, der auf eine Zwangsvertreibung der Bevölkerung in ihr zugewiesene Gebiete zielt, um den Norden komplett unter israelische Kontrolle zu bringen.

Rund 90 Prozent der 2,2 Millionen Einwohner des Gazastreifens sind bislang aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben worden. Hunderttausende leben in überfüllten Zeltlagern an der Küste, wo sie kaum Schutz vor dem kalten, nassen Winter finden. Kein Wunder, dass dort Babys erfrieren. Die israelische Armee macht bei ihren Angriffen weder vor Krankenhäusern, Schulen noch vor Zeltlagern in angeblich „sicheren Zonen“ halt.

Stets heißt es, man ziele nur auf Terroristen. Doch dabei nimmt man eine hohe Zahl an zivilen Opfern in Kauf. (...)

Menschenrechtler von Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen und Human Rights Watch bezeichnen Israels Vorgehen als Völkermord. In Deutschland verschließt man davor gern die Augen. Die Bundesregierung hat kurz vor Weihnachten noch Waffenexporte nach Israel in Höhe von mehr als 30 Millionen Euro genehmigt. Und Zyniker wie Volker Beck oder Jutta Dittfurth ziehen in Zweifel, dass in Gaza wirklich Babys erfrieren. Das ist ein neuer Tiefpunkt der Menschlichkeit.  mehr >>>



Einen Tag nach dem Tod der einen Monat alten Dschuma Al-Batran erfror auch ihr Zwillingsbruder Ali

Medizinisches Personal freilassen

Gaza: Weitere Organisation fordert Israel zum Handeln auf. Babys erfrieren


Ina Sembdner - 31.12.2024

Am Montag hat sich auch Amnesty International den Forderungen – unter anderem der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – angeschlossen und die Freilassung des von Israel abgeführten palästinensischen Krankenhausdirektors Hussam Abu Safija gefordert, »sofort und bedingungslos«.

Die Organisation erklärte, sie sei tief besorgt über das Schicksal des Leiters des am Wochenende zwangsgeräumten Kamal-Adwan-Krankenhauses im Norden des Gazastreifens.

Weiter fordert Amnesty die unverzügliche Freilassung aller willkürlich inhaftierten Palästinenser, insbesondere des medizinischen Personals.

Auch WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus erneuerte am Montag seine Forderung an Israel, die Angriffe auf Krankenhäuser zu stoppen.

»Die Menschen in Gaza brauchen Zugang zu medizinischer Versorgung, und die humanitären Helfer brauchen Zugang zu medizinischer Hilfe.«

Er bestätigte zudem, dass »das Al-Ahli- und das Al-Wafa-Rehabilitationskrankenhaus in Gaza-Stadt von der israelischen Armee angegriffen wurden und beide beschädigt sind«.

Zu der Stürmung des Kamal-Adwan-Krankenhauses hat das Team der Organisation Euro-Med-Monitor Zeugenaussagen gesammelt, laut denen nicht nur willkürlich Patienten und medizinisches Personal unter Terrorverdacht und menschenunwürdigen Bedingungen festgenommen wurden, sondern Zivilisten an Ort und Stelle von israelischen Soldaten hingerichtet wurden.

Einige seien verwundet gewesen, andere hätten weiße Fahnen getragen. Roboter mit Sprengfallen seien zudem in der Nähe mehrerer bewohnter Häuser gezündet worden.

Die meisten der rund zwei Millionen Vertriebenen leben jedoch in provisorischen Zeltstädten in sogenannten humanitären Zonen.

Von dort wurde am Montag der Tod durch Erfrierung eines sechsten Babys vermeldet, denn die Temperaturen liegen in der Küstenenklave seit Tagen unter zehn Grad Celsius, ein kalter Wind peitscht durch die kargen Behausungen.

In der Nacht zum Montag wurden zudem Hunderte von Zelten in den Vertriebenenlagern in verschiedenen Gebieten des Gazastreifens aufgrund starker Regenfälle überflutet,   mehr >>>


 

Amnesty International fordert sofortige Freilassung von Dr. Hussam Abu Safiya nach israelischer Entführung

29. Dezember 2024

Amnesty International zeigt sich "äußerst besorgt" über das Schicksal und das Wohlergehen von Dr. Hussam Abu Safiya, dem Direktor des Kamal Adwan Krankenhauses in Gaza, der am 27. Dezember von israelischen Streitkräften während eines Angriffs auf das Krankenhaus entführt wurde.

Die Organisation fordert seine "sofortige und bedingungslose" Freilassung.

"Seit Monaten ist Dr. Abu Safiya die Stimme des dezimierten Gesundheitssektors im Gazastreifen. Er appelliert an den Schutz seines Krankenhauses und arbeitet unter unmenschlichen Bedingungen, auch nach der Tötung seines Sohnes", so Amnesty.

 "Der Überfall, der letzte in einer Reihe von Angriffen auf Gesundheitseinrichtungen im nördlichen Gazastreifen in den letzten zwei Monaten, führte dazu, dass Kamal Adwan - das letzte verbliebene größere Krankenhaus in dem Gebiet - außer Betrieb gesetzt wurde."

Amnesty wies auch auf das allgemeinere Problem der israelischen Inhaftierungspraktiken hin und stellte fest, dass Israel seit Beginn seines militärischen Angriffs auf den Gazastreifen Hunderte von palästinensischem Gesundheitspersonal ohne Anklage oder Gerichtsverfahren inhaftiert hat.

Diese Mitarbeiter, so die Organisation, wurden gefoltert, misshandelt und ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert.

"Die internationale Gemeinschaft und insbesondere Israels Verbündete müssen handeln, um Israels Völkermord an den Palästinensern im Gazastreifen zu beenden", schloss Amnesty und forderte die sofortige Freilassung aller willkürlich inhaftierten Palästinenser, einschließlich des medizinischen Personals. Krankenhäuser und medizinisches Personal seien keine legitimen Ziele, betonte die Organisation. 
Quelle

 

Wer ist Hussam Abu Safia, der von Israel inhaftierte Direktor eines wichtigen Krankenhauses im Gazastreifen?

Der Leiter eines der letzten teilweise funktionierenden Krankenhäuser im Norden des Gazastreifens wurde verhaftet, als das israelische Militär die Einrichtung stürmte und Dutzende von Ärzten und Patienten vertrieb.

Kamal Adwan - 29. Dezember 2024 - Übersetzt mit DeepL


Die Sorge um die Sicherheit des Direktors eines der letzten teilweise funktionierenden Krankenhäuser im Norden des Gazastreifens wächst nach seiner Festnahme durch das israelische Militär.

Hussam Abu Safia, 51, wurde am Freitag von israelischen Streitkräften festgenommen, als diese das Kamal Adwan Krankenhaus in Beit Lahiya überfielen. Es ist nicht bekannt, wohin er gebracht wurde.

Die Weltgesundheitsorganisation erklärte, sie habe nach der Razzia den Kontakt zu Abu Safia verloren. Bei der Razzia wurden auch Dutzende von medizinischem Personal und Patienten vom israelischen Militär vertrieben.

Der Generaldirektor des Gesundheitsministeriums in Gaza, Munir al-Barsh, sagte, Abu Safia sei von den israelischen Streitkräften mit Schlagstöcken und Stöcken schwer geschlagen worden.

Sie zwangen ihn, sich auszuziehen und Gefangenenkleidung anzuziehen.


Es war das zweite Mal innerhalb von zwei Monaten, dass Abu Safia von den israelischen Streitkräften, die in Gaza Völkermord begehen, festgenommen wurde.

Der ausgebildete Kinderarzt Abu Safia ist eine herausragende Persönlichkeit im Gesundheitssystem von Gaza. Er hat einen Master-Abschluss und eine palästinensische Zulassung als Facharzt für Pädiatrie und Neonatologie.  mehr >>>

 

Angesichts des Genozids, der ethnischen Reinigung in Gaza präsentiert uns das Auswärtige Amt das:

Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 30.12.2024
 

Frage
Frau Deschauer, die Weltgesundheitsorganisation hat den Angriff auf das letzte verbliebene Krankenhaus in Nordgaza scharf verurteilt. In dem Krankenhaus waren Hunderte von Patienten, die verschleppt worden sind. Man weiß nicht, wohin sie verschleppt worden sind. Es kursieren in den sozialen Netzwerken Bilder, auf denen zu sehen ist, dass diese Patienten und das medizinische Personal entkleidet worden sind und in der Kälte durch die Ruinen laufen mussten. Ich hätte gern eine Reaktion dazu.

Und es sind in den letzten zwei Tagen mindestens sechs Babys erfroren, weil Hilfslieferungen nicht nach Nordgaza hereinkommen. Dazu hätte ich auch gern eine Reaktion.

Deschauer (AA)
Vielen Dank, für Ihre Frage, mit der Sie auf die weiterhin sehr dramatische Lage im Gazastreifen, insbesondere für die Zivilbevölkerung, hinweisen. Wir, die Bundesregierung, das Auswärtige Amt, kennen entsprechende Berichterstattungen. Ich kenne jetzt nicht persönlich jedes einzelne Bild, das Sie geschildert haben.

Aber ich muss es doch noch einmal so einordnen: Die Lage für die Menschen im Gazastreifen, insbesondere für die Zivilbevölkerung, ist dramatisch. Die Äußerung der WHO, dass insbesondere zivile Infrastruktur wie Krankenhäuser einem besonderen Schutz unterliegen, haben wir zur Kenntnis genommen, und das gilt natürlich auch in völkerrechtlicher Hinsicht.

Gleichwohl berichtet die israelische Seite ihrerseits davon ‑ das ist zumindest unsere Erkenntnis ‑, dass sie gegen terroristische Strukturen vorgegangen ist. Die Bundesregierung ruft dazu auf ‑ und das tut sie schon seit langem, insbesondere in solchen dramatischen Fällen, die wir im Einzelnen nicht bis ins Letzte nachvollziehen können; das wissen Sie ‑, dass Israel sich an die Maßgaben des Völkerrechts hält, dass Israel größtmöglichen Schutz von zivilen Strukturen, Einrichtungen, insbesondere der Zivilbevölkerung, walten lässt, gerade in diesen Zeiten.   mehr >>>

Der Norden des Gazastreifens ist nach fast drei Monaten intensiver israelischer Angriffe verwüstet. Hier versuchen Familien, ihre Habseligkeiten mitzunehmen, als sie gewaltsam aus Beit Hanoun vertrieben werden.

Der Völkermord hat die „Heres“ und „Theres“ von Gaza verändert

Aya Al-Hattab - 29. Dezember 2024 - Übersetzt mit DeepL


Der Gaza-Streifen ist ein winziges Küstengebiet.

Die meisten Menschen hier wurden 1948 gewaltsam aus ihren Häusern, Dörfern und von ihrem Land vertrieben, das zu Israel wurde, oder, wie ich es lieber nenne, zu diesem fernen Palästina.

Natürlich ist dieses ferne Palästina nur einen Steinwurf entfernt.

Diese Realität wurde mir im Oktober 2022 bewusst, als ich im Rahmen eines Universitätsprojekts in den äußersten Norden des Gazastreifens reiste, nach Beit Hanoun.

Es war meine erste Reise nach Beit Hanoun, und ich wurde von einem Team von Kommilitonen der al-Azhar-Universität begleitet, die als Kiwi Media bekannt sind und an einem Projekt arbeiten, das die Schönheit des Gazastreifens zeigen und seine wichtigsten Sehenswürdigkeiten hervorheben soll.

Meine Aufgabe war es, die produzierten Videos ins Englische zu übersetzen.

Beit Hanoun unterscheidet sich mit seinen weiten Feldern und den weit auseinander liegenden Häusern sehr von Gaza-Stadt, wo ich gelebt habe. Die vielen Bäume und die natürliche Schönheit schaffen eine ruhige und malerische Umgebung.

Meine Kommilitonen und ich erkundeten an diesem Tag fast jeden Teil von Beit Hanoun. Unter anderem besuchten wir eine Landwirtschaftsschule in der Nähe der Grenze von 1948.

Vom Dach der Schule aus hatte ich einen atemberaubenden Ausblick. Ich stand nur einen Steinwurf von dem Palästina entfernt, das ich mir in meiner Kindheit immer vorgestellt hatte und aus dem 1948 etwa 80 Prozent der Bevölkerung des Gazastreifens vertrieben worden waren, darunter auch meine eigene Familie.

Trotz Fotografierverbot hielt ich den Moment heimlich mit meinem Handy fest.

Als ich so dastand und schaute, überkam mich ein seltsames Gefühl. Trotz der Nähe fühlte es sich unendlich weit weg an. Es war, als würde ich ins Unerreichbare blicken, in dieses ferne Palästina.

Eine wachsende Distanz

Am Ende unserer Reise trafen wir uns in einem Olivenhain, um gemeinsam zu essen. Es ist schon etwas Besonderes, als Palästinenser an einem Ort zu sein, der von Olivenbäumen umgeben ist.

Mehr als ein Jahr nach diesem Essen ist die Salah al-Din Straße, die Gaza vom Erez Checkpoint im Norden zum Rafah Grenzübergang im Süden durchquert, verwüstet.

Beit Hanoun ist verwüstet. Obstgärten sind verlassen und zerstört. Fabriken und Häuser liegen in Schutt und Asche. Ausgebrannte Autowracks säumen die Straßen.

Trostlosigkeit und Verzweiflung herrschen.

Der Norden des Gazastreifens scheint jetzt weit weg zu sein, sowohl geografisch als auch zeitlich. Ich wurde am 13. Oktober 2023 aus meinem Haus in Gaza-Stadt vertrieben, zuerst in den Süden und dann im Februar in den zentralen Gazastreifen.

Wenn ich jetzt versuche, nach Norden zu gelangen, komme ich an den Netzarim-Korridor und den Kontrollpunkt, ein Gebiet, das den Gazastreifen in zwei Hälften teilt und vom israelischen Militär besetzt ist. Es ist so gefährlich, dass es „Achse des Todes“ genannt wird.

Am 3. Dezember dieses Jahres befand ich mich in der Nähe dieses Checkpoints. Das bedeutete, dass ich, wie ich ausgerechnet hatte, 424 Tage von meinem schönen Zuhause in Gaza-Stadt entfernt war.

Israel verfolgt einen Plan, der allem Anschein nach darauf abzielt, den Norden von seinen Bewohnern zu säubern und das gesamte Gebiet zu besetzen.

Kann dieser Plan gelingen?

Der palästinensische Schriftsteller Mourid Barghouti hat es einmal so ausgedrückt: „Der Besatzungssoldat besetzt ein Stück Land, das er konfisziert, und nennt es ‚hier‘. Mir hingegen, dem vertriebenen Eigentümer, bleibt nichts anderes übrig, als es ‚dort‘ zu nennen.“

Ich schaue nun auf ‚dort‘. Die Entfernung hat sich beträchtlich vergrößert, über das hinaus, was wir in Gaza gewohnt waren.  Quelle


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