Palästinensischer Teenager stirbt, nachdem er von
„israelischen Soldaten geschlagen wurde“.
Direktor des medizinischen Zentrums sagt, Snobar sei an
den Halsverletzungen gestorben, die er durch Schläge
israelischer Streitkräfte erlitten hat.
Al Jazeera - 25.10.20
Ein palästinensischer Teenager war an seinen Verletzungen
gestorben, nachdem ihn israelische Streitkräfte in der Nähe von
Turmus-Ayya, im Nordosten von Ramallah, gemäß mehreren
palästinensischen Nachrichtenagenturen geschlagen hatten.
Das palästinensische Gesundheitsministerium sagte, dass Amer
Abedalrahim Snobar im Krankenhaus kam, nachdem er „schwer auf
den Hals geschlagen worden war“.
Ahmed al-Bitawi, der Direktor des palästinensisschen
medizinischen Komplex, bestätigte gegenüber palästinensischen
Nachrichtenagenturen am Sonntagmorgen, dass Snobar als Ergebnis
der Verletzungen, die er durch einen Angriff der israelischen
Streitkräfte erlitten hat.
“Es gab sichtbare Zeichen von Schlägen auf Snobars Nacken“,
sagte Bitawi.
Das medizinische Zentrum berichtete, dass die Verletzungen an
Snobars Nacken mit den Schlägen, die israelische Soldaten ihm
mit den Gewehrkolben zufügten, übereinstimmten.
In einer Stellungnahme klagte die Palästinensische
Befreiungsorganisation (PLO) die israelischen Truppen eines
“,monströsen Aktes von Brutalität gegenüber einem wehrlosen
jungen Mann an, dessen einziges Verbrechen war, ein
Palästinenser zu sein”.
Die hochrangige PLO-Beamtin Hanan Ashrawi sagte in der
Stellungnahme, dass Sanouber von israelischen Truppen
„niedergeknüppelt“ worden sei.
Snobar stammte aus dem Dort Yatma, im Süden der besetzten
Westbank-Stadt, Nablus.
Quelle
Übersetzt von Inga Gelsdorf
Der
18-jährige Amer Abdulrahim Snober wurde an einem israelischen
Kontrollpunkt zu Tode geprügelt.
Amer starb an seinen Verletzungen, nachdem er von
israelischen Truppen in der Nähe der Stadt Turmus-Ayya
nordöstlich von Ramallah geschlagen worden war.
Quelle
Aschrawi: Die Ermordung von Amer Snoubar ist ein
monströser Akt der Brutalität, der durch Hass motiviert ist
25. Oktober 2020
Hanan Ashrawi,
Mitglied des Exekutivausschusses der Palästinensischen
Befreiungsorganisation (PLO), sagte heute, dass die Ermordung
von Amer Snoubar durch die israelischen Besatzungstruppen am
frühen Morgen ein monströser Akt der Brutalität war, der durch
Hass motiviert und durch Straffreiheit gefördert wurde.
Es folgt die vollständige Erklärung von Dr. Ashrawi: "Der
grausame Mord an dem 18-jährigen Amer Snoubar durch die
israelischen Besatzungstruppen ist ein ungeheuerlicher Akt der
Brutalität gegen einen wehrlosen jungen Mann, dessen einziges
Verbrechen darin bestand, Palästinenser zu sein. Israelische
Besatzungssoldaten schlugen Amer in dieser Morgendämmerung
nieder, und die medizinischen Behörden haben bestätigt, dass er
wiederholt auf den Nacken geschlagen und dann dem Tod überlassen
wurde.
Solche Verbrechen werden von israelischen Besatzungssoldaten
begangen und verübt, weil sie Teil eines Regimes sind, das
Kriminalität zuspricht und Straffreiheit für Verbrechen im In-
und Ausland gewährleistet. Die tägliche strukturelle Gewalt
gegen Palästinenser, die die Lebensader dieser illegalen
Besatzung ist, festigt eine Kultur des Rassismus, des Hasses und
der Entmenschlichung gegenüber dem palästinensischen Volk und
ermöglicht es, dass solche Verbrechen ohne Scham, Angst,
Bedauern oder Rechenschaftspflicht geschehen können.
Dieses feindselige und hasserfüllte Umfeld erlaubt auch andere
Formen der unmenschlichen Missachtung des palästinensischen
Lebens, wie die fortgesetzte Inhaftierung von Maher al-Akhras
zeigt, der sich jetzt am 91. Tag seines Hungerstreiks befindet,
um gegen seine Inhaftierung ohne Anklage oder Gerichtsverfahren
unter so genannter "Verwaltungshaft" zu protestieren. Diese
Grausamkeit ist es, die die israelischen Besatzungsbehörden
davon abhält, Mahers ältere Mutter, Frau und Kinder daran zu
hindern, ihn zu sehen, während er kämpft, um am Leben zu
bleiben. Sie erklärt den steilen Anstieg der Zerstörung
palästinensischer Häuser mitten in einer wütenden Pandemie und
liefert den Kontext dafür, dass Israel Schulen, medizinische
Einrichtungen und andere grundlegende Dienstleistungen ins
Visier nimmt.
Die einzige Möglichkeit, diese Verbrechen zu beenden, ist die
Beendigung des illegalen israelischen Besatzungsregimes.
Internationale Besorgnis und Empörung werden weder Leben noch
Eigentum der Palästinenser retten. Sie werden weder die Rechte
noch die Würde der Palästinenser schützen. Die einzig
verantwortliche und moralische Antwort auf diese sinnlosen
Verbrechen ist die Rechenschaftspflicht". M.N.
Quelle |
Innerhalb von zwei Wochen berichtet die UN über 19 Zwischenfälle
von Angriffen durch israelische Siedler gegen palästinensische
Olivenpflücker
24. 10. 2020
Die Olivenernte-Saison, die am 7. Oktober beginnt, wurde von
israelischen Siedlern durch 19 Zwischenfälle in der Zeit
zwischen dem 6. und 19. Oktober gestört, wobei 23
palästinensische Farmer verletzt, 1.000 Olivenbäume verbrannt
oder anderweitig beschädigt wurden und große Mengen der
Produktion gestohlen wurden, laut dem zweiwöchentlichen Bericht
für den Schutz von Zivilpersonen des UN-Büros zur Koordination
humanitärer Angelegenheiten (OCHA) im besetzten
palästinensischen Gebiet.
In den Außenbezirken des Dorfes, Burqa, im Ramallah-Gebiet,
warfen Siedler Steine und griffen palästinensische
Olivenpflücker bei drei Gelegenheiten physisch an, was
Zusammenstöße auslöste. Israelische Kräfte griffen in einen
dieser Zusammenstöße ein und verletzten 14 Palästinenser und
hinterließen 30 mit Tränengas in Brand gesetzte Bäume. Die
verbleibenden Verletzungen wurden in dem landwirtschaftlichen
Gebiet in der Nähe von Huwwara im Nablus-Bezirk und den Dörfern
Ni’lin und Beitillu im Ramallah-Gebiet verzeichnet.
In der Nähe der Siedlung Mevo Dotan bei Jenin, wurden circa 450
Olivenbäume in Brand gesetzt und, kurz nachdem palästinensische
Farmer aus dem Dorf Yabad dort von Siedlern angegriffen und von
israelischen Soldaten vertrieben wurden. Ein paar hundert
Olivenbäume, deren palästinensische Besitzer aus dem Dorf Saffa
in der Nähe von Ramallah, dem geschlossenen Gebiet hinter dem
Trennzaun, kamen, wurden auch in Brand gesetzt und beschädigt.
In anderen 10 Örtlichkeiten in der Nähe von Siedlungen stellten
die Farmer fest, als sie ihre Ländereien wieder erreichen
konnten, dass ihre Olivenbäume entweder abgeerntet waren oder
Vandalismus dort betrieben worden war.
Mehrere der Zwischenfälle fanden in zugangsbeschränkten
Gebieten, in denen die israelischen Behörden Palästinensern
erlauben, sie nur an zwei bis vier Tagen in der gesamten
Erntesaison zu betreten, während das Ernten oft mehr als einen
Monat in Anspruch nimmt.
Über weitere vier Siedler-Angriffe wurden in derselben Zeit
berichtet, besagte der OCHA-Bericht.
Ein einjähriger Palästinenser wurde verletzt, als das Auto, in
dem er sich befand, im Gouvernorat von Bethlehem von Steinen
getroffen wurde. Im nahegelegenen al-Khader wurden 40
Bienenstöcke in Brand gesetzt und niedergebrannt. Im
Farsiya-Gebiet des nördlichen Jordantals wurden palästinensische
Hirten physisch von einer Gruppe Siedler angegriffen, und eines
ihrer Schafe wurde getötet. Im Dorf Jaloud bei Nablus wurden
Strommasten und Kabel für die Stromversorgung in
landwirtschaftlichen Räumen beschädigt und durchtrennt.
„Bei drei Zwischenfällen im Gebiet C der besetzten Westbank
zerstörten oder beschlagnahmten die israelischen Behörden acht
Strukturen, deren Eigentümer Palästinenser waren, aus Mangel an
von Israelis ausgestellten Baugenehmigungen, wodurch 12 Menschen
vertrieben wurden“, sagte OCHA.
Fünf der Strukturen wurden in zwei Gemeinden in dem Massafer
Yatta-Gebiet von Hebron zerstört, das zur „Schießzone“ für das
Training des israelischen Militärs erklärt worden war. Die
übrigen drei wurden in der Gemeinde von Al Farisiya-Khallet
Khader des Jordantals auf der Basis des Militärbefehls 1797
zerstört, der Abrisse innerhalb 96 Stunden nach Ausstellung
eines „Abriss-Auftrages“ erlaubt. M.K.
Quelle |
Israelis, die palästinensische Olivenpflücker plündern,
sind nicht meine Brüder
Palästinenser, die
einen Olivenbaum in Burin im Westjordanland pflegen.
Michael Sfard, 24. Oktober 2020 - Übersetzt mit
DeepL
In den letzten
Jahren haben israelische und palästinensische Rechtsgruppen eine
bahnbre-chende Entdeckung gemacht, die ihnen eines Tages den
Nobelpreis für Physik einbringen könnte. Ihre Forscher haben
beobachtet, dass die Natur uns neben der Lichtgeschwindigkeit
und den Gesetzen der Schwerkraft zwei weitere universelle
physikalische Konstanten ge-schenkt hat: die
verabscheuungswürdige Siedlerkriminalität, die während der
Olivenernte überhand nimmt, und die Kollaboration der
israelischen Strafverfolgungsbehörden, die dies einfach
geschehen lässt.
Die Zeit kann sich ausdehnen oder schrumpfen, der Raum kann sich
ausdehnen oder zu-sammenziehen, aber die Lichtgeschwindigkeit
wird immer 300.000 Kilometer pro Sekunde bleiben. Sie wird sich
nie ändern - ebenso wenig wie die kriminellen Aktivitäten der
Siedler. In Zeiten von Friedensgesprächen oder
Annexionsverschwörungen, in normalen Zeiten oder Zeiten einer
Pandemie, in Zeiten des Wirtschaftswachstums oder der Rezession,
in Zeiten des Diebstahls von Oliven, des Fällens von Bäumen und
der Übergriffe auf die Olivenpflücker wird es wie immer bleiben.
Der gelangweilte Soldat und Offizier, der gelangweilt inmitten
der Hilltop-Jugend herumspa-ziert, während diese Steine auf die
palästinensischen Olivenpflücker werfen, taucht ebenfalls jedes
Jahr auf, so genau wie eine Atomuhr.
Verteidigungsminister kommen und gehen, Kommandeure der Judäa-
und Samaria-Division werden zu Generälen und Generalmajoren und
"stellvertretenden Premierministern", und die Olivenernte blutet
weiter. Die Schwäche und Gleichgültigkeit der Armee, die von den
Sicherheitskräften verliehenen Preise für die Angreifer und ihre
Aggression gegen die Schwachen sind ebenfalls so verlässlich wie
der Sonnenaufgang jeden Morgen: die Fall-schirmtruppen oder die
Artillerie- oder Infanteriebrigade - Givati, Golani, Nahal oder
Kfir.
Dieser Verhaltenskodex wird von einer Rekrutierungsgenerartion
an die nächste weiterge-geben, zusammen mit Geschichten über das
Kampferbe und Blues-Songs der Kämpfer. In-mitten einer großen
Gesundheits- und Wirtschaftskrise, in einer chaotischen
Situation, in der niemand weiß, wann die Schulen geöffnet werden
oder wann wir überhaupt wieder zum Friseur gehen können, sind
die Gewalt dieser Siedler und die Kollaboration der Armee eine
Insel der Stabilität, ein Fels in der Brandung in unsicheren
Zeiten.
Und so ist es auch bei der diesjährigen Olivenernte, die gerade
erst begonnen hat. In den ersten neun Tagen erhielt die
israelische Menschenrechtsgruppe Yesh Din Berichte über mehr als
20 Vorfälle, in denen die Ernte beschädigt wurde.
In sieben Fällen griffen Siedler die Olivenpflücker gewaltsam
an, in acht Fällen wurden die Oliven gestohlen. In neun Fällen
wurden Hunderte von Bäumen gefällt, und in einem Fall wurde ein
Olivenhain in Brand gesteckt. In Hawara und Na'alin wurden
Menschen verletzt; in Jab'a wurden Drohungen ausgesprochen,
Bäume gefällt und Oliven gestohlen; in Ein Yabrud wurden
Menschen angegriffen und in Fara'ata und Burin ausgeraubt.
Videomaterial ist zu Menschenrechtsaktivisten aus dem gesamten
Westjordanland geflossen. Die Bauern sehen zu, wie ihr Besitz
geplündert wird und können nichts dagegen tun. Die
Hilflosigkeit, aus der Ferne zusehen zu müssen, ist demütigend,
aber eine Begegnung mit den Vandalen ist noch schlimmer.
Wie einer der jüdischen Schläger zu den palästinensischen
Landbesitzern in Burqa sagte, in einem Vorfall, der in Ohad
Hemos Bericht auf Channel 12 News zu sehen war: "Gott hat uns
dieses Land gegeben. Ich bin der Sohn Gottes und du bist sein
Diener".
Und das alles geschieht weniger als eine Autostunde vom Zentrum
Israels entfernt, an die-sen Orten, deren Existenz gleichgültige
Israelis lieber ignorieren, Orte, von denen wahr-scheinlich
weniger als ein Prozent der Bevölkerung gehört hat, aber wohin
unsere besten Söhne und Töchter geschickt wurden, um unsere
Kontrolle seit über fünf Jahrzehnten zu ver-tiefen.
Das Böse hat Wurzeln - sein Auftreten widerspiegelt etwas viel
Tieferes. Jugendliche sprü-hen vor Hass, wenn sie einem armen
Palästinenser, der gekommen ist, seine Oliven zu ern-ten und der
alt genug ist, um ihr Vater zu sein, erklären, sie seien die
Kinder Gottes und er ihr Diener. Dies sind keine einsamen Wölfe.
Dazu braucht es Rabbiner und Eltern, politische Führer und
geistliche Mentoren, die ein solches Verhalten sanktionieren
oder sogar lenken. Es braucht die Indoktrination einer
abscheulichen Ideologie und einer Gemeinschaft, die sie
unterstützt.
In der Tat braucht es auch ein Dorf, um einen rassistischen
Faschisten aufzuziehen. Hinter jedem maskierten jüdischen
Brandstifter steht ein ganzes Dorf von Schuldigen; hinter jedem
selbsternannten Sheriff, der eine Familie von ihrem Land
vertreibt, steht ein Dorf von Ver-antwortlichen. Natürlich sind
nicht alle so, aber viele sind so. Auch auf der israelischen
Seite der Grünen Linie blühen Hass und Rassismus, aber die Berge
von Samaria, das nördliche Westjordanland und die Hügel von
Binyamin und Hebron in der Mitte und im Süden sind das
eigentliche Übungsgelände für Hassverbrechen.
Was euch hassenswert ist, tut nicht euren Mitmenschen an, sagte
der Weise Hillel, aber jetzt ist die von Verfolgung,
Diskriminierung und Völkermord gezeichnete Nation weitgehend
zweigeteilt - in diejenigen, die zu den Kreisen der Provokation,
Enteignung und Erniedrigung gehören, und diejenigen, die sich
nicht wirklich darum scheren, dass dies die Taten ihrer Brüder
und Schwestern sind.
Deshalb möchte ich den Verbrechern in den Siedlungen sagen: Ihr
seid nicht meine Brüder. Wir mögen eine gemeinsame Vergangenheit
haben, aber in der Gegenwart habe ich mehr mit euren Opfern
gemeinsam als mit euch - mit Ibrahim aus dem Dorf Far'ata,
dessen Land von Siedlern gestohlen wurde und dessen Olivenernte
Jahr für Jahr geplündert wird, mit Mohammed aus Bil'in, der
mutig hinausgegangen ist, um die Bauern von Hawara zu
vertei-digen.
Ich habe nichts mit den Schlägern der Außenposten und Siedlungen
gemein, also versucht nicht, mir jemanden von der
Versöhnungsgruppe Tzav Piyus zu schicken oder mir zu sagen, dass
wir zuerst Frieden unter uns schaffen müssen.
Kein Frieden ist möglich mit gewalttätigen Rassisten, die unter
dem Schutz der Gewehre der Armee die Schwachen missbrauchen und
damit das Gedenken an die Opfer der Pogrome und des Holocaust
beleidigen. Kein Kompromiss ist möglich mit denen, die die
Schwachen ausplündern, die Unterdrückten ausbeuten und ihren
Nächsten hassen, so wie ihre eigenen Vorfahren, ihre eigenen
Väter und Mütter, gehasst wurden.
Wenn ich Sie wäre, würde ich für Sie Schiwa sitzen, denn Sie
haben dem Wesen des Juden-tums abgeschworen und die Prinzipien
in seinem Innersten verunreinigt. Aber da ich weiß, dass Sie
wahrscheinlich glauben, dass Israel, selbst in Sünde, immer noch
Israel ist, werde ich zu Ihnen in einer Sprache sprechen, die
Sie verstehen: Tut Busse, Sünder. Tut Busse, und wir werden euch
umarmen. Bis dahin werden wir tun, was unsere Thora befiehlt:
Wir wer-den euch bekämpfen.
Michael Sfard, Menschenrechtsanwalt und Rechtsberater der
Menschenrechtsgruppe Yesh Din.
Quelle |
Seien
Sie mutig, seien Sie wagemutig bei der Verfolgung des Rechts
Porträt - Dr. Hanan Ashrawi
Befreie dich selbst, [und] du befreist das Land, sagte Hanan
Ashrawis Vater zu ihr.
Sie wurde die erste Frau im Exekutivausschuss der PLO.
Mariam Barghouti - 20. Oktober 2020
Dieses
Stück ist Teil unseres Dossiers "Keine
Frauen - kein Frieden: 20. Jahrestag der Resolution 1325 des
Sicherheitsrates der Vereinten Nationen über Frauen, Frieden und
Sicherheit" .
Dr. Hanan Ashrawi
ist ein Name, den die meisten palästinensischen Haushalte kennen
und der über Generationen hinweg besteht. Sie ist Leiterin der
Abteilung für öffentliche Diplomatie und Politik der
Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) sowie ein
wiedergewähltes Mitglied des PLO-Exekutivkomitees.
Trotz ihres robusten und reichhaltigen Lebenslaufs bemüht sie
sich, die Worte zu finden, um sich selbst zu beschreiben . "Dies
ist wahrscheinlich eine der schwierigsten Fragen", gesteht sie
mit einem Kichern. „Ich sehe mich immer als einen Menschen: als
Frau, als Mutter, als Familienmacherin, als Frau, als
Großmutter. Aber auch als Akademikerin, politische Aktivistin,
Schriftstellerin, Abteilungsleiterin“, fasst Ashrawi zusammen:„
Ich bin eine Zusammenstellung all meiner Lebenserfahrungen. “
Mit ihrer Stimme voller Zuversicht, die in Demut verwurzelt ist,
sagt sie: "Ich hoffe, das macht mich zu einem vollwertigen
Menschen."
Nach der Erklärung des Staates Israel im Jahr 1948 verstrickte
sich, ein Palästinenser zu sein, in die Elemente, die mit der
aufgezwungenen israelischen Besatzung einhergehen. Ashrawi war,
wie die meisten Palästinenser, keine Ausnahme. " [Palästinenser]
trotzen einfachen Definitionen", erklärt sie, "weil wir eine so
facettenreiche, komplexe Situation der Ungerechtigkeit haben."
Obwohl Ashrawi sich dieser Tatsache sehr bewusst ist, wiederholt
sie zärtlich das Motto, das sie von ihrem Vater Daoud Ashrawi
geerbt hat: " Befreie dich selbst, und du befreist das Land" .
Raum haben und geben - Ashrawis Reise, ein "vollwertiger
Mensch" zu werden, begann in der intimen Sphäre ihres Zuhauses.
Die Lektionen, die sie von ihrer Mutter und ihrem Vater, Wadia
und Daoud, lernen sollte, finden immer noch Resonanz bei ihr.
Als Eltern von fünf Töchtern war Wadia eine Feministin, während
Daoud sich stark für die Rechte der Frauen einsetzte. "[Mein
Vater] hat uns alle mit zwei Erwartungen erzogen: Erstens,
akzeptiere niemals Grenzen und Einschränkungen, die euch von
anderen und der Gesellschaft auferlegt werden", erinnert sich
Dr. Ashrawi. "Zweitens: Das einzige, was ich von euch allen
erwarte, ist ein Hochschulabschluss."
Ashrawi fand ihre Leidenschaft in der Wissenschaft und gründete
1973–78 das English Department an der Birzeit University. Später
wurde sie Dekan der Philosophischen Fakultät.
Trotz der Unterstützung ihrer Familie, einschließlich ihres
Mannes Emile und der beiden Töchter Amal und Zeina, gab es eine
ganze Welt, die notwendigerweise ihre eigenen Herausforderungen
stellte. In Anerkennung dessen gibt sie zu, dass " das
unmittelbare Unterstützungssystem vorhanden war, die allgemeine
Realität jedoch äußerst schwierig war". Als Frau waren Ashrawis
Erfahrungen nicht ohne Schwierigkeiten. "Immer wenn Sie eine
Frau haben, die auf der Grundlage von Prinzipien arbeitet, mit
einem klaren Fokus und Ziel, werden Sie viele Männer finden, die
versuchen werden, sie in ihrer eigenen Sprache zu brechen und
neu zu definieren", seufzt sie. “Das war sehr schwierig für
mich. Sie sahen mich an, als würde ich einen Platz einnehmen,
der rechtmäßig ihnen gehört.”
Ashrawis Arbeit zu Menschenrechten, Frauenrechten,
Politikgestaltung, Friedensschaffung und Nationengestaltung war
bedeutend, aber es war eine Ansammlung - manchmal schmerzhafter
- Erfahrungen zwischen ihrer Tätigkeit als Aktivistin während
ihrer Studienzeit an der American University of Beirut (AUB) ),
ihren Reisen durch die USA und dem Treffen mit verschiedenen
Aktivisten von schwarzen Studentenbündnissen und Minenarbeitern
bis hin zur Mitgliedschaft im Palästinensischen Nationalrat.
Denken Sie größer, seien Sie mutig - Die Jahre ihres
Aktivismus bei AUB bleiben ihr, und indem sie sich an die
Organisation der Studenten erinnert, bemerkt sie liebevoll: "Wir
haben uns gegenseitig beschützt, wir haben uns umeinander
gekümmert." Schutz bedeutet aber auch, keine eingeschränkten
Visionen von Frauenrechten zu haben. Lautstark und unverfroren
würde Ashrawis Streben nach sozialer Gerechtigkeit als
Aktivistin politisch mit den Bemühungen zum Aufbau der Nation
verflochten sein. Dies war mit kostspieligen Anschuldigungen
verbunden, denen sie standhalten musste.
Eine Erinnerung, die immer noch nachklingt, war, dass Ashrawi
sich, als das palästinensische Frauenministerium noch im
Entstehen war, dagegen aussprach. In einem mutigen Schritt
versuchte sie stattdessen, auf einen ermächtigten Frauenrat auf
der Ebene der Premierministerin oder der Präsidentin zu drängen.
Dies sollte zu einer Reihe von Anschuldigungen durch Beamte und
Frauengruppen führen, sie suche eine politische Position für
sich selbst. Aber für Ashrawi ist “es einfach, ein Ministerium
für Frauenangelegenheiten zu haben. Sie häufen alle Frauenfragen
auf dieses Ministerium, und somit können alle anderen
Institutionen tun, was sie wollen." Mit einem Kichern denkt
Ashrawi über diesen Moment nach: "Es war, wie wir auf Arabisch
sagen:’geh, nettes kleines Mädchen, und spiele in der Ecke.’ "
Im Jahr 2009 war Ashrawi die erste Frau in der palästinensischen
Geschichte, die einen Sitz im höchsten Exekutivorgan Palästinas,
dem Exekutivkomitee der Palästinensischen Befreiungsorganisation
(PLO), innehatte . Zwei Dinge trieben sie weiter voran: "
Erstens, nicht alleine zu arbeiten, und zweitens, sich an meine
Prinzipien zu halten.” In der Tat erkennt Ashrawi stolz an, dass
ihre Position aus einer gemeinsamen Anstrengung von Frauen
herrührt, die sich gegenseitig beflügelten. Sie bekräftigt, dass
es Frauen waren, die für ihre offizielle Ernennung im
Exekutivkomitee gestimmt haben, und erklärt, dass dies dazu
verhilft, “den Mythos zu enlarven, dass Frauen nicht für andere
Frauen stimmen. Ashrawis Beitrag zur Schnitzerei für Frauen
umfasst auch ihre rigorosen Bemühungen im Rahmen des Nation
bildenden Projekts. Es baut "die Institutionen auf, die die
geschlossenen Systeme, die den Raum und die Macht für Frauen
einschränken, wirklich herausfordern können". Dies bedeutet,
nicht das Ethos zu übernehmen, das ihre Prinzipien für soziale
Gerechtigkeit und Gleichheit untergräbt, nicht nur für Frauen,
sondern für die gesamte Gesellschaft.
Führen ist nicht nur Regieren - In den frühen neunziger
Jahren erlebte Ashrawi als Teil einer Generation, die maßgeblich
am Aufbau des Regierungsgremiums der Palästinensischen
Autonomiebehörde beteiligt war, die Transformation der lokalen
Komitees, die während der ersten Intifada gebildet wurden in
eine institutionalisierte soziale Struktur. Viele erfahrene
Palästinenser, die in den Jahren zuvor politisch aktiv waren,
hatten am Ende offizielle Positionen inne. Als Mitglied des
Diplomatischen Komitees und des Politischen Komitees der
Intifada von 1988 bis 1993 spielte Ashrawi eine wichtige Rolle
bei der Friedenskonferenz von Madrid von 1991. Sie war Teil der
hochrangigen palästinensischen Delegation unter der Leitung des
verehrten Dr. Haidar Abdel Shafi und des legendären
Jerusalemers, Faisal Husseini. Als Sprecherin der Delegation und
einzige Frau wurde sie bald in der diplomatischen Szene bekannt
und vertrat entschlossen und stolz die palästinensischen
Positionen. Trotz ihrer herausragenden Leistung und ihres Ruhmes
während dieser schwierigen VerhandlungenAshrawi war nicht daran
interessiert, Teil einer nationalen Regierung zu sein, die sie
noch nicht als bereit ansah, für ihre Gemeinschaft zu sorgen.
“Abu Ammar und ich hatte große Argumente, warum ich keine
Ministerin in der Regierung der Palästinensischen
Autonomiebehörde sein wollte “, erinnert sie sich und verwendet
Yasser Arafats Kriegsname, unter dem er bekannt ist. "Ich sagte
immer wieder, ich möchte in der Zivilgesellschaft sein."
Während PLO-Vertreter 1993 die Oslo-Abkommen unterzeichneten,
drängten Ashrawis Vorbehalte und die Unterstützung von Arafat
sie, die unabhängige Kommission für Bürgerrechte einzurichten.
Dies wurde später die Unabhängige Kommission für Menschenrechte
, die durch ein Dekret des Präsidenten offiziell anerkannt und
in das Gesetz aufgenommen wurde, mit der Befugnis,
institutionell die Aufsicht auszuüben.
Mit ihrer einzigen offiziellen Ernennung zur Ministerin für
Hochschulbildung und Forschung im Jahr 1996 sagt Ashrawi kühn:
„Ich wollte nicht Teil unseres Systems sein. Ich wollte Teil
einer Korrekturkraft sein, die sicherstellen würde, dass das
Regierungssystem auf Gerechtigkeit und Menschenrechten basiert.
“ Ashrawi setzte ihre Bemühungen fort, Verantwortlichkeit und
Transparenz zu betonen. "Die Gesundheit einer Nation ist kein
abstraktes Exekutivsystem von Politikern, die an der Spitze
sitzen", erklärt sie, "sondern eine lebendige, aktive,
vielfältige Zivilgesellschaft mit Prinzipien." Ausgerüstet mit
ihrer Überzeugung würde sie 1998 MIFTAH , die palästinensische
Initiative zur Förderung des globalen Dialogs und der
Demokratie, und 1999 AMAN , die Nationale Koalition für
Rechenschaftspflicht und Integrität , gründen .
Ein Mensch, keine Superfrau - Ungeachtet ihrer Leistungen
wurden Frauenfragen angesichts des übergreifenden
palästinensischen Kampfes gegen eine vom Militär auferlegte
Besatzung häufig in sekundäre Belange verwiesen. Aber Ashrawi
lehnte die Binärdateien von Primär und Sekundär ab. "Sie können
Ihren eigenen Frauen in der Gesellschaft nicht Selbstbestimmung,
Gerechtigkeit und Gleichheit vorenthalten und behaupten, dass
Sie für Sie als Ganzes gegen die Besatzung kämpfen", sagt sie
fest. "Es ist nichts, was Sie ins Regal stellen und warten, bis
Sie befreit sind", betont sie, "Sie können den Aufbau einer
gesunden Gesellschaft nicht aufschieben ."
Dazu erinnert sie sich an ein Gespräch zwischen dem ehemaligen
US-Präsidenten Jimmy Carter und Yasser Arafat. “Carter sagte
[Arafat] ‚Sie haben nicht genug Frauen in Ihrem Kabinett‘,
Arafat antwortete : ‚Ich habe Hanan Ashrawi, und sie ist soviel
wert wie zehn Männer.‘ Da sagte ich: „Ich bin bereit zu gehen,
und Sie können zehn Frauen an meiner Stelle ernennen.“ In der
Tat betonte Ashrawi immer wieder, dass mehr Frauen in
Machtpositionen sein müssen, was sie dem, wie sie es nennt, "
Superwoman-Syndrom" (Superfrau-Syndrom) zurechnet . Bitter
erklärt sie: „ Frauen werden im Allgemeinen nach strengsten
Maßstäben beurteilt. Sie kennen das Superfrau-Syndrom: Sie
müssen perfekt sein, um erkannt und akzeptiert zu werden.”'
Ashrawis Sichtweise war nicht nur für Männer einschüchternd,
denn alle Frauen müssen doppelt so hart für die ohnehin
begrenzten Führungsräume kämpfen. Als eine der wenigen Frauen in
Führungspositionen erkannte Ashrawi, dass das Tokenisieren und
die Verwendung als Symbol dazu diente, andere auszuschließen.
Ashrawi ist sich der Gefahren eines solchen Tokenismus bewusst
und erinnert uns daran: "Es ist wichtig, dass jede Frau, die
irgendwohin kommt, nicht nur ein Vorbild ist, sondern auch den
Raum für andere Frauen öffnet." Sie versucht, die Worte zu
finden, um die kommenden Führer der nächsten Generation zu
beraten: „Wenn Sie das männliche Ethos und das männliche
Wertesystem und Machtsystem selbst innerhalb des politischen
Systems übernehmen, werden Sie nicht anders als die Männer, die
an der Macht sind. '
Zärtlich wiederholt sie noch einmal die Worte ihres Vaters: "Sei
mutig, wage es, das Recht zu verfolgen" .
1 Die erste palästinensische Intifada war eine
Massenrevolte der Zivilgesellschaft gegen israelische Praktiken
und die Besatzung. Sie begann 1987 und endete 1993 mit der
Unterzeichnung der Osloer Abkommen.
2 Abu Ammar, auch bekannt als Yasser Arafat, war der erste
Präsident, der im besetzten palästinensischen Gebiet gewählt
wurde
Quelle |