Die palästinensische Ablehnung des Zionismus ist eine historische,
antikoloniale Strategie
(Teil 1 von 2)
Palästina Update 409
Ramona Wadi
- 1. Oktober 2020 - Übersetzt mit DeepL
Zionistische Kolonialnarrative berücksichtigen die palästinensische
Geschichte nicht. Damit sich eine antikoloniale und dekoloniale
Strategie entwickeln kann, müssen die Palästinenser ihre historischen
Prinzipien bekräftigen und an sie anknüpfen.
Staatliche Akteure, die an diplomatischen Verhandlungen zur Aushandlung
eines Abkommens auf der Grundlage des Zweistaatenparadigmas beteiligt
sind, haben die politische Erzählung des Prozesses normalisiert, denen
lediglich der "politische Wille" der palästinensischen Führung und des
palästinensischen Volkes fehlt. Seit 2016, als das Nahost-Quartett - das
sich aus der EU, Russland, den Vereinten Nationen und den USA
zusammensetzte und 2002 gegründet wurde, um die Verhandlungen im
Nahost-Friedensprozess zu erleichtern - den Zwei-Staaten-Kompromiss für
obsolet erklärte, verfolgten die Vereinten Nationen zwei divergierende
Narrative.
Einerseits lehnte die UNO die Erklärung des Quartetts nicht eindeutig ab
und erkannte damit stillschweigend die durch die koloniale Expansion
Israels gefestigte Tatsache an. Dennoch beharrten die UNO darauf, den
"breiten Konsens ... zu fördern, dass der palästinensisch-israelische
Konflikt nur auf der Grundlage einer Zwei-Staaten-Lösung gelöst werden
kann", der laut dem UN-Sonderkoordinator für den Nahost-Friedensprozess, Nickolay Mladenov, von Palästinensern und Israelis unterstützt wurde.
Was bedeutet "Billigung", wenn es keine Gleichwertigkeit zwischen
Palästinensern und Israelis in Bezug auf diplomatische Loyalitäten und
einen politischen Prozess gibt, der die zionistische koloniale Erzählung
in die erwarteten endgültigen Vereinbarungen einwebt, falls diese jemals
zustande kommen sollten?
Im Jahr 2013
verfasste Natasha Gill ein Papier mit dem
Titel "Das
ursprüngliche 'Nein'": Why the Arabs Rejected Zionism, and Why It
Matters" (Warum die Araber den Zionismus ablehnten und warum es darauf
ankommt), ausgehend von der Rede des ehemaligen US-Präsidenten Barack
Obama im Jahr 2013, die Gill als "eine Reflexion und eine Antwort auf
die heute in Israel vorherrschende Sicht des Konflikts" beschreibt.
Parallel zur internationalen Reaktion auf "den Konflikt" - das
Schlagwort, das für die koloniale Landnahme verwendet wird - liegt die
Ablehnung palästinensischer Erzählungen im Sinne der historischen
Ablehnung der zionistischen Ideologie und Politik.
Israel muss akzeptieren, dass "seine Feinde ihre eigene Geschichte zu
erzählen haben: eine Geschichte, die nicht nur von
Menschenrechtsverletzungen in der Westbank handelt".
Gills Analyse
zeigt die Lücken in den zionistischen Kolonialnarrativen
auf, die nichtsdestotrotz international validiert wurden. Wenn Frieden
erreicht werden soll, so argumentiert Gill, muss Israel akzeptieren,
dass "seine Feinde ihre eigene Geschichte zu erzählen haben: eine
Geschichte, die nicht nur von Menschenrechtsverletzungen im
Westjordanland handelt, und eine, die nicht so bald verschwinden wird".
Um die Ablehnung des Zionismus und der kolonialen Expansion durch das
palästinensische Volk zu offenbaren, verwendet Gill die israelische und
internationale Terminologie, die die Palästinenser als "den Feind", den
Kolonialismus als "den Konflikt" und die Palästinenser als "die Araber"
konstruiert. Alle Begriffe erinnern an die vorherrschende Erzählung, die
die Wahrnehmung und Politik heute prägt, insbesondere an die
zweideutigen Konzepte des Friedens und des Zwei-Staaten-Kompromisses.
Im Kontext des Aufsatzes kann dies entweder als eine Darstellung der
israelischen Kolonialpsyche oder als eine subtile Normalisierung des
israelischen Kolonialismus gelesen werden, auch wenn letzterer in einer
Reihe von Beobachtungen seziert wird, die auf dem früheren
Kolonialisierungsprozess seit Ende des 19. Jahrhunderts als
Ausgangspunkt für das Verständnis der palästinensischen Widerlegung des
Zionismus bestehen.
Es ist möglich, eine strukturierte palästinensische Ablehnung der
zionistischen Kolonisierung zu identifizieren - die Begründer des
Zionismus waren sich sehr wohl bewusst, dass die einheimische
Bevölkerung nicht damit einverstanden war, von ankommenden, europäischen
Siedlern verdrängt zu werden, die biblische Mythen für ihre koloniale,
politische Erzählung der angeblichen Rückkehr ausnutzten. Der
UN-Teilungsplan von 1947 bekräftigt die frühere zionistische Erzählung
und setzt den Kolonialprozess in Gang, der die erzwungene Umsiedlung der
palästinensischen Bevölkerung zur Aufnahme der europäischen
Siedler-Kolonialisten einschloss.
Es muss angemerkt werden, dass die Begründer des Zionismus Missachtung
gegenüber den einheimischen Bewohnern Palästinas an den Tag legten, wie
David Ben-Gurion 1937 erklärte: "Ich unterstütze die Zwangsumsiedlung.
Ich sehe darin nichts Unmoralisches". In ähnlicher Weise haben
israelische Führer im gegenwärtigen politischen Kontext, in dem die
Annexion vorübergehend auf Eis gelegt wurde, während der israelische
Siedlungsausbau wieder aufleben wird, an der Abschwächung der
palästinensischen Politik und der palästinensischen Erzählungen
festgehalten, um der Abrechnung mit dem legitimen antikolonialen Kampf
der Palästinenser, ihren politischen Forderungen und ihrem Recht auf
Land und Rückkehr zu entgehen.
Der Mythos vom unfruchtbaren Land widerspricht dem zionistischen
Bedürfnis, die palästinensische Bevölkerung gewaltsam zu transferieren
und ethnisch von ihrem Land zu säubern.
Der Zionismus benutzte politische Ambivalenz in Bezug auf das
palästinensische Volk. Der Mythos vom unfruchtbaren Land widerspricht
dem zionistischen Bedürfnis, die palästinensische Bevölkerung gewaltsam
zu transferieren und ethnisch von ihrem Land zu säubern. Zweifellos hat
die Balfour-Erklärung von 1917, die auch von den Palästinensern wegen
ihrer mehr >>>
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*Die Palästinensische Zurückweisung von Zionismus ist eine historische,
anti-koloniale Strategie
(Teil 2 von 2)*
Palestine Update Nr. 409 ..
Ramona Wadi - 4. 10. 2020
Die internationale
Gemeinschaft hat ihre Rolle gespielt bei der Erhaltung des Kolonialismus
und hat die Dekolonisierung daran gehindert, als eine gerechte Lösung
betrachtet zu werden. Dieser Artikel ist der 2.Teil einer Arbeit von
Ramona Wadi. Der 1. Teil wurde bereits am 1. Oktober veröffentlicht.
In seiner Einführung zu „The Palestine-Nakba“ (Zed-Books, 2012) schreibt
Nur Masalha: „Die Streichung des historischen Palästina wurde nicht nur
gedacht, um den neu geschaffenen Staat zu stärken, sondern auch, um den
Mythos der „ungebrochenen Beziehung“ zwischen den Tagen von Jesaja und
dem israelischen Staat zu konsolidieren.“Weiter bestätigt Nur Masalha in
seinem Buch „Das imperiale Israel und die Palästinenser: Die
Staatswissenschaft zur Ausdehnung“ (Pluto Press 2000): „Groß-Israel ist
sowohl ein Gebiets-Konzept wie auch eine Ideologie, die darauf hinzielt,
den maximalen territorialen Umfang zu erreichen sowie die dominierende
Herrschaft in der Region.“ Diese bündige Beschreibung der ultimativen
Ziele des Zionismus ist weit entfernt von der internationalen
Berechnung, die die UNO „die palästinensische Frage“ nennt.
Nach den zionistischen Narrativen sind die palästinensischen Menschen
entweder vorhanden oder nicht vorhanden – das hängt ab davon, ob der
Mythos des leeren Landes verbreitet wurde, oder ob Bedarf bestand, das
Land von seinen einheimischen Bewohnern zu säubern. Obwohl Ze’ev
Jabotinsky die Gegenwart des palästinensischen Volkes und seine
Verbindung zum Land klar erkennt, rechtfertigt er in seinen
Vorstellungen das zionistische Ziel, das Land zu kolonisieren: „Jedes
einheimische Volk wird sich fremden Siedlern widersetzen,
so lange es eine Hoffnung sieht, sich selbst aus der Gefahr einer
fremden Besiedlung zu befreien.“ Um den palästinensischen Widerstand
niederzuschlagen, befürwortete Jabotinsky, als
ersten Schritt die
Anwendung von Gewalt, um die Unterwerfung der einheimischen Bevölkerung
zu erreichen, und dann würden Verhandlungen mit den Palästinensern
geschehen.
„Jedes einheimische Volk wird sich fremden Siedlern widersetzen, so
lange es eine Hoffnung sieht, sich selbst aus der Gefahr einer fremden
Besiedlung zu befreien.“
Die Palästinenser befinden sich in einer von der UNO provozierten
Verlegenheit. Während die UNO sich zur „Abschaffung des Kolonialismus“
hingezogen fühlt durch
einen Aktionsplan,
der sich jetzt im dritten Jahrzehnt befindet, ist die Institution auch
durch ihre koloniale Vergangenheit beeinflusst. Daher entsteht eine
Diskrepanz in der UNO, die „die Rechtmäßigkeit des Kampfes der Völker um
Unabhängigkeit, territoriale Integrität, nationale Einheit und Befreiung
von der kolonialen Herrschaft, Apartheid und ausländischen Besatzung mit
allen erreichbaren Mitteln, einschließlich dem bewaffneten Kampf neu
bestätigt“ und deren Verweigerung, den Palästinensern eine solche
Befreiung zu erlauben.
Letzteres ist beeinflusst durch die Nachgiebigkeit der UNO gegenüber der
zionistischen Narrative und das spätere Beharren auf dem
Zweistaaten-Kompromiss als die einzige Lösung; diese widerspricht
früheren UN-Beschlüssen.
Schauen wir auf die frühere zionistische Analyse, die Natasha Gill
aufzeichnet: Dort ist klar,
dass die UNO im „Friedens“-Diskurs bei der Vermeidung des früheren
palästinensischen anti-kolonialen Kurses gegen die Kolonisierung bleibt.
Der UNO-Diskurs, sogar die Resolutionen für die Unterstützung der
palästinensischen Rechte, sind zuerst und vor allem mit der Erhaltung
des kolonialen Status befasst. Das Rückkehrrecht für die Palästinenser
ist ein solches Beispiel. Der Text fordert die Verantwortlichkeit der
Palästinenser für Amendments heraus und für „Frieden“ mit den
Kolonisatoren, die ihre Städte und Dörfer ethnisch gesäubert haben.
Wenn man die palästinensische Narrative und die zionistische Narrative
recht versteht, kann sie nicht ausgenutzt werden, um darunter Palästina
als koloniales Projekt zu verstehen. In anderen Worten: Kolonisierung in
Palästina kann nur realisiert werden, wenn die Lösung für die
israelische Sicherheits-Narrative mit der Dekolonialisierung des Landes
passiert, das im Namen der zionistischen Ideologie und des
zionistisch-kolonialen Unternehmens gestohlen wurde.
Die Geschichte von Palästina vor 1948 hat zwei Facetten. Die eine ist
die schrittweise Aneignung von Land, die später internationale
politische Unterstützung gewonnen hat. Die andere ist der
palästinensische Kampf gegen die Kolonialisierung selbst, gerechtfertigt
sogar in Übereinstimmung mit internationalen Diktaten und widerlegt
durch Israel und die internationale Gemeinschaft als eine Bedrohung der
Sicherheit Israels.
In seinem jüngsten Buch „An Army Like No Other; wie die Israeli Defence
Forces Made a Nation“ (= Eine Armee wie keine andere; how the Israeli
IDF made a nation (Verso Books, 2020)) hält der israelische Akademiker,
Schriftsteller und Aktivist Haim Bresheeth Zabner eine wichtige
Beobachtung fest, die die einfachsten anti-semitischen Behauptungen
widerlegt, die in die zionistische Narrative eingewoben sind. Der Mangel
an Sicherheit, den Israel beklagt, ist das direkte Ergebnis von
„politischer und militärischer Praxis, nicht deren rassistischer
Ursprung.“
Der Mangel an Sicherheit, über den Israel klagt, ist ein direktes
Ergebnis von „politischer und militärischer Praxis, nicht deren
rassischer Ursprung“.
Bresheeth’s Beobachtung klinkt sich ein in Jabotinsky’s Spiel mit Macht
und Unterwerfung.
Sich verlassend auf seine politische und militärische Macht hat Israel
seinen Vorteil genutzt, eine selbstgemachte Narrative über den
palästinensischen anti-kolonialen Kampf zu spinnen, einen solchen, der
den Diskurs über palästinensischen Widerstand und politische Schuld
formt.
Anti-kolonialer Kampf „mit allen Mitteln“, wie die UNO einen solchen
Widerstand definiert, enthält gewaltsamen Widerstand. Jedoch, die
angebliche freiwillige palästinensische Gewalt ist Teil der
zionistischen Narrative, die hin- und her wankt zwischen Anerkennung und
Nicht-Anerkennung der Existenz des palästinensischen Volkes in seinem
Land, abhängig davon, was Israel militärisch und diplomatisch zu
erreichen versucht. In der frühen Kolonisations-Periode wurde der
bewaffnete Widerstand aus der politischen Isolation heraus und durch den
wiederkehrenden Fehler der internationalen Gemeinschaft,
Siedler-Kolonisation als das zu sehen, was sie wirklich war, entwickelt
– ein Plan in Bewegung, der sich vermutlich über palästinensisches Land
ausbreiten würde.
Wie der Zweistaaten-Kompromiss und der neue „Deal of the Century“ der
USA gezeigt haben, ist „Frieden“ nur ein Euphemismus, um die
israelische Kolonisierung zu verzeihen. Es ist das Konzept für
„Frieden“, das die zionistische mehr >>> |
IDF-Soldaten im Gebiet von Akaba im Westjordanland, Oktober
2020.
Israelische Soldaten überfallen nachts ein palästinensisches
Dorf und erschrecken die Bewohner - zu Trainingszwecken
Bewaffnete israelische Soldaten wanderten während einer
nächtlichen Übung in einem Dorf im Westjordanland durch
Hinterhöfe und schauten durch Fenster. Stellen Sie sich vor, sie
täten dasselbe in einer jüdischen Siedlung.
Gideon Levy - Alex Levac - 9. 10. 2020 -
Übersetzt mit DeepL
Die ganze
Geschichte in Kürze: Dutzende von Soldaten der israelischen
Verteidigungskräfte inszenieren im Rahmen einer Trainingsübung
einen nächtlichen Überfall zwischen den Häusern eines ruhigen
palästinensischen Dorfes, dessen Bewohner zum Teil tief und fest
schlafen. Die Truppen dringen in keines der Häuser ein, sondern
irren bewaffnet in Hinterhöfen und Straßen umher, spähen durch
Fenster und erschrecken die Bewohner. Die IDF würden nie im
Traum daran denken, sich in einer der nahe gelegenen jüdischen
Siedlungen so zu verhalten - eine nächtliche Übung in Maskiot?
Kampfübungen in Mehola? - sicherlich nicht ohne Erlaubnis und
vorherige Koordination. Aber in einem palästinensischen Dorf ist
alles erlaubt, und die Nächte der Bewohner gehören ihnen genauso
wenig wie die Tage. Das war in der Tat letzte Woche, am
Dienstag, in dem kleinen Dorf Aqaba der Fall.
Die IDF hatte sich bereits schriftlich verpflichtet, keine
Trainingsübungen in Akaba durchzuführen, das an den Hängen der
Hügel über dem nördlichen Jordantal liegt, aber aus irgendeinem
Grund kehrten ihre Soldaten letzte Woche in das Dorf selbst
zurück. Gegenüber dem Weiler, auf enteigneten
Privatgrundstücken, inmitten verlassener Olivenbäume, bauten die
IDF ein palästinensisches Schein-Dorf, in dem Soldaten für den
Kampf in bebauten Gebieten trainieren. Aber manchmal, so scheint
es, ist es notwendig, solche Übungen außerhalb der Schlafzimmer
echter Kinder und in den Höfen echter Menschen durchzuführen.
Die Betreffzeile eines Briefes vom 18. Juli 1999, der von Major
Vered Yitzhaki vom Hauptquartier des Koordinationszentrums des
IDF-Zentralkommandos unterzeichnet wurde, lässt wenig Raum für
Zweifel: "Zu den Ruinen von Akaba - Richtlinien für die
Ausbildung". Er richtet sich an den Rechtsberater der Region
Judäa und Samaria und wurde verfasst, nachdem die Vereinigung
für Bürgerrechte in Israel gedroht hatte, beim Obersten
Gerichtshof eine Petition einzureichen, um der Nutzung des
Dorfes als Trainingsgelände durch die Armee ein Ende zu setzen.
Video
Es werden zehn klare Richtlinien für Soldaten festgelegt.
Zum Beispiel heißt es in Absatz Nr. 4: "Die Bewegung zwischen
den Häusern ist verboten." Aber die von den Dorfbewohnern in der
vergangenen Woche gedrehten Videoclips und die Aussagen, die wir
gehört haben, sind unmissverständlich: Die Truppen betraten
private Höfe und benahmen sich, als ob sie zu Hause wären, und
widersetzten sich ausdrücklich den Anweisungen.
Die Richtlinien selbst wurden nach einem längeren Zeitraum
herausgegeben, in dem die IDF Trainingsübungen zwischen den
Häusern des Dorfes und auf seinem Land durchführten und dabei
nicht explodierte Munition und Granaten zurückließen.
Im Laufe der Jahre wurden in und um Akaba 16 Menschen getötet,
darunter Kinder, und etwa 50 verwundet, als Folge dessen, was
die Soldaten zurückließen. Bei einigen Gelegenheiten drang die
Armee auch mit Panzern und anderen schweren Fahrzeugen in das
Dorf ein, auch zu Ausbildungszwecken. Zwischen 1983 und 2003 gab
es in der Nähe des Dorfes, nicht weit von der Schule entfernt,
ein Ausbildungslager der IDF.
Das Jordantal ist in der Tat ein einziges großes Übungsgelände.
Betonwürfel mit Warnungen vor Schusszonen schmücken praktisch
jeden Eingang eines Hirtenlagers, das dort hauptsächlich
errichtet wurde, um die Bewohner zum Verlassen des Lagers zu
bewegen.
Aber Aqaba ist keine Enklave der Hirten: Es ist ein
einzigartiges und malerisches Dorf mit bunten Häusern, die
aussehen, als wären sie aus Marzipan, das im Gebiet C (unter
voller israelischer Kontrolle) liegt. Es wird von einem ebenso
farbenfrohen Gemeinderatsvorsitzenden, Haj Sami Sadeq, geleitet,
der seit 1971, als er 16 Jahre alt war, gelähmt ist und auf dem
Land seiner Familie von Soldaten angeschossen wurde.
Sadeq bahnt sich nun in seinem elektrischen Rollstuhl, einer
Keffiyeh, die ihm über die Schultern gelegt wird, seinen Weg
zwischen den Häusern des Dorfes. Mit seinen fließenden
hebräischen Sprachkenntnissen und seinen umfangreichen
internationalen Verbindungen genießt er einen besonderen Status.
In der Tat hat sich die IDF den falschen Ort für ihre
Trainingsübungen ausgesucht: In anderen palästinensischen
Dörfern macht die Armee sicher routinemäßig dasselbe, aber
Veteranenratschef Sadeq ist nicht bereit, über die Praxis zu
schweigen.
Vor fünf Jahren baute er eine ein Kilometer lange Zufahrtsstraße
zu dem Dorf, die er "Friedensstraße" nannte; die IDF riss sie
dreimal heraus. Jetzt baut er im Zentrum des gepflegten Ortes
einen großen Wasserturm, der mit großen Wandmalereien geschmückt
ist, die ihm die Aura einer Künstlergemeinschaft verleihen. Der
Turm erhebt sich wie ein Kontrollturm über einem imaginären
Flughafen. Schatten der alten jüdischen
Turm-und-Stockade-Siedlungen, in Aqaba.
Herbstkürbisse säumen die Straße, die nach Akaba führt, Füchse
streifen durch die Felder. Die kleine Bevölkerung von 400
Einwohnern wird täglich um 270 Kinder aus dem nahe gelegenen
Tayasir erweitert, die hier die attraktiv gebaute Schule
besuchen. Israel erkennt die Existenz von Aqaba offiziell nicht
an; seine Einwohner sind im Bevölkerungsregister des
Innenministeriums als Einwohner von Tayasir eingetragen. Sadeq,
der Ratsvorsitzende, ist als Einwohner von Jericho eingetragen;
er träumt davon, ein offizieller Einwohner von Akaba zu sein.
Die IDF legt Wert darauf, das Dorf "Khurbat al-Aqaba" oder "Khirbet
al-Aqaba" zu nennen: die "Ruinen von Akaba". Wir besuchten es
2017, nachdem die IDF hier Trainingsübungen durchgeführt hatte.
Im Dezember 2016 waren Panzer und andere gepanzerte Fahrzeuge in
der Nähe der Häuser und der neuen Moschee mit ihrem
Doppelminarett vorbeigefahren und hatten die Bewohner in Angst
und Schrecken versetzt.
Das Büro des Sprechers der IDF erklärte damals: "Die fragliche
Übung war nicht richtig koordiniert. Infolgedessen werden die
entsprechenden Schlussfolgerungen gezogen werden".
Soviel zum Thema "Schlussfolgerungen". Letzten Dienstagabend,
als die meisten Dorfbewohner bereits in ihren Betten lagen,
machten Sadeq und einige Freunde die Runde. Gegen 9.30 Uhr
hatten ihn Zeltbewohner am Rande des Dorfes angerufen, um ihm zu
berichten, dass eine große Streitmacht von Soldaten in Richtung
Akaba vorrückte. Innerhalb weniger Minuten erhielt Sadeq weitere
Anrufe. Die Familien Marwan und Jamal, die in Häusern in der
Nähe des Dorfeingangs wohnen, berichteten, dass Soldaten in ihre
Höfe eingedrungen seien und umherirrten. Sadeq eilte herbei.
Er versuchte, dem Offizier vor Ort zu erklären, dass es eine
ausdrückliche Anweisung gibt, keine Ausbildung in den Häusern
von Akaba zu absolvieren. Er bot an, von seinem Büro eine Kopie
der Anweisung zu erhalten, aber der Offizier sagte: "Ich glaube
Ihnen". Aber die Übung ging ohne Unterbrechung weiter. Die
Dorfbewohner waren besonders empört darüber, dass die Soldaten
ihre Privatsphäre verletzten, indem sie durch ihre Fenster
spähen, um hineinzusehen. Das von einem Bewohner aufgenommene
Videomaterial zeigt eine Reihe von Soldaten, die in einen
Hinterhof eindrangen. Die Tatsache, dass sie keines der Häuser
betraten, beweist nur, dass es sich um eine Trainingsübung und
nicht um einen operativen Einsatz handelte.
Sadeq rief sofort Araf Daraghmeh an, einen Feldforscher der
israelischen Menschenrechtsorganisation B'Tselem, der auch auf
freiwilliger Basis als Leiter des Regionalrats des nördlichen
Jordantals dient. Er machte sich schnell auf den Weg ins Dorf.
Als er in Aqaba ankam, berichtete Daraghmeh diese Woche, hörte
er Explosionen und sah Fackeln den Himmel erleuchten. Was die
Bewohner der Gebiete am meisten beunruhigt, sagt er, ist das,
was die Soldaten bei den IDF-Übungen zurücklassen: nicht
explodierte Munition.
Vor vielen Jahren, so Sadeq, sagte der Militärgouverneur von
Dschenin: "Akaba ist unser Modell für den Südlibanon. Deshalb
wollen wir, dass unsere Soldaten in Akaba trainieren".
In der Nacht des letzten Einmarsches sagte die kleine Nichte des
Ratsvorsitzenden zu ihm: "Sag den Soldaten, sie sollen zu ihrer
Mutter zurückkehren. Die meisten Truppen kamen zu Fuß, aber auch
zwei Militärfahrzeuge fuhren in das Dorf. Trugen die Soldaten
bei der Einfahrt ins Dorf Gesichtsmasken zur Vorbeugung gegen
Coronaviren? Nein.
Die Mission endete gegen Mitternacht, und die Soldaten zogen
sich zurück.
Das Büro des IDF-Sprechers teilte Haaretz diese Woche mit: "Das
Thema wird derzeit untersucht und auf der Führungsebene
untersucht. Was das Tragen von Gesichtsmasken betrifft, so
werden Übungen dieser Art, die körperliche Anstrengung
erfordern, gemäß den IDF-Richtlinien genehmigt, die den strikten
Gebrauch von Kapseln [Distanzmasken] ohne die Notwendigkeit von
Masken verlangen".
Im Jahr 2017 fragten wir den Sprecher nach dem letzten
Einmarsch, wann die Soldaten zuletzt in den Höfen der Häuser der
örtlichen jüdischen Siedlungen trainiert hatten. Er ignorierte
die Frage. Diese Woche haben wir uns nicht die Mühe gemacht zu
fragen.
Nach unserem Zwischenstopp in Akaba fuhren wir zum "Schein-Dorf"
der IDF, Khalat Jamaa, dessen Gebäude auf dem Hang des Hügels
gegenüber von Akaba verteilt sind. Es ist ein surrealistischer
Anblick. Dutzende von Betonbauten, die meisten von ihnen durch
Granaten oder Kugeln beschädigt. Dazwischen befinden sich
Pappfiguren von Soldaten und auch die Überreste von koscherer
Kampfverpflegung, Geschosshülsen und jede Menge leere Schachteln
mit "20 5,56 mm Patronen für die Kampfausbildung in einem roten
bebauten Gebiet". Die Gebäude sind zur Hälfte zerstört, ihre
Wände klaffen mit riesigen Löchern. Die Überreste eines
IDF-Jeeps oder möglicherweise eines Kommandowagens, der in einen
Felsen gerast ist, sind von Stacheldraht eingekreist. "Yasser",
heisst es auf einer der beschossenen Strukturen.
Quelle
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