Palestine
Update Nr. 47, 1. Juni 2017 – Ranjan Solomon -
Meinung -
Palästinensische Gefangene
sind „Kriegsgefangene“ in dem Non-Stop-Krieg
Israels
-
Kampf
ist der Dauerzustand des palästinensischen
Volkes. Er hat 50 Jahre gedauert (Besetzung) -
oder sollte man sagen 70 Jahre (nach der Nakba)?
Oder sind es in Wirklichkeit 100 Jahre (Balfour
und die Folgen)?
Über
den gerade beendeten Gefangenenstreik wurde in
den Medien unterschiedlich berichtet. Israel ist
unfähig, anderen den Sieg zu überlassen, und
seine Medien – und die im Westen durch
zionistische Unterstützer getragenen
Medienquellen – haben versucht, die politischen
Auswirkungen des Streiks klein zu reden. Der
Bericht, dass Marwan al-Barghouti plant, den vor
kurzem beendeten Hungerstreik in einen
„Wendepunkt“ in der Beziehung der
palästinensischen Gefangenen zum israelischen
Gefängnispersonal umzuformen, sagt eine radikale
Etappe im Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit
voraus. Er hat geschworen, die Anerkennung der
Insassen als politische Gefangene und
Kriegsgefangene zu erkämpfen – eine Anerkennung,
die schon in der dritten und vierten Genfer
Konvention zu finden ist. Das Faktum allein,
dass dieser Diskurs angeregt wurde, ist ein
Zeugnis für einen Paradigmenwandel. Was dabei
herauskommt, ist noch etwas Anderes, und
aufgrund der Unversöhnlichkeit Israels mag es
ein lang dauernder Prozess sein. Nach der Genfer
Konvention sind die besetzten Gebiete kein Land,
das von Israel zu regieren ist. Sie sollten in
einem ordentlichen Prozess an Palästina
zurückgegeben werden.
Die
palästinensischen Gebiete stehen dem Recht nach
unter dem Kriegsgesetz. (Kriegsbedingte
Besetzung ist eine spezifische Kategorie unter
internationalen Kriegsgesetzen, die zum Tragen
kommen, wenn ein Staat Land von einem anderen
Staat während des Verlaufs eines Krieges
einnimmt.) Israel eroberte Land, in dem
Zivilisten wohnten, die keine israelischen
Bürger sind (d.h.: palästinensische Araber in
der Westbank). Darauf ist die vierte Genfer
Konvention anzuwenden, und de jure wird
Israels Kontrolle über die Westbank zu einer
militärischen Besetzung. Daher sind Leute, die
in besetzten Gebieten wohnen und sich der
Besetzung mit welchen Mitteln immer
entgegenstellen, wenn sie deswegen gefangen
werden, als Kriegsgefangene (POWs) anzusehen.
Kampagnen haben bis jetzt noch nicht
entsprechend zur Kenntnis gebracht, dass das ein
Thema ist; das von Marwan al-Barghouti gegebene
Versprechen, die Kategorie der palästinensischen
Gefangenen in POWs zu heben, muss der
Öffentlichkeit mehr durch Kampagnen und
Anwaltschaft präsent gemacht werden. Am 17.
April 2017 forderte die Addameer Prisoner
Support & Human Rights Association (=Addameer
Gefangenen-Unterstützungs- und
Menschenrechtsgesellschaft) Kampagnemacher,
Aktivisten und Menschen mit Gewissen auf,
Aktionen am Gefangenentag (17. April)
durchzuführen, um ihre Solidarität mit allen
palästinensischen politischen Gefangenen zu
beweisen. Palästinenser und Unterstützer von
Gerechtigkeit und Befreiung für Palästina
organisierten weltweit Aktionen der Solidarität
für die Freiheit palästinensischer Gefangener.
Es war an der Zeit, um durch Demonstrationen
und Märsche an den Kampf der gefangenen
Palästinenser zu erinnern, sie zu unterstützen
und Solidarität aufzubauen.
Zurzeit werden rund 6.500 PalästinenserInnen in
israelischen Gefängnissen und Anhaltelagern
festgehalten, darunter ungefähr 300 Kinder und
an die 550 Personen in „Administrativhaft“ -
einer Form von Gefangenschaft ohne Anklage oder
Schuld, die Israel benutzt, um Palästinenser auf
Verleumdung hin endlos einzusperren. Es ist
jetzt Zeit zu handeln! Jetzt muss aufgebaut
werden auf das Momentum des Gefangenenstreiks,
der in vieler Hinsicht zum Sieg der
Palästinenser führte. Weltweit besteht die
öffentliche stärkere Wahrnehmung von Themen, die
sich auf die Verletzung von Grundrechten und
einigen abscheulichen Praktiken bei der
Behandlung von Gefangenen beziehen.
Aber
das Gesetz gleitet ab von Verbrechen der
Israelis, auch ganz schlimmen. Der Schweizer
General-Staatsanwalt untersucht eine von einer
Pro-Palästina-Gruppe bei der Genfer
Organisation für dringende Hilfe für Palästina
eingebrachte Anklage gegen die frühere
israelischen Außenministerin Tzipi Livni für
ihre Rolle bei Kriegsverbrechen. In die
Zuständigkeit von Livni während der israelischen
Militäraktion „Operation Cast Lead“ (=
Operation vergossenes Blei) im Gazastreifen fiel
der Tod von 1.400 Palästinensern und 13
Israelis.
Die
Schweizer NGO „Trial International“, die
Straflosigkeit bei Kriegsverbrechen bekämpft,
bestätigte, dass „die Schweiz verpflichtet ist,
in Fällen von vermuteten Kriegsverbrechen aktiv
zu werden, wenn der/die Verdächtige Schweizer
Boden betritt. Wenn die Schweiz eine
Untersuchung eröffnet, ist dies mit dem
Schweizer Gesetz auf Linie, besonders im Falle,
dass vermutete Verbrechen während der „Operation
Cast Lead“ begangen wurden.
Da
gibt es auch die bestürzende Neuigkeit, dass
Israel daran arbeitet, die demographische Art
und Kultur von Ostjerusalem durch die
Judaisierung der palästinensischen Gebiete zur
Gänze zu verändern. Ist das wieder eine andere
Möglichkeit, Palästinenser durch Folter und
Quälereien zum Verschwinden aus ihrem Land zu
bringen? Ähnliche illegale Pläne wurden alle von
der UNO und unabhängigen NGOs gut untersucht und
dokumentiert. Das UNO-Büro für die Koordinierung
humanitärer Angelegenheiten (OCHA) brachte einen
Bericht heraus, der Tage vor der 50. Wiederkehr
der israelischen Besetzung von Westbank und
Ostjerusalem erschien und in welchem Israels
unterdrückerische Besetzung und die schädigende
Einwirkung auf das Alltagsleben der
Palästinenser dokumentiert wird. Er bietet auch
ernste Besorgnis über die Zugriffe des Militärs
auf Palästinenser mit tödlichem Ausgang. Und die
internationale Arbeiterbewegung (ILO) hat
herausgehoben, wie die „harte Realität der
Kontrolle der Besatzung über die Grenzen des
palästinensischen Raumes alle Bemühungen zur
Stärkung des palästinensischen Arbeitsmarktes
und den Zugang zu Wasser, Land und Ressourcen
beeinträchtigt“.
Auf
internationalem Gebiet wird die Solidarität
größer und intensiviert sich. Pax Christi
International plant weltweite
Erinnerungsveranstaltungen anlässlich der
50jährigen Besetzung durch Israel. Unter dem
Wort „Es ist Zeit, „GENUG“ zu sagen“ fordert Pax
Christi International neue Verhandlungen, die
„die gleichwertige Menschenwürde und -rechte der
Palästinenser und Israelis anerkennen.“ Sie
fordern und unterstützen auch „einen Bann auf
den Verkauf und die Lieferung von Waffen an
Israel und Palästina, und eine sofortige
Einstellung militärischer Kooperationen, die
einen gewalttätigen Konflikt fördern“.
Um
fair zu sein muss man sagen: Nicht alle Israelis
sind wütende Palästinenser-Hasser! Akevot (siehe
Facebook im englischen Papier), eine israelische
NGO, die den Konflikt untersucht, hat tausende
Arbeitsstunden während zweier Jahre damit
verbracht, sich den Zugang zu ausgegrabenen
Dokumenten zu verschaffen und ein digitales
System aufzubauen. Ziel der Gruppe ist, dass die
ursprünglichen Quellen für das Treffen von
Entscheidungen für den Konflikt für Forscher,
Diplomaten, Journalisten und ein breiteres
Publikum zugänglich bleiben.
In
einer Paraphrase zu Bob Dylan müssen wir uns
jetzt fragen: „Wieviel mehr Leiden braucht es zu
erfahren, dass zu viele Menschen gelitten
haben?“ Ranjan Solomon, Redakteur
Palästinensische
Gefangene als Kriegsgefangene anerkennen
- Der palästinensische Gefangene in israelischen
Gefängnissen, Marwan al-Barghouti, hat seine
Entscheidung ausgedrückt, den kürzlich beendeten
Hungerstreik zu einem „Wendepunkt“ in der
Beziehung der palästinensischen Gefangenen zum
israelischen Gefängnispersonal umzuformen. Er
besteht darauf, dass die israelischen Behörden
besser ihrer Verpflichtung nachkommen sollten
als noch einmal die Wut der Gefangenen
herauszufordern. Zurzeit läuft die Überlegung,
eine „vereinheitlichte Führung“ unter den
Gefangenen zu schaffen .. um die Anerkennung der
Insassen als politische Gefangene und
Kriegsgefangene zu erkämpfen, welche Anerkennung
bereits in der dritten und vierten Genfer
Konvention vorgegeben ist.
Barghouti wurde während des Streiks in
Einzelhaft gehalten. Versuche, ihn für
unzuständig zu erklären, fielen flach angesichts
einer Gegenattacke gegen wüste israelische
Propaganda und gefälschte Information aus
israelischen Quellen.
Lesen Sie mehr in Aawasat web pages
>>>
Anklagen
zu Kriegsverbrechen gegen frühere israelische
Außenministerin in der Schweiz eingebracht
- Der Generalstaatswalt der Schweiz prüft eine
Anklage gegen die Außenministerin Tzipi Livni,
die der Kriegsverbrechen beschuldigt wurde; die
Anklage wurde von einer Genfer
Pro-Palästina-Gruppe eingebracht. Livni ist
kürzlich nach Lugano eingereist, um an einer von
der Schweiz-Israel-Gesellschaft veranstalteten
Feier teilzunehmen.
Livni
wurde von der „Urgence Palestine Activist Group“
in Genf (siehe Facebook) in Zusammenhang mit
ihrer Rolle in „Operation Cast Lead“ im
Gazastreifen zwischen Dezember 2008 und Jänner
2009 angeklagt. Sie war damals Außenministerin
und übergangsweise Premierministerin. Die
Operation nahm ihren Anfang mit Luftgefechten
und Bombenangriffen, ging weiter mit der
Invasion des blockierten Gazastreifens und
Blockade des Seewegs nach Gaza. 1400
Palästinenser und 13 Israelis starben. Ein
Vertreter der Schweizer NGO Trial International
bestätigte, dass die Schweiz nach ihrem Gesetz
einschreiten müsse, sobald die beschuldigte
Person das Land betritt.
(Im Jänner 2017 hatte Livni einen Besuch aus
ähnlichen Gründen in Belgien abgesagt aus Angst
vor einer ähnlichen Verfolgung. Bereits im
Dezember sagte sie einen Besuch in London ab,
nachdem sie informiert worden war, dass ein
Arretierungsbefehl gegen sie in ihrer Rolle in
diesem Krieg bei einem britischen Gerichtshof
vorliege.)
War crimes suit filed in Switzerland against
former Israeli minister - SWI swissinfo.ch >>>
Israelische
Nachkriegs-Dokumente beunruhigen noch nach 50
Jahren
- Innerhalb von Tagen nach der Einnahme von
Ostjerusalem und der Westbank im Krieg im
Mittleren Osten 1967 prüfte Israel seine
Optionen über seine zukünftige Reihung von
jüdischem Siedlungsbau zur Schaffung eines
palästinensischen Staates. 50 Jahre später
zeigen ausgegrabene Nachkriegsdokumente, wie
wenig Fortschritt geschehen ist in Bezug auf die
Lösung des Israel/Palästina-Konflikts.
Akevot,
eine den Konflikt untersuchende israelische NGO,
hat innerhalb von zwei Jahren tausende oft
angezeichnete Dokumente untersucht und davon
einen Digitalbericht angefertigt. Das Ziel der
Gruppe ist, die Vorgänge zu erhalten, nachdem
das israelischen Staatsarchiv den Zugang zu
seinen Quellen einschränkt um sein eigenes
Digitalisierungsprojekt durchzuführen.
Die
Gruppe will sichern, dass die ursprünglichen
Quellen der Entscheidungen über den Konflikt
zugänglich bleiben für Forscher, Diplomaten,
Journalisten und das breitere Publikum.
Read more on the
Press TV
ILO
macht Druck, um anständige Arbeitsverhältnisse
für palästinensische Arbeiter zu erwirken.
-
Eine Vielfalt von Hindernissen durch die 50
Jahre Besetzung dominiert den Alltag der
ArbeiterInnen und ihrer Familien in den
besetzten arabischen Gebieten, sagt ILO (=
International Labour Organisation) in einem
neuen Bericht. „Die bittere Realität, die allen
Bemühungen zur Stärkung des palästinensischen
Arbeitsmarktes gegenübersteht, ist die
Kontrolle, die die Besatzung über die
palästinensischen Grenzen ausübt und den Zugang
zu Wasser, Land und Rohstoffen“, sagt der
ILO-Direktor Guy Ryder im Vorwort zu dem
Bericht.
Die
Ausgabe 2017 von „Die Situation der Arbeiter in
den besetzten arabischen Gebieten“ zitiert die
einschneidenden Zwänge in Bewegungs- und
Wirtschaftsaktivitäten, die ewige Blockade des
Gazastreifens und einen behinderten
Friedensprozess, gekoppelt mit der
Intensivierung der israelischen
Siedlungsaktivität als ausschlaggebende
Determinanten der zunehmenden Verschlechterung
in den besetzten Gebieten. In dem Bericht werden
die Bedingungen für die Beschäftigung und den
Arbeitsmarkt und die Rechte der Arbeiter in der
Westbank, in Ostjerusalem, Gaza und im besetzten
syrischen Golan untersucht.
Lesen Sie mehr auf der ILO Website >>>
Pax
Christi International erinnert an den „traurigen
Meilenstein“ – 50 Jahre israelische Besetzung.
-
Gemeinsam mit seinen Mitgliedern und Partnern
plant Pax Christi weltweit Veranstaltungen zur
Erinnerung. Im Juni jährt sich zum 50. Mal der
„Sechs-Tage-Krieg“ 1967. Seither hält Israel die
palästinensischen Gebiete besetzt. Nach 50
Jahren Besetzung und Verletzungen des
internationalen Rechts ist es Zeit zu sagen:
„GENUG“. Der Moment ist gekommen für eine
Erneuerung der Verpflichtung, die Gewalt zu
beenden und eine gerechte und anhaltende Lösung
zu finden, wobei die Grundrechte der Israelis
und der Palästinenser in Übereinstimmung mit dem
internationalen Recht garantiert werden müssen.
Pax
Christi International ruft die Parteien auf, an
den Verhandlungstisch zurückzukehren, um zu
einem Friedensabkommen zu gelangen, das die
humane Würde und die Menschenrechte des
palästinensischen und des israelischen Volkes
auf Augenhöhe anerkennt. Wir glauben, dass die
Wiederbelebung des Friedensprozesses auf einer
standhaften Verpflichtung basieren muss, um
Anerkennung durch das internationale Gesetz und
die UN-Resolutionen zu erhalten.
Um
solche Bemühungen um den Frieden zu fördern und
zu unterstützen, befürwortet Pax Christi
International aufrichtig, den Verkauf und
Auslieferung von Waffen an Israel und Palästina
unter Bann zu stellen und eine sofortige
Einstellung jedweder militärischer Kooperation,
die zu einem gewalttägigen Konflikt beitragen
könnte.
Lesen Sie die Information über die geplanten
Aktionen in Facebook.>>>
Lesen Sie auch die Stellungnahme von Pax Christi
zur Sache in Facebook. >>>
(Übers. Gerhilde Merz)
|