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Ein Brief an meine Freunde, Von Sumaya Farhat-Naser
Weihnachten 2014

 17.12.2014

Liebe Freunde, Das Jahr 2014  war beladen mit viel Leid und Not in unserem Land. Je mehr wir an dieses Schwere denken und uns daran erinnern, je mehr vertiefen sich die Wunden. Denken wir an das Schöne in diesem Jahr, ermutigen wir uns. Die Freude daran schöpft Dankbarkeit, erneuert unsere Kraft  und erweckt Kreativität und Lust zum weiteren Aktiv-sein und dranbleiben. In allem was wir an Gutes und Schöne erfahren dürfen sind die anderen stets dabei, und durch das Mitempfinden und Mit-einander teilen geht unsere Freude in Erfüllung.

Ein schönes Weihnachtsfest wird es geben bei uns, denn alle unserer Kinder sind nach vielen Jahren Trennung wieder alle Zuhause. Anis schloss seine Ausbildung als Neurologe in der Schweiz und BRD ab und kehrte samt seiner Frau Dima und Sohn Munir,  nach Palästina.  Es wird noch dauern bis er beruflich Fuss fasst, aber Zuversicht und Hoffnung machen es möglich. Vor einem Monat ist die Tochter Sama (bedeutet Himmel, während Sumaya Himmelchen bedeutet) geboren. Wir sind erfüllt mit Dankbarkeit und Freude.

Unsere Tochter Hala, ist nach ihrer Ausbildung in USA zurückgekehrt. Sie arbeitet in Ramallah an einem Jugend Endwicklungs- Projekt mit einer amerikanischen Organisation, sie ist froh und zufrieden.

Unsere ältere Tochter Ghada mit ihrem Mann und vier Kinder sind gesund und glücklich. Sie geht ihrer Arbeit mit Freude und Verbundenheit als Leiterin des Sternbergs, Rehabilitationszentrum für geistig benachteiligte Kinder und Jugendliche und ist sehr zufrieden. Gesundheitlich geht uns allen gut und das ist ein Segen. 

Meine Arbeit mit Jugendlichen und mit Frauen geht an sieben  Orten weiter. An einem Wettbewerb organisiert von der Schulbehörde, wurden über 1160 Initiativen von Schulen vorgestellt, die das psychische und soziale Wohlbefinden der Schüler wie auch Lern- und Leistungsatmosphäre kreativ fördern und verbessern, vorgestellt. Die Zusammenarbeit und gegenseitige Wirkung von Schule und lokale Gesellschaft im Ort sollte ein wichtiger  Faktor sein. Nach mehreren Selektions- und Evaluierungsverfahren wurden 766 Projekt-Initiativen zum Interview eingeladen um Idee und Ziele der Initiative zu erklären. Letztendlich haben 53 Initiativen vom ganzen Land gewonnen. Zu unserer grossen Freude, war die UN Schule in Ein Arik Erstgewinner in der Region Ramallah. Unser Projekt der Fortbildung und Friedenserziehung, das wir seit vier Jahren in der Schule und mit den Frauen im Dorf war die erfolgreichste Initiative. Wir sind froh und dankbar für die Schätzung und Anerkennung unserer Arbeit auch durch die Schulbehörde. Hier möchte ich herzlich danken für die Unterstützung und Begleitung, die viele von Euch uns schenken. Ohne diese Hilfe wäre die Arbeit nicht soweit und kontinuierlich möglich geworden.

Ein Wunder ist zu Ostern dieses Jahres geschehen: Mein Schwager  Adib, der im Irak lebte, kam nach 47 Jahren nach Birzeit  zu Besuch, er durfte endlich kommen.  Seit über 30 Jahren beantragen wir für ihn eine Besuchs-Genehmigung, die nie entsprochen wurde. Jetzt ist es geschehen, anscheinend weil er 77 Jahre alt geworden ist, oder ganz einfach ein Wunder ist geschehen. Die Freude ist sehr gross, die Stimmung sehr berührend. Hunderte von Menschen kamen ihn zu grüssen. Er ist Dichter. Alle wollten ihn zum Essen einladen. Ich sagte: Lädt ihn und seine Frau und Munir zum Essen ein erst wenn ich verreise. So bin ich beruhigt zu wissen, Munir brauche sich nicht ums Essen zu kümmern. Die beiden Brüder machen besichtigen zu jeder Ecke in Birzeit, sprechen die Leute an, prüfend, ob Adib sie in die richtige Familienstruktur einordnen kann. Die meisten seiner Bekannten sind bereits tot, und viele Fremde sind im Ort, und was in Erinnerung als das „Städtchen“ war, erscheint heute wie ein Puppenstübchen, nach dem Adib sein Leben lang in Gross-Städte wie Cairo, Baghdad und Beirut verbrachte. Es ist Frühling und die Pracht der Natur lädt ein, zu allen Dörfern ringsherum zu fahren um nach Nablus, Bethlehem und Hebron zu gelangen. Die Freude des Heimkehrens ist nicht ganz vollendet, denn auf  sein Erlaubnis stand, er dürfe sich nur  in den Palästinensischen  Gebieten bewegen- also nicht Jerusalem besuchen.  Adib war als Kind immer wieder in Jerusalem, auch als Knabe, der sein Grossvater, der Priester der St Jacobos Kathedrale  an der Grabeskirche, bei der Messe half. Er wollte unbedingt hin, dann könne er sterben, sagte er. Grete, Adib’s Frau, war in Jaffa geboren und als fünf jährige mit ihrer Familie 1948 von Palästina vertrieben worden. Sie sehnte sich sehr danach Jaffa zu sehen. Wir beschlossen und haben es geschafft, Adib und seine Frau nach Jerusalem und nach Jaffa zu schmuggeln. Wie das sich vollzogen war, beschreibe ich irgendwann später. Die vier Wochen Besuchszeit hat viel Freude uns allen gebracht. Erinnerungen, Emotionen und Gefühle von Trauer, Freude, Wehmut, Sehnsucht, Liebe, Verlust und Tod erwachten und vermischten sich ständig. Adib traf es sehr stark die Tatsache, dass in Birzeit weder Vater noch Mutter vorzufinden waren. Sie waren seit vielen Jahren tot. Es existierte kein Elternhaus mehr. Zwar ging er hinein, fand nichts an Resten von Haushalt oder Möbel. Dennoch manche Bodenfliesen mit den Mustern und ein Nagelloch in der Wand, wo früher ein Bild hing, genügten um sei Lächeln zu erzeugen. Er sagte: Ich habe doch etwas gefunden. Im Garten leuchtete der Zitronenbaum, den er erkannte, umarmte, dann pflückte er mehrere Zitronen und in die Tüte legte. Er schaute alle Winkel und Stellen in Birzeit, die an die Eltern erinnerten. Er besuchte die Gräber seiner Eltern, Verwandten  und vieler Bekannte im Friedhof, weinte bitterlich, und summte mit uns gemeinsam dann kurze Melodien der Trauerverarbeitungsrituale. Das beruhigte dann. Die Freude verbunden mit dem  Rückkehr und an Begegnungen von Menschen, mit der Landschaft und Orte, die vielen Fahrten in vielen Dörfern, die Munir mit ihm machte, das Sprechen und Begegnen mit den Menschen, hat bei Adib eine Quelle von Dichtungen zum sprudeln gebracht. Seit sechs Monaten verfasst er Gedichte, die seine Erlebnisse und Gefühle dokumentieren und mit denen er das Land, die Menschen besingt und sich erfreut. Mehr als 40 Gedichte zu verschiedenen Themen sind in einem Buch verfasst worden, dass jetzt zu Weihnachten erscheint. Es hat den Titel: Oh mein Exil, sei  Du mein Öl und meine Oliven“. Ein Traum ist in Erfüllung gegangen, das ist eine Freude, das ist eine Hoffnung, Wunder könnten statt finden und die Situation zum positiven wenden. Ich will daran glauben.

 

Frohe Weihnachten und ein gesegnetes und friedvolles  neues Jahr für alle

Sumaya


Spendenkonto zur Unterstützung des Projektes: Fortbildung und Friedenserziehung, getragen von Evang. Jerusalem Stiftung und Berliner Missionswerk:

1) In BRD:   Berliner Missionswerk - Ev. Darlehnsgenossenschaft Kiel - Projekt-Nummer: 4613
Konto-Nr.:  71 617 ,  BLZ 210 602 37
 - BIC GENODEF1EDG, IBAN DE32 2106 0237 0000 0716 17

2)  In der Schweiz: Die  Fachstelle für  Ökumene in Bern
Name des Konto-Inhabers: Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn - Bereich OeME-Migration

Altenbergstrasse 66
CH-3000 Bern 25

Konto- Nr. :  PS-30-7036-2
IBAN: CH68 0900 0000 3000 7036 2
BIC: POFICHBEXXX

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