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Ruty Ferrera, Pazifistin und Mutter von Uriel, einem israelischen Gewissensverweigerer

"Uriel ist im Gefängnis, um das palestinensische Volk zu verteidigen"

Alex Anfruns

 

Jedes Jahr nach dem Ende der Sekundarschule tun sich einige israelische Jugendlichen zusammen und verfassen einen Brief, den sie an den Premierminister und den Verteidigungsminister schicken, und in dem sie schreiben, dass sie sich weigern in der Armee zu dienen. Sie sagen, sie seien Pazifisten und Gegner der Besatzung, der unterschiedlichen Behandlung und der Unterdrückung des palästinensischen Volkes im Westjordanland und im Gazastreifen. Auch lehnen sie die Diskriminierung der Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft ab.

Uriel, ein junger, 19-jähriger Orthodoxer, der in Beer Sheva geboren ist, ist einer von ihnen. Wie bei den anderen Verweigerern in seiner Situation, anerkennt der jüdische Staat nicht das Recht, die militärische Ausbildung zu verweigern. Trotzdem hat sich eine bedeutende Antikriegsbewegung in der 5. Armeeabteilung gebildet.

Die Friedensaktivistin Ruty Ferrera verkörpert den Kampf für die Verweigerung aus Gewissensgründen und für die Rechte ihres Sohnes: Uriel ist am vergangenen 17. November zum zehnten Mal in Folge in einem Militärgefängnis eingesperrt worden.

 

Was passiert den israelischen Jugendlichen, die sich weigern, den obligatorischen Militärdienst zu leisten?

Jeder hat einen Termin, um sich auf der Militärbasis vorzustellen und seinen Militärdienst zu beginnen. Wenn sie Asthmatiker oder sonst chronisch krank sind, sind sie aus Gesundheitsgründen vom Militärdienst ausgenommen. Es gibt Jugendliche, die sich auf psychische Probleme berufen... die nicht immer wirklich bestehen. Jugendliche ohne Gesundheitsprobleme, physische oder emotionale, werden noch am gleichen Tag auf der Militärbasis verurteilt und sofort in einem Militärgefängnis inhaftiert.

 

Wie lange ist die Haftstrafe, die sie erwartet?

20 bis 28 Tage, es gibt aber auch Fälle bis zu 40 Tagen. Am selben Tag, an dem die Haft endet, erhalten sie einen Brief (mit der Aufforderung), sich wieder zum Militärdienst zu melden. Und wo wiederholt sich ein Kreislauf von (ins Gefängnis) gehen und herauskommen. Das macht Uriel gerade mit; er hat sich wieder gemeldet und gesagt, dass er Verweigerer aus Gewissensgründen ist, dass er gegen die Besatzung und die Unterdrückung des palästinensischen Volkes ist. Dass er den Umgang mit der Waffe nicht lernen will und absolut nichts vom Militärsystem wissen will. Und natürlich auch nicht an einem Krieg teilnehmen oder irgendeine Rolle innerhalb der Armee haben will, auch nicht eine zivile.

 

Wie hat er bis heute die Militärurteil erlebt?

Die erste Haft war für Uriel sehr schwierig, sehr hart. Er hat sehr gelitten. Er hat sich zum Beispiel geweigert, eine Militäruniform anzuziehen und war dann in einer Isolationszelle und hat viel Hetze erlebt, verbale und physische Gewalt. Fünf oder sechs Soldaten umringten ihn, schrien ihn an und machten sich über ihn lustig. Sie schleiften ihn durch einen Gang zur Isolationszelle. Als er herauskam, war er emotional sehr geschwächt. Dann überlegten wir eine Kommission zur Beurteilung seiner emotionalen (Verfassung) zu fordern.

 

Haben Sie diese Kommission zur Beurteilung seiner Situation verlangt?

Ja, aber er bestand darauf, dass er nur ein paar Tage bräuchte, um auszuruhen und sich von dem, was er erlebt hatte, zu erholen. Und er kam wieder ins Gefängnis. Das gleiche passierte in den folgenden Malen, mit schlaflosen Nächten und der Angst, dass sie ihn wieder angreifen würden. Diese Situation fiel mit dem letzten israelischen Angriff auf Gaza zusammen. Damals wurde ihm bewußt, dass er von Jugendlichen umgeben war, die voller Patriotismus waren. Diese inhaftierten Jugendlichen waren einfach nur dort, weil sie irgend einen Befehl nicht ausgeführt hatten und nicht wie er sich geweigert hatten zur Armee zu gehen.

 

Wie geht es Uriel jetzt?

Jetzt fühlt er sich viel stärker, um sich ohne Angst vor neuen Angriffen diesen Verurteilungen zu stellen. Im Lauf der Monate hat er das überwunden.

 

Wie würden Sie die Behandlung definieren, die die israelischen Autoritäten für diese Jugendlichen vorsehen?

Es ist eine richtige Hetze. Israel respektiert nicht das Recht auf Verweigerung aus Gewissensgründen. Sie versuchen die Jugendlichen einzuschüchtern, damit sie sich schließlich doch entschließen lieber zum Militär zu gehen als noch einmal Gefangener zu sein. Jedenfalls sind das Jugendliche mit einem sehr hohen politischen und sozialen Bewußtsein und Verantwortung. Der Armee gelingt es sehr selten, sie zum Militärdienst zu bringen. Im allgemeinen weiß ein Gewissenverweigerer genau, was er will, und auch wenn er ein, zwei oder zehn Mal inhaftiert ist, wird er seine Haltung nicht ändern. Eher das Gegenteil.

 

Wie reagieren die Familien?

Man muss daran denken, dass nicht alle Familien akzeptieren, dass ihr Sohn oder ihre Tochter Gewissensverweigerer ist. Wir leben in einer sehr militaristischen Gesellschaft. Wird ein Kind geboren, wünschen sich die Eltern, dass es (einmal) zum Militär geht. Wenn sich das Kind weigert, begleiten oder verstehen es nicht alle Eltern. Da gibt es einen anderen Jungen im Gefängnis, der auch 19 Jahre alt ist. Er hat einen Bruder, der während den Angriffen auf Gaza im Militär gedient hat. Stellen wir uns vor, seine Eltern hatten auf der einen Seite einen Sohn, der in Gaza gekämpft hat und auf der anderen einen, der wegen Gewissensverweigerung im Gefängnis war!

 

Was können wir von ihrem Sohnes lernen?

Uriel hat sich entschlossen den Militärdienst nicht zu machen, um dem palästinensischen Volk zu helfen, damit es frei ist, damit es letztendlich einen eigenen Staat in Würde hat. Er kämpft auf seine Weise für ein Ende der Unterdrückung und der Besatzung des palästinensischen Volkes, die vor Jahrzehnten begann.

 

Vertrauen Sie, dass er bald aus dem Gefängnis frei gelassen wird?

Jetzt ist er inhaftiert. Eines Tages wird er nicht mehr Gefangener sein, er wird herauskommen und sein Leben fortführen, wird an die Universität gehen, studieren, heiraten, eine Familie, einen Beruf und ein eigenes Leben haben. Aber wenn er frei ist, wird das palästinensische Volk sehr wahrscheinlich weiter unterdrückt und gefangen sein. Deshalb bestehe ich auf einer Sache: Es geht nichtum Uriel Ferrera, den israelischen Gewissensverweigerer, sondern um das palästinensische Volk. So wie wir das Recht haben glücklich zu sein, wollen wir, dass unser Wohlbefinden nicht auf dem Leiden eines anderen Volkes basiert.

Diagonal global_26.11.2014 - Übersetzung: K. Nebauer    

 

 

 

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