TRANSLATE
Berlin, den 23. September 2010
Eine neue
Weihnachtsgeschichte: Bethlehem unter Besatzung
Brief an die Medien, Dezember 2010
von der PLO – Verhandlungsabteilung
„Bethlehem von
Jerusalem und dem Rest der Welt zu trennen, wird keinen Frieden
bringen“ ( Kath.Patriarch Fouad Twal)
Auf viele Weisen ist Bethlehem der
Inbegriff einer palästinensischen Stadt unter Besatzung
geworden: seine Bevölkerung ist täglich mit Schikanen
konfrontiert. Seine historische Landschaft wird durch die
Ausdehnung illegaler Siedlungen und die Mauer, dies sich tief
mitten durch das Land schlängelt, verschandelt und trennt es
von seinen alten politischen, sozialen, wirtschaftlichen und
religiösen Verbindungen nach Jerusalem und dem Rest der
Westbank. Seine wirtschaftlichen Aussichten werden mit jedem
Jahr schwieriger. Für die in Bethlehem und seiner Umgebung
lebenden Palästinenser wird jedes Weihnachten weniger ein Grund
zum Feiern, als ein Grund über die immense Tragödie
nachzudenken, die über die heilige Stadt gekommen ist, die die
Heimat einer der ältesten christlichen Gemeinden auf der Erde
ist.
Fakt: Die israelische Besatzung hat
dramatisch die palästinensische Bewegungsfreiheit und den Zugang
zu den Kirchen im Heiligen Land eingeschränkt. Nachdem die Mauer
im nördlichen Teil der Stadt fertig gestellt wurde, sind
Bethlehem und Jerusalem völlig von einander getrennt.
Der Regierungsbezirk und die Stadt
unter Besatzung
Weder der Bethlehemer Bezirk, noch
die Stadt werden von der zerstörerischen Auswirkung der
Besatzung und der unaufhaltsamen Kolonisierung
palästinensischen Landes verschont. Es werden Fakten vor Ort
geschaffen, die eine Zwei-Staatenlösung unmöglich machen. Israel
fährt mit seiner Politik fort, die Elemente der Besatzung,
Kolonisierung und Apartheid verbindet, um die Stadt und ihre
nächste Umgebung bewusst zu erdrücken und zu zerstückeln. Dies
schließt die anhaltende Konfiszierung von palästinensischem Land
für den Bau israelischer Siedlungen und der Mauer ein – in
Verletzung des internationalen Rechts. Dazu kommt die Verhängung
physischer und administrativer Beschränkungen der
Bewegungsfreiheit für die Palästinenser durch ein sich immer
weiter ausdehnendes Netzwerk von Kontrollpunkten und
Straßensperren, die den Palästinensern nur mit Passierscheinen
erlauben, wo sie leben, sich bewegen und arbeiten dürfen.
Nur 13% des Landes innerhalb des
Bethlehembezirkes ist noch unter palästinensischer Kontrolle.
Allein im Bethlehemer Gebiet wurden vom israelischen Militär 32
Barrieren errichtet – einschließlich Kontrollpunkten ( mit
Drehkreuzen !!), Straßensperren, Erdhügel über Straßen und Toren
–die die Freiheitsbewegung und den Zugang von Waren und Menschen
behindern. Nach dem Internationalen Religiösen Freiheitsbericht
von 2010, der vom US-Außenministerium veröffentlicht wurde:
„Wendet die israelische Regierung weiter Reisebeschränkungen
während der Berichtsperiode an: wichtige einschränkende
Freiheitsbewegung für Muslime und Christen, um zu
Gottesdienstorte in der Westbank und in Jerusalem zu kommen.“
Es gibt allein 17 illegale
israelische Siedlungen und zahlreiche Außenposten zerstreut im
ganzen Bethlehemer Regierungsbezirk mit nahezu 91 500 Siedlern.
Der bekannteste von ihnen ist der israelische Außenminister
Avigdor Lieberman, der in der illegalen Siedlung Noqdim im
westlichen Bethlehemer Bezirk lebt.
Als Teil des israelischen
Siedlungsunternehmens hat Israel die militärische Kontrolle über
eine Anzahl palästinensischer historischer Orte, einschließlich
mehrerer, die auf Palästinas Welterbeliste der UNESCO stehen.
Innerhalb des Beth.-distrikts die Bilal bin Rabal Moschee/
Rachels Grab, der Herodeion und die archäolog. Stelle der
Qumram-Höhlen, wo die Schriftrollen entdeckt wurden. Diese
historischen Stätten in Bethlehem wurden kürzlich von der UNESCO
als palästinensisch bestätigt.
Seit 1993 wird von den
Palästinensern ein Passierschein gefordert, der je nach Fall
genehmigt wird, um das besetzte Ostjerusalem aus irgend einem
Grund zu betreten. Wenn der Passierschein gewährt wird, gilt er
nur für bestimmte Zeiten.
Die Arbeitslosigkeit in Bethlehem
liegt bei etwa 23% ( Ich meine sie liegt höher R) die Mehrheit
wegen der Mauer um Bethlehem und der Trennung von Jerusalem, vor
allem die, die mit Tourismus, Handel und Landwirtschaft zu tun
haben. (Auch die Olivenholzschnitzer verdienen kaum etwas, da
kaum Touristen kommen – wenn man von der Weihnachtszeit absieht
R)
Von Israel annektiertes Land im
Bethl.-Bezirk
1967 annektierte Israel etwas 10qkm
vom nördlichen Bezirk – unter Verletzung des Internationalen
Rechts. Ein großer Teil dieses Landes wurde illegal zu
Ost-Jerusalem geschlagen. Israels einseitige Ausdehnung von
Ostjerusalems Gemeindegrenzen wird von der internationalen
Gemeinschaft nicht anerkannt. Viele palästinensische Städte und
Dörfer sind für ihr wirtschaftliches Leben von der
Landwirtschaft abhängig, aber ihr landwirtschaftlich genütztes
Land wurde illegal von Israel für den Bau ihrer Siedlungen,
deren Infrastruktur und die Mauer illegal konfisziert. Die
palästinensischen Städte Beit Sahour, Bethlehem, Beit Jala,
Walaje, Husan, Battir, Wadi Fukin, Jaba, Nahalin, Artas und
El-Khadre haben 65 % ihres Landes westlich der Mauer verloren.
Zum Beispiel:
fast 50 % des Landes, das
traditionell zu Beit Jala gehört;
bis zu 75 % des Landes, das zu
El-Khader gehört.
Die meisten Olivenhaine, die
traditionell zu Beit Sahour gehören, sind durch der Mauer von
ihren Besitzern getrennt, die nur mit besonderer Genehmigung
des israelischen Militärs selten auf ihr Land können und nur
durch bestimmte Tore in der Mauer und nur zu bestimmten
Öffnungszeiten.
Im Januar 2009 gab Israel
Militärorder heraus, dass das Land nördlich der Mauer von Israel
annektiert und eine militärische geschlossene Zone sei und ohne
Passierschein nicht zu betreten ist.
Die größeren Siedlungen Gilo, Har
Gilo, Har Homa, Betar Illit, Ephrat, Geva’ot und Bat Ayin als
auch die Erweiterung von Givat Hadagan und Givat Hatamar in der
Efrata-Siedlung gehören alle in den Regierungsbezirk Bethlehems.
Alle wollen sich vergrößern. Zusätzlich zu dem wurden Pläne für
eine neue Siedlung im Al-Walaja - Gebiet bekannt, Givat Yael.
Der Verlust von Bethlehems vitalem
Tourismus
Während der letzten beiden
Jahrzehnte ist Bethlehem ein Schatten seiner selbst geworden.
Einst eine lebendige und offene Stadt ist sie zu einem Ghetto
geworden, das von Armut, Unbeweglichkeit und Isolierung
heimgesucht worden ist. Ein Spaziergang durch die Altstadt von
Bethlehem zeigt eine Menge geschlossener Läden, wo die
Ladenbesitzer einst ihre Waren an die Bewohner und die Touristen
verkauften. Die Touristen, die noch immer nach Bethlehem mit
Bus kommen, bleiben buchstäblich nur zwei Stunden für einen
besonders koordinierten Besuch, verbringen wenig oder gar keine
Zeit in palästinensischen Läden, Restaurants und Hotels und
kehren zurück in israelische Hotels und Restaurants, um dort
viel ihrer Zeit und ihres Geldes zu lassen. Zusammengefasst:
die Vorteile von Bethlehems Potential als ein größerer
Touristenort, wird von Israels Tourismussektor ausgenützt. Diese
schwierige Situation zeigt sich besonders während der Ferien und
Feiertagesaison zwischen Weihnachten und Ostern, wenn Bethlehem
die meisten Touristen haben sollte.
Im Gegensatz zum bilateralen
palästinensisch-israelischen Interimabkommen ( dem
Oslo-Abkommen) haben von den 185 palästinensischen
Touristenführer, die vom palästinensischen Tourismus- und
Antiquitätenministerium eine Lizenz erhalten hatten, nur noch 40
die Genehmigung Jerusalem, Israel und von Israel kontrollierte
historische Stätten in den palästinensischen Gebieten zu
betreten. Im Gegensatz dazu haben 7150 israelische
Touristenführer einen vollen oder halben Job.
Israel fährt fort, Hotels in
Siedlungen zu bauen und seine Produkte an Touristen und Pilger,
die die besetzten Gebiete besuchen, zu verkaufen und so die
palästinensische Touristenindustrie zu unterwandern.
Nach dem palästinensischen
Ministerium für Tourismus und Antiquitäten sollten Touristen und
Pilger wenigstens 3-4 Nächte in den besetzten Gebieten bleiben,
um dem palästinensischen Tourismus zu helfen.
Israel hat eine Politik
durchgeführt, bei der Touristen, die Bethlehem im Laufe des
Jahres besuchen, die Stadt nur durch den Checkpoint 300
verlassen dürfen, der nur einen Ausgang und eine Ausfahrt für
Busse und Autos hat im Gegensatz zu Ausländern, die im Raum
Bethlehem Siedlungen besuchen. Dort dürfen alle Aus- und
Eingänge benützt werden. Dies hat weitere Verzögerungen an den
Kontrollpunkten für Palästinenser, Touristen und Pilger
geschaffen. Nach Bethlehem zu kommen, macht also viele Umstände,
dass viele Touristen sich gar nicht erst die Mühe machen, nach
Bethlehem zu kommen.
Trotz all dieser Einschränkungen
und Begrenzungen durch die Besatzung, ist die Zahl der
Touristen, die in den besetzten Gebieten bleiben gewachsen.
Bilal Bin Rabah Mosque/ Rachels
Grab.
Am nördlichen Eingang von Bethlehem
liegt der historische Ort, die Bilal-Moschee bzw. Rachels Grab.
Es ist ein bedeutsamer Ort für Christen, Muslime und Juden.
Das israelische Militär beschränkt den Zugang durch hohe Mauern
nur für Juden. Das ist eine Verletzung der Oslo-Abkommen, der
UNESCO-Konventionen und des internationalen Rechts.
Der Mauerverlauf schneidet 2 km in
die nördliche Gemeindegrenze Bethlehems hinein, umgibt die
Bilal Moschee/Rachels Grab, und zieht die palästinensische
Nachbarschaft sehr in Mitleidenschaft. 70 von 80 Geschäften, die
dort in der Nähe waren, mussten geschlossen werden. Die Bilal
Moschee/Rachels Grab liegen in einem vorherrschend
palästinensisch-christlichen Stadtteil. Nun wird dieser von der
Mauer umgeben, die die Bewohner gezwungen hat, aus
wirtschaftlichen und psychologischen Gründen woandershin in
Bethlehem zu ziehen..
Die christlichen Feste sind
durch Israels Absperrung Bethlehems betroffen.
Nach dem Internationalen Religiösen
Freiheitsbericht von 2010 - vom US-Außenministerium
veröffentlicht - hat der Bau der Mauer die Bewohner Bethlehems
sehr daran gehindert, die Grabeskirche in Jerusalem zu
erreichen, und Besuche für Palästinenser, die auf der
Jerusalemer Seite wohnen, bei anderen christlichen Stätten in
Bethanien und Bethlehem schwierig zu machen.
Derselbe Bericht stellt auch fest,
dass die Mauer und die Checkpoints auch die Bewegung von
Geistlichen zwischen Jerusalemer und Westbank- Kirchen und
Klöstern verhindern, ja auch die Bewegung zwischen ihren
Wohnplätzen und ihren Gottesdienstorten.
Die Mauer hat auch das Kloster
Elias-Fest, das traditionell im August gefeiert wird, für
palästinensische Muslime und Christen sehr beeinträchtigt. Viele
können das Kloster, das nur vier km von Bethlehem entfernt
liegt, nicht mehr besuchen.
Der zweite Halt der
Weihnachtsprozession mit den Patriarchen, die von Bethlehem
kommt, und normalerweise nur wenige Meter von der Bilal-Moschee/Rachels
Grab ist, kann wegen der Mauer nicht mehr dort stattfinden und
hier auf den Patriarchen warten.
Die israelischen Einschränkungen
der palästinensischen Bewegung betrifft auch das Marienfest:
eine Prozession im August hindert Christen aus Bethlehem daran
teilzunehmen. Sie endet an der Kirche von Mariä-Himmelfahrt auf
dem Ölberg.
Wir Palästinenser rufen zu
Weihnachten in einem besonderen Appell alle Christen in aller
Welt dazu auf, uns zu helfen, der weitergehenden Schließung
Palästinas und besonders Bethlehems zu widerstehen. Wir bitten
die Welt inständig, ihre Bemühungen an diesem Weihnachten zu
verdoppeln, Bethlehem und den Rest des besetzten Palästinas
Besuchern zu öffnen, die alten Verbindungen zwischen Bethlehem
und Jerusalem wieder herzustellen, Frieden und Gerechtigkeit
nach Palästina zu bringen, damit wir die Feiertage wieder
gemeinsam feiern können.
(dt und zum Teil etwas freier übersetzt: Ellen Rohlfs)
|