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ief-aus-Israel]


 

 From: "Angelika Schneider" <anka.sch(at)gmx.net To: <Brief-aus-Israel(at)yahoogroups.de Subject: [Brief-aus-Israel] Aktuelles aus den besetzten Gebieten  

 

Brief aus Israel 22.2.06
 

Liebe FreundInnen,

es gibt doch auch Lichtblicke. Das Kibbutz Metzer wurde 1953 etabliert, um als Puffer zu dienen, um arabische Dörfer von einander zu trennen.

"Aber," sagt Doron Lieber, General Manager des Kibbutz, "sie haben dafür die falschen ausgesucht. Wir wollten immer eine Brücke und nicht eine Barriere sein." So pflegten sie, auch noch nach der Besetzung der Westbank 1976, gute nachbarliche Beziehungen . Als die Arbeit am Zaun begann baten die Kibbutzniks die Armee, ihn auf die Grüne Linie zu stellen und nicht das Land des Nachbardorfes Kaffin zu besetzen. "Wir sagten ihnen, dass hungrige und frustrierte Nachbarn die größte Gefahr für die Sicherheit seien. Wir sagten, wir würden es vorziehen, von nserem eigenen Land etwas herzugeben." Leider geschah es, dass ein Palästinenser in das Kibbutz eindrang und eine Frau und zwei Kinder tötete, "was der Armee als letztes Argument benutzte, um den Zaun tief in das Land von Kaffin hineinzuführen, wie sie es schon immer geplant hatten."

"Jetzt aber versuchen wir, als Hüter des Landes zu dienen, bis die Leute von Kaffin es selber besorgen können." Das wurde erzählt bei einer Baumpflanzaktion, um ein Teil der zerstörten Bäume zu ersetzen, auf Land das nun seit 4 Jahren brachliegt und zusätzlich als Müllkippe genutzt worden ist. Die Organisation Al-Ahale, die ihren Sitz in Nazareth hat (Nazareth ist von Arabern bewohnt) und sich die Aufgabe gesetzt hat, Ländereien, aus den die PalästinenserInnen ausgesperrt sind, zupflegen, hat das Geld für die Entsorgung des Mülls aufgebracht, nachdem man sich vergeblich an öffentliche Stellen gewendet hatte.

Die Baumpflanzaktion wurde erfolgreich durchgeführt - allerdings zunächst mal ohne die EinwohnerInnen von Kaffin. Schließlich gelang es, die Soldaten dazu zu bringen, eine kleine Gruppe der DorfbewohnerInnen durchzulassen, um an der Aktion mitzumachen. Aber genug Zeit, um hinterher einen gemeinsamen Picknick zu genießen, wurde nicht gewährt.

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Die ISM lädt wieder ein zu ihrem "Freedom Summer" - Freiwillige werden gesucht, die zwischen dem 2. Juli und dem 5. August ein paar Wochen als Menschenrechtsbeobachter und -begleiter zu verbringen und dabei die Situation der PalästinenserInnen aus eigener Anschauung kennenzulernen. Interessierte wenden sich an neta.golan@gmail.com.

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Die zwei Jungen, die am Sonntag in Balata erschossen wurden, verloren ihr Leben bei der "Exekution" eines Führers der Islamic Jihad. In welchem Rechtsstaat ist es eigentlich dem Militär erlaubt, missliebige Menschen - selbst gefährliche Kriminelle - einfach auf der Straße oder in ihren Wohnungen oder auf der Flucht zu erschießen? Erst recht, wo sie offensichtlich in der Lage sind, diese Personen festzunehmen und vor ein Gericht zu stellen? Aber diese Politik des Staates Israel wird nun schon seit Jahren durchgeführt, ohne irgendeine Reaktion der sog. internationalen Gemeinschaft, selbst - wie seinerzeit in Gaza bei einem Luftangriff - 15 unschuldige Menschen mit dabei 'draufgehen'. Kollateralschaden halt.

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Ein Mitgleid von Machsom Watch schickt eine Reihe von ihrer Gruppe aufgenommenen Fotos, auf denen mindestens acht Palästinenser mit auf dem Rücken gefesselte Hände auf dem Boden liegen, von Soldaten bewacht. In ihrem kurzen Schreiben dazu sagt sie, "Als sie mich holen wollten, war keiner mehr da....??" Erinnert sie an Niemöllers berühmten Ausspruch, als er sich selbst der Untätigkeit gegen die Nazis bezichtigt?!

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In England ist eine scharfe Kontroverse entfacht über die Entscheidung der Synode der Anglikanischen Kirche, Rücklagen aus Firmen zurück zu ziehen, die aktiv bei der Durchführung der Politik Israels in Gaza und der Westbank beteiligt sind. Paul Oestreicher, anglikanischer Priester und Quaker, der sich viele Jahre in Coventry für Aussöhnung zwischen den kriegsführenden Länder im zweiten Weltkrieg eingesetzt hat, hat dazu im Guardian einen Aufsatz geschrieben, der mir so aus dem Herzen spricht, dass ich ihn direkt übersetze. Wie kann ich diesen Artikel in die deutsche Presse bringen? (Jede Zeitung druckt natürlich nur ihr eigenes.):

Der Hauptrabbiner, Sir Jonathan Sacks, hat recht. Seine Reaktion auf den Aufruf der anglikanischen Synode nach Sanktionen gegen Israel ist verständlich. Der Judenhass - heute Antisemitismus genannt - ist ein Virus, der das Christentum zweitausend jahre lang infiziert hat. Es schreitet weiter durch die Welt trotz des virulenten Ausbruchs in Nazideutschland. Es darf nicht unbehandelt bleiben. Für zuviele Menschen ist die Lektion des Holocaust noch nicht gelernt worden. Er sollte anständige Christen noch Generationen hindurch heimsuchen. .... Ich sage das als Kind eines jüdischen Deutschen der rechtzeitig entkommen ist. Seine Mutter nicht. Ich sage es als halbjüdisches Kind, dass auf einem Britischen Spielplatz im zweiten Weltkrieg herumgehetz und gehänselt wurde, "er ist nicht nur deutsch, sondern auch Jude". Eine doppelte Beleidigung. Ich sage es aber auch als christlicher Priester der die historische Schuld aller Kirchen teilt. Alle Christen teilen ein blutiges Erbe.

Wenn ich das alles im Bauch fühle und im Kopf weiß, kann ich nicht daneben stehen und als unbeteiligter Beobachter den Israel-Palästinakonflikt anschauen - eines der gefährlichsten Ausbrüche kollektiven Hasses. Ich kann nicht ruhig zuhören, während ein iranischer Präsident von der Eliminierung Israels spricht. Jüdische Angst geht tief. Sie ist nicht irrational. Ich kann aber auch nicht ruhig zuhören wenn viele israelische BürgerInnen von PalästinenserInnen denken und sprechen so wie sehr viele Deutsch über Juden dachten und sprachen als ich einer davon war und fliehen musste.

Wenn der Christ in mir guten Grund zur Scham hat, so auch nun der Jude in mir. Ich glaube leidenschaftlich dass Israel das Recht hat, und sein Volk das Recht hat, in Frieden und sicheren Grenzen zu leben. Ich weiß aber auch dass das moderne Israel im Terror geboren wurd und seine gegenwärtige zionistische Form ermöglicht hat durch Töten und ein Maß an ethnischer Säuberung. Das ist Geschichte. Erzählt mir von einem Land mit einer unschuldigen Geschichte. Aber der Zionismus im Herzen der israelischen Politik handelt um die Gegenwart und die Zukunft. Sie macht mir Angst um die Seele Israels heute und das Überleben seiner Kinder morgen.

Das Israel, das Golda Meir charakterisiert hat durch die Worte, "so etwas wie Palästinenser gab es nicht ...sie existierten nicht" ist ein Israel das unvermeidlich von Feinden umgeben ist und heute nur militärisch und wirtschaftlich als Klientenstaat der einzigen Welt Supermacht. Auch sein Kernwaffenmonopol im Nahen Osten kann nicht ewig andauern. Frieden kann nicht hergestellt werden durch eine Mauer auf palästinensischem Land, das das Leben der elend besiegten noch elender macht. Ein palästinensisches Bantustan wird eine ewige Quelle der Unruhe und der Gewalt bleiben.

Ich sage das alles in Verzweiflung um das Israel, das ich liebe. Sein Volk ist mein Volk. Die PalästinenserInnen sind meine NachbarInnen.

Ich wünsche, sie hätten stärkere und bessere Führer. Ich wünsche ihre verzweifelte Jugend wäre nicht in die Gewalt getrieben worden. Genauso wie ich jüdische Ängste verstehe, verstehe ich ihre Ängste. Nur ein Israel, das das auch versteht kann es verändern. Und es gibt JüdInnen in Israel und in der Diaspora, die es wissen. Die meisten, aus Angst für illoyal gehalten zu werden, fürchten auszusprechen, was sie als wahr erkennen. Der Staat Israel ist eine grausame Besatzungsmacht geworden.

Besetzungen, wenn ihnen widerstanden wird, sind nie wohltätig. Sie korrumpieren den Besetzer moralisch. Die mutige Gruppe israelischer Militärdienstverweigerer sind die wahren Erben der Propheten Israels. Sie sind die wahren Patrioten. Welches Land hat seine Propheten je geliebt?

Aber der Hauptgrund meines heutigen Schreibens ist, die Lüge zu bezichtigen, dass die Ablehnung des Zionismus, wie er heute praktiziert wird, tatsächlich Antisemitismus ist, ein Erbe des Rassismus Hitlers.

Dieses Argument, mit dem Holocaust im Hintergrund, ist nichts anderes als moralische Erpressung. Sie ist sehr effektiv. Sie verurteil viele zum schweigen, die Angst haben, als antisemitisch zu gelten. Sie sind oft das Gegenteil. Sie sind oft Menschen, deren Herz blutet bei dem Verrat Israels an seinem wahren Erbe.

Ich fing an mit der Erkenntnis, das der Krebs des Antisemitismus nicht geheilt ist. Tragischerweise wird er von der Politik Israels genährt - und wenn dass Weltjudentum israelisch Politik ob recht oder unrecht verteidigt, dann wendet sich Zorn nicht nur gegen Israel, sondern gegen alle Juden. Ich wünschte, es sei reine Rhetorik zu behaupten, dass israelisch Politik heute einen Holocaust übermorgen glaubhaft machen.

Wenn die ganze islamische Welt Israel hasst, dann ist das keine müßige Spekulation. Sich auf arabische Uneinigkeit, moslemische sektiererische Konflikte und einen dauerhaften amerikanischen Schild zu verlassen ist kein Rezept für nachhaltige Sicherheit.

Es gibt Israelis, die dass alles wissen, und Juden in der ganzen Welt, die es wissen. In Großbritannien arbeiten die Jews for Justice for Palestinians dafür, dem Jüdischsein ein menschliches Gesicht zu geben. Sagt man ihnen, sie sein Antisemiten, werden sie bitter lachen, denn die Anschuldigung ist tief verletzend und eine Lüge. Propheten wie Uri Avnery drücken das alles eloquent aus, werden aber nur von wenigen gehört. Die Medien haben Angst vor einer Lobby, die bereit ist, ihnen ernsten Schaden zuzufügen.

Sicherlich, es gibt viele, die ihre Solidarität mit dem palästinensischen Volk aussprechen. Manche sind Christen, Sie verdienen Respekt. Wenn sie, weise oder nicht, nach Sanktionen rufen, macht sie das nicht zu Judenhasser - werden in der Theorie noch in der Praxis. Meine Sorge ist es aber, Solidarität mit dem Israel auszusprechen, das weder von seinen Führern noch von der öffentlichen Meinung repräsentiert wird. Einst, in den Tagen Hitlers, gab es ein anderes Deutschland, durch die repräsentiert, die neben Juden und Zigeunern in den Konzentrationslagern waren, Märtyrer, die heute gefeiert werden. Es gibt auch ein solches Israel. Seine Stimmen sind noch frei, zu sprechen, wenn auch oft verleumdet und missverstanden. Jenem Israel gilt meine Solidarität, wie allen Juden meine Liebe und meine Gebete gelten.

paul_oestreicher@yahoo.co.uk

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Gruß euch allen, Anka

 

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