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ief-aus-Israel]


 

 From: "Angelika Schneider" <anka.sch(at)gmx.net To: <Brief-aus-Israel(at)yahoogroups.de Subject: [Brief-aus-Israel] Aktuelles aus den besetzten Gebieten  

 

Brief aus Israel 17.2.06
 

Liebe Leute,

immer noch wächst der Druck auf die palästinensische Bevölkerung - es ist unglaublich, wie es Israel gelingt immer noch neue Schikanen und Erschwernisse zu erfinden.

Ein Beispiel: ein Taxifahrer, der sein Auto in Nablus hat reparieren lassen und nun nach Hause will, in ein Dorf das 3km vom Checkpoint entfernt liegt, wird gezwungen, einen Umweg von 40km zu machen! Sein argumentieren, betteln, schimpfen, flehen, wüten bewirkt nur, das ihm mit Festnahme gedroht wird.

Überall werden Checkpoints für PalästinenserInnen völlig dicht gemacht, auch für Menschen die nur nach Hause wollen - kann irgendjemand erklären, wie das gegen Terror schützen soll?

Noch gravierender, sofern das möglich ist, ist das Israel seit einigen Tagen die Trennung des gesamten östlichen Teils der Westbank, das ganze Jordantal und weiter bis an die östlichen Hänge der Hügel vom Rest des Territoriums zuende geführt hat. Das Gebiet umfasst etwa ein Drittel der Westbank.

Die Restriktionen gegen Bewegungen von PalästinenserInnen innerhalb dieses Gebiets und von der übrigen Westbank dorthin, fingen schon vor einem Jahr an.

Schon damals wurden palästinensische Reisende, die über die Allenby Brücke aus Jordanien einreisten (die einzige Möglichkeit, von der Westbank ins Ausland zu reisen), gezwungen einen Umweg über das südlich liegende Jericho zumachen, auch wenn sie in näherliegende, nördliche Dörfer wollten. DorfbewohnerInnen in der nördlichen Westbank sind nun völlig abgeschnitten von ihrem Land im Jordantal, und von Saisonarbeit dort, die BewohnerInnen der Jordantaldörfern Arbeit, Schule, medizinischen und sozialen Diensten in den Dörfern. Familienmitglieder sind in beiden Richtungen von einander getrennt. Besondere Passierscheine werden an ein paar Tausend PalästinenserInnen, die in den Siedlungen arbeiten, sowie etwa 1500, die Land oder Arbeit im Gebiet haben und für einzelne "humanitäre" Fälle wie Familienereignisse. Durch nächtliche Durchsuchungen wird nach Menschen gefahndet, die sich ohne Erlaubnis im Gebiet aufhalten. Israel behauptet, das alles sei aus "Sicherheitsgründen" erforderlich.

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Eine neue Militärorder verbietet es Palästinensern mit Passierscheinen nach Israel einzureisen auf den Straßen die Israelis von der Westbank kommend nutzen. Sie müssen eines von 11 Übergängen benutzen, die für sie vorgesehen sind. Auch dürfen Israelis keine Palästinenser durch andere Übergänge mitnehmen. Schilder an allen anderen Übergängen warnen, dass sie Nicht-Israelis verboten sind, zu denen Touristen und ausländische Juden gezählt werden. Eine Ausnahme wird für Palästinenser gemacht, die von internationalen Organisationen angestellt sind und mit Ausländern zusammen fahren.

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Dorothy schickt mit Genugtuung einen Leitartikel aus Haaretz weiter, in dem deutlich gemacht wird, das die praktische Annektierung des Jordantals nicht geeignet ist, Israel mehr Sicherheit zu bringen. Eine Bedrohung Israels durch Jordanien, die ursprünglich die Kontrolle der Ostgrenze des Palästinensergebiets rechtfertige, ist heute längst nicht mehr gegeben. Selbst die Redaktion der Zeitung gesteht nun ohne Umschweife ein, dass "das Einsperren der PalästinenserInnen in einem kleinen Gebiet und die zunehmende Verringerung ihrer Arbeitsmöglichkeiten dienen nicht den Sicherheitsbedürfnissen Israels."

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Die BewohnerInnen von At-Tuwani, im Hebrongebiet, bitten die Christian Peacemaker Teams einen Bericht zu verfassen, um die Schäden für die palästinensische Bevölkerung durch einen vorgesehenen "Sicherheitwall" entlang einer nur für Siedler zugängigen Umgehungsstraße abzuwenden. In Zusammenhang mit der vorgesehenen Route der "Sicherheitsbarriere" (auch als "Apartheidmauer oder -zaun" bezeichnet) würde diese Barriere ein weiteres, völlig abgetrenntes palästinensisches Gebiet in den Südhebron Bergen schaffen.

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Der 'legal fund' (Rechtsfond) des ISM hat es ermöglicht, viele inhaftierte PalästinenserInnen durch Zahlen von Kautionen aus der Haft zu befreien. Die Organisation hat sich vor allem für Anführer der Gemeinden eingesetzt. Nur dadurch ist z.B. die weitere Durchführung des gewaltfreien Widerstands in Bilin möglich gewesen. Durch PayPal kann man auf der ISM Webseite spenden, oder aber durch einen Scheck an ISM -

USA, PO Box 5073, Berkeley, CA 94705-0073.

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Israelische Soldaten haben vorgestern einen 19jährigen Palästinenser totgeschossen, während sie einen Überfall zwecks Festnahme in der Nähe von Jenin durchführten. Der geistig behinderte Mann trug ein Plastik Spielzeuggewehr. Er ging auf die Soldaten zu und sagte, sie sollen weggehen. Vor drei Monaten erschossen Soldaten einen 12jährigen Jungen im Jenin Flüchtlingslager, der auch ein Plastikgewehr bei sich hatte.

Am vergangenen Wochenende wurde eine 25jährige Frau in der Nähe des Zaunes um den Gazastreifen aus 50m Entfernung erschossen, vor 2 Wochen ein 10jähriges Mädchen in ähnlicher Situation.

Gideon Levy beschreibt ähnliche Vorkommnisse im Flüchtlingslager Shoafat bei Jerusalem, in dem 40 000 Flüchtlinge leben, die aus dem jüdischen Viertel der Jerusalemer Altstadt 1967 geflohen sind. Fast täglich kommen Grenzpolizisten ins Lager, hupen und fluchen bis sie die Kinder zum Steine werfen provozieren. Die werden mit Granaten beantwortet - Rauchgranaten und 'Stun grenades', die ihre Opfer wohl betäuben aber nicht töten sollen. Ihr Krach lässt Hauswände wackeln, der Rauch dringt in beengte Häuser und erstickt die BewohnerInnen unter denen es viele Alte, Kranke und Kinder gibt. Die Leute versuchen, sich durch Plastikplanen zu schützen, die helfen aber nicht viel. Die Tage erheilt der 8jährige Abud schwere Kopfverletzungen - er liegt nun gelähmt und im Koma.. Die Polizei behauptet, es war ein von einem anderen Kind geworfenen Stein und keine Granate, die ihn getroffen und ihm den Kopf zerschmettert hatte.

Solche Zusammenstöße passieren täglich seitdem am Bau der Mauer um Jerusalem gearbeitet wird. Die EinwohnerInnen von Shoafat haben alle Jerusalemer Ausweise und leben als EinwohnerInnen Jerusalems, von dem sie nun völlig abgeschlossen werden sollen. Sie sprechen gut Hebräisch und arbeiten oder besuchen die Schule in Jerusalem. Auf der anderen Seite des Lagers ist die jüdische Siedlung Pisgat Ze'ev entstanden, so ass die Kinder im Lager überhaupt keine anderen Möglichkeiten haben als auf der Straße den Inkursionen der Polizei ausgesetzt zu sein. Der Besitzer des Hauses, in dem der kleine Abud wohnt sagt nun, "Die Welt soll wissen, dass wenn die Situation so weitergeht, es hier ein Vietnam geben wird. Wir haben nichts zu verlieren - es gibt nichts was uns teuerer ist als unsere Kinder und unsere alten Eltern."

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Tal Haran von der IMS schreibt unter anderem, "die Soldaten haben ein neues Spielzeug, eine Beschallungsanlage, die sie lieben. Die Lautstärke ist betäubend. Befehle werden in einem aggressiven, verachtenden Ton gegeben. Die Soldaten unterhalten sich über alles Mögliche, tauschen Witze und manchmal Anweisungen, wie man Menschen erniedrigen kann. Besondern Spaß macht es ihnen, wenn mehrere Soldaten derselben Person unterschiedliche Befehle geben und sie dann von allen Seiten anbrüllen, weil sie nicht befolgt werden.

An der Autoschlange wird ein Auto untersucht, daneben ein Soldat mit gezuckter Waffe. Eine Frau kommt mit einem kranken Baby im Arm. Ihr wird gesagt, sie soll seinen Bauch frei machen - an dem sich keine Sprengkörper befinden. Eine Kiste Gurken wird umgeworfen und dann wieder eingesammelt. Einem Palästinenser wird befohlen, die Hose auszuziehen mitten auf dem weg. Mehrere Leute werden durchsucht. In einer Stunde werden 3 Fußgänger, eine Krankenwagen und zwei Autos durchgelassen. Das Gurkenauto sollte noch mal entladen werden - durch unsere Bitte und der Intervention des Offiziers konnte das verhindert werden.

Ein 16jähriger Junge liegt auf der Straße etwas vom Checkpoint entfernt mit gefesselten Armen und Beinen und verbundenen Augen. Der Junge scheint Todesangst zu haben. Kein Soldat kann arabisch. Der Junge hatte Bilder von Märtyrern bei sich, und ein Zeitungsartikel mit einem Foto seines Bruders, der 'ernsthaft gesucht' wird. Eine Krankenschwester fragt einen Soldaten wie sie in Zukunft von ihrem Haus außerhalb von Tulkarm zum Krankenhaus in Nablus fahren soll, wenn die Straße geschlossen wird. Der Soldat antwortet, 'von mir aus kannst du einen Hubschrauber nehmen'.

Der Bericht endet mit einem Zitat aus Shakespeares Kaufmann von Venedig: "Hat ein Jude keine Augen? hat ein Jude keine Hände, Organe, Dimensionen, Sinne, Gefühle, Leidenschaften. Von der gleichen Speise ernährt, durch die gleichen Waffen verletzt, den gleichen Krankheiten ausgeliefert, durch gleiche Mittel geheilt, gewärmt und gekühlt durch denselben Winter und Sommer wie ein Christ. Wenn ihr uns sticht, bluten wir nicht? Wenn ihr uns kitzelt, lachen wir nicht? Wenn ihr uns vergiftet, sterben wir nicht? Wenn ihr uns Unrecht tut, sollen wir uns nicht wehren?" Und den Worten, "Wie schnell wir vergessen haben..."

Allerdings.

Ich grüße euch,

Anka

 

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