Liebe Leute,immer noch wächst der Druck auf die palästinensische
Bevölkerung - es ist unglaublich, wie es Israel gelingt immer noch
neue Schikanen und Erschwernisse zu erfinden.
Ein Beispiel: ein Taxifahrer, der sein Auto in Nablus hat
reparieren lassen und nun nach Hause will, in ein Dorf das 3km vom
Checkpoint entfernt liegt, wird gezwungen, einen Umweg von 40km zu
machen! Sein argumentieren, betteln, schimpfen, flehen, wüten
bewirkt nur, das ihm mit Festnahme gedroht wird.
Überall werden Checkpoints für PalästinenserInnen völlig dicht
gemacht, auch für Menschen die nur nach Hause wollen - kann
irgendjemand erklären, wie das gegen Terror schützen soll?
Noch gravierender, sofern das möglich ist, ist das Israel seit
einigen Tagen die Trennung des gesamten östlichen Teils der
Westbank, das ganze Jordantal und weiter bis an die östlichen Hänge
der Hügel vom Rest des Territoriums zuende geführt hat. Das Gebiet
umfasst etwa ein Drittel der Westbank.
Die Restriktionen gegen
Bewegungen von PalästinenserInnen innerhalb dieses Gebiets und von
der übrigen Westbank dorthin, fingen schon vor einem Jahr an.
Schon
damals wurden palästinensische Reisende, die über die Allenby Brücke
aus Jordanien einreisten (die einzige Möglichkeit, von der Westbank
ins Ausland zu reisen), gezwungen einen Umweg über das südlich
liegende Jericho zumachen, auch wenn sie in näherliegende, nördliche
Dörfer wollten. DorfbewohnerInnen in der nördlichen Westbank sind
nun völlig abgeschnitten von ihrem Land im Jordantal, und von
Saisonarbeit dort, die BewohnerInnen der Jordantaldörfern Arbeit,
Schule, medizinischen und sozialen Diensten in den Dörfern.
Familienmitglieder sind in beiden Richtungen von einander getrennt.
Besondere Passierscheine werden an ein paar Tausend
PalästinenserInnen, die in den Siedlungen arbeiten, sowie etwa 1500,
die Land oder Arbeit im Gebiet haben und für einzelne "humanitäre"
Fälle wie Familienereignisse. Durch nächtliche Durchsuchungen wird
nach Menschen gefahndet, die sich ohne Erlaubnis im Gebiet
aufhalten. Israel behauptet, das alles sei aus "Sicherheitsgründen"
erforderlich.
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Eine neue Militärorder verbietet es Palästinensern mit
Passierscheinen nach Israel einzureisen auf den Straßen die Israelis
von der Westbank kommend nutzen. Sie müssen eines von 11 Übergängen
benutzen, die für sie vorgesehen sind. Auch dürfen Israelis keine
Palästinenser durch andere Übergänge mitnehmen. Schilder an allen
anderen Übergängen warnen, dass sie Nicht-Israelis verboten sind, zu
denen Touristen und ausländische Juden gezählt werden. Eine Ausnahme
wird für Palästinenser gemacht, die von internationalen
Organisationen angestellt sind und mit Ausländern zusammen fahren.
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Dorothy schickt mit Genugtuung einen Leitartikel aus Haaretz
weiter, in dem deutlich gemacht wird, das die praktische
Annektierung des Jordantals nicht geeignet ist, Israel mehr
Sicherheit zu bringen. Eine Bedrohung Israels durch Jordanien, die
ursprünglich die Kontrolle der Ostgrenze des Palästinensergebiets
rechtfertige, ist heute längst nicht mehr gegeben. Selbst die
Redaktion der Zeitung gesteht nun ohne Umschweife ein, dass "das
Einsperren der PalästinenserInnen in einem kleinen Gebiet und die
zunehmende Verringerung ihrer Arbeitsmöglichkeiten dienen nicht den
Sicherheitsbedürfnissen Israels."
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Die BewohnerInnen von At-Tuwani, im Hebrongebiet, bitten die
Christian Peacemaker Teams einen Bericht zu verfassen, um die
Schäden für die palästinensische Bevölkerung durch einen
vorgesehenen "Sicherheitwall" entlang einer nur für Siedler
zugängigen Umgehungsstraße abzuwenden. In Zusammenhang mit der
vorgesehenen Route der "Sicherheitsbarriere" (auch als
"Apartheidmauer oder -zaun" bezeichnet) würde diese Barriere ein
weiteres, völlig abgetrenntes palästinensisches Gebiet in den
Südhebron Bergen schaffen.
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Der 'legal fund' (Rechtsfond) des ISM hat es ermöglicht, viele
inhaftierte PalästinenserInnen durch Zahlen von Kautionen aus der
Haft zu befreien. Die Organisation hat sich vor allem für Anführer
der Gemeinden eingesetzt. Nur dadurch ist z.B. die weitere
Durchführung des gewaltfreien Widerstands in Bilin möglich gewesen.
Durch PayPal kann man auf der ISM Webseite spenden, oder aber durch
einen Scheck an ISM -
USA, PO Box 5073, Berkeley, CA 94705-0073.
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Israelische Soldaten haben vorgestern einen 19jährigen
Palästinenser totgeschossen, während sie einen Überfall zwecks
Festnahme in der Nähe von Jenin durchführten. Der geistig behinderte
Mann trug ein Plastik Spielzeuggewehr. Er ging auf die Soldaten zu
und sagte, sie sollen weggehen. Vor drei Monaten erschossen Soldaten
einen 12jährigen Jungen im Jenin Flüchtlingslager, der auch ein
Plastikgewehr bei sich hatte.
Am vergangenen Wochenende wurde eine 25jährige Frau in der Nähe
des Zaunes um den Gazastreifen aus 50m Entfernung erschossen, vor 2
Wochen ein 10jähriges Mädchen in ähnlicher Situation.
Gideon Levy beschreibt ähnliche Vorkommnisse im Flüchtlingslager
Shoafat bei Jerusalem, in dem 40 000 Flüchtlinge leben, die aus dem
jüdischen Viertel der Jerusalemer Altstadt 1967 geflohen sind. Fast
täglich kommen Grenzpolizisten ins Lager, hupen und fluchen bis sie
die Kinder zum Steine werfen provozieren. Die werden mit Granaten
beantwortet - Rauchgranaten und 'Stun grenades', die ihre Opfer wohl
betäuben aber nicht töten sollen. Ihr Krach lässt Hauswände wackeln,
der Rauch dringt in beengte Häuser und erstickt die BewohnerInnen
unter denen es viele Alte, Kranke und Kinder gibt. Die Leute
versuchen, sich durch Plastikplanen zu schützen, die helfen aber
nicht viel. Die Tage erheilt der 8jährige Abud schwere
Kopfverletzungen - er liegt nun gelähmt und im Koma.. Die Polizei
behauptet, es war ein von einem anderen Kind geworfenen Stein und
keine Granate, die ihn getroffen und ihm den Kopf zerschmettert
hatte.
Solche Zusammenstöße passieren täglich seitdem am Bau der Mauer
um Jerusalem gearbeitet wird. Die EinwohnerInnen von Shoafat haben
alle Jerusalemer Ausweise und leben als EinwohnerInnen Jerusalems,
von dem sie nun völlig abgeschlossen werden sollen. Sie sprechen gut
Hebräisch und arbeiten oder besuchen die Schule in Jerusalem. Auf
der anderen Seite des Lagers ist die jüdische Siedlung Pisgat Ze'ev
entstanden, so ass die Kinder im Lager überhaupt keine anderen
Möglichkeiten haben als auf der Straße den Inkursionen der Polizei
ausgesetzt zu sein. Der Besitzer des Hauses, in dem der kleine Abud
wohnt sagt nun, "Die Welt soll wissen, dass wenn die Situation so
weitergeht, es hier ein Vietnam geben wird. Wir haben nichts zu
verlieren - es gibt nichts was uns teuerer ist als unsere Kinder und
unsere alten Eltern."
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Tal Haran von der IMS schreibt unter anderem, "die Soldaten haben
ein neues Spielzeug, eine Beschallungsanlage, die sie lieben. Die
Lautstärke ist betäubend. Befehle werden in einem aggressiven,
verachtenden Ton gegeben. Die Soldaten unterhalten sich über alles
Mögliche, tauschen Witze und manchmal Anweisungen, wie man Menschen
erniedrigen kann. Besondern Spaß macht es ihnen, wenn mehrere
Soldaten derselben Person unterschiedliche Befehle geben und sie
dann von allen Seiten anbrüllen, weil sie nicht befolgt werden.
An der Autoschlange wird ein Auto untersucht, daneben ein Soldat
mit gezuckter Waffe. Eine Frau kommt mit einem kranken Baby im Arm.
Ihr wird gesagt, sie soll seinen Bauch frei machen - an dem sich
keine Sprengkörper befinden. Eine Kiste Gurken wird umgeworfen und
dann wieder eingesammelt. Einem Palästinenser wird befohlen, die
Hose auszuziehen mitten auf dem weg. Mehrere Leute werden
durchsucht. In einer Stunde werden 3 Fußgänger, eine Krankenwagen
und zwei Autos durchgelassen. Das Gurkenauto sollte noch mal
entladen werden - durch unsere Bitte und der Intervention des
Offiziers konnte das verhindert werden.
Ein 16jähriger Junge liegt auf der Straße etwas vom Checkpoint
entfernt mit gefesselten Armen und Beinen und verbundenen Augen. Der
Junge scheint Todesangst zu haben. Kein Soldat kann arabisch. Der
Junge hatte Bilder von Märtyrern bei sich, und ein Zeitungsartikel
mit einem Foto seines Bruders, der 'ernsthaft gesucht' wird. Eine
Krankenschwester fragt einen Soldaten wie sie in Zukunft von ihrem
Haus außerhalb von Tulkarm zum Krankenhaus in Nablus fahren soll,
wenn die Straße geschlossen wird. Der Soldat antwortet, 'von mir aus
kannst du einen Hubschrauber nehmen'.
Der Bericht endet mit einem Zitat aus Shakespeares Kaufmann von
Venedig: "Hat ein Jude keine Augen? hat ein Jude keine Hände,
Organe, Dimensionen, Sinne, Gefühle, Leidenschaften. Von der
gleichen Speise ernährt, durch die gleichen Waffen verletzt, den
gleichen Krankheiten ausgeliefert, durch gleiche Mittel geheilt,
gewärmt und gekühlt durch denselben Winter und Sommer wie ein
Christ. Wenn ihr uns sticht, bluten wir nicht? Wenn ihr uns kitzelt,
lachen wir nicht? Wenn ihr uns vergiftet, sterben wir nicht? Wenn
ihr uns Unrecht tut, sollen wir uns nicht wehren?" Und den Worten,
"Wie schnell wir vergessen haben..."
Allerdings.
Ich grüße euch,
Anka