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 From: "Angelika Schneider" <anka.sch(at)gmx.net To: <Brief-aus-Israel(at)yahoogroups.de Subject: [Brief-aus-Israel] Aktuelles aus den besetzten Gebieten  

Brief aus Israel - 16.6.2005

Liebe Leute,

....... Die erste Mail ist von einer Mitarbeiteren der ISM, die über ihre Arbeit und Erfahrungen im Balata Flüchtlingslager in Nablus, die trotz allem einen Hoffnungsschimmer bieten.

Sie schreibt: Nach 6 Monaten gehen das Leben und die Projekte weiter. Im Dezember wurde mein Partner und Mitarbeiter festgenommen und deportiert... Fünf Monate in einer Stadt gefangen haben mich verrückt gemacht, ich fühle mich erstickt und begraben, unruhig aber ohne einen Ort an den ich hin kann. Viele PalästinenserInnen sind seit 4 Jahren hier gefangen gehalten. Sie können keine 10 Minuten fahren, ohne zurückgewiesen zu werden.

In der letzten Zeit sind die Beschränkungen etwas erleichtert worden, da die Belagerung der letzten vier Jahre nachlässt. Viele auf der Linken verneinen das, wir müssen aber die Tatsachen sehen und erkennen, dass das Leben jetzt leichter ist.

Die Checkpoints sind durchlässiger, es gibt mehr Arbeit, ein paar Leute bekommen wieder die Erlaubnis, in Israel zu arbeiten. Schlossen die Läden und leerten sich die Straßen früher um 9, bleiben die Leute hier in Balata viel länger draußen und laufen sogar nachts herum.

Das bedeutet allerdings nicht dass die politische Situation besser ist oder dass es Hoffnung auf eine gerechte Zukunft gibt. Die verbesserte humanitäre Lage bedeutet die politische und militärische Niederlage Palästinas. Ein komplexes Kontrollsystem erhöht nicht nur den Druck sondern weiß auch, wann man die Schrauben lockern muss und es den Leuten erlauben, Dampf abzulassen.

Sharons Unterdrückungsbemühungen kombinieren zerstörende Militärmacht mit der "sanfteren" Kontrolle durch Konsum. Jemand der keine Zukunft, keine Hoffnung und keine Möglichkeit, sein Familie zu ernähren hat verliert wenig, wenn er sich die israelische Herrschaft widersetzt.

Haben sich deine Kinder an die kleinen Luxusgegenstände gewöhnt, die du durch einen anständigen Lohn in den 48er Grenzen/Israel, wird es viel schwerer, nicht nachzugeben. Es ist gut, dass das Leben leichter ist. Die Menschen von Balata und Palästina brauchen eine Pause von der Intifada, sie brauchen Zeit und Raum für Entspannung und Kreativität.

Aber täuscht euch nicht dass die gegenwärtige Situation ein Prozess hin zu 'Frieden', 'Gerechtigkeit', 'Freiheit' oder irgendetwas ähnlich großartiges bedeutet. Überleben ja, aber viel mehr nicht.

Projekte

Die balatacamp.net Projekte sind reifer geworden und haben ihre Nische gefunden.

Ein Frauen Internetraum wurde eröffnet, um Zugang und Workshops für das am stärksten benachteiligte Segment der Gesellschaft zu bieten.

Fotoworkshops wurden für Jugendliche durchgeführt, die zu einer großen Ausstellung im Juli in London und zu einer Vortragsreise durch eine junge Palästinenserin im August führen werden.

Eine Schauspiel- und Tanztruppe wird im August durch Irland und Großbritannien reisen und am Edinburgh Festival teilnehmen.

 Zugleich wird eine Ton- und Puppeninstallation aus Balata an der US Ostküste entlang reisen, von Philadelphia bis Miami. Die Arbeit hat begonnen an einem Buch von Schriften von Frauen im Gefängnis. Die Veröffentlichung wird von einer Vortragstour durch die USA begleitet.

Junge Journalistenteams wurden aufgestellt und ausgebildet um Nachrichten zu untersuchen, schreiben und fotografieren.

Die balatacamp.net Webseite wird allmählich zu einem gemeinsamen Raum entwickelt mit Geschichten, Kommentar, Fotos und Kunst, die direkt durch Leute im Camp eingespeist werden. Filmemachen wurde unterrichtet und hat zur Herstellung von 15 verschiedenen Filmen geführt.

Sie können von Balatacamp.net heruntergeladen werden und handeln von Themen wie Widerstand, Leiden im Gefängnis und Freude der Entlassung, das Leben von Kämpfern, die Rolle der Stickerei, Erinnerungen an die 1948 Nakba, Parodien der Popkultur und noch mehr.

Zu den neuen Projekten gehören den Kampf der Frauen, eine Tour einer örtlichen Kirche, die Probleme der Schulbildung ... Das Ziel dieser Projekte ist, CampbewohnerInnen die Kraft zu geben, sich der Unterdrückung zu widersetzen so, wie sie es für richtig halten. Nicht, ihre Kämpfe zu führen oder ihnen zu sagen, wie sie das tun sollen. Sie in ihrem Widerstand zu unterstützen und ihn wo es möglich ist beizustehen.

Widerstand bedeutet in Palästina Unterschiedliches - Wege zu finden, ein elend gemachtes Leben zu genießen, unabhängige Wirtschaftsunternehmungen, Identität und Kultur zu erneuern und stärken, die Weigerung, eine Militärpräsenz im Camp zu akzeptieren. Selbstbewusstsein und Initiative wachzuhalten, die Weigerung, interne Kämpfe sich ausbreiten zu lassen. Das alles fordert die zionistische militärische Maschinerie heraus, das darauf zielt, die Hoffnung auf Freiheit für Palästina auf militärischem, geistigem, politischem und gesellschaftlichem Niveau niederzuwälzen.

Im Kampf, Mika

------------------------, Dorothy hat diesen Brief von Manuela Dviri weitergeschickt.

Sie schreibt dazu: Manuela hat sich das Recht verdient, uns alle aufzurufen, uns zu bemühen die Besetzung zu enden, und in der Zwischenzeit stolz auf ihre Leistungen zu sein.

Sie hat den höchsten Preis bezahlt: der Verlust eines Sohnes, im Kampf im Libanon. Israel hat dort 1800 Jungen verloren (von 17,824 Libanesen ganz abgesehen). Wofür???

Würde jeder dieser jungen die Straßen Israels kehren, würde er seinem Land besser dienen als jetzt. Israel hat 20 369 Soldaten seit 1948 verloren (die Palästinensische Verluste waren viel Größer.

Wieviele müssen noch umkommen bis die Israelis Führer finden und wählen die sich mehr um Leben und weniger um Land sorgen?

 

 ---- Am 9.l Juni 2005 habe ich mit einem italienischem und einem Palästinensischen Freund (oder Freundin?) den Peres Preis für Frieden und Versöhnung für das "REttet die Kinder " Projekt.

Es wird von zwei Ärzteteams geleitet, ein israelisches und ein palästinensisches und sein Ziel ist, palästinensische Kinder in Israelischen Krankenhäusern zu heilen und palästinensischen Ärzten die Möglichkeit zu geben, sich in israelischen Krankenhäusern zu spezialisieren.

In anderthalb Jahren sind 1200 Kinder durch ihre palästinensische Ärzte an dieses Projekt weitergeleitet worden.

Und hier ist meine Rede bei der Verleihung.

Ich erinnere den Tag genau. Es war vor 5 Jahren und 2 Wochen. Der Tag an dem die Armee Libanon verlassen hat. Ich weiß, wie ich mich gefühlt habe. Ich war wütend, traurig, verzweifelt und stolz zugleich. An dem Tag verstand ich voll und ganz die Größe meines Verlusts und hörte auf, mich hinter Ausreden zu verstecken. Es war unglaublich von mir zu denken, dass wir es getan hatten, dass eine kleine Gruppe von wütenden, redseligen und störrischen Frauen, "die 4 Mütter", Ehud Barak einen Weg aus Libanon heraus gewiesen hatten.

An dem Tag lernte ich, zu meinem Staunen, dass auch ich einen Unterschied machen kann, dass sogar ich eine Veränderung bewirken kann. Dass ich es immer noch kann.

Und in dem Augenblick hatte ich tief im Herzen immer noch gehofft dass Soldaten und Generäle und Politiker und Premiers etwas wissen müssten was ich nicht wusste, etwas verstanden was ich nicht verstand.

Die Lektion hatte eine hohen Preis, ich würde sie aber nie vergessen. An dem Tag beschloss ich, dass ich nie wieder den Mund halten und still stehen vor der Ungerechtigkeit und Dummheit die anderen Menschen Leid und Tod bringen. Dass ich mein äußerstes tun würde, das Leben meiner Kinder und Enkel erträglich und lebenswert zu machen. Dass ich nie wieder sagen würde, "das wusste ich aber nicht..." oder "dagegen kann ich nichts tun.." oder "es ist nutzlos", "es wird nichts verändern.." oder "wem macht das schon was?"

Ich begann mein zweites Leben. Und hier sehe ich die meisten der wunderbaren Menschen die ich kennengelernt habe. Meine palästinensischen Freunde und meine italienischen Freunde und meine israelischen Freunde.

Leute die die Politik beiseite schieben um sich um kranke palästinensischen Kinder zu kümmern.

Ich sehe all die verrückten Leute, die Visionäre, die Tore und Träumer, die Optimisten allen Möglichkeiten entgegen, die Leute die ich liebe und für deren Existenz ich Gott danke. Wir haben das alle zusammen gemacht.

Wir alle handelten als gäbe es keine Mauern, keine Ausgangssperren, keinen Krieg, während wir natürlich wussten dass es ihn gab, gibt - einen gemeinen, häßlichen, der immer weiter geht.

Krankheit macht die Dinge einfach. Durch Krankheit und Tod lernen wir, dass wir alle genau gleich sein, alle aus Blut und Knochen und Haare und ein Herz bestehen. Und das, wenn es dir weh tut, es egal ist ob du Palästinenser oder Israeli, Jude, Christ oder Moslem bist. In der Tat sehen wir für ein fremdes Auge alle gleich aus.

Schließlich leben wir auf demselben kleinen Stück Land, atmen die gleiche Luft, essen den gleichen Humus und werden uns täglich ähnlicher.

Es ist meine Pflicht das Leben palästinensischer Kinder zu retten, genau wie das meiner eigenen Kindern und Enkeln.

Nur einer fehlt heute. Yoni, mein Sohn. Er wurde vor 7 ein halb Jahren in Libanon getötet.

In einem Monat und einem Tag wäre er 28 geworden. Und ich hab keine Ahnung, wie er wäre oder was er jetzt täte. Den Teil von ihm habe ich aus den Augen verloren.

Aber ich weiß wo er ist. Genau hier. Bei uns. Stolz lächelnd. Er würde uns allen wahrscheinlich sagen, "Wagt es nie, aufzugeben. Kämpft weiter für das Leben, für Zusammenarbeit und Zukunft zweier benachbarter Völker. Er habt einfach keine andere Wahl...."

---------------- Soviel für heute, Gruß. Anka

 

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