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"Angelika Schneider" <anka.sch(at)gmx.net
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Subject: [Brief-aus-Israel] Aktuelles aus
den besetzten Gebieten
13.06.41
Liebe FreundInnen,
es ist geradezu erschreckend, wie leicht es ist, unter dem Deckmantel
rechtsstaatlicher Institutionen genauso vorzugehen wie eine despotische
Regierung.
Auch ohne Unterdrückung der freien Presse kann man durch
Schüren von Angst und ständiger Beschwörung einer Opferhaltung
demokratische Verfahren außer Kraft setzen.
In Israel kann man das mit
beängstigender Deutlichkeit erkennen. So berichtet Haaretz über die
Festnahme eines israelischen Aktivisten, Yonatan Pollak von "Anarchisten
gegen Mauern", weil er es gewagt hat, einem Soldat zu sagen, dass das
Gebiet von Salfit, auf dem gegenwärtig der Zaun gebaut wird, eine offene
zivile Zone, nicht eine geschlossene militärische sei. Daraufhin wurde
er sofort von zwei Soldaten gepackt und vor den Offizier gebracht, der
Polizei übergeben und der Aufruhr bezichtigt.
Statt wie normalerweise
bei israelischen Demonstranten unter der Bedingung, dass er 14 Tage der
"Region Samaria" fernbleibt wieder freigelasssen zu werden wurde er
festgehalten.
Später hat die Demo in Salfit tatsächlich zu Gewalttaten
geführt, ein Mann wurde auf dem Boden liegend von fünfen getreten, bis
er wegen inneren Blutungen in ein Krankenhaus gebracht wurde.
Yonatan wurde am nächsten Tag vor den Richter gebracht und der illegalen
Versammlung beschuldigt unter den 1945 von den Briten eingesetzten
Notstandsbestimmungen. Ihm wurde befohlen, 3 Monate außerhalb der
besetzten Gebieten zu bleiben. Als er sich weigerte, das zu
unterschreiben, wurde er zurück ins Gefängnis gebracht.
So wird auch
über Israelis durch legitime Gerichte die Rechtstaatlichkeit außer Kraft
gesetzt. Diese Notstandsbestimmungen einer Kolonialmacht unterstellen
jeden Zivilisten dem Militär, setzten Grundrechte außer Kraft und geben
dem Militär enorme Macht: z.B. kann sie nach Bestimmung 128 die
Postämter schließen, nach Bestimmung 130 die Benutzung des Telefons
durch eine bestimmte Gruppe einschränken.
So politisch inkorrekt es auch sein mag, dies zu sagen, springt der
Vergleich mit dem Vorgehen der Naziregierung allzu deutlich ins Auge.
Das stand nicht in der Zeitung, wird aber immer öfter auch von den
Israelis erkannt, die noch die kritische Presse lesen.
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Ansonsten beschreibt Dorothy die Freitagsdemo in Marda:
Wir kamen - etwa 10 Internationale und Israelis -gegen 10 Uhr nach Marda
und warteten darauf, dass die DorfbewohnerInnen anfingen mit ihren
Vorhaben. Über uns arbeitete ein Bulldozer auf dem Hang und befeite ihn
von Bäumen. Aus der Entfernung waren es winzige, kaum erkennbare
Figuren. Aber sie waren da, und keiner weiß, wieviel des Hanges gerodet
und wie viel näher an das Dorf die Siedlung Ariel auf der anderen Seite
der verdammten Mauer heranrücken wird. Es gibt Karten, aber keiner
weiß, ob sie stimmen...
Das Oberste Gericht wird am 21. Juni zu Wort
kommen, aber bis dahin könnte der ganze Hang von Bäumen befreit sein.
Auch wenn das Gericht dann einen Stopp verhängt, wird es zu spät sein.
So geht es seit vor 1948. Auf diese oder jene Weise werden die PalästinenserInnen aus ihrem Land gedrängt. Heutzutage geht es wweiter
in Beilin, in Beit Surik, in Salfit, in Marda, in Hares, in Asawiya, in
Kief el-Hares und anderen Gemeinden.
Israel kriecht nicht sondern
marschiert eher über die Westbank, ergreift land, zerstört alles
Palästinensische und baut mehr Israel darüber.
Und die Medien sind zum
Großteil Komplizen, sagen den Israelis was wirklich passiert in der
Westbank, spielen mit als ging es bei der Mauer wirklich um Sicherheit
und nicht nur eine Ausrede für den Landraub.
Und während der Raub weitergeht, dürfen die DorfbewohnerInnen nicht
gewaltfrei gegen den Diebstahl ihres Landes und die Zerstörung ihrer
Bäume protestieren.
Gestern war nicht anders als alle anderen Tage.
Wir waren kaum 100, hauptsächlich Kinder, keine hatten Stein. In Marda
hast du keine Wahl. Die Soldaten sind hoch oben, das dorf unten.
sobald wir uns dem Hang näherten flog das Tränengas, viel davon.
Glücklicherweise trieb der Wind das meiste davon.
Das reichte nicht.
Das Tränengas flog immer weiter, als die Soldaten näher ans Dorf rückten
und ins Dorf schossen. Auch das reichte nicht. Grenzpolizei in 4 oder
5 Jeeps kamen ins Dorf und warfen Knallbomben (percussion grenades). Es
gab auch scharfe Munition. Und eine Wolke aus grünem Zeug, das ich noch
nie gesehen hatte.
Soweit ich weiß hat keiner Schaden genommen, aber
vielleicht ist es möglich.
Testet die Armee etwas Neues an uns?
Ein/e Internationele/r wurde festgenommen.
Wieder ein Tag in Marda.
Dorothy
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